Ich habe auf der Demonstration zur letzten Plenarsitzung gesagt, ich bitte darum, dass mir die Bürger ihre Beitragsbescheide zuschicken. Wir haben eine Hotline geschaltet und die Bürger haben das sehr intensiv wahrgenommen. Ich kann Ihnen sagen, nicht ein einziger Beitragsbescheid war dabei, den man nicht mit unseren Hilfsmitteln, die wir schon haben, anders hätte gestalten können.
(Zwischenruf Althaus, Ministerpräsident: Deswegen müssen wir es ändern, dass es so wird, wie es sein muss.)
Man hat es aber nicht anders gestaltet. Ich kann ja noch weitergehen, brauche ja nicht nur bei den leitungsgebundenen Einrichtungen zu bleiben. Nehmen wir Straßenausbaubeiträge. Wenn eine Familie in Unterweid einen Straßenausbaubescheid auf den Tisch bekommt für ein 2.773 m² großes Grundstück von 17.000 lungsziel 01.05.2004, 01.07.2004, 01.09.2004, Entschuldigung, wenn die Verwaltung nicht einmal so handelt, dass sie sagt, wir gehen jetzt auf den Beitragszahler zu, wir können entsprechend den Regelungen - das Zinshilfeprogramm gilt ja nicht nur für Wasser/Abwasser, es gilt auch für Straßenausbaubeiträge - wir laden die Familie ein, sagen,
auf Ihrem Grundstück ist ein solcher Beitrag entstanden. Wir bieten Ihnen an, mit den Zinshilfen des Landes entsteht bei Ihnen folgender Teilbeitrag und der Rest wird entsprechend gestundet, weil wir die Zinshilfen vom Land erstattet bekommen. Nein, da geht erst einmal vollkommen unkontrolliert ein so hoher Beitragsbescheid heraus und dann wundert man sich, dass die Leute berechtigterweise auf die Barrikaden gehen.
Wenn so was passiert, dann ist die Politik gefordert und dann muss sie handeln. Wenn man in einer Legislaturperiode allein aus verfahrenstechnischen Gründen eine so umfangreiche Rechtsänderung nicht mehr durchsetzen kann - Herr Ramelow, es geht nicht nur um das Kommunalabgabengesetz, wir werden merken, was dort alles insgesamt noch mit betroffen ist, bis hin, dass in den Finanzhilferichtlinien die zwangsweise Beitragserhebung steht, wo Rechtstatbestände geschaffen werden, dass wir nicht jetzt urplötzlich rückfordern müssen. Der Rechnungshof sagt, da ist ein Tatbestand entstanden. Das Land hat einen Anspruch auf Rückforderung, wenn wir es jetzt nicht mehr machen. Sehen Sie in die Abgabenordnung hinein, was da für politische Entscheidungen noch getroffen werden müssen in diesem Zusammenhang. Deswegen ist es doch richtig, dass die Landesregierung das ankündigt, was sie in der Kontinuität zu tun gedenkt, wenn sie nach dem 13.06. weiter in Verantwortung bleibt. Das haben wir angekündigt, meine Damen und Herren.
Man kann hier viele Leserbriefe vorzeigen, man kann aus Südthüringen Verbandsräte und Bürgermeister zitieren. In dem gleichen Verband hat voriges Jahr im Sommer ein anderer Bürgermeister in die Zeitung hineingeschrieben: Wir haben doch gewusst, dass wir politische Wasser- und Abwasserpreise nehmen. Nun gut, es sind mal 20 Mio. Schulden aufgelaufen, die laden wir um auf die Kommunen und weil die Kommunen arm sind, holen wir uns das aus dem Landesausgleichsstock. Herr Höhn, das wissen Sie ganz genau, so stand es voriges
Nein, im Gegenteil. Ich finde es richtig, wenn wir in die Handlungsempfehlungen hineingeschrieben haben, kostendeckende Beiträge und Gebühren. Dort, wo das verantwortungsbewusst gemacht worden ist, funktioniert es doch. Ich kann das Eichsfeld nehmen, das Verbandsgebiet im Landkreis Eichsfeld. Ich will aber nicht unbedingt das Eichsfeld nehmen, ich nehme einen Verband in Hildburghausen. Das ist ein hervorragendes Beispiel. Verbandsvorsitzender ist ein PDS-Bürgermeister, Herr Ramelow, der sich sehr wohl für Gebühren und Beiträge ausspricht, der auch die Beitragserhebung zu 90 Prozent vollzogen hat, aber auf vernünftige Art und Weise. Er hat mit den Leuten gesprochen. Ich will hier keine Werbung für den Mann machen, weil ich politisch auf der ganz anderen Seite stehe, aber wo einer ordentliche Arbeit macht, muss man es auch öffentlich sagen dürfen, selbst wenn es ein PDS-Bürgermeister ist.
