Protokoll der Sitzung vom 11.10.2000

Am 22. Juni 2000 bat das Landgericht Mühlhausen die Staatskanzlei um Herausgabe sämtlicher Unterlagen 1990/ 1991 und möglichst auch der Unterlagen bis einschließlich 1994. Am 21. Juli 2000 übersandte die Thüringer Staatskanzlei dem Landgericht Mühlhausen Kopien aller angeforderten Unterlagen 1990/91, aber auch 1992 bis einschließlich 1994. Darunter befinden sich auch alle Vermerke bezüglich Pilz aus den Koordinierungsgesprächen und -ausschüssen. Zugleich wurde hier erstmalig eine Sperrerklärung bezüglich der Kabinettsunterlagen abgegeben, um den Kernbereich der Exkutive und die freie Meinungsäußerung innerhalb der Landesregierung zu schützen. Im Beschluss vom 9. August 2000 hielt das Landgericht Mühlhausen die Sperrerklärung der Thüringer Staatskanzlei für nicht zulässig und erhob Gegenvorstellung. Unter Zurückstellung der Bedenken, dass die Herausgabe der Unterlagen dem Wohl des Landes Nachteile bereiten könnte, übergab die Staatskanzlei am 12. September 2000 dem Landgericht Mühlhausen selbst Kabinettsunterlagen. Am 15. September 2000 schrieb das Landgericht Mühlhausen die Staatskanzlei mit dem Inhalt an, dass die Kammer es für unumgänglich halte, dass die 15 Ordner komplett zur Verfügung gestellt würden, und bat um Übersendung der Teilnehmerlisten des Koordinierungsausschusses und der Koordinierungsgespräche. Die Staatskanzlei stellte dem Gericht am 22. September 2000 die Teilnehmerlisten der Koordinierungsrunden zur Verfügung. Die

Herausgabe aller Ordner wurde abgelehnt, da die Unterlagen eine Vielzahl anderer Unternehmen beträfen. Dem Gericht wurde angeboten, sich durch Einsichtnahme der Vollständigkeit der übersandten Unterlagen zu versichern. Am 27. September 2000 wurde die Staatskanzlei durchsucht und 15 Ordner und weitere Unterlagen wurden sichergestellt. Die Unterlagen wurden in einem versiegelten Raum aufbewahrt. Am 2. Oktober 2000 wurden schließlich alle Unterlagen in versiegelten Kisten von der Staatsanwaltschaft mitgenommen. Insoweit erscheint es mir angezeigt, in wenigen Worten das Spannungsverhältnis und Geheimhaltungsinteresse zu beleuchten.

Aufgrund des im Strafprozess herrschenden Amtsermittlungsgrundsatzes ist es die Pflicht des Gerichts, alle im Zusammenhang mit der angeklagten Tat stehenden Umstände möglichst lückenlos aufzuklären. Dabei hat das Gericht für den Angeklagten sowohl be- als auch entlastende Umstände mit gleicher Intensität zu ermitteln und dabei alle möglichen Erkenntnisquellen auszuschöpfen. Es kann aber Konstellationen geben, in denen das Interesse an einer allumfassenden Aufklärung des Tathergangs mit übergeordneten staatlichen Geheimhaltungsinteressen kollidiert. Auch der Gesetzgeber hat die Möglichkeit eines solchen Spannungsverhältnisses erkannt und hat insoweit eine gesetzliche Regelung getroffen. § 96 der Strafprozessordnung schreibt vor, dass die Vorlegung oder Auslieferung von Akten oder anderen Schriftstücken von Behörden durch das Gericht nicht verlangt werden kann, wenn die oberste Dienstbehörde erklärt, dass das Bekanntwerden des Inhalts dieser Akten dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde. Selbstverständlich muss die jeweilige Behörde ein solches Geheimhaltungsinteresse dem Gericht konkret darlegen und muss in eigener Verantwortung eine Abwägung zwischen Aufklärungsund Geheimhaltungsinteresse vornehmen. Um der Behörde eine solche Prüfung überhaupt zu ermöglichen, ist es selbstverständlich erforderlich, dass sie zuvor seitens des Gerichts zur Herausgabe des konkreten Aktenmaterials aufgefordert wird. Nur dann ist die vom Gesetzgeber vorgesehene Berücksichtigung überstaatlicher Interessen überhaupt möglich.

An dieser Stelle, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, möchte ich die Sachverhaltsschilderung schließen und - soweit nicht bereits in diesem Rahmen geschehen - auf die Beantwortung der in der Drucksache 3/998 gestellten Fragen im Einzelnen eingehen. Eine Gesamtschau wird Herr Ministerpräsident Dr. Bernhard Vogel ebenfalls noch geben.

