Protokoll der Sitzung vom 06.07.2000

Ach, Herr Böck, getroffene Hunde bellen, ich weiß es ja.

Das Dritte zu Verbraucherbeiräten: Herr Böck, Sie wissen es so gut und, Herr Minister Köckert, Sie wissen es so gut wie viele andere, in diesem benannten Zweckverband Wasser/Abwasser Mittleres Elstertal gibt es seit zwei Jahren eine Beitragskonferenz, die genau dem entspricht, was Sie in Ihrem Gesetz "Verbraucherbeirat" nennen. Diese Ver

sammlung hat dreizehnmal getagt. Herr Illert ist zwischendurch im Wahlkampf sogar einmal über die Wahlergebnisse anlässlich einer Wahlkampfveranstaltung von Herrn Kölbel informiert worden. Die Wertung der Bürger war dort: Diese Geschichte ist schlicht und ergreifend für die Katz. Dort dürfen ein paar Leute ihren Frust ablassen, ändern tut sich danach nichts. Genau das, was Sie an Kompetenzen für Beiräte festgeschrieben haben, befördert diese Entwicklung. Man kann einmal darüber reden, lasst uns einmal im Allgemeinen ein bisschen schwatzen, lasst einmal euren Frust ab, dann braucht ihr ihn nicht bei der Presse abzulassen, aber ändern tun wir nichts. Das ist zu wenig, um dem zu begegnen, was im Land passiert.

(Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Was wollen Sie denn? Die Räterepublik oder was?)

Ach, Herr Böck, wissen Sie, die Killerargumente, die Sie laufend anbringen, wenn Sie keine Lust haben, einmal nachzudenken, was andere wirklich sagen, die kennen wir doch nun schon zur Genüge. Die bringen uns doch an keiner Stelle weiter.

(Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Wenn Sie vorher nachdenken würden.)

Das Vierte zu den Streitpunkten: Herr Minister, Sie wissen, dass es genügend Punkte und Probleme gibt z.B. in der Herangehensweise an die Kalkulation für Globalberechnungen. Von diesem Pult sagen Sie vor zehn Minuten, wir sind dafür, dass bei dieser Problematik die Verantwortung in der Kommune bleibt. Herr Köckert, das hätte ich mir doch glattweg gestern Nachmittag gewünscht. Da haben wir über die Thüringer Kommunalordnung geredet. Da haben Sie gesagt, die Verantwortung können wir den Kommunen nicht übergeben, da legen wir schon Wert darauf, dass wir denen einen auf den Deckel geben und bestimmen, was Sache ist und was läuft. Warum an dieser Stelle kein Einfluss von Landesseite, der gestaltbar wäre, der übrigens 1998 sogar einmal angekündigt war. Da hatten Sie und andere aus der CDU-Fraktion gesagt, dass es durchaus lohnend wäre, über eine Rahmenkalkulationsrichtlinie des Landes für die Globalberechnungen im Freistaat nachzudenken. Auf diese Hilfestellung warten die Zweckverbände nach wie vor, also wäre an dieser Stelle ein Einmischen durchaus wünschenswert.

Ein zweiter Punkt: Sie haben angeboten, und damit möchte ich schließen, bei Streit würden Sie immer zur Verfügung stehen. Sie kennen den Schriftverkehr und Sie kennen das Schreiben an den Innenminister des Freistaats Thüringen, Minister Köckert, ergangen am 23.06. des Jahres 2000, wo auf massiven Streit und auf Probleme in einem Zweckverband aufmerksam gemacht wird, die seit anderthalb Jahren schwelen. Herr Köckert, ich lade Sie ein, nächste Woche Donnerstag ist Verbandsversammlung, kommen Sie in die Verbandsversammlung, erklären Sie diese Politik, erklären Sie dieses Beitragsgesetz vor den Verbandsräten, dann können wir darüber reden, wie wir dort die

Globalberechnung in die Reihe bekommen. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der PDS)

Jetzt der Innenminister noch mal.

Lieber Herr Gerstenberger, bei manchen Ihrer Äußerungen sollten Sie schon vorher überlegen, was Sie sagen, und nicht nach dem Motto verfahren: "Woher soll ich wissen, was ich denke, wenn ich nicht höre, was ich sage."

(Beifall bei der CDU)

Wer soll denn helfen, Herr Gerstenberger, wenn nicht das Land bei den Verbänden, wo Fehler gemacht worden sind.