Meine Damen und Herren, die Frage technische Zielplanung und dezentrale Lösung, sehen Sie, da bin ich ganz offen, da kann man das eine Beispiel nennen und das andere Beispiel. Im Landkreis Eichsfeld ist das detailliert überprüft worden und dort ist man dann insgesamt, denn dezentrale Lösungen haben nämlich auch höhere Betriebskosten, ganz klar in der betriebswirtschaftlichen Vergleichsprüfung dazu gekommen, dass eine zentrale Lösung besser ist und dezentrale Lösungen nur im Ausnahmefall. Also, diese Fragen sind ganz klar nach betriebswirtschaftlichen Kriterien zu entscheiden. In einem Punkt bin ich mit Ihnen, Herr Ramelow, gar nicht so weit auseinander, das sind die betriebswirtschaftlichen Prüfungen.
Nein. Ich halte es für notwendig, dass wir in die betriebswirtschaftlichen Prüfungen verstärkt einsteigen müssen.
Und auch das ist das Ergebnis, was die Beratungsleistung der WAM mittlerweile auf den Tisch gebracht hat.
Also, lieber Herr Höhn, ich bin nun lange in dem Geschäft drin, nicht als Innenminister, aber spätestens seit den Elefantenrunden in der großen Koalition. Ich weiß, was ich in diesen Elefantenrunden gefordert habe: betriebswirtschaftliche Vergleichsprüfungen und betriebswirtschaftliche Prüfungen der Zweckverbände. Ich bin da ganz klar in der Kontinuität meiner Aussagen seit 1995, egal in welchem Amt ich in der Zwischenzeit war.
Dort müssen wir einsteigen. Sehen Sie, ein Unternehmer orientiert sich an seinen Kunden für den Preis seines Produkts. Ich kann nicht einen Mercedes verkaufen, wenn der Kunde nur das Geld für einen Golf hat. Wobei ich bei dem Vergleich mit dem Mercedes nicht die Investitionsfrage allein meinte, sondern auch die Kostenstruktur in den Verbänden, und das muss auf den Prüfstand. Wir haben dort Nachholbedarf in bestimmten Bereichen. Es funktioniert doch auch beim Straßenausbaubeitrag. Es gibt doch Bürgermeister, die haben selbst in der Gemeinde eine Obergrenze festgelegt, was sie dem Bürger im Straßenausbaubeitrag auferlegen können. Seltsamerweise kriegen die die Investitionen immer so geregelt, dass sie diese Obergrenze einhalten. Es gibt Bürgermeister, die planen, lassen den Kosten freien Lauf, weil, Ingenieurbüros werden ja auch nicht nach der Effektivität bezahlt, sondern nach dem Bauvolumen, nach dem Investitionsvolumen und rechnen das danach um auf die Quadratmeter und schicken die Bescheide raus. Genau das müssen wir in der nächsten Legislaturperiode verstärken, das werden wir auch verstärken. Es ist ein sehr umfangreiches Gesetzgebungsverfahren. Es sind viele rechtliche Fragen zu lösen, die meisten sind heute hier schon angesprochen worden. Ich glaube, dass wir da auch eine ganze Zeit brauchen, bis wir das rechtskonform alles durchleuchtet und auf dem Weg haben. Deswegen sollten wir jetzt nicht einen Schnellschuss machen, in einem oder zwei Tagen Gesetzentwürfe zu entscheiden. Aber wir werden uns des Problems in diesem Jahr annehmen und das dieses Jahr mit zukunftsfähigen Lösungen auf den Weg bringen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich denke, nach den Ausführungen von Herrn Höhn sind noch
einige Klarstellungen angezeigt. Das angekündigte Gesetzesvorhaben ist kein Notstopfen, sondern eine wichtige Weichenstellung in die Zukunft.
