scheint Ihnen nicht übermittelt worden zu sein von Ihrem Landesgeschäftsführer, der dabei war, was ich ge
sagt habe. Ich lese es deswegen wörtlich vor, so wie ich es dort gesagt habe, damit Ihre sehr unterstellende
und zielorientiert unterstellende Verkürzung nicht länger im Raum stehen bleibt. Ich habe dort gesagt: "Mit Andreas Trautvetter und Volker Sklenar habe ich verabredet, das Gesetz zu ändern. Folgende Eckpunkte habe ich festgelegt: Die Beiträge für Trinkwasser werden abgeschafft, Gebühren müssen für Bürger und Gewerbetreibende verträglich sein." Da ist in Kurzform auch gesagt, dass die unsinnige Behauptung, dass die eine Regelung "Abschaffen der Beiträge" zu einer Überdimensionierung und Überbelastung der Gebührenzahler führt, falsch ist.
Zum Zweiten habe ich gesagt: "Beim Abwasser liegen die Dinge anders. Grundlage für Beiträge wird die tatsächliche Bebauung sein, z.B. wird ein Einfamilienhaus nicht mehr wie ein Fünfgeschosser veranschlagt und für große Grundstücke werden die Beiträge gekappt. Es wird eine realistische Größe zugrunde gelegt." Ich habe gesagt, "wir werden" - und ich kann nicht reden als Parlamentarier, sondern ich muss als Regierung reden, weil das meine Verantwortung ist - "die Änderung bis zum 1. Oktober 2004 beschließen. Bis dahin werden keine Beiträge für Wasser und Abwasser erhoben. Das Land trägt die Kosten für die dadurch entstehenden Ausfälle."
Meine sehr verehrten Damen und Herren, warum wir aussetzen ist doch vollkommen klar. Wir wollen, dass in dieser Zeit nicht weitere Beiträge erhoben werden, damit erst einmal der Rechtsrahmen klar ist. Ich kann nur alle Aufgabenträger und Zweckverbände bitten, doch sich diese Zeit auch im gemeinsamen Sinn zu gönnen. Denn, meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich werden wir das Gesetz nicht nur erlassen, sondern auch rückwirkend für dieses Kalenderjahr erlassen. Deswegen ist es doch sinnvoll, das steht auch im Brief des Innenministeriums, wenn man weiß, dass eine solche Rechtsänderung auf den Weg gebracht wird. Wenn wir sie noch in dieser Legislaturperiode als Referentenentwurf auch vorlegen, dass man dann die weitere Umsetzung draußen ausschließt und deshalb sich diese Zwischenzeit gönnt. Wenn wir ankündigen, dass wir die Zinsausfälle dafür auch tragen, glaube ich, ist für die Verbände auch für maximale Sicherheit gesorgt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Gentzel, Sie haben erneut in einer anderen Form Unsicherheit nach außen gebracht - auch dazu bitte ich, meine Rede zu nehmen und nicht selektiv zu nehmen -, das ist die Frage, dass die Abwasserbeiträge für andere steigen. Ich habe hier formuliert, "wichtig ist", nachdem ich die Maßnahmen referiert habe, "durch diese Maßnahmen werden die Abwasserbeiträge für alle anderen nicht steigen."
(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Sie haben aber nicht gesagt, mit welchen Maßnahmen Sie das tun wollen.)