(Beifall bei der CDU)

Sollen denn die Bürger für die Fehler von einzelnen Verantwortlichen zahlen? Haben Sie das vor? Das haben Sie doch jetzt eben aber gefordert. Und dann unterstellen Sie den Ministern Dewes und Sklenar, sie hätten die Strukturbeihilfe angewandt nicht nach Notwendigkeit, sondern vielleicht nach der Nähe zu Wahlkreisen von Ministern. Das ist eine Unverschämtheit, die zurückgewiesen werden muss.

(Beifall bei der CDU)

Denn hier machen sich Leute sehr genau Gedanken: Wo können wir das knappe Geld am sinnvollsten einsetzen, wo können wir am zügigsten helfen, wo sind die Voraussetzungen gegeben? Das ist eine Heidenarbeit. Bei den Wahlkreisen der Minister könnten wir das einfacher haben. Ich finde, Sie sollten vorher wirklich überlegen, was Sie sagen.

Verbraucherbeiräte, was Sie erzählt haben von Gera, das spricht gerade für die Einrichtung dieser Verbraucherbeiräte. Ich kenne keine Ansammlung so hochkarätig kundiger Leute wie in Gera, die mit guten Vorschlägen und Ideen kommen. Die haben nicht immer Recht, liebe Leute, aber sie sind sehr kundig und informiert. Und für die Zusammensetzung der dortigen Verbandsversammlung kann ich nun herzlich wenig; auch das ist kommunale Selbstverwaltung, sehr geehrter Herr Gerstenberger.

(Beifall bei der CDU)

Der Hinweis auf die Kalkulationsrichtlinie ist richtig. Ich habe ja vorhin angekündigt, dass die Ausführungsbestimmungen kommen. Dort wird genau das drinstehen, was Sie erwarten, dass wir nämlich hier dann auch, was die Kalkulation betrifft, zu einheitlichen und vergleichbaren Werten kommen.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir jetzt nicht mehr vor. Ich schließe damit die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung. Zunächst stimmen wir ab über den Änderungsantrag der CDU-Fraktion in Drucksache 3/809. Ich frage, wer gibt diesem Änderungsantrag die Zustimmung, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Einige Gegenstimmen. Enthaltungen? Dann bei einigen Gegenstimmen mit Mehrheit angenommen.

Wir stimmen jetzt ab über die Beschlussempfehlung des Innenausschusses in Drucksache 3/800 unter Berücksichtigung des eben angenommenen Änderungsantrags der CDU-Fraktion. Ich frage, wer gibt dieser Beschlussempfehlung die Zustimmung, den bitte ich ebenfalls um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Danke. Stimmenthaltungen? Dann ist diese Beschlussempfehlung mit Mehrheit bei einigen Gegenstimmen und Stimmenthaltungen angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Landesregierung in zweiter Beratung unter Berücksichtigung der eben angenommenen Beschlussempfehlung. Ich frage, wer gibt diesem Gesetzentwurf die Zustimmung, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Danke. Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall, dann mit Mehrheit bei einer Anzahl von Gegenstimmen angenommen.

Damit kommen wir jetzt zur Schlussabstimmung. Wer diesem Gesetzentwurf in zweiter Lesung die Zustimmung gibt, den bitte ich, sich von den Plätzen zu erheben. Danke schön. Gegenstimmen? Danke. Stimmenthaltungen? Keine Stimmenthaltung. Mit Mehrheit wurde dem Gesetzentwurf der Landesregierung zugestimmt.

Jetzt kommen wir noch zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD in Drucksache 3/821. Herr Abgeordneter Schemmel?

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Ich hatte namentliche Abstimmung beantragt!)

Das wollte ich sagen, namentliche Abstimmung - Ausschussüberweisung war nicht beantragt. Damit kommen wir jetzt zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD. Ich bitte die Schriftführer mit den Behältern die Stimmen einzusammeln.

