Protokoll der Sitzung vom 31.01.2020

(Zustimmung von Dr. Katja Pähle, SPD, und von Dorothea Frederking, GRÜNE)

Dazu muss an den heute bekannten Stellschrauben gedreht werden. Im Mittelpunkt stehen dabei vernünftigerweise die vom Menschen verursachten CO2-Emissionen. Das betrifft nicht nur den Energiesektor. Auch die Emissionen aus der Landwirtschaft und der Industrie sowie aus dem Gebäudesektor und dem Verkehrsbereich spielen eine wesentliche Rolle.

Der Energiesektor und weite Teile der Industrie unterliegen im Übrigen seit dem Jahr 2005 dem europäischen Zertifikatehandel, also einer Mengensteuerung der CO2-Emissionen über einen Preis, der nach unbestreitbaren anfänglichen Schwierigkeiten in den letzten Jahren Wirkung zeigt.

Dass das kein falsches Instrument zu sein scheint, zeigt auch, dass heute in mindestens neun Nicht-EU-Staaten, darunter auch die USA, China, Russland, Mexiko und Neuseeland, ein solcher Handel in unterschiedlicher Ausprägung wirkt. Die Schweiz ist übrigens am 1. Januar 2020 dem europäischen Zertifikatehandel beigetreten. Es ist also kein europäischer Alleingang oder europäische Bürokratie, die CO2-Emissionen über den Preis, einem der Marktwirtschaft permanent immanenten Instrument, zu steuern.

(Zustimmung von Dr. Katja Pähle, SPD, und von Silke Schindler, SPD)

Ein konstruktiver Ansatz der Antragsteller wäre es, das gegenwärtige System von Steuern, Abgaben, Entgelten und Umlagen im Energiebereich einer kritischen Betrachtung zu unterziehen und Vorschläge zu unterbreiten, die einen Anreiz zur weiteren Verringerung der CO2-Emissionen setzen, faire Wettbewerbsbedingungen für die Marktteilnehmer sichern, technologische Innovationen begünstigen und sozialverträglich sind. Dem entgegen steht ein „Weiter so“ wie vor 20, 30 Jahren.

Ein Wort zur heimischen Automobilindustrie. Selbst VW-Chef Herbert Diess hat sich jüngst öffentlich eine höhere CO2-Steuer gewünscht. Eine CO2-Bepreisung, ob nun Steuer oder Zertifikate, liefert Anreize für technologische Innovationen, mit denen auch international gepunktet werden kann.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Das kann kei- ner bezahlen!)

Wenn nach der Ansicht der Antragstellerin die heimische Automobilindustrie nicht mehr den alten Glanz hat, dann muss man doch fragen, woran das liegt. Bei nüchterner Betrachtung kommt man nicht umhin, die Ursache dafür insbesondere auch bei illegalen Abschalteinrichtungen bei der Kfz-Abgasreinigung seit dem Jahr 2015 zu finden.

(Zustimmung von Dr. Katja Pähle, SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Wir sind uns sicherlich weiterhin darin einig, dass dieser sogenannte Dieselskandal nicht nur dem Renommee der deutschen Autowirtschaft schwer geschadet hat.

(Jens Kolze, CDU: Stimmt!)

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Der Ausbau der erneuerbaren Energien folgt heute einem wettbewerblichen Ausschreibungsverfahren - Wettbewerb als zentrales Instrument der Marktwirtschaft. Im Ergebnis hat sich gezeigt, dass Wind- und Fotovoltaikenergie auch preisgünstig hergestellt werden können.

Es ist richtig, dass noch viel Arbeit bezüglich des hohen Gutes der Versorgungssicherheit vor uns liegt. Dafür braucht es Speichertechnologien. Gerade hierbei sind wir aber auf einem guten Weg.

Auch in Sachsen-Anhalt hat der Einstieg in die Wasserstofftechnologie begonnen. Das belegen die vom Bundeswirtschaftsministerium bestätigten Reallabore in Bad Lauchstädt und Leuna,

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

nicht zu vergessen die Ansiedlung des Batteriezellenherstellers in Bitterfeld als Automobilzulieferer.

Auch interessante Projekte der Sektorenkopplung werden im Land bereits erfolgreich verfolgt. Es sei auch ein Hinweis auf die Forschungsarbeiten zu geschlossenen Kohlenstoffkreisläufen in der chemischen Industrie gestattet. Die technologische Machbarkeit ist grundsätzlich nachgewiesen. Jetzt sind Nacharbeiten notwendig, um Wirtschaftlichkeit zu erreichen.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Die Möglichkeiten, CO2-Emissionen zu reduzieren, nur von der Seite der Erzeugung her zu betrachten, ist daher zu kurz gesprungen. Die zweite Seite der Medaille ist die Verbrauchsseite. Hierbei sind noch enorme Potenziale vorhanden. Energieeffizienz und Energieeinsparung sind nicht nur für die Wirtschaft relevant, weil der Energieverbrauch ein Kostenfaktor ist, egal wie preisgünstig Energie produziert werden kann.

Auch die privaten Verbraucher können es am verfügbaren Haushaltseinkommen spüren, wenn Gebäude gedämmt oder effizientere Heizsysteme eingebaut werden. Dass sowohl die private Wirtschaft als auch die Haushaltskunden diese Herausforderungen annehmen, zeigen zum Beispiel die neuesten Zahlen. Der Stromverbrauch ging in Deutschland im Jahr 2019 um 1,8 % gegenüber dem Vorjahr zurück.