Zu 1.: Zunächst muss ich klarstellen, dass die Fragestellung in unzutreffender Weise davon ausgeht, dass ich den Oberlandesgerichtspräsidenten über eine bevorstehende Durchsuchung im Wirtschaftsministerium und der Staatskanzlei informiert hätte. Zutreffend ist, wie oben ausgeführt, vielmehr, dass die Staatsanwaltschaft Mühlhausen in Begleitung von Polizeibeamten und zweier Richter des Landesgerichts Mühlhausen am 15. Juni 2000 das

Wirtschaftsministerium und einzelne der anwesenden Personen später auch die Thüringer Staatskanzlei aufgesucht haben und ich, als ich von der Durchführung letzterer Maßnahme erfuhr, zunächst den Generalstaatsanwalt und dann den Oberlandesgerichtspräsidenten unterrichtet habe.

Gestatten Sie mir, dass ich auch an dieser Stelle einige allgemeine Ausführungen einschiebe, um dieses Tun verständlich zu machen. Im Rahmen der Medienberichterstattung über das Pilz-Verfahren ist sowohl mir als auch dem Präsidenten des Thüringer Oberlandesgerichts Herrn Bauer vorgeworfen worden, die Unabhängigkeit des erkennenden Gerichts beeinträchtigt zu haben. Ich weise diesen latent auch im Antrag der SPD-Fraktion enthaltenen Vorwurf mit Entschiedenheit zurück.

(Beifall bei der CDU)

Die Unabhängigkeit der Richter gehört zum unabdingbaren Kernbestandteil einer rechtsstaatlich demokratischen Gesellschaft. Nicht umsonst ist sie sowohl im Grundgesetz als auch in unserer Thüringer Verfassung ausdrücklich festgeschrieben. Die tatsächliche Gewährleistung der Unabhängigkeit der rechtsprechenden Gewalt gegenüber der staatlichen Exekutive ist ein ganz wesentliches Unterscheidungskriterium zwischen dem Zustand von heute und dem vor 1990. Um nur auf Schlagworten und Phrasen basierende Diskussionen zu vermeiden, sollte man sich zuvor darüber klar werden, was der Begriff "richterliche Unabhängigkeit" konkret überhaupt bedeutet: Das Grundgesetz unterscheidet zwischen der so genannten sachlichen und der persönlichen Unabhängigkeit. Die sachliche Unabhängigkeit - die persönliche Unabhängigkeit spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle - bedeutet die Freiheit des Richters von Weisungen und anderen unsachlichen Einflüssen der sonstigen Staatsorgane, soweit die rechtsprechende Tätigkeit des Richters, wozu auch die eine Entscheidung vorbereitenden, sie begleitenden oder in ihrem unmittelbarem Zusammenhang nachfolgenden Tätigkeiten, die für die Rechtsfindung erforderlich sind, gehören. Von einer Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Vorsitzenden Richters im Pilz-Verfahren durch mich oder den Oberlandesgerichtspräsidenten kann aber keine Rede sein. Nachdem mir aus der Staatskanzlei mitgeteilt worden war, dass dort Mitarbeiter von Polizei und Staatsanwaltschaft erschienen waren bzw. auf dem Weg seien und um Herausgabe von Aktenmaterial baten, habe ich zunächst den Generalstaatsanwalt angerufen und ihn gebeten zu überprüfen, ob eine formelle Durchsuchung in der Staatskanzlei stattfindet und ob die Rechte der Betroffenen, insbesondere die Möglichkeit der betroffenen Behörde, eine Sperrerklärung gemäß § 96 der Strafprozessordnung abzugeben, gewahrt werden. Ich war und bin davon überzeugt, dass ich hierzu nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet war. Ich bin als Justizminister nicht nur der oberste Dienstvorgesetzte aller Mitarbeiter der Strafverfolgungsbehörden in Thüringen, sondern auch letztlich politisch dafür verantwortlich, dass die Rechte aller Betroffenen eines Verfahrens, insbesondere auch die

von unbeteiligten Dritten - und um solche handelt es sich, um das nicht in Vergessenheit geraten zu lassen - bei den betroffenen Behörden beachtet werden. Es erscheint mir daher selbstverständlich, dass der Justizminister, wenn er von einem so bedeutsamen Vorgang wie einer möglichen Durchsuchung einer obersten Landesbehörde erfährt, den obersten Staatsanwalt im Lande um Aufklärung der näheren Umstände bittet.