Sehr geehrter Herr Höhn, jetzt kommen wir wieder zu dem Thema: Woher kommen denn die Kosten? Warum ist die Globalkalkulation, so wie sie ist? Dieses Bündel an Maßnahmen bin ich gern bereit, auch mit Ihnen zu erörtern. Da kann es Investitionsstreckungen geben, da muss es Investitionsveränderungen geben, da muss es Abschreibungszeitraumveränderungen geben, da muss es aber auch eine Neukalkulation von Beiträgen und Gebühren geben. Das ist ja alles richtig, aber das sind technische und inhaltliche Fragen, die man in Ruhe aufgrund einer neuen Regelung im Gesetz auch besprechen kann. Da gibt es also nicht den Hebel, der gestellt wird, sondern da gibt es ein ganzes Bündel von Maßnahmen, das man ergreifen kann, um insgesamt auch eine für die Zukunft wichtige Kostenentlastung herbeizuführen. Das Land wird, wie selbstverständlich in den letzten Jahren auch, dazu beitragen, die Lasten, die dann trotzdem übrig bleiben, mitzutragen. Ich sage noch einmal, nichts anderes tun wir derzeit mit der Strukturhilfe, nichts anders. Wenn immer schon richtig war, dass wir eigentlich die Fiktion auf der einen Seite, aber die Realität auf der anderen Seite auch berücksichtigen wollten und die Realität der Nutzung, der Bebauung und auch der realen Belastbarkeit unsere politische Leitlinie sein muss, dann müssen wir den Rechtsrahmen so setzen, dass man unabhängig von individuellen Ausprägungen im Zweckverband, die ich en dètail nicht kritisieren will, aber die man überprüfen muss, genau dieses Ziel erreicht. Genau um dieses Ziel geht es uns. Wir wollen aussetzen, um zu klären, um die Handlungen, die dann angesetzt werden, solide umsetzen zu können. Sie können es mir glauben, die Entscheidung, auf diesem Weg eine sehr umfassende Neuorientierung vorzunehmen, ist weder dem Innenminister noch mir, noch dem ganzen Kabinett leicht gefallen. Dies ganz einfach aus den Gründen, die Sie natürlich anders formulieren und anders sehen, aber die man - wenn man so wie Sie denkt - eigentlich durchaus einfacher hätte haben können. Dann hätte ich schlicht ein Moratorium zur Aussetzung weiterer Beitragserhebungen erlassen und hätte gesagt, in dieser Zeit werden alle Zweckverbände und Beitragsverbescheidungen erneut überprüft. Das wäre der Flaschenhals gewesen, den man sich politisch ohne Mühe genommen hätte, um - wie Sie das vermuten - für die nächsten Wochen Ruhe zu bekommen. Wir haben bei diesem Thema keine Ruhe in diesem Land.
Wenn ich die Medienberichterstattung der letzten Wochen sehe, kann sie widersprüchlicher nicht sein. Ich habe vorhin zitiert aus einem Medium und man könnte viele Zitate bringen. Eine Woche oder einen Tag steht der Bürger im Mittelpunkt, die Frage der Überlastung, die Frage von individuellen Schicksalen. Ein paar Tage später, weil die Politik sagt, wir werden die Sorgen jetzt ernst nehmen und handeln, steht plötzlich die kommunale Selbstverwaltung oder andere Grundprinzipien in unserem
Rechtsstaat im Mittelpunkt der Debatte. Beides muss im Mittelpunkt stehen. Wenn Sie sagen, es muss mit Strukturveränderungen zusammenhängen und veröffentlichen 20 bis 25 Zweckverbände und vorher aber kritisieren, wir würden die Verfassung nicht beachten, dann sage ich Ihnen: Artikel 28 Grundgesetz können Sie nicht einmal greifen und beim nächsten Mal fallen lassen. Wenn es einen Grundbestand an kommunaler Selbstverwaltung gibt, von dem wir ausgehen, dann gilt der allemal dafür, dass sie wichtige Gemeindeangelegenheiten in der Lage sind selbst zu entscheiden. Das heißt, es gibt nicht die Möglichkeit so ganz einfach zu sagen, es gibt so viel Zweckverbände und alles andere hat in Thüringen nicht mehr stattzufinden. Nein, Wasser und Abwasser ist in den letzten Jahren als Gebiet der kommunalen Selbstverwaltung entstanden. Deshalb muss man auch mit den Gemeinden, mit den Zweckverbänden und mit den Spitzenverbänden das Gespräch führen. Das heißt, wir wollen in dem vorhandenen Rechtsrahmen, aber auch bei der veränderten Rechtswirklichkeit aufgrund der Veränderung der wirtschaftlichen Gegebenheiten und auch der Veränderung der Zuständigkeiten von Gemeinden im Blick auf Daseinsvorsorge diese Veränderung organisieren.
