Protokoll der Sitzung vom 30.01.2020

Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Heiterkeit und Beifall bei der AfD)

Herr Farle, ich wollte darauf hinweisen, weil ich Erfahrung mit Ihnen habe. Deswegen habe ich gesagt: Bitte den letzten Satz. Heute haben Sie den letzten Satz gesagt - vielen Dank dafür -, aber sonst überziehen Sie meist Ihre Redezeit. - Vielen Dank.

Wir kommen zum nächsten Debattenredner. - Es gibt eine Frage. Herr Abg. Striegel hat eine Frage, deswegen können Sie noch einmal nach vorn kommen. - Bitte.

Es ist eine Intervention. - Herr Farle, es wundert mich wirklich nicht, dass jemand, der aus einer Partei stammt, für die zwölf Jahre NS-Willkürherrschaft ein Fliegenschiss der Geschichte sind, eine Debatte über die Parlamentsreform im Landtag von Sachsen-Anhalt als finsterstes Kapitel des Parlamentarismus bezeichnet. Das wundert mich nicht.

Aber wenn Sie hier wahrheitswidrig behaupten, in diesem Gesetzespaket würden mit Blick auf die Untersuchungsausschüsse Oppositionsrechte beschnitten, dann ist das nicht nur ärgerlich, sondern dann ist das schlichtweg falsch.

Ich will Ihnen den entsprechenden Passus aus dem Untersuchungsausschussgesetz, der geändert wird, vortragen. Dem § 1 wird folgender Absatz 3 angefügt:

„(3) Bei Zweifeln über die Zulässigkeit einer Untersuchung kann der Landtag den Einsetzungsantrag zur gutachtlichen Äußerung an den für Verfassungsrecht zuständigen

Ausschuss überweisen; dieser hat die gutachterliche Äußerung unverzüglich abzugeben.“

Zwei Dinge dazu. Erstens. Bei Zweifeln - das ist eine qualifizierende Bedingung -, also nur wenn jemand diese Zweifel hat und auch im Plenum vorträgt, dann kann die Mehrheit das tun. Zweitens. Der Ausschuss entscheidet nicht darüber. Der Ausschuss gibt eine gutachterliche Stellungnahme ab. Diese liegt dann dem Plenum vor, und zwar nicht irgendwann, sondern unverzüglich. Als Jurist müssten Sie wissen, dass das „ohne schuldhaftes Verzögern“ heißt.

Der Landtag entscheidet dann im Plenum darüber und er tut dies anhand der gleichen Maßstäben, anhand derer er auch bisher zu entscheiden hatte, nämlich an den Maßstäben der Verfassung orientiert.

(Zuruf von Volker Olenicak, AfD)

Wenn Sie entsprechend verfassungswidrige Anträge vorlegen, dann sind sie abzulehnen, aber auch nur dann. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Striegel. - Bevor ich dem Abg. Herrn Farle das Wort erteile, habe ich die ehrenvolle Aufgabe, Schülerinnen und Schüler der Walter-Gemm-Sekundarschule in Halberstadt recht herzlich willkommen zu heißen. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

- Jetzt haben Sie das Wort, Herr Farle.

Herr Striegel, manchmal zweifle ich daran - ich will nicht beleidigend sein -, dass Ihnen, wenn Sie solche Äußerungen tun, überhaupt klar ist, was Sie wirklich gesagt haben.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Ja, das ist mir klar!)

Sie haben - ich sage es noch einmal - gesagt, es wird ein Antrag gestellt. Dieser Antrag passt der Mehrheit aus irgendwelchen Gründen nicht.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Das ist schon einmal falsch! Es geht um Verfassungs- rechte!)

- Das ist absolut richtig. - Dann geht der Antrag in den Rechtsausschuss. Dort wird, wie Sie gesagt haben, unverzüglich - das heißt bei uns meistens ein bis zwei Monate später - irgendein Gutachten produziert. Dann kommt die Sache zurück.

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Das war schon immer so! - Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Jetzt kommt der entscheidende Punkt: Dann entscheidet die Mehrheit über den Antrag der Minderheit und dann ist der Antrag der Minderheit ausgehebelt. So einfach ist das.

(Beifall bei der AfD)

Sie beschwindeln jetzt am Ende der Debatte noch das ganze Haus. Das geht doch überhaupt nicht mehr.

(Zustimmung bei der AfD)

Ich sehe keine weiteren Fragen. - Herr Kirchner, Sie wollen als Fraktionsvorsitzender sprechen? - Dann kommen Sie bitte nach vorn. Sie haben jetzt das Wort, Herr Fraktionsvorsitzender.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.- Ich möchte etwas klarstellen, weil Herr Striegel immer wieder versucht, uns in die nationalsozialistische Ecke zu drängen.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Dort gehören Sie hin!)

Herr Striegel, dazu muss ich Ihnen sagen, dass ein Reinhard Brückner, NSDAP-Mitglied, Mitglied des hessischen Landtages bis 1984, in Ihrer Partei war. Ein Baldur Springmann, NSDAP-Mitglied, SA- und SS-Mitglied, hat Ihre Partei mit gegründet. Was wollen Sie uns hier eigentlich erzählen, Sie Witzbold? Das muss ich wirklich einmal sagen. - Vielen Dank.

