Protokoll der Sitzung vom 06.07.2000

das nehmen wir zur Kenntnis.

(Beifall bei der CDU)

Aber das ist noch lange kein Grund, die Arbeit dieses hohen Hauses hier zu diffamieren. Und das ist geschehen.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich vier Punkte sagen:

1. Es wird der Eindruck erweckt mit der Klage über das Tempo der Novellierung, als hätte man hier beim Nullpunkt angesetzt und als wäre man nicht schon jahrelang zu diesem Thema im Gespräch. Alle diese Vorschläge, die in diese Novelle eingeflossen sind, werden schon seit Jahren diskutiert.

(Zwischenruf Abg. Dittes, PDS: Aber nicht befürwortet.)

Was die wechselseitige Befürwortung, Herr Dittes, betrifft, dazu sage ich nachher noch etwas, weil ja manchen Leuten einfach das starke Gedächtnis abgeht. Aber wir setzen nicht bei einem Gesprächsstand null ein, sondern wir befinden uns auch bei dieser Novellierung inmitten eines schon lang anhaltenden Kommunikationsprozesses. Insofern verstehe ich diese Rede von einem Schweinsgalopp und man müsste da noch viel länger drüber beraten, nur zum Teil. Denn zu all diesen Punkten, die hier besprochen worden sind, jedenfalls zu den meisten, sind schon Stellungnahmen en masse erstellt worden.

2. Frau Dr. Wildauer - weg ist sie, ach dort ist sie - Sie haben schon in der ersten Lesung des Gesetzes hier in diesem Haus mit der meines Erachtens falschen Behauptung aufgewartet, das Land würde sich aus seiner Verantwortung zu

rückziehen. Wenn Sie sich etwas umschauen, gerade in den neuen Ländern, und sich einmal erkundigen, wie dort die Situation im Wasser- und Abwasserbereich aussieht und wie sich die Länder dort engagieren, dann müssen Sie eigentlich reeller Weise sagen, auch hier in diesem Hause - aber weil Sie es nicht tun, tue ich es -, Thüringen steht am meisten verantwortungsvoll zu seinen Kommunen. Das zeigt die Anzahl der Förderprogramme,

(Beifall bei der CDU)

das zeigt die Anzahl des eingesetzten Geldes und das zeigt auch die Situation, auch die klimatische Situation gehen Sie mal nach Mecklenburg-Vorpommern, gehen Sie mal nach Sachsen-Anhalt, schauen Sie sich einfach um und hören Sie mal in die Zweckverbände hinein oder in die Gemeinden, dann werden Sie wissen, was dort eigentlich für Streit ist, den Sie uns hier einreden wollen. Das Land stellt sich seiner Verantwortung und hilft darüber hinaus mit der besten Förderung, mit den weitreichendsten Regelungen, mit einem sehr flexiblen Instrumentarium und auch mit einer konkreten Beratung, denn das ist so hinten runtergefallen bei der ganzen Diskussion. Wir haben natürlich die Beratungsagentur im Umweltministerium, die von Verband zu Verband zieht und kostenlos berät, kostenlos für die Verbände, auch das fördert das Land, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

3. Das wird durch diese Novelle etwas deutlicher als vielleicht in den vergangenen Jahren - die kommunale Verantwortlichkeit bleibt bei der Kommune vor Ort und die wollen wir ihr nicht wegnehmen. Uns ist vollkommen klar, dass mit keinem Gesetz, und möge es noch so umfangreich sein, wir alle Besonderheiten vor Ort einfangen können, wir allen Problemen vor Ort gerecht werden könnten. Deshalb ist dieser flexible Gesetzesrahmen möglich, dieses flexible Instrumentarium notwendig, was dann die Verantwortlichen vor Ort auch sehr verantwortlich einsetzen sollten. Ich kann nicht sehen, Frau Dr. Wildauer, dass wir damit Streit in die Kommunen tragen. Dort, wo es Streit gibt, haben Sie mich nie abseits gesehen, sondern ich bin dort immer hingegangen.

