Wir sind uns als Fraktion in Gänze und ich mir persönlich sehr bewusst, welche Herausforderungen sich bei Armut ergeben. Wir sprechen in Deutschland vor allem über Chancenarmut. Unser Ziel ist ganz klar: Jedes Kind in unserem Land soll die Rahmenbedingungen erhalten, dass es sich gemäß seinen Talenten und Fähigkeiten entwickeln kann. Das verstehen wir unter einer echten Chancengesellschaft.
In diesem Sinne engagieren wir als CDU uns auch im Netzwerk gegen Kinderarmut. Bei allen politischen Unterschieden und differenzierten Handlungsansätzen zu deren Bekämpfung eint uns doch ein gemeinsamer Wunsch, und zwar die Kinderarmut mit größtmöglichem Erfolg zu reduzieren.
Dabei gehört zur Wahrheit, dass sich die Quote in Bezug auf Kinderarmut nicht nur in Deutschland, sondern auch in Sachsen-Anhalt unterschiedlich verteilt. Wir haben auf der einen Seite eine Konzentration betroffener Kinder vor allem in den Großstädten. Auf der anderen Seite haben wir Landkreise wie den Landkreis Börde, dessen Kinderarmutsquote ungefähr auf bayerischem Durchschnittsniveau liegt.
Ich hoffe, dass wir uns darin einig sind, dass Kinderarmut nicht singulär zu betrachten ist, sondern dass es grundsätzlich um Familienarmut geht. Das heißt, unser Ziel muss es sein, dass Eltern durch eigene Erwerbstätigkeit ein Einkommen erzielen können, welches ihnen und ihren Familien ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht. Eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik der CDU-geführten Landesregierung ist also ein wichtiger Baustein, um Kinderarmut in unserem Bundesland abzubauen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Viele der im Antrag genannten Anliegen betreffen das Land Sachsen-Anhalt in seiner Zuständigkeit nur eingeschränkt bzw. gar nicht.
Schauen wir uns einmal das Thema Kindergrundsicherung an. Ich bin gespannt darauf, wie der Vorschlag, der hierzu von der Ampelkoalition im Bund angekündigt worden ist, tatsächlich aussehen wird. Denn auch in diesem Fall wird ein Blick ins Detail vermutlich einiges an Fehlern und Unsicherheiten offenbaren. Sich hierzu als Land auf konkrete Höhen festzulegen, ist aus meiner Sicht falsch. Auch der avisierte Zeitplan, der eine Einführung bis zum 20. September dieses Jahres vorsieht, ist nicht mehr nur ambitioniert, sondern völlig unrealistisch. Aber ich denke, das wissen die Einbringerinnen und Einbringer selbst.
Sehr geehrter Antragsteller, in Bezug auf die Forderung in Richtung Wohnungsunternehmen im kommunalen Eigentum möchte ich darauf hinweisen, dass es sich in erster Linie immer noch um Unternehmen handelt, auch wenn sie sich im Eigentum der Kommunen befinden. Das heißt, sie müssen auch wirtschaftlich handeln. Natürlich steht die Gewinnerzielungsabsicht nicht allein im Fokus. Aber würden wir den Menschen in den Kommunen nicht einen Bärendienst erweisen, wenn die Wohnungsunternehmen durch die Umsetzung der gestellten Forderungen notleidend werden und damit die Kommunen vor neue Herausforderungen stellen?
Unabhängig davon fordern Sie, dass der Landtag in die kommunale Selbstverwaltung eingreift. Diese ist nicht umsonst grundgesetzlich verankert und verfassungsrechtlich auch im Land Sachsen-Anhalt geschützt.
Eine weitere Forderung des Antrags ist die Erstellung eines Landesaktionsplans zur Armutsbekämpfung. Sicherlich ist es sinnvoll, eine Strategie zu haben, um die formulierten Ziele zu erreichen. Aber sollten wir uns im Hohen Haus nicht erst einmal grundsätzlich dazu verständigen, was wir wollen, bevor wir darüber diskutieren, wer wie in die Erarbeitung eingebunden werden soll? Auch der geforderte landeseigene Armuts- und Reichtumsbericht würde nicht
kostenlos erstellt werden können. Es fehlt eine Angabe darüber, wie das Ganze finanziert werden soll.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie nicht anders zu erwarten war, setzen die Antragsteller wieder auf die Abschaffung von Hartz IV und verweisen auf die im Koalitionsvertrag auf der Bundesebene vereinbarte Reform der Grundsicherung. Hierzu sei mir die Bemerkung gestattet, dass es für mich mehr als Ironie ist, wenn der von Rot-Grün eingeforderte Grundsatz von Fördern und Fordern ad absurdum geführt wird. Wir als CDU stehen weiterhin zu diesem.
