Meine Damen und Herren, eine solche Gesetzesnovelle, ein solcher Umgang mit kommunalen Unternehmen, ein solcher Umgang mit Kommunen im Freistaat ist mit der PDS-Fraktion nicht zu machen. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, gestatten Sie mir, dass ich ganz herzlich die Vertreter des VKU und des Gemeinde- und Städtebundes hier zu unserer Debatte begrüße, die sehr betroffen sein werden von dem, was heute hier passiert. Das möchte ich mal als Vorwort sagen.
Herr Köckert, es wird mir wohl gestattet sein, hier eine Begrüßung auszusprechen, nachdem Herr Kallenbach vollkommen zu Recht - sich das Recht herausgenommen hat, hier die Vertreter der Busunternehmen zu begrüßen.
Meine Damen und Herren, wir reden heute bzw. in den folgenden Tagen - morgen und übermorgen - über einige interessante kommunalpolitische Gesetze. Heute über die Änderung der Thüringer Kommunalordnung - da dauerte es von der Ankündigung bis zur Realisierung ein knappes Jahr -, dann reden wir noch über das Thüringer Kommunalabgabengesetz, auch ein sehr wichtiges Gesetz, da dauerte es nur vier Wochen, was als Erstes die These widerlegt, dass alles, was lange währt, auch gut wird. Bei der CDUFraktion ist es also völlig unerheblich: Egal wie lange sie nachdenkt, es bleibt gleichmäßig schlecht.
Der Grund, warum wir heute hier zusammen sind und warum hier ursprünglich einmal vollkommen zu Recht vom Ministerpräsidenten gesagt wurde, hier gibt es ein Problem und das müssen wir regeln, wurde von der Regierung Kohl gelegt, als nämlich die Liberalisierung des Energiemarkts vollkommen ohne Übergangsfristen auf Deutschland übergestülpt wurde. Andere europäische Länder waren viel klüger. Und jetzt nützt es wenig, mit dem Finger auf die EU zu zeigen, die EU hätte die Spielräume gelassen. Nun ist das, was Herr Kohl an Schaden angerichtet hat, wie manch anderer Schaden, leider nicht mehr
zu korrigieren. Deswegen hätten wir wenigstens das tun sollen, was wir als Land noch beitragen können, um den Stadtwerken zu helfen.
Also, um den Stadtwerken zu helfen, hätten wir als Land wenigstens das tun können - Herr Fiedler, und ich gestehe Ihnen zu, dass Sie sich da auch redlich gemüht haben -, was in unserer Kraft liegt. Und der Vergleich des Gemeindeund Städtebundes, dass zwei Mann in den Startlöchern hocken, der eine hat Spikes und der andere ist angebunden und soll losrennen, der ist ja nicht so ganz unzutreffend. Inzwischen haben wir nach dem Vorschlag der CDU den Zustand erreicht, dass man ihm wenigstens ein Bein losgebunden hat, dafür aber die Arme auf den Rücken. Dass er an Geschwindigkeit zulegen wird, kann ich im Moment noch nicht erkennen.
Wenn Herr Fiedler sagt, dass die CDU-Fraktion dies als ersten Schritt sieht und weitere einleiten will, da kann ich nur sagen, da haben Sie irgendwann in ein paar Jahren den Effekt, da können Sie ruhigen Gewissens sich hinstellen und sagen: Operation geglückt - Patient leider inzwischen verstorben! So wird es nämlich ausgehen. Jetzt schon bestand allerhöchster Handlungsbedarf. Es ist bedauerlich, dass es nicht möglich gewesen ist, die Handlungen in tatsächliche Taten münden zu sehen.
Ich will nur am Rande erwähnen, weil das heute noch nicht gesagt worden ist: Die Stadtwerke haben sich in den letzten Jahren auch sehr dadurch hervorgetan, dass sie ökologische Stromerzeugung vor Ort gefördert haben. Damit wird zukünftig Schluss sein, ich muss das hier einmal ganz deutlich sagen. Und diejenigen, die gesagt haben, wir streben hier einen Ausgleich zwischen den Interessen der Wirtschaft und denen der Kommunen an, die scheinen nicht so recht zu wissen, wie viel Aufträge jährlich durch die Stadtwerke an den Mittelstand in Thüringen gehen; das hat nämlich inzwischen die stolze Summe von 400 Mio. DM, nicht über viele Jahre, sondern jedes Jahr erreicht. Schauen Sie in unseren eigenen Landeshaushalt, was wir dort als Wirtschaftsförderung drin haben. Ich denke, 400 Mio. DM ist eine stattliche Summe, die man nicht so einfach in den Wind schreiben sollte. Darüber hinaus wird es durch die heutige Entscheidung, die ja ansteht - und ich nehme einmal stark an, dass unsere Änderungsanträge Sie nicht überzeugen werden von Ihrer Meinung abzuweichen.
Es gibt eine minimale Chance noch, das will ich ja zugestehen; vielleicht haben wir irgendwann mal wieder Volkskammerverhältnisse, aber es sieht im Moment nicht danach aus.
