Protokoll der Sitzung vom 14.12.2022

Ich möchte an dieser Stelle den Brückenschlag durchaus einmal wagen. Sie wissen, dass wir durch das Wind-an-Land-Gesetz und durch die Änderungen im Bundesnaturschutzgesetz mehr Möglichkeiten für den Windkraftausbau schaffen und flexibler auf Kollisionsfragen mit dem Naturschutz reagieren können. Das ist auch gut so, sonst kommen wir nämlich nicht voran. Hilfreich ist es auch, dass der Bund an derselben Stelle mit seinem Artenhilfsprogramm versucht, eine Finanzierungsgrundlage zur Verfügung zu stellen, die uns hilft, die Stellen, an denen wir einen reduzierten Natur- und Artenschutz zulassen, um den Windkraftausbau zu beschleunigen, mit entsprechenden Maßnahmen an anderer Stelle zu kompensieren.

(Zustimmung bei der SPD)

So macht man das sehr praktikabel und das ist meines Erachtens auch vernünftig.

Ein Letztes: Nämlich das Zusammenspiel von Wissenschaft und Klimaschutz, das Zusammenspiel von Wissenschaft und Biodiversität: Da dürfen wir uns in Sachsen-Anhalt nun wirklich auf die Schulter klopfen. Gemeinsam mit den Ländern Sachsen und Thüringen ist das Deutsche Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung Halle-Jena-Leipzig, kurz iDiv, entstanden. Es hat seinen Sitz in Leipzig, es hat Außenstellen an den Universitäten in Jena und Halle, und es nimmt bereits eine weltweite Spitzenstellung in der Erforschung der Artenvielfalt ein. 12,5 Millionen € DFG-Förderung wurden dafür eingeworben, weitere Forschungs- und Fördermittel. Sachsen-Anhalt achtet insbesondere darauf, dass die Anbindung an unsere MartinLuther-Universität, an den Fachbereich Biologie, erfolgt. Dort wird gerade ein Gebäude mit Mitteln im Umfang von 23 Millionen € ertüchtigt.

Sie sehen, wir haben einiges auf der Raufe. Wir tun einiges, um das Thema Biodiversität bei uns politisch umzusetzen und es vor allen Dingen zu finanzieren. Meine Damen und Herren! Das ist erforderlich und das ermöglicht evidenzbasierte Politik, nämlich Entscheidungen auf wissenschaftlicher Grundlage. Dabei hilft uns in Zukunft auch iDiv.

Vor diesem Hintergrund, lieber Herr Aldag, meine sehr geehrten Damen und Herren, war es reizvoll, das Thema an dieser Stelle anzusprechen. Es wird uns in den nächsten Jahren begleiten, aber ich glaube, wir brauchen uns in Sachsen-Anhalt nicht zu verstecken. Und dass wir weitere Professionalisierung gebrauchen

können, gilt wohl für viele Bereiche des Lebens. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

Danke, Herr Willingmann. - Für die CDU spricht Frau Hietel-Heuer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Kennen Sie das Tier des Jahres 2023? - Es ist der Gartenschläfer. Das possierliche Tierchen

wurde vor rund einem Monat von der Deutschen Wildtierstiftung ernannt. Der Gartenschläfer lebt in Parks und Gärten, versteckt sich in Hecken und Mauerspalten. Leider ist der Gartenschläfer auf der Roten Liste der Säugetiere Deutschlands als stark gefährdet eingestuft.

Das Thema der heutigen Aktuellen Debatte ist die 15. Weltnaturkonferenz. Vertreterinnen und Vertreter aus 192 Ländern debattieren über den Biodiversitätsverlust und damit über das weltweite Artensterben. Ziel des Weltnaturgipfels ist der Beschluss eines neuen globalen Rahmens für die biologische Vielfalt. Hier sollen konkrete Ziele z. B. zu Schutzgebieten, zu nachhaltiger Produktion und nachhaltigem Konsum, zu urbanen Grünflächen und der Beteiligung verschiedener relevanter Akteursgruppen verabschiedet werden.

Die EU und damit auch Deutschland sprechen sich unter anderem für das Ziel aus, 30 % der Fläche an Land und auf dem Meer bis zum Jahr 2030 unter Schutz zu stellen. Kritische

Punkte der Verhandlung werden unter anderem Fragen zur Finanzierung sowie der Umsetzungsinstrumente sein. Die Messlatte für ein umfassendes Schutzabkommen ist hoch. Die kürzlich durchgeführte Weltklimakonferenz hat gezeigt, wie schwierig es ist, weltweite Übereinkommen zu treffen, auch wenn sie letztlich für den Menschen überlebenswichtig sind.