Die Sanktionen bei Bezieherinnen und Be- ziehern von SGB II-Leistungen sollen ausgesetzt werden. Wir können und müssen darüber sprechen, ob jede Sanktionsmöglichkeit sinnvoll ist. Aber ohne jede Möglichkeit, Fehlverhalten zu sanktionieren, geht es nun einmal nicht. Das weiß jede und jeder aus dem täglichen Leben.
Herr Krull, Sie wissen, dass das auch für diesen Raum zutrifft. Derjenige, der seine Redezeit überschreitet, wird sanktioniert, und zwar in diesem Fall von mir. Sie können noch einen Satz sagen.
Ich bitte um die Überweisung des Antrags in alle Ausschüsse des Hohen Hauses mit Ausnahme des Petitionsausschusses und des Rechnungsprüfungsausschusses. - Vielen Dank.
Es gibt keine Fragen. Es tut mir leid, Herr Krull. - Wir fahren in der Debatte der Fraktionen fort. Herr Köhler spricht nun für die AfD-Fraktion. - Bitte sehr, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem heute vorliegenden Antrag stellt die Linksfraktion ein ganzes Sammelsurium an Maßnahmen zur vermeintlichen Bekämpfung von Kinderarmut vor. Eines vorweg: Neu sind diese Forderungen nicht. Das Konzept zum Housing First, die Forderung nach einer Beteiligung von armen Menschen bei der Erstellung von Armuts- und Reichtumsberichten, die Einführung der Kindergrundsicherung - all das sind Punkte, die bereits im vergangenen Sommer durch die grüne Bundestagsfraktion in der Drs. 19/30349 in Berlin andiskutiert wurden und heute in Sachsen-Anhalt debattiert werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kinderarmut ist für Sachsen-Anhalt und für Deutschland ein relevantes Thema. Angesichts der hohen Armutsquoten sind Lösungen erforderlich. Im Koalitionsvertrag auf der Bundesebene wird die Kindergrundsicherung als das Mittel der Wahl favorisiert. Wir als AfD-Fraktion sind bei diesem Thema durchaus kritisch. Das Konzept bzw. die Modelle der Kindergrund- sicherung suggerieren, dass man Kinder unabhängig von der sozialen Lage ihrer Eltern aus der Armut herausführen könnte. Die Realität dazu zeigt allerdings, dass Kinder und Heranwachsende arm sind, weil ihre Eltern arm sind. Wer also Kinderarmut wirksam bekämpfen möchte, der muss auch etwas für die Eltern der betroffenen Kinder tun, statt diese aus dem Familienverband herauszurechnen.
Fassen wir also zusammen: Kinder sind in diesem Land ein Armutsrisiko. Das bedeutet, Kinder erhöhen in den Haushalten das Risiko, arm zu werden, gerade auch deshalb, weil Betreuungsaufgaben einen Ausgleich durch Mehrarbeit erschweren oder sogar eine Reduzierung der Erwerbstätigkeit eintritt. Weitere Faktoren führen wie Brandbeschleuniger zu Armut, bspw. die Inflation und eine gravierende Preissteigerung insbesondere bei den Lebensmitteln. Zudem sind wir mit dem Ergebnis der dümmsten Energiepolitik konfrontiert - der Preis pro Kilowattstunde explodiert. Wir haben den teuersten Strom der Welt. Auch das trifft untere Einkommensschichten ganz besonders hart. Das ist eine Feststellung, die nicht nur wir treffen, sondern bspw. auch die Hans-Böckler-Stiftung.
Ein Teil der Wahrheit, über den wir heute auch sprechen müssen, betrifft ein importiertes Problem. Schauen Sie sich die Erhebungen der Bundesagentur für Arbeit an. Die Bundesagentur für Arbeit hat auf ihrer Internetseite unter der Rubrik „Statistik/Service“ Auswertungen und Zeitreihen veröffentlicht. Eine Darstellung verdeutlicht eines: Beginnend ab dem Jahr 2008 bis zum Jahr 2021 haben sich drastische Veränderungen in Bezug auf die Staatsangehörigkeit der Leistungsbezieher ergeben. Mittlerweile verfügt ein Anteil von 36 %, 37 % aller Leistungsbezieher bundesweit im Rechtskreis des SGB II nicht über die deutsche Staatsangehörigkeit.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie begegnet man dem Gesamtproblem? - Dazu gibt es drei steuerungsrelevante Instrumente, und zwar die steuerliche Entlastung über Lohn- bzw. Einkommensteuer, Sachleistungen sowie monetäre Leistungen. Die Kindergrundsicherung zählt zweifelsfrei zu dem zuletzt genannten Instrument.