(Beifall bei der CDU)

Da habe ich ganz andere, viel Seltenere bei dieser Thematik erlebt. Dort, wo es Streit geben wird, werden Sie auch den Innenminister sehen, dass er dort mit hilft, Streit zu schlichten. Die kommunale Verantwortlichkeit bleibt bei der Kommune.

Nun sage ich noch etwas zu der Beitragsgerechtigkeit, weil das hier mehrmals genannt wurde. Der Vorwurf von Herrn Schemmel, das wären irgendwelche Versprechungen gewesen, die der Innenminister gemacht hätte, (bei den Kleingärtnern haben Sie es angesprochen, Herr Schemmel),

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Ja, da war es ja auch.)

dem kann ich ja nur entgegenhalten: Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Herr Gentzel, hat sich auf der letzten Landestagung im Oktober vorigen Jahres bei den Kleingärtnern, bei der Landestagung in Eisenach, ausdrücklich für die Novellierung im Kleingartenbereich ausgesprochen, ausdrücklich

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: In dem Diskussionsbeitrag ausdrücklich nach Ihnen.)

- ja, Herr Gentzel, da war ja schon gewählt, er hätte das gar nicht nötig gehabt -, und zwar ausdrücklich sprach er dort für die SPD-Fraktion. Es ist ganz merkwürdig, dass die SPD-Fraktion so ein kurzes Gedächtnis hat, kaum dass der Fraktionsvorsitzende nicht mehr da ist.

(Beifall bei der CDU)

Die Beitragsgerechtigkeit durch die Regelung bei den Kleingärten, für die Friedhöfe, für die Kirchen sehe ich nicht gefährdet; denn die Nutzung dieser Grundstücke und damit auch der diesen Grundstücken aus leitungsgebundenen Einrichtungen tatsächlich erwachsende Vorteil ist mit der Nutzung von Wohn- und Gewerbegrundstücken überhaupt nicht vergleichbar. Und weil dieser Vorteilsbegriff, dieser Vorteil, der entsteht, ein gänzlich anderer ist, denke ich, ist die Beitragsgerechtigkeit nicht gefährdet, wenn man entsprechend solche Regelungen vorschlägt, wie wir sie hier vorgeschlagen haben. Diese viel erwähnte Ungerechtigkeit, wenn jetzt die Zinsbeihilfe wegfiele, ja, meine Damen und Herren, inwiefern ist denn der Wechsel von der Zinsbeihilfe weg ungerecht und war denn der Wechsel zur Zinsbeihilfe hin gerechter oder ungerechter, denn da gab es ja auch welche, die schon Beiträge bezahlt und die gelöhnt hatten und

(Beifall bei der CDU)

die nicht in die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Zinsbeihilfen gekommen sind? Insofern ist, glaube ich, die Begrifflichkeit "gerecht" und "ungerecht" durch den Wegfall der Zinsbeihilfe hier vollkommen unangebracht. Wenn Herr Dewes Herrn Kaczmarek zitiert, dann sehe ich das sehr gelassen. Er hat ihm sicher damit heute zwei gute Gesprächsvorlagen gegeben, er spricht auch aus einer gewissen eigenen Betroffenheit heraus, aber wir werden sehen, wie die Entwicklung weitergeht, und wir sprechen uns zu diesem Thema nicht das letzte Mal, genauso wie wir uns in den vergangenen Jahren zu diesem Thema oft genug gesprochen haben.

4. Der richtige Weg der Strukturveränderung wird konsequent weitergegangen, meine Damen und Herren,

(Beifall bei der CDU)

und zwar ist es ja falsch, Herr Dewes, wenn Sie den Eindruck erwecken wollen, hier wäre Geld verloren; nein, das Geld bleibt im Wasser/Abwasserbereich und wird sinnvoller eingesetzt.

