Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Ministerpräsident Dr. Vogel hat in seiner jüngsten Regierungserklärung angekündigt, das Kommunalabgabengesetz fortzuschreiben, um weitere Verbesserungen für die Bürgerinnen und Bürger zu erreichen. Die Landesregierung legt Ihnen nun den Entwurf des Fünften Gesetzes zur Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes vor. Wir alle wissen, die Landesregierung und der Landtag selbst widmen sich seit mehreren Jahren dem Problem der Beitrags- und Gebührenerhebung durch die kommunalen Aufgabenträger; insbesondere bei der Wasser- und Abwasserversorgung.
Bevor ich auf den Entwurf näher eingehe, möchte ich noch einmal hervorheben, was die kommunalen Aufgabenträger in den vergangenen Jahren erreicht und geleistet haben, nicht zuletzt auch mit Unterstützung des Landes:
Als die Kommunen die Aufgabe der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung als kommunale Selbstverwaltungsaufgabe übernommen haben, fanden sie zu großen Teilen sehr veraltete Anlagen vor, im Abwasserbereich vielerorts gar keine. Die vorhandenen Anlagen entsprachen oft kaum den technischen und umweltrechtlichen Anforderungen einer modernen Industriegesellschaft. Gleichzeitig aber wurde es nach der Wende erforderlich, neue Gewerbe- und Wohngebiete zu erschließen. Die Kommunen haben es nun unter schwierigen Ausgangsbedingungen geschafft, in den letzten Jahren ein Trinkwassernetz und eine Abwasserentsorgung aufzubauen, die europäischen Standards entsprechen. Hierfür waren bislang Investitionen in einem Umfang von mehr als 6 Mrd. DM vonnöten, welche, soweit sie nicht durch Fördermittel abgedeckt werden konnten - und das waren in den letzten zehn Jahren immerhin rund 2 Mrd. DM -, durch Gebühren und Beiträge von den Bürgerinnen und Bürger zu erheben waren.
Bei allen Erfolgen, meine Damen und Herren, und wir wissen es, kam es allerdings in den vergangenen Anfangsund Aufbaujahren zu massiven Finanzproblemen einzelner Aufgabenträger. Die Gründe dafür sind vielschichtig und wir haben hier in dem Haus in den vergangenen Jahren immer wieder darüber debattiert. Zum Beispiel mangelte es zuweilen an betriebswirtschaftlichen Erfahrungen.
Vom Land wurden und werden gezielt Anstrengungen unternommen, um Aufgabenträger bei ihrer Sanierungsaufgabe zu unterstützen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang auch an die Schulungen der Mitarbeiter der Wasser- und Abwasserbetriebe an der Thüringer Verwaltungsschule. Auch diese Schulungen fördert das Land finanziell. Mit dem Beschluss der anstehenden Novelle des Kommunalabgabengesetzes müssen wiederum die Schulungen der Aufgabenträger verstärkt werden.
Erwähnen möchte ich auch das nunmehr seit fünf Jahren laufende Finanzhilfeprogramm. Bis heute wurden immerhin mehr als 95 Mio. DM innerhalb dieses Programmrahmens ausgezahlt. Dieses Finanzhilfeprogramm hält die Aufgabenträger einerseits dazu an, selbst die zur Sanierung erforderlichen Maßnahmen einzuleiten, andererseits aber kommt es direkt den Gebührenpflichtigen zugute. Die erforderlichen wirtschaftlichen Maßnahmen, z.B. der Ausgleich der Verluste der Vorjahre wegen der Erhebung nicht kostendeckender Gebühren, würden ansonsten zu deutlichen Gebührenerhöhungen führen, die wir mit dem Finanzhilfeprogramm sozusagen verhindern. Mit diesen Sanierungsbemühungen haben wir bereits große Fortschritte erzielt. Bei einigen Aufgabenträgern ist zu erwarten, dass diese vor Ablauf des geplanten Sanierungszeitraums eigenständig kostendeckend arbeiten können und somit vorzeitig aus dem Finanzhilfeprogramm entlassen werden können. Hierdurch nunmehr frei werdende Finanzmittel können zur Aufnahme weiterer Verbände in das Finanzhilfeprogramm verwandt werden.