Das Recht, auch das Landesrecht, hat doch die Aufgabe, Weichenstellungen vorzunehmen für die Entwicklung des Landes. Darum geht es nicht zuletzt im Wasser- und Abwasserbereich, meine Damen und Herren.
Ich möchte begründen, warum es richtig ist, im Wasserbereich die Beiträge abzuschaffen. Diese Regelung hat man einst geschaffen, als die Wasserversorgung sehr ortsnah organisiert war, als jedes Dorf seinen eigenen Brunnen gebohrt hat, so dass es möglich war, Herr Höhn, nach dem Äquivalenzprinzip die Investitionskosten den Bürgern bzw. Grundstückseigentümern zuzurechnen. Nur diese Zeit ist längst vorbei. Diese Äquivalenzargumentation von Ihnen, die ist nicht mehr stichhaltig.
Wir leben im Zeitalter der Fernwasserversorgung und da ist die Technik weit weg vom Bürger. Wie wollen Sie denn da noch den Zusammenhang begründen zwischen den Investitionskosten z.B. bei der Talsperre in Leibis und im einzelnen Grundstück. Das geht doch gar nicht mehr.
Hier hat sich die Situation doch völlig verändert. Das heißt, je weiter die Technik wegrückt vom Bürger und von der Gemeinde, umso schwieriger eignen sich die Instrumente von gestern, um Aufgaben von morgen und heute zu lösen.
Und noch eines sollte man zur Begründung sagen: Thüringen ist ein Land, das wie kaum ein anderes Land ein Dargebot beim Oberflächenwasser hat, das sehr groß ist. Wir nutzen dieses Dargebot, das wird der Umweltminister sicher bestätigen, in völlig unzureichendem Umfang. Ich denke, wir dürfen über die Beiträge nicht Anreize dafür schaffen, dass jede Gemeinde ohne Rücksicht auf Verluste versucht, wieder am Ort zu bohren. Man könnte ja einige Beispiele in Thüringen nennen, wo dies ge
schehen ist, wo man Grundwasser angezapft hat, anstatt das Fernwasser direkt an der Ortsgrenze zu nutzen. Hier, glaube ich, ist es Zeit zum Umdenken. Es ist Zeit, auch an die zukünftigen Versorgungssysteme zu denken.
Hier erfolgt ebenfalls eine richtige Weichenstellung mit diesem Vorhaben. Lassen Sie mich eine andere Aussage von Herrn Althaus in seiner Regierungserklärung aufgreifen, nämlich die Aussage, dass die nicht bebauten Flächen nicht veranlagt werden sollen, das heißt, nicht zur Grundlage der Beitragserhebung gemacht werden sollen. Meine Damen und Herren, auch das ist doch vernünftig.
Diese Regelungen wurden eingeführt zu einer Zeit, als man glaubte, die Oberflächenentwässerung total über das Kanalsystem regeln zu müssen. Wohin diese Konzeption führt, kann man an der Mosel bei jedem Hochwasser feststellen. Wenn die ganze Landschaft total kanalisiert ist, erleben wir Umweltschäden. Auch in diesem Punkt handelt die Landesregierung richtig.
Man redet häufig vom kanalisierten Bürger, man sollte nicht länger auch die Landschaft total kanalisieren. Von daher ist es auch sinnvoll, diese Regelungen aus der Bemessung herauszunehmen.
Sie, Herr Ministerpräsident, haben noch einen weiteren Punkt erwähnt, bei der Beitragsberechnung beim Abwasser anders zu verfahren. Beim Abwasser gelten andere Gesichtspunkte als beim Wasser. Beim Abwasser, Herr Höhn, ist die Äquivalenz durchaus möglich und deshalb der Beitrag begründet. Beim Abwasser kann man die Äquivalenz auch deshalb vornehmen, weil die Abwasserentsorgung einen wesentlichen Faktor darstellt für Wertsteigerungen von Grundstücken.