Das wird, meine Damen und Herren, dazu führen, dass das Kapital der Kommunen - und das sind die Stadtwerke - schleichend entwertet wird. Da gibt es zwei Möglichkeiten:
Die Variante 1, die Kommunen schauen zu, wie es entwertet wird, und die Variante 2, sie verkaufen den ganzen Kram, solange er noch etwas wert ist. Beides kann nicht im Interesse der Kommunen sein. Also diejenigen, die sich hier als Wirtschaftsexperten produzieren, ich hoffe nur, dass die dann auch in der vordersten Front stehen, wenn es darum geht, der Wirtschaft zu erklären, wieso diese 400 Mio. DM-Aufträge von nämlich Großstromerzeugern an andere vergeben werden als an die Wirtschaft in Thüringen.
Wir mussten ja erleben, dass es dem Wirtschaftsminister Schuster nicht geglückt ist, die TEAG davon abzubringen, sich zugunsten der bayerischen Unternehmen arbeitsplatzmäßig zu sanieren. Diesen Prozess haben wir in Thüringen schon hinter uns und ich fürchte, was die Stadtwerke betrifft, steht uns Ähnliches bevor. Andere Bundesländer - Brandenburg, NRW, das Saarland - haben sehr wohl verstanden, ihre persönlichen Interessen bei der Energieerzeugung, weil sie z.B. Kohle in ihrem Land haben, sehr deutlich in den Vordergrund zu rücken und sich dort Mehrheiten zu suchen. Wir Thüringer sind noch nicht einmal in der Lage, unsere eigenen Interessen zu erkennen und gegen die anderen umzusetzen. Wenn heute der Gesetzentwurf so beschlossen wird, wie Sie das vorschlagen, da kann ich nur sagen: Die Bayernwerke in München lachen sich krank. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich kann gar nicht verstehen, warum man bei einem so schönen Thema alles in einen Topf rührt, rumrät und von Sterbehilfe und mit solcher Verbissenheit diskutiert.
Wissen Sie, Herr Gerstenberger, wenn Anzuhörende nur Experten sind, wenn sie nach dem Munde reden, dann haben wir natürlich ein unterschiedliches Verständnis von Anhörung.
Nein, wissen Sie, ich habe es genau andersherum gesagt. Sie haben uns gesagt, das sind die Experten, und dann haben Sie uns den VKU und andere Stellungnahmen vorgetragen und haben aber nicht erwähnt, dass beispielsweise auch die IHK oder die Handwerkskammer oder der Verband der Wirtschaft angesprochen wird, zumindest haben Sie denen nicht das Prädikat "Experte" verliehen, das will ich mal so deutlich sagen. Man muss doch mal sagen, dass bei der Anhörung herausgekommen ist, dass diese gesagt haben, der Gesetzentwurf der Landesregierung geht uns zu weit. Und dann muss ich sagen, ist das also ein Kompromiss, der hier gefunden worden ist durch die Landesregierung, und ein Kompromiss, der gefunden worden ist auch durch die Arbeit der beteiligten Ausschüsse.
Meine Damen und Herren, wir haben eine prinzipielle Diskussion unter dem Blick Europa und Globalisierung, die immer wieder hinterfragen muss die Grundsätze, privat vor Staat, Wettbewerb und Subsidiarität. Und, meine Damen und Herren, Subsidiarität ist nicht etwas Überholtes, sondern ist eine Rechtsfigur, die das europäische Recht sehr wohl kennt, meine Damen und Herren, das will ich nur mal sagen.
Bei dieser spannenden Diskussion muss man doch die Besonderheit öffentlicher Unternehmen respektieren, die wir im Übrigen als Fraktion und beispielsweise in einem Forum auch von Prof. Meyn aus Jena haben erklären lassen, öffentliche Unternehmen in Bezug zu den Angelegenheiten der öffentlichen Gemeinschaft, also der öffentliche Zweck und wirtschaftliche Betätigung - das hat sich noch nicht geändert - ist definiert als "Herstellen, Anbieten und Verteilen von Gütern und Dienstleistungen erbringen" mit der Absicht einer Gewinnerzielung. Nun kommen wir an eine spannende Stelle: Daseinsvorsorge - das haben Sie ja hier gesagt, das steht ja dann auch im Gesetz drin - in bestimmten Bereichen ist das eine typische Aufgabe kommunaler Gebietskörperschaft, aber es besteht eine sehr hohe Bedenklichkeit, ob die Erwerbs- oder Gewinnabsicht dazugehört. Das muss man doch mal in aller Ruhe diskutieren. Die zweite Sache ist, Sie sagen Wettbewerbsgleichheit und strapazieren ein schönes Bild, was hier gefunden wurde. Die Wettbewerbsgleichheit hat auch zwei
Aspekte, nämlich dass die private Wirtschaft vielfach als Personengesellschaft organisiert ist und die Gesellschafter persönlich haften, und hier ist das herausgestellt worden. Das ist beim kommunalen Unternehmen nicht gegeben. Da ist eine Sicherheit durch die Kommune gegeben. Wir machen uns das Leben vielleicht etwas schwer auch damit, dass die Kommunalordnung hier nur so dargestellt worden ist, als ob sie ausschließlich für die Stadtwerke gemacht worden ist, meine Damen und Herren. Hier liegt vielleicht die Crux. Wir haben kommunale Betätigung bei Bauhöfen, Grünpflegen. Ich habe gerade gelesen, Herr Kollege Gerstenberger, die Stadtwirtschaft Gera freut sich, dass sie nun einen Hof hat, der Altautos verwertet. Das sind doch genau die Sumpfblüten, wie ich sage, die eigentlich gegen den Mittelstand sprechen und gegen die private Betätigung.