Bei der Biodiversität geht es um mehr als einzelne Arten oder Artenvielfalt. Es geht um intakte Ökosysteme und damit um unseren Lebensraum. Was tut Deutschland? Was tut Sachsen-Anhalt? Dafür möchte ich zunächst der grünen Schwarzmalerei, Herr Aldag, hier im Hohen Haus etwas entgegenhalten. Ich zitiere dafür gern die Bundesumweltministerin Steffi Lemke:

„Wenn wir in Deutschland alle Schutzgebiete, also auch die Landschaftsschutzgebiete, einbeziehen, hätten wir dieses Ziel tatsächlich erreicht.“

Sie meint das Ziel 30 mal 30 der deutschen Delegation auf der Weltnaturschutzkonferenz. Lieber Herr Aldag, Sie haben es erwähnt. Wir sind in Sachsen-Anhalt weit vorn, und das ist gut so.

Jetzt muss die Bundesministerin Steffi Lemke also aktiv auf diese globale Einigung hinwirken. Den großen Worten müssen konkrete Verhandlungsergebnisse folgen.

Schutzgebiete sind wichtig; dafür hat auch Sachsen-Anhalt in den vergangenen Jahren einen großen Beitrag geleistet. Ich möchte an dieser Stelle nicht alle Schutzgebiete des Landes erwähnen. Herr Aldag hat kurz dazu ausgeführt.

Dabei ist natürlich auch zu beachten, dass es zu Überlagerungen in den Schutzgebieten

kommen kann. Wichtig zum besseren Schutz unserer Tier- und Pflanzenarten ist es, transparent zu sein, Prozesse zu strukturieren und Maßnahmen stetig zu überprüfen. Dafür wird Sachsen-Anhalt die Landesstrategie zur biologischen Vielfalt und den dazugehörigen Aktionsplan fortschreiben. Dieser benennt Maßnahmen für rund 60 Handlungsschwerpunkte. Ziel ist es, die Umsetzung der Landesstrategie zu beschleunigen und den Fortschritt messbar zu machen. Wichtige Partner hierbei sind unter anderem Landnutzer, Fachverbände, Kommunen sowie Forschungs- und Hochschuleinrichtungen. Die Landesregierung will unter anderem mit einem Förderprogramm in fünf Modellregionen zu Fragen der Biodiversität und des Insektenschutzes auf landwirtschaftlichen Nutzflächen forschen.

Auch im aktuellen Haushaltsplanentwurf sind die Schwerpunkte in Sachen Naturschutz klar auszumachen. Das Artensofortprogramm wird fortgeschrieben, auch wenn es nach derzeitigem Stand geringer ausfällt als im Vorjahr. Dafür werden an anderer Stelle Arten explizit unterstützt, so unter anderem der Feldhamster, der auf der Roten Liste der Arten leider auch ganz oben steht. Unter anderem sind Managementmaßnahmen für diese Verantwortungsart in Höhe von 400 000 € im nächsten Jahr und eine VE in Höhe von 1 Million € vorgesehen.

(Zustimmung bei der CDU - Marco Tullner, CDU: Sehr gut!)

Wir fördern die Biodiversität auch mit der Fortschreibung des Landschaftsprogramms aus dem Jahr 1994 als landesweite Landschaftsplanung zur flächenkonkreten Umsetzung der Biodiversitätsstrategie. Das Deutsche Zentrum für Integrative Biodiversitätsforschung - der Minister hat es eben schon erwähnt -, welches wir

auch im Umweltausschuss in diesem Jahr schon besichtigen durften, wird vom Land weiterhin unterstützt.

(Zustimmung von Frank Bommersbach, CDU)

Forscher haben übrigens herausgefunden, dass wir nicht nur eine Abnahme der Artenvielfalt, sondern auch einen spürbaren Aufwärtstrend bspw. bei der Libelle zu verzeichnen haben. Das ist natürlich auch den vielfältigen Gewässerschutzmaßnahmen zu verdanken.

Schutzgebiete sind mit den Akteuren und Betroffenen vor Ort vor allem qualitativ weiterzuentwickeln. Nationalparke und Biosphärenreservate sind, soweit mit dem übrigen Schutzziel vereinbar, auch für die Erholung und die Umweltbildung zu nutzen.

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU)

Es gilt, den Menschen und die Natur besser zusammenzubringen. Naturschutz und Mensch schließen sich nicht aus. Wie das funktionieren kann, hat sich auf der Delegationsreise des Umweltausschusses in diesem Jahr eindrücklich gezeigt. - Lieber Herr Aldag, leider waren Sie nicht dabei. Wir hätten nämlich gemeinsam an der Isar entlang wandern können und sehen können, wie sich der Eisvogel dort überhaupt nicht hat stören lassen. Auch die Badegäste stören die Fauna dort nicht.

(Wolfgang Aldag, GRÜNE: Deswegen können wir das ja auch in Sachsen-Anhalt so ma- chen! Gute Beispiele nehmen und in Sachsen- Anhalt machen!)

Die Isar ist quasi das Naturjuwel und die Lebensader für zahlreiche bedrohte Tier- und Pflanzenarten. So kann Naturschutz im Praktischen funktionieren.

Wir lehnen jedoch eine weitere Ausweisung von Schutzgebieten oder die Ausweitung von Schutzgebietskulissen mit Bewirtschaftungseinschränkungen ab. Denn das ist blinder Aktionismus und kommt zum Teil der Enteignung gleich. Insbesondere in Deutschland leben wir in einer Kulturlandschaft, die seit Jahren von uns Menschen geformt worden ist.