Um es zum Schluss auf den Punkt zu bringen: Für eine Welt von morgen können nicht die Rezepte von gestern herangezogen werden. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Danke, Frau Ministerin. Es gibt mehrere Fragen. - Bevor wir die Fragesteller zu Wort kommen lassen, begrüßen wir auf unserer Besuchertribüne ganz herzlich Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Querfurt. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Es gibt zwei Wortmeldungen. Herr Büttner hat sich als Erster gemeldet, dann Herr Raue. - Herr Büttner, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Nur als kurzer Hinweis: Hier fehlt der Mikrofonschutz, der ist ab.

Frau Ministerin, ich habe eine Frage zu Ihren Ausführungen. Sie haben gerade ausgeführt, dass sich der Zertifikatehandel positiv auswirken würde. Die Frage, die ich jetzt habe, ist: Eigentlich ist doch der Zertifikatehandel nach meinem Kenntnisstand eher das Problem; denn - -

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Das liegt an Ihrem Kenntnisstand!)

- Ja, Herr Striegel, und es liegt daran - - Na, ich sage jetzt nichts. Sonst bekomme ich noch einen Ordnungsruf.

Auf jeden Fall ist es doch so: Wenn Deutschland weniger CO2 ausstößt, dann kann ein anderes Land am Zertifikatemarkt das Recht, mehr CO2 auszustoßen, kaufen und kann dann auch mehr CO2 ausstoßen. Warum ist denn das eine Verbesserung, wenn der CO2-Ausstoß von Deutschland nur in ein anderes europäisches Land verlagert wird, wir dadurch aber unsere Wirtschaft unter Probleme setzen und ein anderes Land es einfach hat, mehr zu produzieren und besser zu arbeiten? Das ist die Frage, die sich mir stellt.

(Beifall bei der AfD)

Sie haben das Wort, Frau Ministerin.

Ich habe das ausgeführt, und zwar ausführlich, was das Wirtschaftsministerium zum Zertifikatehandel hier dargestellt hat. Da ist nichts von einem europäischen Alleingang oder zum Beispiel einem Ausnutzen dieses Handels von anderen Ländern dargestellt.

Es ist vielmehr dargestellt worden, dass dieser Handel unterschiedliche Ausprägungen birgt. Ich möchte es nicht noch einmal vorlesen, was das Wirtschaftsministerium hierzu ausgeführt hat. Ich denke, Sie haben aufmerksam zugehört. Daraus ergibt sich auch die Antwort.

(Zuruf von Robert Farle, AfD)

- Es ist ja klar, dass die Frau nichts davon versteht, weil sie in Vertretung des Wirtschaftsministers Herrn Willingmann dazu spricht. Es ist eine Regelung in der Landesregierung, dass man sich gegenseitig vertritt.

(Robert Farle, AfD: Weil Sie nichts davon verstehen!)

Warten Sie einmal ganz kurz, Herr Raue. - Wir haben auch heute schon wieder eine erhebliche Liste von persönlichen Angriffen und Beleidigungen in diesem Landtag erlebt. Ich sage noch einmal ausdrücklich: Niemand braucht sich zu wundern, dass die Dinge zu ihm zurückkommen, die er selbst in dieser Art und Weise hier hineinbringt.

Ich bitte uns wirklich, jetzt einmal ein Stück weit auf den Teppich zurückzukommen und ein Mindestmaß an gegenseitiger Akzeptanz hier zu demonstrieren.

(Beifall bei der CDU, bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir haben eine Verantwortung in diesem Land. Wir sind nicht dazu da, uns in irgendeiner Art und Weise gegenseitig hoch und runter zu spielen. Wir sind vielmehr ein Verfassungsorgan, und die Menschen haben ein Anrecht darauf, dass wir uns so benehmen wie in einem Verfassungsorgan.

(Beifall bei der CDU, bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Raue, Sie haben jetzt die Chance.

Vielen Dank, Herr Präsident. Es ist eine Kurzintervention. - Frau Grimm-Benne, Sie haben sich

in Ihrer Rede auf Herbert Diess bezogen und den Eindruck erweckt, als ob er sich das schon immer gewünscht hätte. Das ist natürlich nicht so. Das wissen auch Sie und das stellen Sie hier schlicht falsch dar.

Herbert Diess reagiert natürlich zu Recht auf eine EU-Forderung und auf eine EU-Richtlinie nach CO2-Reduktion. Wenn die deutsche Automobilwirtschaft, zu der nun einmal VW gehört, dem nicht Folge leisten würde, würden sich daraus natürlich massive negative Konsequenzen für VW ergeben. Es ist also nicht so, dass er sich das schon immer gewünscht hat.

Nachdem Ihre Regierung im Bundestag und in der EU diese EU-Regelung umsetzt, muss er sich das natürlich wünschen, weil diese Regelung von VW massive Investitionen in E-Mobilität gefordert hat, die VW auch leistet.

Nachdem diese Investitionen geflossen sind, muss natürlich VW diese Finanzmittel, diese irren Finanzmittel, die dabei eingesetzt wurden, auch irgendwie amortisieren. Da das eben nicht selbst läuft, da die E-Mobilität in Deutschland eben nicht nachgefragt wird, obwohl VW ein massives Angebot schafft, fordert Herbert Diess natürlich als letzten Ausweg eine CO2-Steuer, um eben diesen Absatz, der sich natürlicherweise nie einstellen würde, anzukurbeln, um seine Investitionen zu amortisieren.

Sie haben überhaupt keinen Grund, sich auf Herbert Diess, auf VW oder die deutsche Automobilwirtschaft zu berufen, um Ihre Forderung nach CO2-Steuern, nach CO2-Abgaben und nach CO2Zielen in irgendeiner Form zu begründen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. - Sie haben das Wort.