Kinderarmutsquoten in der Europäischen Union veröffentlicht. Deutschland landet in diesem Ranking mit einem Anteil von 25,4 % deutlich über dem EU-Durchschnitt. Das bedeutet - das muss man sich einmal ins Gedächtnis rufen -, dass jedes vierte Kind in Deutschland von Armut betroffen ist.
Schauen wir doch einmal nach Dänemark. In Dänemark liegt die Quote der Kinderarmutsgefährdung bei 12,7 % und ist demzufolge halb so hoch wie in Deutschland. Angesichts dessen lohnt es sich, zu hinterfragen: Was macht der nordische Nachbar besser als wir? Dänemark ist neben Schweden eines der Länder, welches im europäischen Vergleich gemessen am Bruttoinlandsprodukt die höchsten Summen für Familien investiert. Wie machen es die Dänen? - Die Dänen geben zwei Drittel der genannten Leistungen in Form von Sachleistungen aus. Genau an diesem Punkt orientieren wir uns als AfD auch. Wir haben in dieser und auch in der letzten Legislaturperiode mehrfach gefordert, Kinder ab dem ersten vollendeten Lebensjahr einen kostenfreien Besuch in einer Kindertageseinrichtung zu ermöglichen. Das wurde übrigens auch von der SPD im letzten Wahlkampf gefordert. Wir wollen zudem, dass von der Kinderkrippe bis zur 10. Klasse eine kostenlose Mittagsverpflegung angeboten wird.
Ferner fordern wir Sachsen-Anhalt auf, sich auf der Bundesebene für die Einführung des Fami- liensplittings einzusetzen, um Familien steuerlich zu entlasten. Wir fordern in diesem Atemzug auch, die Alleinerziehenden stärker in den Fokus zu nehmen und eine steuerliche Entlastung für sie herbeizuführen. Denn bei Alleinerziehenden tritt leider häufig das Problem auf, dass sie quasi arm durch Arbeit sind. Diese Forderungen haben bspw. auch der Deutsche Familienverband, der Familienbund der Deutschen Katholiken sowie der Verband der kinderreichen Familien aufgestellt. Insofern stehen wir mit unseren Forderungen nicht allein.
Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, stimmen Sie für den Alternativantrag der AfD-Fraktion. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einige Vorbemerkungen zum Redebeitrag der LINKEN. Ich möchte die Zahl, die Sie hinsichtlich der Armut bei Studentinnen und Studenten genannt haben, aufgreifen. Es handelt sich dabei nicht um die absolute Armut, sondern um die relative Armut. In der Wissenschaft ist es durchaus umstritten, ob man diese Zahl so ansetzen sollte. Andere sprechen von Armutsgefährdung. Gerade bei Menschen in der Ausbildung gibt es die Perspektive, diese zu beenden. Als Student befindet man sich in der Ausbildung und hat die Möglichkeit, vielleicht zeitnah eine Erwerbs- tätigkeit aufzunehmen und einen guten Job zu haben. Insofern sind die Punkte, die Sie angesprochen haben, zwar richtig, gerade in Bezug auf Corona, aber wir müssen an dieser Stelle auch ein bisschen differenzieren.
Eine Reform des BAföG haben Sie angesprochen. Eine solche wird auf der Bundesebene unter der liberalen Bildungsministerin gerade forciert. Ich glaube, wir gehen an dieser Stelle richtige Schritte in Richtung eines elternunabhängigen Bafögs. Damit werden sich die Chancen für alle jungen Menschen in diesem Land erhöhen.
Der Antrag spricht insgesamt ein ernstes Thema an, das viel zu oft in den Hintergrund rückt und für das wir eine gewisse Verantwortung tragen. Ich finde es schade, dass dieser Antrag in kon- fuser Manier lediglich einen bunt zusammengewürfelten und teilweise abenteuerlichen
Armut hat viele Facetten. Wir als Freie Demokraten betrachten Armutsgründe, Auswirkungen, Betroffenheit und Wege zur Bekämpfung von Armut. Die Gründe für Armut sind vielfältig. Manche Armut ist temporär und verschwindet, wenn sich die Umstände ändern. Doch oft zieht sich Armut durch ein ganzes Leben und wird vererbt. Das haben wir in der Debatte schon häufiger gehört.
