Protokoll der Sitzung vom 17.05.2000

2. Wie ist die verwaltungsseitige Umsetzung vorbereitet?

3. Welchen weiteren Handlungsbedarf sieht die Landesregierung in Auswertung der Argumentation des Bundesverfassungsgerichts z.B. für das Opferentschädigungsgesetz, Soldatenversorgungsgesetz, SED-Unrechtsbereinigungsgesetz?

Für die Landesregierung beantwortet Minister Dr. Pietzsch die Anfrage.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Von diesem Richterspruch sind in Thüringen rund 10.200 Kriegsbeschädigte betroffen. Für den einzelnen Beschädigten ergeben sich in Abhängigkeit vom Schädigungsgrad monatliche Mehrbeträge in Höhe von 29 bis 153 DM. Zusätzliche Kosten für den Landeshaushalt entstehen nicht, da die Kriegsopferversorgung vom Bund getragen wird. Für den Bund ergeben sich Mehrausgaben in Höhe von 40 Mio. DM, dabei liegt der Thüringer Anteil bei etwa 6,3 Mio. DM.

Zu Frage 2 - verwaltungsseitige Umsetzung: Bereits am 20. März dieses Jahres habe ich veranlasst, dass alle Kriegsbeschädigten, die gegenwärtig Leistungen erhalten, keinen erneuten Antrag stellen müssen, d.h., es wird nicht auf neuen Antrag gezahlt. Die Umstellung erfolgt durch die Versorgungsverwaltung und als einziges der neuen Bundesländer gewährleistet Thüringen damit diese 100-prozentige Zahlung der Grundrente für den überwiegenden Teil der Beschädigten bereits ab Mai dieses Jahres. Allerdings, die gesamte Umstellung - einschließlich der Nachzahlung - kann voraussichtlich zum 1. Juli dieses Jahres abgeschlossen werden.

Zu Frage 3: Es ist natürlich Ziel unserer Bemühungen, aber es sind von der Gesetzgebung Bundesangelegenheiten, aber dennoch werden wir uns bemühen, auch die Grundrenten nach SED-Unrechtsbereinigungsgesetz, Häftlingshilfegesetz in die Rechtsänderung infolge des Urteils einzubeziehen bzw. darauf hinzuweisen. Im Bereich des Opferentschädigungsgesetzes liegt ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zurzeit vor. Allerdings ist es nach dem Wortlaut des Urteils fraglich, ob das SED-Unrechtsbereinigungsgesetz in diese Argumentationskette des Bundesverfassungsgerichts mit einbezogen werden kann.

Es gibt eine Nachfrage. Frau Abgeordnete Arenhövel.

Frau Präsidentin, keine weiteren Nachfragen, aber den Antrag namens meiner Fraktion auf Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit.

Darüber stimmen wir ab. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das Quorum ist damit erreicht und die Anfrage überwiesen. Ich rufe auf die Anfrage in Drucksache 3/543 der Frau Abgeordneten Arenhövel - Auswirkungen der bundespolitischen Entscheidungen für die Rentner im Freistaat Thüringen.

Auswirkungen der bundespolitischen Entscheidungen für die Rentner im Freistaat Thüringen

Am 1. Juli 1999 haben nach einem dynamischen Anpassungsprozess die Grundrenten Ost 86,71 Prozent der Westrenten erreicht. Inzwischen werden durch Beschluss der Bundesregierung die Renten nur noch nach der Inflationsrate angepasst.

Ich frage die Landesregierung:

1. Um welchen Prozentsatz wären die Renten in den neuen Ländern in den Jahren 2000 und 2001 gestiegen, wenn keine Abkopplung der Renten von der Nettolohnentwicklung erfolgt wäre?

2. Wie wird sich der Angleichungsprozess Ost/West im Jahr 2000 und 2001 entwickeln, wenn in diesen Jahren nur nach der Inflationsrate angepasst wird?

3. Wie werden sich die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen, z.B. die Kaufkraft für Rentner, in Thüringen darstellen?