Dies ist beispielweise in den Fällen erforderlich, in denen von Aufgabenträgern das Strukturhilfeprogramm in Anspruch genommen wird. Dieses, Sie wissen es, setzt dort an, wo die vorhandenen Strukturen bei einzelnen Aufgabenträgern keine wirtschaftliche Aufgabenerfüllung erlauben. Das Land leistet mit diesem Programm finanzielle Hilfe für Aufgabenträger, die freiwillig Strukturveränderungen vornehmen wollen, d.h., die sich zusammenschließen wollen. Auf der Grundlage dessen haben sich in den vergangenen zwei Jahren bereits neun Aufgabenträger zusammengeschlossen, und dieses mit Erfolg. Gerade bei den betroffenen Verbänden konnten die Gebühren wie auch die Beiträge bis zu 50 Prozent abgesenkt werden.
Abgesehen von all diesen finanziellen Maßnahmen, meine Damen und Herren, ist es in den letzten Jahren gelungen, die Transparenz des Systems der Abgabenerhebung zu erhöhen. Wir wissen, das ist eine ganz wichtige Voraussetzung, um die Bereitschaft zur Zahlung von Abgaben zu verbessern. Die höhere Transparenz ist nicht zuletzt Ergebnis der 1995 in das Kommunalabgabengesetz aufgenommenen und 1998 noch detaillierter geregelten Informationspflichten.
Mehr Informationen über die Zusammensetzung von Gebühren und Beiträgen können dazu beitragen, deren Akzeptanz bei Bürgerinnen und Bürgern zu erhöhen. Akzeptanz und Transparenz lassen sich auch durch die geplanten Verbraucherbeiräte verbessern. Darauf werde ich am Schluss noch einmal näher eingehen.
Ein weiterer wichtiger Punkt, meine Damen und Herren, ist die Schaffung von Zahlungserleichterungen für die Beitragspflichtigen. Klares Ziel der CDU-Fraktion war es auch schon bei der 1998er Novelle, eine entsprechende Regelung in das Gesetz aufzunehmen. Immerhin, einige
Zahlungserleichterungen wurden damals gemeinsam mit dem Koalitionspartner beschlossen. Es wurde damals aber auch die Zinsbeihilferichtlinie erlassen, die sich als das erwies, was wir schon zum damaligen Zeitpunkt vorhersagten: Geldverbrauch zum Kurieren von Symptomen, aber nicht an der Wurzel des Problems.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Ziel der Landesregierung ist es, mit dem Gesetzentwurf die zu Tage liegenden Probleme bei der Abgabenerhebung zu lösen. Zu den offenen Problemen gehört insbesondere die aus der Wirtschaft beklagte Beitragsfestsetzung für Gewerbegrundstücke in so genannten Altstandorten, die Industriebrachen. Zu den offenen Problemen gehört die von den Aufgabenträgern beklagte ungenügende Kostenerstattung bei der Straßenoberflächenentwässerung. Zu den offenen Problemen gehört auch die immer wieder von den Bürgerinitiativen gerügte unzureichende Information durch die Zweckverbände. Nicht zuletzt gehört auch geregelt die unsystematische Darstellung der vielerlei Zahlungserleichterungen im Gesetz selbst.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich genauer auf die einzelnen Bestimmungen eingehen, die wir in den Gesetzentwurf aufgenommen haben. Eine zentrale Regelung ist der neu in das Gesetz aufgenommene § 7 b des Entwurfs. Darin werden die verschiedenen Stundungsmöglichkeiten zusammengefasst und Sie wissen, derzeit existieren verschiedene Stundungsmöglichkeiten, die sich gar nicht mehr scharf voneinander abgrenzen lassen. Darum war eine Systematisierung dieser Möglichkeiten und eine Zusammenfassung in einem speziellen Paragraphen erforderlich. Beides dient der Übersichtlichkeit für Aufgabenträger und für Beitragspflichtige. Die Stundungsmöglichkeiten werden also in § 7 b Thüringer Kommunalabgabengesetz gebündelt. Ziel ist es dabei, entsprechend dem tatsächlichen Bedarf abzustufen. So kann nach der Regelung des Absatzes 1 allen Beitragspflichtigen der Beitrag ohne Vorliegen besonderer Voraussetzungen für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren, allerdings verzinslich, gestundet werden. Ist zur Vermeidung erheblicher Härten eine darüber hinausgehende Stundung erforderlich, kann der Aufgabenträger den Beitrag gemäß Absatz 2 für einen Zeitraum von bis zu 20 Jahren verzinslich stunden. Diese beiden Regelungen dienen dazu, dass die unterschiedliche finanzielle Situation der einzelnen Beitragspflichtigen ausreichend Berücksichtigung vor Ort finden kann. Daneben sind in den folgenden Absätzen des § 7 b unbefristete Stundungsmöglichkeiten für ganz bestimmte Gruppen von Beitragspflichtigen vorgesehen. Die Aufnahme dieser Regelung wird in das Ermessen der Satzungsgeber des jeweiligen Verbandes gestellt, denn gerade die Satzungsgeber kennen üblicherweise die besonderen Gegebenheiten vor Ort genau und sie kennen damit auch die speziellen Herausforderungen, die vor Ort bestehen. Solche genauen Kenntnisse sind natürlich eine gute Basis für diejenigen, die über die Satzung zu beschließen haben, denn sie können nun entscheiden, welche besonderen Stundungsmöglichkeiten bei leitungsge
bundenen Einrichtungen in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich erforderlich sind. Dies fördert gleichzeitig die kommunale Selbstverwaltung, erhebt aber auch einen hohen Anspruch an die Verantwortlichkeit der kommunalen Ebene.