Haben alle ihre Stimmkarte abgegeben? Wenn das der Fall ist, dann bitte ich auszuzählen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann das Ergebnis bekanntgeben. Es wurden 76 Stimmen abgegeben. Für den Entschließungsantrag der SPD-Fraktion stimmten 31,

dagegen stimmten 44 und es war 1 Enthaltung dabei (namentliche Abstimmung siehe Anlage). Damit ist der Entschließungsantrag der SPD-Fraktion abgelehnt. Ich schließe damit den Tagesordnungspunkt und komme zum Aufruf des nächsten Tagesordnungspunkts, nämlich des Tagesordnungspunkts 4

Gesetz über den Verdienstorden des Freistaats Thüringen (Thüringer Verdienst- ordensgesetz - ThürVOG -) Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/744 ERSTE BERATUNG

Ich gehe davon aus, Begründung durch den Einreicher, die Landesregierung, Herr Ministerpräsident Dr. Vogel.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen, die Landesregierung legt Ihnen heute den Entwurf eines Gesetzes über den Verdienstorden des Freistaats Thüringen vor. Wir wollen mit diesem Gesetz die Möglichkeit schaffen, Bürgerinnen und Bürger zu würdigen, die sich in herausragender Weise Verdienste um unser Land erworben haben. Der Gedanke an eine solche besondere Auszeichnung beschäftigt uns schon seit mehreren Jahren. Lange Zeit überwog die Sorge, Erinnerungen an den Missbrauch vergangener Machthaber auch mit Orden und Ehrenzeichen könnten eine solche Initiative in Misskredit bringen. Jetzt aber, zehn Jahre nach der Wiederbegründung des Landes Thüringen, meinen wir, es ist an der Zeit, nicht länger schlechte Beispiele nachwirken zu lassen, sondern mit wiedergewonnenem Selbstbewusstsein ein Zeichen zu setzen und einen solchen Orden zu schaffen, zumal andere Länder mit gutem Beispiel vorangegangen sind. Wir meinen, hervorragende Leistungen für das Gemeinwesen, für Mitbürgerinnen und Mitbürger verdienen eine sichtbare staatliche Anerkennung. Wir denken dabei an Verdienste in allen Bevölkerungskreisen, in allen Altersschichten, in allen Lebensbereichen. Wir denken dabei an Deutsche und an Ausländer. Wir denken an Verdienste in Wissenschaft und Technik, in Wirtschaft, in Kunst und Kultur, im sozialen und im gesellschaftlichen Bereich, Verdienste, die vorrangig für den Freistaat Thüringen und seine Bevölkerung erbracht worden sind. Die getreuliche Erfüllung alltäglicher Pflichten genügt nicht. Ausgezeichnet werden sollen besondere, überdurchschnittliche, ungewöhnliche Leistungen. Ich denke nicht in erster Linie an Menschen, die wir alle kennen und die im Rampenlicht stehen. Ich denke vornehmlich an die Stillen im Lande, die Gutes tun, die helfen, die für andere da sind, die innovative Ideen haben, die sich Gedanken machen, die viel zu selten in unseren Erfolgsbilanzen auftauchen. Eine solche Auszeichnung zielt in zwei Richtungen: Sie ist Dank und Anerkennung, sie soll zugleich aber auch Ansporn und Anreiz sein, gutem Beispiel zu folgen. Gerade ein demokratisches Gemeinwesen braucht Vorbilder. Der Hallenser Staatsrechtler Michael

Kilian hat es kürzlich so formuliert - ich zitiere mit Genehmigung der Präsidentin: "Unser Gemeinwesen leidet unter dem Mangel an Symbolen. Auch der demokratische Staat kommt nicht ohne die sichtbare Anerkennung für Verdienste aus, ist er doch mangels monarchischer Verkörperung und mangels absoluter Herrschaftsgewalt in besonderem Maße auf Affirmation, freiwillige Zuwendung, Mithilfe und Bürgersinn angewiesen. Wir sollten daher die Vielfalt des Bundesstaates und seiner Möglichkeiten zur Selbstdarstellung nutzen. Dies gilt gerade auch für maßvoll verliehene staatliche Auszeichnungen durch die neuen Länder." Soweit das Zitat von Herrn Kilian. In Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, in Berlin, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, im Saarland und in Sachsen gibt es einen solchen Verdienstorden. In Sachsen-Anhalt wird eine Initiative vorbereitet. Die Verleihung ist in einigen Ländern durch Gesetz, in anderen durch Erlass geregelt. Weil die Landesregierung glaubt, eine bloße Verordnung würde der besonderen Bedeutung, die einem Landesorden zukommt, nicht gerecht, legen wir heute diesem Haus ein kurzes Gesetz vor. Der Orden wird üblicherweise, bis auf Niedersachsen, in einer Stufe verliehen. Es sollte meines Erachtens keinen Unterschied geben zwischen den Verdiensten eines herausragenden Wissenschaftlers und dem Engagement einer Mutter, die eigene Kinder und noch Adoptivkinder hinzu großzieht. Wir schlagen, wie es ebenfalls in den Ländern üblich ist, eine Begrenzung der Zahl der Ordensträger vor. Damit soll der hohe Rang der Würdigung betont werden und zugleich sollen die Lehren aus schlechten Erfahrungen in der Vergangenheit gezogen werden. Die vorgesehene Höchstzahl von 300 Ordensträgern soll erst im Laufe längerer Zeit erreicht werden. Jedermann im Lande, natürlich auch jede Frau, kann die Ordensverleihung anregen, das halten wir schon deswegen für notwendig, weil uns viele beispielhafte Leistungen sonst gar nicht bekannt würden. Vorschlagsberechtigt sind die Landtagspräsidentin und die Mitglieder der Landesregierung. Der Orden wird vom Ministerpräsidenten verliehen.