4. Wie ist der derzeitige Stand der Abschmelzung der so genannten Auffüllbeträge in Thüringen?

Für die Landesregierung antwortet Minister Dr. Pietzsch.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Zu Frage 1: Es ist ja im Vorspann bereits gesagt worden, dass in den Jahren 2000 und 2003 eine Rentenerhöhung nur in der Höhe der Inflationsrate geschehen wird. Erstmals zum 1. Juli des Jahres 2000, also in diesem Jahr, beträgt eine Anpassung in den alten und neuen Bundesländern gleichermaßen 0,6 Prozent.

Die Beantwortung, was wäre wenn, ist natürlich mit gewissen Spekulationen verbunden, aber unter Zugrundelegung von BfA-Berechnungen, die der Presse auch zu entnehmen waren, wäre nach der alten nettolohnbezogenen Rentenanpassung, die entsprechend der Lohn- und Gehaltsentwicklung erfolgt, eine Steigerung von 2,6 Prozent in den neuen Bundesländern und 1,7 Prozent in den alten Bundesländern zu erwarten gewesen. Das ergibt praktisch einen Verlust von 2 Prozent im Osten und 1,1 Prozent in den alten Bundesländern. Was vielleicht sogar gravierender ist, dass erstmals seit der deutschen Wiedervereinigung ein Schritt zur Anpassung der Renten an das Westniveau nicht erfolgt. Das ist in diesem Jahr das erste Mal. Am Beispiel der Durchschnittsrente, beispielswei

se von 1.640 DM wird es zum 1. Juli 2000 eine Anpassung von nur 10 DM entsprechend der Inflationsrate geben.

Zu Frage 2: In den Jahren 2000 und 2001 gibt es eben, wie bereits angeführt, keine Angleichung Ost/West.

Zu Frage 3: Man kann davon ausgehen, dass sich durch die Abkopplung der Renten von der Nettolohnentwicklung eine monatliche Differenz von etwa 30 DM pro Rentenbezieher ergibt. Bei ca. 635.000 Rentnerinnen und Rentnern in Thüringen wird ein Kaufkraftverlust von insgesamt ca. 20 Mio. DM pro Monat erwartet. Die allgemeinen Lebenshaltungskosten, wie z.B. Strom, Gas, Wasser, Verkehrsmittel usw., werden Einsparungen zwangsläufig in anderen Lebensbereichen, wie Beschränkung der Ausgaben an Lebensmitteln oder auch Textilien, bedeuten.

Zu Frage 4: Wie ist der derzeitige Stand der Abschmelzung? Anhand der Angaben der Landesversicherungsanstalt Thüringen ergab sich 1999 eine Schichtung der Auffüllbeträge wie folgt: Circa 110.000 Frauen erhalten immer noch eine Rente mit Auffüllbeträgen. Bei Männern beträgt die Zahl ca. 14.000 und seit 1996 wird jede Rentenanpassung mit den Auffüllbeträgen verrechnet. Bei der geringen inflationsbezogenen Anpassung 2000 und 2001 werden viele Frauen ihre Auffüllberträge fast nicht abbauen können. Dieser Personenkreis wird sicherlich die Einsparung auch am stärksten spüren. Grob geschätzt werden insgesamt rund 220.000 Rentnerinnen und Rentner in Thüringen in den kommenden zwei Jahren kaum eine Rentenerhöhung erhalten, weil verbunden mit den Abschmelzbeträgen und dem relativ geringen Anstieg sich dieses daraus ergibt.

Es gibt eine Nachfrage. Frau Abgeordnete Ellenberger steht schon am Mikrofon.

Minister Pietzsch, können Sie mir sagen, in wie vielen Fällen in den vergangenen sechs Jahren die Rentenanpassung unter der Inflationsrate gelegen hat?