Der Absatz 4 dieses besagten § 7 b widmet sich bebauten, aber zum großen Teil nicht genutzten Flächen, den so genannten industriellen Altflächen. Jeder von uns kennt Unternehmen, die in den letzten Jahren gezwungen waren, die Produktion stark zurückzufahren, bzw. kennt Existenzgründer, die industrielle Altflächen erwerben konnten, manchmal auch mussten, weil sie die kleineren Stücke davon nicht bekommen konnten, jedoch nur einen Bruchteil dieser Flächen eigentlich für ihr Gewerbe benötigen. Es gibt zwar bereits jetzt Möglichkeiten, über entsprechende Härtefallregelungen einzelne Fälle abzudecken, doch diese Möglichkeiten sind zum einen für viele Aufgabenträger nur schwer zu handhaben, zum anderen werden nicht alle problematischen Fälle davon erfasst.
Weiterhin aufgegriffen wurden zinslose Stundungsmöglichkeiten für Kleingärten, für Friedhöfe und für Kirchen. Bei allen Unterschieden dieser drei Gruppen ist doch eines gleich: Die Aufnahme in den Gesetzentwurf ist der besonderen Eigenart der Nutzung der jeweiligen Grundstücke geschuldet, eine Nutzung, die mit der von Wohngrundstücken oder gewerblich genutzten Grundstücken überhaupt nicht vergleichbar ist. Gerade für die vielen Kleingärtner in Thüringen kann das Gesetz damit deutliche Verbesserungen bringen, wenn die Verbände diese gesetzliche Möglichkeit in ihr eigenes Satzungsrecht umsetzen.
Ein weiterer Schwerpunkt des Gesetzentwurfs stellt die Regelung des § 12 Abs. 1 dar, meine Damen und Herren. Hier wird klargestellt, dass von solchen Trägern der Straßenbaulast, die sich nicht gemäß den Anforderungen des § 23 Abs. 5 des Thüringer Straßengesetzes an den Kosten der Entwässerungseinrichtungen beteiligen, Gebühren zu erheben sind. Diese Regelung ist wichtig und erforderlich, um bei den Aufgabenträgern Finanzierungslücken zu decken, die durch die unzureichende Beteiligung, gerade auch der Straßenbaulastträger, aufgetreten sind.
Neben diesen Änderungen, meine Damen und Herren, enthält der Entwurf noch eine Vielzahl von kleineren Änderungen des Kommunalabgabengesetzes. Dies sind neben der unbefristeten Begrenzung von Vorauszahlungen bei leitungsgebundenen Einrichtungen auf 80 Prozent von 100 auch Änderungen bei der Kalkulation wiederkehrender Beiträge. Klargestellt wird auch die Zulässigkeit von gesonderten Feststellungsbescheiden. All diese Änderungen berücksichtigen gerade auch entsprechende Erfahrungen aus einer nun schon mehrjährigen Praxis.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Schluss möchte ich noch auf eine Regelung eingehen, die mir be
sonders wichtig erscheint. Der Gesetzentwurf sieht - wie bereits erwähnt - vor, den § 26 a in das Gesetz über die Kommunale Gemeinschaftsarbeit einzuführen, um damit die Voraussetzungen für die so genannten Verbraucherbeiräte zu schaffen. Ziel ist es, den Informationsfluss zwischen den Zweckverbänden einerseits und den Bürgerinnen und Bürgern andererseits weiter zu verbessern. Ich gehe davon aus, dass sich so eine Vielzahl von Missverständnissen ausräumen oder gar vermeiden lässt. Angehören sollen den Verbraucherbeiräten neben Vertretern des Zweckverbandes vor allem sachkundige Bürger aus den Mitgliedsgemeinden der Verbände.