Bei der Daseinsvorsorge, meine sehr verehrten Damen und Herren, will ich eines gern noch sagen, weil so der Eindruck vermittelt wird, das wäre ein abgeschlossenes System, das in Deutschland inkognito immer so weiterläuft. Seit Jahren ist das ein intensives Thema, das wissen Sie auch genau, dass es auf europäischer Ebene schon lange darum geht, ob in Deutschland eigentlich dieses Prinzip der Daseinsvorsorge auch auf diesen Gebieten Wasser und Abwasser noch zeitgemäß ist. Dieser Debatte muss man sich doch auch stellen. Man kann doch nicht so tun, als ob die Rechtswirklichkeit von 1981 mit der Rechtswirklichkeit von 2004 noch in Übereinstimmung steht. Wir erleben das doch gerade im Blick auf die Sparkassenordnungen. Wir werden es im öffentlichrechtlichen Rundfunk erleben. Wir werden es in vielen anderen Bereichen sehen, wo das, was historisch von besonderem Wert war, weil eben die Versorgung der Bürger auf Gemeindegebiet im Mittelpunkt stand und deshalb die Daseinsvorsorge auch eine tiefe innere Begründung hatte, sich in der Wirklichkeit aufgrund der Entwicklungen der letzten 10, 20, 30 Jahre vollkommen verändert hat. Die privaten Betreiber, die in Deutschland auf diesem Gebiet tätig sind, gehen ja auch ganz aktiv in diese Richtung. Wir sagen aber, wir wollen derzeit einen Kernbestand an Daseinsvorsorge, an gemeindlicher Zuständigkeit und Eigenverantwortung, aber wir wollen nicht die Augen davor verschließen, was sich an Veränderungen ergibt. Wir haben heute natürlich eine sehr starke und auch von der Zielstellung her sehr umfassende Änderung angekündigt. Wir haben dies nach sehr reiflichen Überlegungen getan. Wir haben es auch getan, nachdem wir festgestellt haben, dass trotz aller Instrumente in dem jetzigen Handwerkskoffer KAG und trotzdem wir weitere Instrumente hinzugelegt haben, die Wirkung nicht überall beim Bürger ankommt. Deswegen haben
wir uns dazu entschieden, einen neuen Instrumentenkoffer zu kaufen, weil nur das Sinn macht. Es macht keinen Sinn, länger darüber nachzudenken, ob der Rechtsrahmen ausreicht. Er reicht nicht aus, weil wir nicht alle Handlungsmöglichkeiten haben. Politik muss, davon bin ich fest überzeugt, auch an solchen Stellen sagen, wir müssen Weiterentwicklung organisieren. Das heißt nicht, Abschied von der Vergangenheit nehmen, das heißt auch nicht, alles für falsch zu erklären, hier ist so viel investiert und auf den Weg gebracht worden sowie Arbeit geschaffen und neue Strukturen geschaffen worden, die sieht man. Warum sind denn unsere Umwelt und unsere Flüsse wieder in einem so vorzüglichen Zustand, weil da viel geschehen ist, weil da viel investiert worden ist und weil wir da gemeinschaftlich, Kommunen und Land, aber auch der Bund, erfolgreich eine Kraftanstrengung durchgeführt haben. Das muss man doch sehen und wertschätzen in diesem Land.
Es ist auch richtig, dass zu Beginn der Wiedervereinigung unseres Vaterlands etwa 50 Prozent des produzierten Wassers Verlust war, weil die meisten Anlagen aus der Vor- und Nachkriegszeit waren und die in der DDR-Zeit gebauten Anlagen im Regelfall noch asbestbelastet waren. Es ist doch auch richtig, dass die übergroße Zahl der Kläranlagen ebenfalls aus Vorkriegs- und Nachkriegszeiten stammte und die allerwenigsten Kläranlagen in der DDR-Zeit gebaut wurden. Weil die DDR unter dem Motto lebte "Am Ende landet es ohnedies im Westen, weil die Flüsse im Westen münden.", hatte es auch nicht so eine große Bedeutung. Wenn man heute die Werra anschaut und alle anderen Flüsse, dann sieht man doch die Fortschritte. Die haben doch etwas mit dem zu tun, was in diesem Land aufgebaut worden ist. Da ist sehr viel Kraft hineingebracht, sehr viel Geld investiert worden. Ich werfe doch überhaupt keinem Kommunalen vor, dass er dies getan hat, weil es in unserem gemeinschaftlichen Interesse richtig ist. Das ist ein positives Beispiel für "Aufbau Ost", meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir wieder die Schöpfung beachten und die Schöpfung liebens- und lebenswert erhalten haben.