Im Nationalpark Harz wäre der Umbau von der Fichtenmonokultur hin zu einem klimaresistenten Mischwald sinnvoll gewesen. Ebenso hätten gezielte Pflanzenschutzmaßnahmen zu Hochzeiten des Befalls durch den Borkenkäfer den Wald in seiner Entwicklung unterstützt.

(Zustimmung bei der CDU)

Das Eingreifen des Menschen zerstört nicht immer Lebensraum; es kann auch zum Erhalt von Lebensraum richtig und wichtig sein. Durch gezielte Beweidung mit Schafen, Ziegen, Rindern und weiteren Weidetieren helfen wir der Biodiversität, sich gezielt zu entwickeln, und schaffen somit Lebensraum für seltene Arten. Es geht um ein Miteinander. So ist der Landwirt auch Landschaftspfleger und muss dafür entsprechend entlohnt werden.

(Zustimmung bei der CDU)

Gerade in Sachsen-Anhalt zeigen wir mit gezielten Artenschutzmaßnahmen, wie gefährdete Arten unterstützt werden können. Über die Stiftung Kulturlandschaft und die Hochschule Anhalt werden geförderte Programme der Otto-Stiftung, des Bundesumweltministeriums, des Bundeslandwirtschaftsministeriums und unserer Landesministerien zusammen mit Naturschutzverbänden zur gezielten Förderung von gefährdeten Arten untersucht und ausprobiert.

In unserer fruchtbaren Agrarlandschaft werden über den kooperativen Naturschutz gezielt Biodiversitätsflächen angelegt, um Lebensräume zu entwickeln.

Und noch ein Tipp für den privaten Garten: Liebe Kolleginnen und Kollegen, nutzen Sie die Weihnachtszeit und decken Sie Ihre Regentonnen ab, um zu verhindern, dass der Gartenschläfer oder andere Tiere darin ertrinken. Spezielle Nistkästen können dem Gartenschläfer Versteck- und Ruheplätze bieten. Also nutzen Sie die Weihnachtszeit, bringen Sie Ihren Garten auf Vordermann und machen Sie den Lebensraum vor Ihrer der Haustür attraktiver. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich danke auch. - Wir setzen fort mit dem Redebeitrag von Herrn Loth, AfD.

Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Alle fünf Minuten - wir haben es gehört - stirbt weltweit eine Pflanzen- oder Tierart aus. Pro Tag beträgt dieser Verlust 150 Arten. In der Erdgeschichte ist dieser Prozess das sechstgrößte Massensterben, jedoch mit dem Unterschied, dass diesmal der Mensch ein entscheidender Zerstörungsfaktor ist.

(Frank Bommersbach, CDU: Gut recher- chiert! - Zuruf von den GRÜNEN: Ah!)

- Ich komme gleich zu euch. - Die Flächenumwandlung und Versiegelung sind die größten Treiber des Artensterbens. Dieser Verlust ist

dem menschlichen Ressourcenhunger geschuldet. Die globale Entwaldung ist Realität und nun auch in Europa und in Deutschland angekommen. Wenn tropischer Regenwald für Tagebaue, Viehweiden und den Sojaanbau unwiderruflich verschwindet, ist das zwar jedermann bekannt und wird gern zitiert, aber niemand ändert etwas daran. Die Abholzung geht munter weiter und mit ihr das Artensterben.

Die bequemen Zeiten, in denen wir uns im Fernsehsessel über die Zerstörung von Korallenriffen, über Buschbrände in Australien und die Wilderei in Afrika echauffiert haben, sind längst vorbei; diese Entwicklung hat uns überrollt.

Zu lange wurde sich in Deutschland wie in vielen anderen Bereichen auch auf einigen Erfolgen beim Erhalt von sogenannten Flaggschiffarten im Naturschutz ausgeruht. Die Warnungen des Ökosystems wurden ignoriert.

Dabei liegen uns über Jahrzehnte vorgenommene akribische Erfassungen von Ehrenamtlichen vor, die ganz genaue Aussagen darüber treffen, worin die Probleme bestehen und wie sich die Bestände bereits verringert haben.

Für diese Problemkreise soll die Umweltkonferenz Lösungsansätze bieten. Die erste Artenschutzkonferenz fand 1994 in Nassau statt. Bis zur Unterzeichnung des Dokuments traf man sich noch neun weitere Male in allen erdenklich schönen Regionen der Welt - immer schön mit dem Flieger hingeflogen und kein CO2 gespart.

Im Jahr 2010 beschlossen die Vertragsstaaten der CBD das Übereinkommen über biologische Vielfalt in Nagoya in Japan, einen umfangreichen Aktionsplan, der den Erhalt der biologischen Vielfalt in den Jahren 2011 bis 2020 sichern sollte. Doch schon mit der Konferenz in Cancún im Jahr 2016 wurde klar, dass die