Durch diese Regelung werden die Zweckverbände dabei unterstützt, die gesetzlich normierten Informationspflichten konsequent durchzusetzen und hier, das wissen wir genau, hapert es bei manchen Verbänden enorm.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie Ihnen bekannt ist, droht mit Ablauf dieses Jahres eine Vielzahl von Beitragspflichten im Bereich der leitungsgebundenen Einrichtungen zu verjähren. Daher muss im laufenden Jahr eine große Zahl von Beitragsbescheiden noch erstellt und versandt werden. Damit die hiervon betroffenen Beitragspflichtigen die im Entwurf vorgesehenen Regelungen in Anspruch nehmen können, ist zügiges Handeln erforderlich. Der vorliegende Gesetzentwurf sollte daher rasch beraten und verabschiedet werden. Er bietet das erforderliche Instrumentarium, um die Probleme der Beitrags- und Gebührenerhebung durch die kommunalen Aufgabenträger, insbesondere auch bei der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, einer konstruktiven Lösung deutlich näher zu bringen. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Erhebung von Kommunalabgaben bestimmt seit Jahren die Kommunal- und Landespolitik mit. Das Thüringer Kommunalabgabengesetz wurde zwischenzeitlich vier Mal geändert, zuletzt im Dezember 1999. Schon allein diese häufige Änderung ist Ausdruck für die Dynamik in diesem Bereich, aber sie verunsichert auch die Behörden, die Kommunen und natürlich die Bürger. Hinzu kommt, dass die Rechtsprechung in Thüringen nicht einheitlich geregelt und gestaltet ist. Die Rechtssicherheit im Bereich Kommunalabgaben ist dadurch auch neun Jahre nach In-KraftTreten des Kommunalabgabengesetzes noch nicht gegeben. Immer wieder hat der Landesgesetzgeber nur ein
zelne Punkte der Entwicklung angepasst, aber eine prinzipielle notwendige Kurskorrektur zur Sicherung vertretbarer und bezahlbarer Kommunalabgaben wurde vermieden. Der nunmehr vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung passt sich hier ein. Er beinhaltet wiederum in Einzelpunkten kleine Veränderungen, die ich auch teilweise gut finde, er lässt aber notwendige Veränderungen vermissen. Und der Gesetzentwurf belegt des Weiteren, dass sich das Land offensichtlich im Weiteren seiner Verantwortung für die überhöhten Gebühren und Beiträge entziehen will; eine Mitverantwortung, die sich nach meinem Dafürhalten dreifach begründet. Zum Ersten ergibt sie sich aus der ausgeübten Fachaufsicht des Umweltministeriums zu den technischen Konzepten, keine Abwasseranlage wurde ohne Landeszustimmung gebaut - stimmt doch, Herr Minister -;
zum Zweiten aus der rechtsaufsichtlichen Funktion des Landes im Zusammenhang mit der Genehmigung der Haushalte und der Kredite, alle Kredite wurden durch die Kommunalaufsicht, also einer Landesbehörde, genehmigt; und drittens aus der Tatsache der Stimulierung von Investitionen durch Fördermittel.