Natürlich hat diese starke Investitionskraft auch vor der Gesamtzielvorstellung ein Problem mit sich gebracht von Anfang an. Das war die EU-Vorschrift mit dem Jahr 2005 und die sich daraus rückwärts entwickelnde unwahrscheinliche Dynamik, die jeder für sich auch gesehen hat, auf der einen Seite zwingend wegen der Umwelt, auf der anderen Seite ein junges Land wie Thüringen hoffnungslos überfordernd in dieser kurzen Zeit. Andere Länder in Europa hätten sich viel mehr Gelassenheit gegönnt, im Besonderen im Süden Europas. Die gönnen sie sich bis heute. Aber wir wollen alles, wie wir halt sind in Deutschland, normgerecht und schnell umsetzen. Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist es auch richtig,
dass man heute sagt, damals die abwassertechnische Zielplanung hatte zwar vom Grundsatz her eine richtige Orientierung, aber die Dynamik überfordert ein wachsendes Land wie Thüringen und überfordert auch die Menschen in unserem Land, denn alles, was investiert werden muss - das haben wir gelernt und das sehen wir täglich -, muss erarbeitet werden. Wenn man versucht, es nur durch Verteilung zu erwirtschaften, dann spürt man spätestens nach ein, zwei Jahren, dass immer weniger zu verteilen ist. Dass die Leute jetzt so mobil werden, hat auch Gründe - und da wundern mich etwas die oberflächlichen, nicht tiefgründigen Aussagen der SPD. Warum die Leute jetzt so emotional reagieren, hat doch ganz andere Gründe. Die Rentnerinnen und Rentner haben in diesen Tagen zum ersten Mal seit 1949 - Herr Höhn, auch wenn Sie es nicht hören wollen - keine Rentenerhöhung. Sie werden um den Lohn ihres Lebens und ihrer Arbeit bestraft von Rotgrün. Das ist eine Tatsache.
Das Wirtschaftswachstum - das ist keine Aussage vom Ministerpräsidenten Thüringens, sondern die können Sie von allen sechs Wirtschaftsforschungsinstituten bekommen - stagniert seit drei Jahren in Deutschland. Wir sind Schuldenmacher Nummer 1 und stehen in Europa an letzter Stelle. Das hat doch etwas mit der Einnahmesituation zu tun, die wir im Land spüren, aber die auch die Kommunen spüren und auch jeder Einzelne. Einnahmeverluste sind angesagt auch bei jedem Einzelnen. Wir haben zum anderen eine Situation, in der die Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger in diesem Land hoch verunsichert sind, weil eine dilettantisch vorbereitete Gesetzgebung dazu führt, dass derzeit die, die Hilfe, Unterstützung, persönliche Zuwendung brauchen, zu Akten werden, indem zwischen Clement und Bundesagentur für Arbeit nur noch Akten geschoben werden und nicht mehr darüber geredet wird, dass da Schicksale vorhanden sind, um die man sich kümmern muss.