Wir kommen zum nächsten Debattenredner. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Striegel. - Sie haben jetzt das Wort, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich zitiere: „Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, dann ist es nötig, dass sich alles verändert“, lässt Giuseppe Tomasi di Lampedusa seinen Tancredi zu Fürst Salina im „Leoparden“ sagen.

Und was für Gesellschafts- und Herrschaftsformen gilt, kann auch für Verfassungen, Gesetze und Geschäftsordnungen Geltung beanspruchen. Parlamentsreformen, umfassende Reformwerke gar, wie wir sie heute vorliegen haben, sind in Parlamenten kein Alltagsgeschäft.

Ich habe mit einer Kollegin - sie ist heute Sozialministerin - und zwei Kollegen parlamentarischen Geschäftsführern der sechsten Wahlperiode bereits eine Parlamentsreform verhandeln dürfen.

In dieser, der siebenten, Wahlperiode legen wir parlamentarischen Geschäftsführer mit unseren Fraktionen im Haus eine weitere, unter Moderation der Präsidentin entstandene Reformagenda vor.

Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass ich angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Haus nicht allzu optimistisch in die Verhandlungen gegangen bin. Zu weit gespannt schienen die Vorstellungen zu Beginn, zu unterschiedlich die Schwerpunkte, zu gegensätzlich die Ideen, zumal für Veränderungen an der Landesverfassung.

Ich bin froh, dass wir nach vielen Runden unter Leitung der Präsidentin und mit großer Unterstützung der Landtagsverwaltung und des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes einen von vier Fraktionen geeinten Vorschlag präsentieren können.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein Erfolg für das gesamte demokratische Spektrum dieses Parlamentes. Ich möchte mich ausdrücklich bei den Fraktionen bedanken, die sich konstruktiv in diesen Prozess eingebracht haben. Es war kein einfacher Weg und wir alle mussten auch die eine oder andere Kröte schlucken; das bringen politische Kompromisse so mit sich.

Doch insgesamt kann sich das Resultat der Parlamentsreform sehen lassen. Wir haben als Parlamentarierinnen und Parlamentarier gemeinsam Verantwortung übernommen, Handlungsfähigkeit bewiesen und eine komplexe Aufgabe bewältigt.

Unser gemeinsames Ziel war es, den demokratischen Prozess zu beleben, mehr Transparenz im Parlamentsalltag zu schaffen und demokratische Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger zu erleichtern. Hierzu haben wir vom Abgeordnetengesetz bis hin zur Geschäftsordnung des Landtages zahlreiche Gesetze überarbeitet und die Verfassung dieses Landes modernisiert.

Bald 30 Jahre ist es nun her, dass diese Verfassung feierlich unterzeichnet worden ist. Wie jedes andere Gesetz musste auch unsere Verfassung an neue Gegebenheiten angepasst werden; denn Gesellschaften entwickeln sich. Wir stehen vor neuen, großen Herausforderungen. Diese Entwicklungen müssen, sie dürfen sich auch in unserer Verfassung widerspiegeln.

Meine Damen und Herren! Die mit Abstand wichtigste Zukunftsfrage ist die Lösung der menschengemachten Klimakrise. Wer offenen Auges und ohne Realitätsverweigerung auf die Welt blickt, sieht, dass ihre Folgen längst spürbar sind.

Deutschland leidet seit Jahren an einer verheerenden Dürre und Australien steht in Flammen.

Vor dieser Realität kann man die Augen nicht mehr verschließen. Wir müssen als Gesellschaft jede Anstrengung unternehmen, um den folgenden Generationen eine lebenswerte Welt zu hinterlassen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Es geht um die Lebensgrundlagen unserer Kinder und Kindeskinder. Hierfür stehen wir alle in der Verantwortung, radikal mehr zu tun als bislang.

Daher ist es ein wichtiges Zeichen, dass wir nun einen Auftrag mit Verfassungsrang schaffen, unser Klima zu schützen und der globalen Klimaerwärmung entgegenzuwirken. Diesen Worten müssen wir nun auch entschlossene Taten folgen lassen. Wir schulden es den kommenden Generationen, an dieser Stelle mehr als ein Lippenbekenntnis zu produzieren.

Die Tausenden jungen Menschen, die sich mit bewundernswerter Beharrlichkeit für den Klimaschutz engagieren, werden uns an diesen Verfassungsauftrag erinnern, und wir Abgeordnete werden uns daran messen lassen müssen.

Ich möchte daher anmerken, dass Klimaschutz in dieser Reform nicht nur durch Worte mit Verfassungsrang zu finden ist, sondern wir setzen ihn in konkreten Schritten auch für uns selbst um. Dieser Landtag macht sich auf den Weg zu einem CO2-neutralen Parlament. Zunächst kompensieren wir unsere eigenen Emissionen.