(Beifall bei der CDU)

Ich will ja gar nicht bewerten, wie die letzten Jahre abgelaufen sind und was versäumt wurde und was erst verspätet aus irgendwelchen Gründen auf den Weg gebracht wurde, aber dass diese Zinsbeihilfe für alle ein süßes Gift ist, was die Symptome behandelt und nicht das Übel bei der Wurzel,

(Beifall bei der CDU)

das habe ich schon damals gesagt. Was das kurze Gedächtnis von einigen betrifft, da will ich mal darauf hinweisen: Schon bei der Einführung dieser Zinsbeihilfe haben die Bürgerinitiativen, hat der Dachverband der Bürgerinitiativen deutlich gesagt, das wäre nicht das geeignete Mittel und sie wären gegen die Einführung dieser Zinsbeihilfen.

(Beifall bei der CDU)

Nun erwecken Sie bitte nicht den Eindruck, als würde sich das Land aus der Zinsbeihilfe verabschieden. Die bisher von den Verbänden geschlossenen Verträge sind finanziell abgesichert und werden weiter abbezahlt bis 2003. Das Geld steht als Verpflichtungsermächtigung im Haushalt. Der Herr Kollege Fiedler hat dankenswerterweise darauf hingewiesen, es gibt eine Zinsbeihilferichtlinie, die ist damals noch vom Innenminister Schuster gemacht worden, die ist weit reichender, was den Umfang betrifft, weil sie nämlich auch die Straßenausbaubeiträge mit einbezieht und weil sie sogar die Erschließungsbeiträge nach dem Baugesetzbuch mit einbezieht.

(Beifall bei der CDU)

Aber sie differenziert eben nach den sozialen Notwendigkeiten.

(Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU: Das ist richtig.)

Ich finde, wenn wir von Gerechtigkeit reden, dann ist das Gerechtigkeit, dass wir differenzieren nach den sozialen Notwendigkeiten.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe gesagt, der richtige Weg der Strukturveränderung wird konsequent weitergegangen. Sie wissen ganz genau, mir wäre es lieber gewesen, wir hätten ihn schon eher beschritten. Da gab es ganz gewichtige Leute, die haben die Einführung der Strukturbeihilfe lange genug hinausgezögert. Und nur als Äquivalent dazu, weil man auch etwas bringen musste, kam auf einmal diese kos

tenlose Zinsbeihilfe. So ist es doch in der Entstehungsgeschichte gewesen. Diese Strukturbeihilfe hat sich als richtig erwiesen. Die ersten Erfolge sind erkennbar. Ich habe in der Anhörung vom Landkreis Gotha berichten können; wir kennen alle das Problem Kranichfeld, also südliches Ilmtal. Diese Förderung geht weiter. Sie wird gemeinsam vom Umweltministerium und dem Innenministerium begleitet. Strukturhilfe und Finanzhilfe sind zwei Seiten einer Medaille. Wir werden sicher sein können, dass in absehbarer Zeit in ganz Thüringen verträgliche Gebühren und Beiträge bezahlt werden müssen. Wir sollten ja nicht so tun, als wäre ganz Thüringen ein Hochbeitrags- und Hochgebührenland.

(Beifall bei der CDU)

In weiten Bereichen des Landes liegen wir sehr gut, was Gebühren- und Beitragshöhe betrifft. Es sind einige wenige Leuchttürme - so haben wir sie damals in den Elefantenrunden genannt -, die gehen wir konsequent an. Dort, wo die kommunale Seite mit ihren Entscheidungen zögert, dort müssen wir hilfreich mit zur Seite stehen, dass die notwendigen Entscheidungen getroffen werden. Ich danke allen, die sich an der Anhörung beteiligt haben.