Sie spüren zum anderen, dass mit der Osterweiterung Sorgen verbunden sind, Mittelständler Ihnen sagen, wie können wir jetzt hier erweitern, besser ist, wir gehen nach Tschechien, nach Polen, nach Ungarn. Wie die Großen in dieser Welt sagen, Deutschland ist nicht attraktiv, wir investieren in Slowenien, in der Slowakei. Und wie sie spüren, dass diese Bundesregierung statt Antworten zu finden, Rhetorik betreibt und den osteuropäischen Raum nicht als Motivator nutzt,
sondern ihn beschimpft, indem vor drei Wochen Ihr Bundeskanzler und unser Bundeskanzler sagt, Osteuropa darf nicht länger Steuerdumping auf unsere Kosten betreiben. Statt sich motiviert zu fühlen, endlich auch zu re
(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Not tut der verantwortungsvolle Umgang mit Ge- setzen hier im Land.)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist der Hintergrund, warum Leute in Thüringen insgesamt verunsicherter sind als vielleicht vor fünf, sechs oder acht Jahren, weil das Wachstum nicht vorhanden ist, weil wir trotz der guten Erfolge in Thüringen mit 8,2 Prozent Industriewachstum und 3,2 Prozent Beschäftigungszuwachs in dem Bereich einen viel zu dramatischen Rückgang der Bauwirtschaft von etwa 8 Prozent haben und damit die Arbeitslosigkeit zwar unter den jungen Ländern immer noch am besten ist und wir auch den besten Rückgang haben vom März zum April mit 0,6 Prozent, aber weil Sie trotzdem spüren, so richtig funkt es nicht. Die Schere geht zwischen Ost und West auseinander und keiner tut etwas dafür, dass die Schere zusammengeht. Im Gegenteil, das, was man für Wirtschaft tun könnte, tritt man noch mit Füßen, indem man über so eine unsinnige Ausbildungsplatzabgabe diskutiert und sogar noch die Stirn hat, sie zu beschließen. Das alles, da können Sie sich mal mit dem Thüringer Handwerk, mit den Mittelständlern und den Leuten auf der Straße unterhalten, bewegt sie. Das bringt sozusagen den gesamten Untergrund für die Debatte. Wenn dann in so einer Situation in einem Zweckverband X ein einziger Bescheid verschickt wird, wie ich ihn vorhin zitiert habe und wie ihn viele zitieren können, dann geht nackte Angst um. Dann wird überhaupt nicht mehr überlegt, trifft uns das in der Rhön oder in der Nähe von Nordhausen oder im Ostthüringer Raum, sondern es wird nur gerechnet. Es wird ein Vergleichswert genommen und es wird auf das eigene Grundstück adaptiert und plötzlich steht die Angst im Gesicht. Wissen Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, weil ich selber aus einem Zweckverband komme, das will ich noch einmal sagen, wo von Anfang an sehr transparent, sehr ökonomisch und bürgerfreundlich gearbeitet worden ist, habe ich nun nach den vielen Debatten schlicht und ergreifend keine Lust mehr nur noch Debatten zu führen, sondern auch zu sagen, wir werden den Rechtsrahmen so ändern, dass wenigstens das, was wir tun können in Thüringen, die Menschen mit einer Zufriedenheit weiterleben zu lassen, die sie für ihr Grundstück auch brauchen. Es geht um die Sicherheit, dass sie es erhalten und weitergeben können. Dass Handwerker wissen, zu den Belastungen, die ohnedies schon da sind, gibt es nicht noch eine existenziell bedrohende Belastung zusätzlich. Dass wir diese Dinge so ernst nehmen, dass wir sie nicht nur diskutieren, sondern den Handlungsrahmen ändern. Ich habe angekündigt, dass wir das tun mit einer ganz klaren Zielvorgabe, sowohl inhaltlich als auch zeitlich. Ich habe nicht vertuscht, nicht vernebelt, sondern habe gesagt, was wir tun. Sie können mich beim
Wort nehmen, wir tun das. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie helfen würden, dann würden Sie nämlich auch dem Freistaat und den Menschen in diesem Freistaat helfen.
Mir liegen keine weiteren Redeanmeldungen vor, so dass ich die Aussprache zur Regierungserklärung "Maßnahmen im Bereich Wasser und Abwasser" schließen kann. Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 1 auf
Thüringer Bestattungsgesetz (ThürBestG) Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/3937 dazu: Beschlussempfehlung des Innenausschusses - Drucksache 3/4198 dazu: Änderungsantrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/4218 ZWEITE BERATUNG
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, nach den hohen Wellen des Wassers und Abwassers kommen wir jetzt zu einer mehr pietätvollen Angelegenheit. Mit dem Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf sollen die umfassenden gesetzlichen Regelungen auf dem Gebiet des Leichen-, Bestattungs- und Friedhofwesens gefasst werden. Das heißt, wir haben ein Gesetz, was dem Jahr 2004 entspricht. Am 29. Januar wurde es im Landtag in erster Lesung behandelt, es wurde federführend an den Innenausschuss überwiesen und begleitend an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit. Mit den Ihnen vorliegenden Änderungen wurde der Gesetzentwurf der Landesregierung am 29. April im Innenausschuss mehrheitlich angenommen. Ich danke Ihnen.
Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat sich zu Wort gemeldet der Abgeordnete Dr. Hahnemann, PDS-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, würdevoll und selbstbestimmt, so wünschen sich Menschen ihre Beisetzung. Die Ehrfurcht vor den Toten, die Achtung der Menschenwürde und die Wahrung der persönlichen Rechte, in diesem Dreiecksverhältnis sollte ein modernes Bestat
tungsgesetz aufgehoben sein. Das vorliegende Gesetz wird diesem Anspruch nicht gerecht. Der Gesetzentwurf der Landesregierung hat nicht nur lange auf sich warten lassen, die Autoren des Gesetzes haben es sich auch sehr leicht gemacht. Obwohl zahlreiche Interessenverbände und Einzelpersonen im Vorfeld ihre Bereitschaft zur Mitarbeit bekundet hatten, fußt der vorgelegte Gesetzentwurf eben nicht auf einer Analyse der in Thüringen praktizierten und gewünschten Bestattungs- und Trauerkultur. Nein, der Gesetzentwurf kopiert große Passagen aus dem Brandenburger Gesetz und ist angereichert mit ideologischen Versatzstücken der Thüringer Mehrheitsfraktion.
Damit ignorieren die Gesetzesschreiber die bundesweite Diskussion um zeitgemäße rechtliche Ausgestaltung des Bestattungs- und Trauerrechts in Deutschland, wie sie in anderen Bundesländern, zum Beispiel in MecklenburgVorpommern, im Saarland oder in Nordrhein-Westfalen, geführt wurde. Schon die Kabinettsanhörung, meine Damen und Herren, muss nach unseren Informationen sehr dürftig gewesen sein. Lediglich die Steinmetzinnung fand neben den drei großen Kirchen und den Spitzenverbänden Gehör. Diese Ignoranz fand dann ihren letzten traurigen Höhepunkt im Innenausschuss. Die Vertreter der Mehrheitsfraktion lehnten nicht nur eine mündliche öffentliche Anhörung ab, sämtlichen Vorschlägen der Opposition zur schriftlichen Anhörung verweigerten sie die Zustimmung. Darunter waren Organisationen der Krankenkassen und der Ärzteschaft, Hebammen, Juristen, Vertreter nicht religiöser Bestattungskultur und weitere. Gerade so, als würde das Gesetz tatsächlich nur, wie es ein nicht ganz unmaßgebliches Mitglied des Ausschusses formulierte, die Frage behandeln, wie man unter die Erde kommt, so nämlich wurde das Vorgehen im Ausschuss tatsächlich begründet. Das, meine Damen und Herren, ist nicht nur ein undemokratisches, sondern auch ein unsachgemäßes Vorgehen im Umgang mit dem Gesetzentwurf, denn es geht nicht nur darum, wie man unter die Erde kommt, sondern auch um allgemeine und weltanschauliche Fragen und auch um fachliche Komponenten, wie etwa das Leichenwesen zum Beispiel und ganz speziell die Leichenschau. Von den 13 durch die CDU vorgeschlagenen Anzuhörenden waren etwa die Hälfte Vertreter christlicher Religionen. Der Anteil der christlich-konfessionell orientierten Thüringer liegt etwa bei einem Viertel der Landeseinwohner. Ein Großteil der Menschen in diesem Bundesland ist nicht Mitglied einer Kirche. Nach Aussagen von Bestattungsunternehmern wünscht auch der überwiegende Teil eine weltliche Beisetzung. Ein zeitgemäßes Bestattungsgesetz, meine Damen und Herren, müsste also dem Wunsch entsprechen, Inhalt und Form der Beisetzung unter Achtung der Toten- und Menschenwürde selbst bestimmen zu können und nicht ideologisch oder administrativ bevormundet zu werden.