Wir alle wissen, meine Damen und Herren, dass sich die Mehrzahl der Bürger nicht generell gegen die Erhebung von Gebühren und Beiträgen ausspricht, und - wie bekannt sein dürfte - auch nicht die PDS-Fraktion. Die Erhebung muss aber sozial vertretbar, sie muss gerecht und muss bezahlbar sein. Und dieser Grundsatz prägte auch das bisherige Handeln der PDS-Landtagsfraktion. Völliges Unverständnis besteht darüber, dass oftmals rückwirkend Beiträge für den Straßenausbau und wasserwirtschaftliche Anlagen erhoben wurden. Und ich behaupte, Herr Minister, im Gegensatz zu Ihnen, dass eine vorherige Information wirklich selten erfolgt ist. Sie sagten, das hat sich gebessert. Aber wir meinen, dass sich das in der kommunalen Praxis doch anders zeigt. Mehrheitlich erfolgt - wir können das ja irgendwie noch mal erheben lassen - keine Information. Immer wieder wird in Verwaltungsstreitigkeiten die Nichtinformation festgestellt und auch beanstandet. Es wird auch gleichzeitig festgestellt, dass Informationspflicht besteht, letztendlich unverbindlich, ohne jegliche Rechtsfolgen. Da - wie gesagt - in den seltensten Fällen die Information erfolgte, war eben damit auch eine Berücksichtigung der finanziellen Belastung bei der weiteren Lebensplanung nicht möglich. Und aufgrund des unterschiedlichen Satzungsrechts sind Gebühren und Beiträge nicht immer vergleichbar. Unbestritten ist jedoch, dass in vielen Fällen die von der Politik zugesagten Höchstgrenzen überschritten wurden und auch werden. Die Ursachen hierfür liegen sowohl auf Landesals auch auf kommunaler Ebene. Deshalb kann auch die Lösung nur durch Landes- und Kommunalpolitik gemeinsam erfolgen. Und die PDS-Landtagsfraktion sieht das Land in rechtlicher und finanzieller Verantwortung, oh
ne dabei die kommunale Verantwortung zu verdrängen. Die Landes- und Kommunalpolitik ist aufgefordert, die Sorgen und Ängste der Bürger ernst zu nehmen. Der vorliegende Gesetzentwurf wird diesem Anspruch nur in Ansätzen gerecht und das nehme ich Ihnen, Herr Minister, und Ihrer Mannschaft übel, weil die Erwartungen durch die Vorankündigungen einfach sehr hoch gestellt waren. Und ich muss gestehen, auch ich habe mich davon ein Stück weit zunächst erst mal täuschen lassen.
Ein anderes Verhältnis, ein anderer Umgang zu und mit den Bürgern ist für die PDS-Landtagsfraktion ein erster Ansatz zur Lösung der Probleme. Vor den Landtagswahlen haben nahezu alle Parteien eine erneute Novelle des Thüringer Kommunalabgabengesetzes in Aussicht gestellt.
Auch die PDS-Fraktion... Ja, aber die vorliegende geht doch nicht weit genug. Sie reicht nicht aus, Kollege Fiedler. Und gerade deshalb sage ich, dass auch wir weiterhin eine Novelle des Kommunalabgabengesetzes für erforderlich halten. Bloß, allein eine weitere Novelle wird nicht sozial vertretbare, gerechte und bezahlbare Kommunalabgaben sichern, denn neben den Veränderungen des Thüringer Kommunalabgabengesetzes sind weitere Maßnahmen und sind auch weitere Entscheidungen notwendig. Hierzu zählen: weiterhin zielgerichtete Landesfördermaßnahmen, eine effizientere Struktur bei den Zweckverbänden - alles eingeleitet, aber in dieser Richtung muss weitergegangen werden -, einheitliche Vorgaben für die Gebührenkalkulation und Beitragsbemessung, zeitliche Streckung von Investitionen usw.
Aber, meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung wird nicht im Ansatz diesen notwendigen Erfordernissen gerecht. Sie wollen die Bürger ruhig stellen und locken deshalb mit vermeintlich großzügigen Stundungsmöglichkeiten. Ich sage "vermeintlich", denn bei näherem Betrachten sind diese Stundungsmöglichkeiten in meinen Augen nur Kosmetik - und ich habe auch behauptet "Etikettenschwindel" und sage das noch mal. Und die Stundung setzt zunächst den Rechtsmittelverzicht voraus.
Sie nehmen damit den Bürgern ein legitimes Recht. Stundung der Rechtsmittel, so lautet Ihre Philosophie.
