Die Sozialdemokratische Partei hat seit Bestehen für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte gerungen. Dass es eine deutsche Verfassung gab, die diese Grundsätze zum ersten Mal verankerte, geschah unter Verantwortung der Sozialdemokraten. Ich finde es eine Unverschämtheit - aber ich ereifere mich nicht, sondern ich weiß, von wem sie kommt, deswegen kann ich es gelassen hinnehmen -, dass diese Sozialdemokratische Partei in einen solchen Topf mit hineingeworfen wird. Zu Ihrer Glaubwürdigkeit, Herr Dr. Hahnemann, wie Sie mit Freiheit, mit Geheimschutz usw. umgehen, dann schauen Sie doch mal bitte auf Ihre Kandidatenliste zur Landtagswahl,
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Kollege Schemmel, Sie haben vorhin oder jetzt gerade gesagt, Sie haben das gewisse Alter erreicht, dass Sie sich den Herrn Kollegen Hahnemann nicht mehr anhören müssen. Ich gehe mal davon aus, wenn es der Wähler will, werde ich hier noch einmal stehen und ich hoffe nur, dass dann der Herr Kollege Hahnemann nicht mehr hier ist und ich mir das nicht anhören muss.
Ich denke, und Sie haben das vorweggenommen, gerade diese Doppelzüngigkeit, wenn es darum geht - und Sie kennen ja die Auseinandersetzung, da Sie ehemalige Stasispitzel in der Fraktion beschäftigen und nicht einmal davor zurückschrecken, diese in Ihre Landesliste mit aufzunehmen - das ist so etwas von schizophren,
das kann man nur den Menschen in dem Lande immer wieder sagen, wie doppelzüngig Sie damit umgehen. Was mich aber am meisten ärgert - und ich versuche auch schön ruhig zu bleiben, soweit mir das überhaupt möglich ist -, ist gerade, dass Sie die Arbeit der Kollegen in der PKK und in der G 10 sehen, die sich seit vielen Jahren mit sehr viel Mühe im Auftrage des Parlaments, denn dafür sitzen wir dort, das heißt nicht umsonst Parlamentarische Kontrollkommission, nicht zu verwechseln mit der PKK, die es in der Bundesrepublik auch noch gibt. Sie wissen, wovon ich rede. Dass wir gerade in dem Gremium sehr ernsthaft, und Sie haben sich ja verweigert, dass Sie dort mitarbeiten in einem parlamentarischen Gremium, wo Sie laut Gesetz und Verfassung die Möglichkeit haben, dass Sie gerade den Verfassungsschutz mit kontrollieren, wenn Sie denn dort drin wären. Sie können leider Ihren Kollegen Dietl nicht mehr fragen, das war ein ganz integerer Mensch, der sich sehr ernsthaft diesen Dingen gestellt hat, er ist leider verstorben. Dort wird sehr ernsthaft mit den Dingen umgegangen und dort wird, was das Gesetz hergibt - man darf ja in der Öffentlichkeit und aus gutem Grunde nicht darüber reden, was dort alles passiert -, von allen Möglichkeiten Gebrauch gemacht, bis zur Anhörung von Mitarbeitern des Verfassungsschutzes, Akteneinsicht und alles, was damit im Zusammenhang steht. Wenn natürlich jemand - Herr Kollege Hahnemann, in einem stimme ich Ihnen zu - kriminelle Energie anwenden sollte, um uns irgendwelche Dinge nicht zu Ohren kommen zu lassen, das ist schwierig, aber wir haben es bis jetzt noch nicht erlebt, sondern wir haben immer, wenn wir die Landesregierung im Auftrage des Parlaments kontrolliert haben, die entsprechenden Antworten und auch Akteneinsichten bekommen, um auch vor dem Parlament bestehen zu können. Dasselbe ist in der G 10, ich bin wirklich erstaunt, Sie können ja nur zu den Faktenlagen, denn Kollege Nothnagel, ich sehe Sie gerade, Sie sind ja in der G 10 mit tätig, da geht es ganz sachlich zu. Was dort auf den Tisch gelegt wird, was geprüft wird, was vorgelegt wird, kann ich nicht erkennen, dass in irgendeiner Form irgendetwas unter den Tisch gekehrt wird oder irgendetwas nicht vorgetragen wird. Es wird sehr genau von den Entsprechenden das Material vorgelegt. Ich möchte das einfach im Sinne der Kollegen, die im Auftrage des Parlaments in beiden Kommissionen tätig sind, zurückweisen. Nehmen Sie Ihre Aufgaben dort wahr, dann wissen Sie auch, was dort los ist.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich will jetzt nicht noch einmal auf die ganzen Ausführungen des Kolle
gen Hahnemann eingehen, aber einen Vorwurf muss ich Ihnen auch machen. Als Mitglied der Parlamentarischen Kontrollkommission, der ich auch bereits 14 Jahre angehöre, stelle ich fest, dass wir immer die Möglichkeit hatten, auch den Verfassungsschutz zu kontrollieren. Woraus entnehmen Sie, z.B. aus den Verfassungsschutzberichten oder aus dem Bericht des Vorsitzenden der PKK, dass hier nicht genügend kontrolliert werden kann, das bleibt mir ein wenig verschlossen.