Meine Damen und Herren, wir aktiven Politiker sollten uns freiwillig Selbstbeschränkung auferlegen, um jedem Missbrauch vorzubeugen.

(Beifall bei der CDU, SPD)

Erst nach Abschluss der aktiven Tätigkeit sollte bei besonderen Verdiensten eine Auszeichnung in Erwägung gezogen werden.

(Zwischenruf Abg. Dittes, PDS: Ist das eine Selbstbewerbung?)

Ach wissen Sie, nicht jeder Zwischenruf ist dem Thema angemessen, Ihrer beispielsweise nicht.

(Beifall bei der CDU)

Die Landesregierung bittet, den vorgelegten Gesetzentwurf zu beraten und entsprechend Beschluss zu fassen. Natürlich reicht für das Gesetz die einfache Mehrheit; dennoch wäre eine breite Mehrheit gerade bei diesem Gesetz besonders wünschenswert. Wenn das Gesetz Ihre Zustimmung findet, könnte die erste Verleihung des Ordens noch im Herbst, also noch im zehnten Jahr der Wiedervereinigung unseres Vaterlandes erfolgen. Ich bitte um Beratung und Beschlussfassung über die Gesetzesvorlage.

(Beifall bei der CDU; Abg. Schemmel, SPD)

Danke schön. Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat sich zu Wort gemeldet der Abgeordnete Dittes.

(Zwischenruf Abg. Schwäblein, CDU: Er bewirbt sich gleich.)

Meine Damen und Herren, aufgrund meines Alters blieb ich von einer Verleihung von Abzeichen und Medaillen in der DDR verschont, wenn man einmal das Abzeichen für gutes Wissen ausnimmt.

(Beifall und Heiterkeit bei der SPD)

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Bestimmt nur in Bronze.)

Meine Damen und Herren in der Mitte des Hauses, Sie dürfte ja trösten, dass diese Verleihung schon einige Jahre zurückliegt. Aufgrund dieser Tatsache ist mein Blick auf dieses Gesetz ein vielleicht anderer als der von denjenigen, die nicht genug dafür taten, um nicht Aktivist der DDR zu werden oder um auf eine andere Auszeichnung verzichten zu müssen. Der Kabarettist Peter Ensikat schrieb einmal, Herr Dr. Vogel hat es selbst angesprochen, die DDR war für ihren Medaillenreichtum bekannt. Einer der zahlreichen Orden, von denen einige in der DDR nach Ansicht Ensikats nahezu straßenweise verliehen wurden und denen sich bestimmte Berufsgruppen scheinbar nicht entziehen konnten, war der Vaterländische Verdienstorden. Dieser konnte für hervorragende Verdienste in der revolutionären deutschen und internationalen Arbeiterbewegung, bei der allseitigen Stärkung und Festigung sowie beim Schutz der DDR im Kampf um die Sicherung des Friedens sowie bei der Erhöhung des internationalen Ansehens der DDR verliehen werden. Die Verleihung erfolgte durch den Vorsitzenden des Staatsrates auf Empfehlung des Ministerrates. Zur Gestaltung des Ordens ist Folgendes zu sagen: Der Vaterländische Verdienstorden der DDR ist ein strahlenförmiger Stern mit fünf Spitzen und fünf stumpfen Zacken.

(Unruhe bei der CDU)