Und dies ist wahrlich kein Beitrag zur Entwicklung des Rechtsbewusstseins und zur Erhöhung des Vertrauens gegenüber dem Rechtsstaat. Doch Sie gehen noch weiter. Die seit Ende 1998 bestehende Möglichkeit der Zinsbeihilfe bei Stundung schaffen Sie wieder ab. Sie sparen
damit 50 Mio. DM ein. Wenn Sie hier sparen, dann sparen Sie auf Kosten der Bürger. Vermutlich sparen Sie so, dass eben diese 50 Mio. DM der Beitrag des Innenministers zur Kürzung des Landeshaushalts, zum Sparen sind. Alle weiteren Stundungsmöglichkeiten liegen im Ermessen der Verbände. Bei großzügiger Anwendung der Abgabenordnung hätten die Verbände bereits jetzt diese Stundung gewähren können. Sie haben es nicht getan und deshalb ist hier auch künftig bestimmt eine Zurückhaltung zu erwarten. Die Probleme bei Straßenausbaubeiträgen haben Sie offenbar bis heute nicht wahrgenommen. Anderenfalls hätten Sie diese Beiträge aus den beabsichtigten Gesetzesregelungen nicht herausgenommen. Aber, meine Damen und Herren, da die Landesregierung nicht willens ist, durch gesetzliche Regelungen tatsächlich bezahlbare und vertretbare Kommunalabgaben zu sichern, wird die PDS-Landtagsfraktion deshalb umgehend den Entwurf eines Kommunalabgabenentlastungsgesetzes vorlegen,
in dem die einzelnen Maßnahmen festgeschrieben werden sollen. Die ersten Grundzüge haben wir bereits veröffentlicht. Im Ergebnis dieser öffentlichen Diskussion so hoffe ich - wird ein Gesetzentwurf stehen, der für die nächsten Jahre die Arbeit auf dem Gebiet der Kommunalabgaben regeln soll.
Nun haben Sie, Herr Innenminister, verkündet, dass Sie das Ziel verfolgen, die vorliegende Gesetzesänderung bis zur Sommerpause zu verabschieden. Diese Eile wird damit begründet, dass insbesondere im Herbst mit einer verstärkten Bescheidung zu rechnen ist, da ja bis zum 31.12.2000 die bereits dreimal verlängerte Verjährungsfrist einsetzt. Nun liegt es an Ihnen, sehr verehrte Damen und Herren der CDU-Fraktion, zu entscheiden, ob Sie lieber einen Schnellschuss wollen, der nur im Einzelfall eine tatsächliche Hilfe für die Betroffenen darstellt, oder ob Sie sich nicht tiefgründig und umfassend einer Diskussion zur Sicherung bezahlbarer und finanzierbarer Kommunalabgaben stellen. Wenn Sie Zweites wollen, dann verweisen Sie Ihren und unseren Gesetzentwurf, der erst im Juli-Plenum eingebracht werden kann, an den Innenausschuss. Stimmen Sie einer öffentlichen Anhörung zu beiden Gesetzen zu und beschließen Sie dann ein Gesetz, das im Ergebnis der Anhörung durch die Experten aller Seiten als machbar und annehmbar bewertet wird. Die PDS-Landtagsfraktion scheut weder den Vergleich noch das Urteil der Experten.
Meine Damen und Herren, ich bin eigentlich geneigt, Ihnen noch einige unserer Vorschläge zu unterbreiten, nicht alle, die dieses umfassende Gesetzeswerk erfassen sollte. Insgesamt könnten wir uns 19 Komplexe vorstellen, die benenne ich nicht, möchte aber auf einige wenige doch noch eingehen. Und zwar meinen wir, dass unbedingt geregelt sein müsste der Rechtsanspruch auf eine zinslose Stundung. Nach § 7 Abs. 12 a Thüringer Kommunalabgaben
gesetz muss von der Bestandskraft des Bescheids abgekoppelt werden, dass die Anerkennung der Schuld nicht Voraussetzung für eine Stundung sein darf. Die Zinsbeihilfe muss entgegen der Vorstellung des Gesetzentwurfs beibehalten werden.
Die Informationspflicht vor Investitionsbeginn nach § 7 b ist des Weiteren im Gesetz bindend festzuschreiben. Die Nichtbeachtung der Informationspflicht müsste zur Folge haben, dass für eine derartige Maßnahme keine Beiträge oder Gebühren erhoben werden können.
Nur dadurch wird die Informationspflicht auch ernst genommen. Wir meinen, ohne Gelder sind solche Regelungen nicht zu machen. Wir haben solche Vorstellungen ich belasse es jetzt mal bei diesen beiden Punkten -, dass man in etwa bis 2005 ca. 100 Mio. DM jedes Jahr in den Haushalt dafür mit einstellen müsste. Manches kostet auch kein Geld, was machbar ist. So könnte es zu einer guten Mischung kommen und vor allen Dingen zu sozialverträglichen Kommunalabgaben.