Dem trägt der Gesetzentwurf nicht Rechnung. Im Gegensatz dazu beginnt der Gesetzestext mit einem Thüringer Alleingang. Die Bestattung wird nicht nur nicht in die Verantwortung eines mündigen Bürgers gelegt, sondern als öffentliche Aufgabe definiert. Nicht die Wahrung des Gedenkens an die Toten und die Menschenwürde sind Ausgangspunkt der Rechtsregelungen, die Festschreibung eines vermeintlichen gesamtgesellschaftlichen sittlichen Empfindens bildet die Grundlage. Diese Setzung widerspricht nicht nur dem Grundverständnis der Bundesrepublik Deutschland als plurale Gesellschaft, nein, auch der Alltagsverstand sagt einem, dass Werte und Gebräuche sowohl von Mensch zu Mensch als auch von Zeit zu Zeit Veränderungen unterzogen sind, und das ist gut so. Wir schlagen deshalb die Streichung dieser Formulierung vor, weil sie zu allem Übel auch noch unangenehm an das "gesunde Volksempfinden" erinnert. Unsere Vorschläge richten sich am universellen Rechtsgut der Menschenwürde aus, denn die Würde des Menschen, auch der Toten, kann und muss alleiniger Maßstab zur Bestimmung der allgemeinen Rahmenbedingungen der Bestattungs- und Trauerkultur sein. Unter dem Dach der Menschenwürde kann in einem zeitgemäßen und liberalen Bestattungsrecht Raum sein für unterschiedliche religiöse und weltanschauliche Vorstellungen zur eigenen Beisetzung oder der von Angehörigen. Aber solchen Gestaltungsraum, diese Möglichkeiten zur Sicherung der Persönlichkeitsrechte über den Tod hinaus, will eine parlamentarische Mehrheit der Bevölkerungsmehrheit nicht zugestehen.
Meine Damen und Herren, die Trauer- und Bestattungskultur hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Immer mehr Menschen äußern in letzten Verfügungen oder als Hinterbliebene den Wunsch, der Zeit zwischen dem Tod und der Beisetzung einen individuellen Charakter zu geben. Da sind sehr naturverbundene Menschen, die gern am Stamm eines Baumes beigesetzt werden möchten. Es gibt Angehörige, die gern die Urne des geliebten Verstorbenen nicht unter die Erde bringen, sondern zu Hause würdevoll aufbewahren möchten, ganz abgesehen von jenen, die nach ihrem Ableben ins All geschossen werden möchten. Egal ob Friedwald oder Kolumbarium, beides ist mit dem vorliegenden Entwurf nicht vorgesehen. Die von uns vorgeschlagene Erweiterung der Definition von Bestattungseinrichtungen und weitere Änderungen sollen solche Bestattungsformen in Zukunft auch in Thüringen möglich machen. Obwohl das Gesetz an zentraler Stelle die Wahrung des religiösen Empfindens zum Grundsatz erhebt, ist in vielen Einzelfragen den religiösen Vorstellungen nicht christlicher Religionen in keiner Weise Rechnung getragen. Ganz konkret kann man das am Sargzwang beim Transport von Leichen oder bei der Beerdigung oder an den komplizierten und bürgerfernen Regelungen zur Gewährung von Ausnahmen hinsichtlich der Bestattungsfrist erkennen. Es wäre Ausdruck von Weltoffenheit gewesen, den Vorstellungen religiöser Minderheiten Rechnung zu tragen. Solche Bekenntnisse klebt man sich in diesem Bundesland
zwar gern auf den Kofferraum des PKW, aber in der herrschenden Politik und in der Gesetzgebung des Landes findet sie sich nicht. Auch mit dem Datenschutz hatten Landesregierung und Ausschussmehrheit bei diesem Gesetzentwurf wieder einmal ihre liebe Not. Die Vorschläge der Datenschutzbeauftragten fanden bei der abschließenden Beratung im Innenausschuss nur in einem einzigen Punkt Aufnahme. Das ist nicht nur aus Sicht des Datenschutzes bedauerlich, sondern bescherte den Ausschussmitgliedern das einmalige Erlebnis eines heftigen Disputs mit Vertretern des Innenministeriums. Die von den Ausschüssen abgewiesenen Änderungswünsche der Datenschutzbeauftragten stellen wir heute hier zur endgültigen Abstimmung.
Meine Damen und Herren, die Fachdebatte selbst will und kann ich hier nicht wiederholen, aber auf ein grundlegendes Manko des Gesetzes sei abschließend hingewiesen.
Entschuldigung, meine Damen und Herren, Frau Präsidentin, mir wird im Moment schlecht, ich kann den Vortrag nicht fortsetzen.
Meine Damen und Herren, wir werden mit unserer Beratung jetzt fortfahren. Ich möchte zunächst, ich denke, im Namen aller Abgeordneten, Herrn Dr. Hahnemann von hier aus recht gute Genesung wünschen.