(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, PDS: Sie waren es doch, der vorgeschlagen hat, dass wir über das Energieproblem reden. Hören Sie auf, das jetzt rumzudrehen.)
Sie haben offensichtlich das Problem mit der Liberalisierung im Energiewirtschaftssektor und Frau Dr. Klaus offensichtlich auch, denn es ist doch unstrittig festzustellen, dass die Energiepreise runtergegangen sind durch den Wettbewerb.
Wer das negiert, muss doch auch mal irgendwo auf die Verbraucherseite hören. Bei der Telekommunikation nehmen wir das ja auch als sehr angenehm in Anspruch. Dieser Wettbewerb, der hier stattfindet, hat zur Wirkung, dass die Preise runtergegangen sind natürlich mit dem negativen Ergebnis, dass sie manche Quersubventionen auch nicht mehr realisieren können.
Ich meine, der Gesetzentwurf der Landesregierung - im Übrigen einem Zustand Rechnung zu geben, dass sie über Ausnahmegenehmigung ja jetzt schon Möglichkeiten haben, über die Gebietsgrenze hinauszugehen, wirtschaftlich tätig zu werden. Man hätte vielleicht fragen müssen, ob die Genehmigungspraxis immer in Ordnung gewesen ist. Das ist eine ganz andere Geschichte. Deshalb sollte man das mal sehen. Aber der Gesetzentwurf schreibt es nun fest und gibt auch eine Ausweitung des Subsidiaritätsprinzips, weil ich nämlich sage, außerhalb der Daseinsvorsorge muss nur noch angezeigt werden. Es ist eine spannende Diskussion, was ist Daseinsvorsorge. Auch da sage ich mal wieder, das können Sie nicht in Parcours einfach niedermachen, wenn man das mal diskutiert, weil das auch eine historische Entwicklung ist. Ich glaube, die erste Daseinsvorsorge für Kommunen war früher, zunächst erst mal für Ordnung und Sicherheit zu sorgen. Dann ist es sicher auch eine Frage, wie man die Bürger mit Energie versorgt. Aber im Augenblick haben wir Wettbewerb, so dass
Energie angeboten wird, ein Überangebot an Energie, so dass ich sage, die Energieversorgung ist für mich noch zu hinterfragen, ob es im Bereich der Daseinsvorsorge liegt. Ich gebe Ihnen nur mal diese facettenreiche Diskussion wieder, die wir hier führen und die nach meinem Dafürhalten auch eine interessante Diskussion ist, die man nicht mit Sterbemiene und bitterböser Miene begleiten soll, sondern die man als Zukunftschance entwickeln soll, als Zukunftschance auch für Stadtwerke. Herr Minister Schuster, das will ich noch mal so deutlich sagen, ich glaube, die CDU-Politik war von Anfang an darauf ausgerichtet, als Element des Wettbewerbs, als Element auch einer dezentralen Wertschöpfung die Stadtwerke in Thüringen zu fördern und zu pflegen. Ich glaube, an dieser Stelle wird sich die Diskussion auch weiterentwickeln, wie man unter dem gegebenen Recht auch die Möglichkeiten für wettbewerbsfähige Stadtwerke schaffen kann. Wir werden mit diesem Gesetzentwurf, denke ich, einen ersten Schritt tun.
Wollen Sie? Ich gucke Sie an, Herr Minister, Sie müssen sich natürlich auch irgendwie regen, sonst kann ich nicht erkennen, ob Sie reden wollen.
Frau Präsidentin, ich rege mich doch. Vielen Dank, dass Sie mir das Wort geben. Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Diskussion läuft schon sehr merkwürdig und bisweilen skuril ab. Frau Dr. Wildauer bringt ja keine neuen Argumente, sondern sie meint, die kommunale Selbstverwaltung wird vor allen Dingen dadurch gestärkt, dass man starke kommunale Unternehmen hat, und richtet dann darüber, dass die kommunale Daseinsvorsorge und die angrenzenden Bereiche da Berücksichtigung finden müssen, wobei sie die interessante Frage offen lässt, Frau Dr. Wildauer, was Sie denn unter den angrenzenden Bereichen gerade verstehen. Das ist doch der springende Punkt, um den es geht.