Ich kann Ihnen das nicht im Einzelfall sagen. In den letzten zwei Jahren ist es in der Tat so gewesen, dass die Inflationsrate sehr niedrig gewesen ist und dementsprechend auch dort darunter lag; dieses ist Tatsache. Es ist aber keine Frage, ob es mal darunter und mal darüber liegt, sondern es ist auch eine Frage der Rentensystematik. Das muss man natürlich auch sagen, wenn die Inflationsrate so niedrig liegt, dann sind die Ausgaben natürlich auch geringer. Wenn die Inflationsrate allerdings deutlich höher liegt als das, was an Rente zusätzlich kommt, dann macht das entsprechend weniger Geld aus.

Eine weitere Nachfrage.

Ich habe eigentlich keine weitere Frage, sondern ich stelle fest, dass Sie meine Frage überhaupt nicht beantwortet haben. Ich habe eine ganz andere Frage gestellt, als Sie mir beantwortet haben. Vielleicht liegt das daran, dass Sie momentan nicht in der Lage sind, das zu beantworten. Dann würde ich Sie bitten, dass Sie mir meine Frage, die ich gestellt habe, schriftlich beantworten, die man ja auch im Protokoll nachlesen kann.

Sie haben mich gefragt, ob ich Ihnen im Einzelnen sagen kann, in wie vielen Fällen die Inflationsrate über oder unter

(Zuruf Abg. Ellenberger, SPD: "Oder" habe ich nicht gesagt!)

der Rentenerhöhung gelegen hat. Da habe ich gesagt, ich kann es Ihnen in den einzelnen Jahren nicht sagen, das muss ich Ihnen sagen. Aber in den letzten zwei Jahren ist es darunter gewesen, das habe ich auch gesagt.

Frau Abgeordnete Arenhövel.

Namens meiner Fraktion beantrage ich auch hier für diese Anfrage die Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit. Vielleicht lässt sich ja dort noch das eine oder andere klären.

Aber Sie hatten noch eine Frage, oder?

Ja, ich hatte gefragt, wenn Sie das jetzt nicht beantworten können, was ich verstehe, ob Sie mir das vielleicht schriftlich beantworten würden. Das ist jetzt zwar keine inhaltliche Frage, aber eine Frage zum Prozedere.

Jetzt frage ich: Wollen wir das im Ausschuss klären?

Ich bin leider nicht Mitglied im Ausschuss, wie Sie vielleicht wissen, und deswegen meine Frage, ob Sie mir das schriftlich beantworten können.

Das können Sie schriftlich bekommen.

Vielen Dank, Herr Minister.

(Beifall bei der CDU)

Ich stelle zunächst fest, die konkrete Antwort wird schriftlich nachgereicht an Frau Abgeordnete Ellenberger und es gibt einen Antrag auf Ausschussüberweisung des Gesamtpakets. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Das ist das erforderliche Quorum bei weitem.

Wir kommen zur nächsten Anfrage, eine des Abgeordneten Dr. Botz in der Drucksache 3/544.

Finanzierung der Teilortsumgehung Pößneck-Ost

Laut Bundesverkehrswegeplan wurden für die Teilortsumgehung Pößneck-Ost (B 281) 29,2 Millionen Deutsche Mark an Kosten veranschlagt; im Investitionsplan 1999 bis 2002 wurde dieser Betrag auf 27,9 Millionen Deutsche Mark präzisiert (1999 9,3 Millionen Deutsche Mark und zwischen 1999 und 2002 18,6 Millionen Deutsche Mark).

In der Presseinformation des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur vom 28. März 2000 teilt das Ministerium mit, dass "Seit September 1998... vom Land Thüringen 29,0 Millionen Deutsche Mark aufgewendet (wurden), um die 2,7 Kilometer lange Teilortsumgehung zu bauen."

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie hoch waren die tatsächlichen Kosten für dieses Teilstück?

2. Seit wann wird aus Mitteln des Landes der Bau der Teilortsumgehung Pößneck-Ost (B 281) finanziert?

Für die Landesregierung antwortet Minister Schuster.