Das ist besonders tragisch, weil es zeigt, dass es nicht darum geht, sich bestimmte materielle Güter nicht leisten zu können, sondern weil es zeigt, dass Chancen, sich aus der Armut zu befreien, nicht entdeckt und genutzt werden können. Vererbte Armut zeigt, dass Kinder den Weg ihrer Eltern wiederholen, weil sie keinen anderen kennengelernt haben.
Armut bezieht sich nicht nur auf den Kontostand. Armut bezeichnet nicht nur materielle Lebensverhältnisse. Armut wird in einigen betroffenen Familien zu einem Lebensgefühl, und das gilt es, zu durchbrechen. Denn welchen Unterschied macht es bei den Kindern, die Chancen erkannt haben und nutzen konnten, die entdecken, dass sie etwas beizutragen haben und dafür nicht nur Lohn, sondern auch Anerkennung erhalten? Das spornt zu neuen Entdeckungen und zu neuen Leistungen an, auf die sie stolz sein können. Es geht darum, den Wiederholungskreis zu durchbrechen, und wiederum darum, die eigenen Kinder zu animieren, ihren Talenten zu folgen. Es geht darum, dass diese Kinder wissen, dass sie ihren Wert und ihren Platz in der Gesellschaft haben.
Deshalb geht es nicht nur um Geld. Gerade bei vererbter Armut geht es darum, Menschen zu befähigen, ihr Leben nach ihren eigenen Vorstellungen immer unabhängiger von staatlichen Transferleistungen zu gestalten. Es wäre naiv, zu glauben, dass das eine einfache Aufgabe ist. Die Bekämpfung von Kinderarmut benötigt die gesamte Gesellschaft, ob nun in der frühkind- lichen Bildung oder in der Schulbildung, ob in Ausbildungsbetrieben oder an Fach- und Hochschulen. Auf dem Weg in das Erwachsenenleben brauchen Kinder aus von Armut betroffenen Familien besondere Unterstützung. Sie brauchen Erzieher und Pädagogen, die ihnen Chancen geben, die ihnen dabei helfen, ihre Begabungen zu erkennen und die ohne Vorurteile an sie glauben.
Talentschulen werden einen enormen Beitrag leisten, Talente dort zu sehen, wo bisher nur Hilfebedarf gesehen wurde.
Sehr geehrte Damen und Herren! In Zeiten, in denen Fachkräfte fehlen, in denen auch geringer Qualifizierten Türen zu Jobs offenstehen, von denen sie vermutlich vor zehn bis 15 Jahren nicht einmal träumen konnten, sollte es uns gelingen, Einkommensarmut zu beenden. Ein Umdenken in den Unternehmen aber auch im öffentlichen Dienst, Talente gezielt zu fördern, statt auf Defiziten herumzureiten, wird nötig sein. Aber dies wird sich lohnen; denn nie waren die Chancen dafür besser.
Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt einige weitere Aspekte, die zu berücksichtigen sind. Verschiedene Bundesregierungen haben sich mit verschiedenen Maßnahmen und unterschiedlichem Erfolg der Armutsbekämpfung bereits angenommen. Die Arbeitsgruppe zur Entwicklung der Kindergrundsicherung wird all diese Erfahrungen jetzt einbeziehen, alle Aspekte sorgfältig prüfen und dann ihr Konzept
vorlegen. Dass eine eigenständige und sank- tionsfreie Grundsicherung für Kinder und Jugendliche in Höhe von mindestens 700 €, wie es DIE LINKE in diesem Antrag fordert, all die gerade beschriebenen Probleme löst, bezweifle ich.
Dass die Landesregierung kommunale Wohnungsunternehmen veranlassen könnte, ihnen Teile der ihnen obliegenden Entscheidungen vorzuschreiben, halte ich nicht nur rechtlich für problematisch. Das Gleiche gilt für das pauschale Einfrieren der Mieten zum 31. Dezember 2021. Diese Forderung hat mehr mit sozialem Aktionismus oder Populismus als mit gezielter Armutsbekämpfung zu tun.
Sehr geehrte Damen und Herren! DIE LINKE hat in ihrem Antrag viele zahlenmäßige Vorschläge gemacht, um wie viel Euro oder Prozent die einzelnen Sozialleistungen ansteigen müssten, um Armut zu bekämpfen. Nicht eine Forderung dieses Antrags beinhaltet Ideen, wie wir Menschen in die Lage versetzen können, ihre Talente und Begabungen im Sinne der Ermutigung und Unterstützung ihrer Einkommensverhältnisse zu verbessern. Doch gerade das ist der Schlüssel für ein selbstbestimmtes und unabhängiges Leben und der Schlüssel für Freiheit.