Sie können gleich wieder reden, wenn Sie wollen -, dass in der 2. Legislaturperiode der Kollege Dietl in der Parlamentarischen Kontrollkommission mitgearbeitet hat, das wurde von Ihrer Fraktion abgesegnet, und jetzt, wo Sie auch die Chance hatten in der 3. Legislaturperiode, haben Sie es nicht mehr angewandt und haben Sie es abgelehnt. Hier hätten Sie sich das Wissen holen können bzw. hier hätten Sie mitgestalten können; das haben Sie nicht getan. Man kann nicht nur die Steine werfen, man muss erst einmal in bestimmten Dingen mitarbeiten.
Herr Abgeordneter Pohl, der Abgeordnete Dittes wollte Ihnen eine Frage stellen. Herr Abgeordneter Dittes, das ist abgelehnt. Sie signalisieren nun eine Redemeldung. Bitte, Herr Abgeordneter Dittes.
Herr Pohl, ich wollte Sie fragen, ob es meine Erinnerung nicht trübt, dass Sie derjenige waren, der in der V-MannAffäre Tino Brand derjenige Abgeordnete des Thüringer Landtags und das Mitglied der Parlamentarischen Kontrollkommission war, das sich am lautesten öffentlich über die fehlende Kontrollmöglichkeit dieses Landesamts für Verfassungsschutz geäußert hat
und dass diese Nichtinformation, diese fehlende Kontrollmöglichkeit der Grund auch dafür war, dass Sie die Kontrollrechte des Parlaments mit einem eigenen Änderungsgesetz zum Thüringer Verfassungsschutzgesetz erweitern wollten, weil Sie die Kontrollrechte, die bestanden haben,
als nicht ausreichend und in den konkreten Fällen als eben auch nicht wirksam angesehen haben. Herr Pohl,
das waren genau Sie und wir können die Berichte der Parlamentarischen Kontrollkommission durchaus hier noch einmal diskutieren. Wir wurden durch die Parlamentarische Kontrollkommission darüber informiert, was ein Jahr zuvor in den Thüringer Zeitungen gestanden hat, was längst Gegenstand des Verfassungsschutzberichts selbst war, der durch das Amt erstellt wird. Ich habe Ihnen damals in der Beratung gesagt, die Berichte der Parlamentarischen Kontrollkommission vor dem Thüringer Landtag könnte ich, der nicht Mitglied in dieser PKK ist, selber schreiben, weil die Vorgänge bekannt sind. Was Sie darüber hinaus erfahren, wissen wir nicht, das weiß das Parlament nicht, es gibt demnach nicht nur keine parlamentarische Kontrolle, es gibt erst recht auch keine öffentliche Kontrolle. Ich will Ihnen noch einen Grund sagen und damit das Thema "Parlamentarische Kontrollkommission" auch abschließen, warum die PDS natürlich nicht in der Parlamentarischen Kontrollkommission mitarbeiten kann über die von Herrn Hahnemann genannten Gründe hinaus. Glauben Sie denn
dann tatsächlich, Herr Pohl, dass ich mich oder ein anderer Abgeordneter der PDS-Fraktion an den Geheimberatungen der Parlamentarischen Kontrollkommission beteiligen, die ein Institut kontrollieren sollen, was selbst Dossiers über uns anfertigt, was Teilstrukturen der PDS überwacht
und sie in ihren Verfassungsschutzberichten benennt? Glauben Sie wirklich, dass wir uns an der Kontrolle dieser Institution beteiligen, die uns selbst zum Gegenstand ihrer Spitzeltätigkeit macht? Das kann tatsächlich nicht ihr Ernst sein.