Herr Dr. Dewes, dies nur zur Richtigstellung: Der Gemeinde- und Städtebund war nie mit irgendwelchen Novellierungen des Kommunalabgabengesetzes einverstanden. Die einzige Novellierung, die ich kenne, wo er vorbehaltlos zugestimmt hat, das war diese kleine von 1994, als es um die wiederkehrenden Beiträge ging. Ansonsten gab es immer Widerspruch. Sie müssen mir einmal die Anhörung zeigen, wo die Verbände und die Anzuhörenden mit Frohsinn und Glück aus der Anhörung rausgegangen sind, unter dem Motto: Jetzt haben sie endlich den Stein der Weisen gefunden. Den finden wir auf der Strecke nicht, aber wir können dafür Sorge tragen, dass wir in absehbarer Zeit insgesamt verträgliche Gebühren und Beiträge haben. Deshalb ein Danke an die Anzuhörenden; der Gesprächsprozess geht weiter. Ich danke an dieser Stelle auch noch einmal ganz ausdrücklich den Mitarbeitern im Ministerium, die mit einem enormen Arbeitsaufwand auch die Mustersatzung erarbeitet haben - die liegt zumindest dem Innenausschuss vor - und die jetzt daran sitzen, die Ausführungsbestimmungen des Gesetzes näher zu konkretisieren, denn damit bekommen wir landeseinheitich vergleichbare Regelungen und wir können noch besser den Verbänden und Aufgabenträgern helfen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Abgeordneter Gerstenberger, ist das noch eine Wortmeldung?

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, einiges kann man nicht so stehen lassen, wenn es wider besseres Wissen gesagt wird. Herr Minister, Sie haben das Tempo der Bearbeitung und die Berücksichtigung von schon lange im Raume stehenden Fragen aus Verbänden und Organisationen verteidigt.

Frau Präsidentin, ich darf vielleicht aus einem Schreiben vom 23.06. an den Ausschussvorsitzenden Herrn Willibald Böck betreffs der öffentlichen Anhörung zitieren: "Sehr geehrter Herr Böck, bereits zur Anhörung am 10. Juli 1998 hatte ich meine Ausführungen im Wesentlichen auf die von mir im Zweckverband Wasser/Abwasser Mittleres Elstertal festgestellten Mängel in der Beitragskalkulation bezogen. Meine Ausführungen hatten auch bei Ihnen entsprechende Zustimmung gefunden und Sie versprachen, diese Anregungen anlässlich der nächsten Novellierung zu berücksichtigen. Mit Befremden musste ich jedoch feststellen, dass in den Änderungsvorschlägen davon kein Gedanke enthalten ist. Infolge der begrenzten Redezeit hatte ich dann nur unter dem 12.07.1998 ergänzende Ausführungen gemacht und diese zugestellt, die ich nochmals diesem Schreiben beilege." Hiermit gibt es nun die Feststellung, dass seitens der Landesregierung keine Aktivitäten erkennbar geworden sind, die sich auf die Beseitigung der angesprochenen Kritikpunkte bezogen hatten. Soweit, meine Damen und Herren, zu Tempo und Berücksichtigung von Bürgerinteressen. Vielleicht verhärtet das ein klein wenig die Argumentation von Herrn Dr. Dewes, die ja von ihm als so haltlos dokumentiert wurde.

Eine zweite Bemerkung, Herr Minister, zu den Strukturhilfen: Sind Sie nicht auch der Meinung, dass ein Verband, der redlich gearbeitet hat, seine Finanzen weitestgehend in Ordnung hat, dann darauf hingewiesen wird, dass er aufgrund seiner guten Situation mit den Fördermitteln etwas geringer bedacht werden könnte, und ein Verband, der schlicht und ergreifend Mist gemacht hat, wo Misswirtschaft stattgefunden hat, erhält in Größenordnungen aus dem eng begrenzten Haushalt des Landes, wo immer wieder über Sparmaßnahmen nachgedacht wird und Einsparpotenziale ermittelt werden, den Zuschuss dafür, dass er seinen Mist kaschiert, mitunter in Wahlkreisen, die verdächtig nahe an denen einiger Minister liegen?

(Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Das bespre- chen Sie einmal mit Ihrer Frau Dr. Wildauer. Machen Sie das einmal.)

Ach, Herr Böck, getroffene Hunde bellen, ich weiß es ja.