Um Sie vielleicht doch wieder etwas milde zu stimmen, diese Einschätzung teilen Sie ja sogar, denn Sie haben es vollbracht, den Vorschlag der PDS für die G-10-Kommission genau aus eben diesen Gründen drei- oder viermal im Thüringer Landtag abzulehnen.
Herr Fiedler, dass Sie natürlich die Materie auch wieder nicht verstanden haben, hat Ihre Nachfrage ergeben. Die Parlamentarische Kontrollkommission hat nun auch gar nichts mit den verdeckten Ermittlern bei der Thüringer Polizei zu tun. Für die Kontrolle geheimdienstlicher Arbeitsbefugnisse, Arbeitsmöglichkeiten der Thüringer Polizei gibt es kein gesondertes Gremium, es ist der Landtag selbst, der diese Kontrollmöglichkeit ausübt mit seinen parlamentarischen Rechten, wie z.B. den Kleinen Anfragen. Diese
Kontrollmöglichkeit kann der Thüringer Landtag nicht wahrnehmen, weil die Landesregierung in regelmäßiger Stupidität antwortet, dass sie aufgrund der Sicherheitslage hier dem Thüringer Landtag keine Informationen mitteilt. Es ist also noch nicht mal in dem Bereich möglich, tatsächlich zu erfahren, in welchem Umfang mit nachrichtendienstlichen Befugnissen gearbeitet wird.
Meine Damen und Herren, Herr Hahnemann hat es gesagt, Sie haben unseren Antrag nicht verstanden. Es tut mir insofern auch ganz besonders Leid, weil - Herr Schemmel, Herr Pohl - Sie in Ihrem Begründungsteil des Gesetzentwurfs einen sehr wichtigen und auch einen sehr richtigen Satz niedergeschrieben haben, der heißt: "Mit diesem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht eine grundsätzliche Neugewichtung des Verhältnisses zwischen den Rechtsgütern der Sicherheit und den Grundrechten zugunsten der Grundrechte vorgenommen." Eine grundsätzliche Neugewichtung, meine Damen und Herren, und diese grundsätzliche Neugewichtung erfordert doch geradezu von einem Landtag, hier den Prüfauftrag auszulösen,
alle Befugnisse nachträglich zu überprüfen, ob sie dieser grundsätzlichen Neugewichtung noch entsprechen, weil sie dieser nunmehr entsprechen müssen. Das ist Anliegen des Antrags. Da haben sich - Herr Fiedler, wenn Sie danach fragen, innere Sicherheit im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten - die gesetzlichen Möglichkeiten seit dem 3. März ganz grundsätzlich zugunsten der Grundrechte verändert.
Herr Fiedler, eines erschreckt mich an Ihren Redebeiträgen immer, aber Herr Pietzsch hatte das in einer der letzten Beratungen auch erwähnt, die Diskussion über das Grundrecht auf Sicherheit. Das hört sich natürlich gut an: Der Staat garantiert jedem seiner Staatsbürger Sicherheit vor Verbrechen, vor Straftaten. Aber, meine Damen und Herren, stellen Sie sich doch mal vor, was das etwa im Umkehrschluss bedeuten würde. Das hieße nicht, Herr Pietzsch, bei der Sicherheitsverwahrung nur darüber nachzudenken, wie man einen bereits als Straftäter verurteilten Menschen noch nachträglich wegsperren kann. Das hieße nämlich in Ihrer Logik, auch darüber nachzudenken,
(Zwischenruf Abg. Dr. Pietzsch, CDU: Es handelt sich um Schwerverbrecher und nicht um Taschendiebe!)
des Grundrechts auf Sicherheit, weil es ein Staat, der sich nach demokratischen und rechtsstaatlichen Gepflogenheiten organisiert, nicht gewährleistet kann, weil dies dann eben kein demokratischer Rechtsstaat mehr wäre. Es wäre letztendlich eine Diktatur, die die persönlichen Freiheitsrechte eines jeden Einzelnen so dermaßen minimieren muss,
dass sie kaum noch zu erkennen sind und auch dann, meine Damen und Herren, werden sie nicht Straftaten, werden sie nicht Gewalttaten verhindern können. Aber Sie setzen sich der Diskussion aus, dass Sie diesen einmal begonnenen Wettlauf um die Minimierung von Grundrechten gegenüber der Straftatsbekämpfung begonnen haben, den auch immer weiter fortführen. Wo das endet, dürfte doch klar sein: Sie haben kein Grundrecht mehr auf Sicherheit, Sie haben dann ein totalitäres System. Davor warne ich in dieser gesamten Diskussion,