(Beifall bei der CDU)

Ich bin auch davon überzeugt, dass es meine Pflicht war, anschließend den Oberlandesgerichtspräsidenten über den Vorgang zu unterrichten. Natürlich war und bin ich mir darüber im Klaren, dass es nicht darum gehen konnte, den Richtern in der konkreten Situation Weisungen zu erteilen oder auch nur Hinweise oder Empfehlungen zu ihrer Vorgehensweise im Prozess zu geben. Im Gegensatz zu den Staatsanwaltschaften, denen gegenüber ich ein Weisungsrecht habe, hat sich der Justizminister gegenüber Richtern jeder Weisung, die die rechtsprechende Tätigkeit der Richter betrifft, zu enthalten. Ich halte es aber für unerlässlich, dass der Oberlandesgerichtspräsident als höchster Repräsentant der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Thüringen über einen so bedeutsamen Vorgang informiert war. Mehr ist von meiner Seite nicht geschehen. Insbesondere habe ich - und ich betone es noch einmal ausdrücklich - dem Oberlandesgerichtspräsidenten keinerlei Anregungen oder Bitten unterbreitet, in irgendeiner Weise tätig zu werden. Wie in einer solchen Information des Oberlandesgerichtspräsidenten eine Beeinträchtigung der Entschließungsfreiheit der am Pilz-Verfahren beteiligten Richter gesehen werden kann, erschließt sich mir nicht. Gleiches gilt für das Gespräch, das Herr Bauer anschließend mit dem Vorsitzenden Richter geführt hat. Natürlich, ich habe es ja oben schon ausgeführt: Die richterliche Unabhängigkeit bedeutet, dass ein Richter vor Beeinflussungen staatlicher Organe, wozu zweifelsohne auch der Dienstvorgesetzte gehört, auf seine Entscheidungsfindung geschützt werden muss. Dies bedeutet aber natürlich nicht, dass die Richter eines Verfahrens unter einer Dunstglocke leben müssen und von niemandem auch nur im Entferntesten auf das Verfahren angesprochen werden dürfen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Dewes, SPD: Doch, doch...)

Selbstverständlich muss es möglich sein, dass ein Richterkollege, und ein solcher ist auch der Präsident des Oberlandesgerichts, einen Richter auf bestimmte Dinge, die es möglicherweise in einer Verfahrenssituation zu beachten gilt, anspricht. Nichts anderes hat der Oberlandesgerichtspräsident getan. Er hat nicht nur vermieden, Äußerungen gegenüber dem Richter abzugeben, die auch nur den Anschein erwecken konnten, ihn in eine bestimmte Richtung zu beeinflussen, sondern dies gegenüber dem Vorsitzenden Richter ausdrücklich betont. Eine Gefahr einer möglichen Beeinflussung der Entscheidungsfindung des

Gerichts hat also zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. Sicher, man bewegt sich in solchen Situationen oftmals auf einem schmalen Grat. Das Verhalten vom Oberlandesgerichtspräsidenten Bauer ist hier nicht zu beanstanden.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, seien Sie versichert, für mich als Justizminister und jemand, der lange Jahre selbst auf der Richterbank gesessen hat, ist die richterliche Unabhängigkeit ein Garant unseres Rechtsstaats,

(Zwischenruf Abg. Dr. Dewes, SPD: Hört, hört.)

(Beifall bei der CDU)

ein Garant unseres Rechtsstaats, dessen Bedeutung man gar nicht hoch genug einschätzen kann und für deren Schutz ich mich stets einsetzen werde.

Abschließend vermag ich auch unter Beachtung der besonders gebotenen Zurückhaltung bei der Kommentierung richterlicher Handlungen durch die Exekutive keine Gefährdung der Unabhängigkeit der Justiz durch die geschilderte Verfahrensweise festzustellen.

Zu 2.: Ein schneller und vollständiger Informationsfluss war bislang und wird auch zukünftig im Thüringer Justizministerium gewährleistet sein. Bei der Vielzahl der anfallenden Arbeiten und dem häufig bestehenden Termindruck schließt dies jedoch - wie in allen Lebenslagen gegenwärtig - Versäumnisse im Einzelfall leider nicht immer vollständig aus. Um jedoch eine noch höhere Gewähr für die korrekte und vollständige Wiedergabe von Informationen zu bieten, wurde zwischenzeitlich veranlasst, dass auch bei Termindruck in wichtigen Angelegenheiten grundsätzlich kurze schriftliche Vermerke zu fertigen sind.

Zu 3.: Eine erste dienstliche Würdigung des Verhaltens des zuständigen Beamten hat bereits am 25. September 2000 durch die zuständige Abteilung mit dem Ergebnis stattgefunden, dass kein Anlass gesehen wurde, von einem dienstwidrigen Verhalten des betreffenden Beamten auszugehen. Aufgrund weiterer Ermittlungen zum Sachverhalt wurde dieser nunmehr durch das zuständige Referat in der Zentralabteilung erneut dienstaufsichtlich gewürdigt. Unter Berücksichtigung der oben bereits ausgeführten Formulierungen im Schreiben des Leitenden Oberstaatsanwalts vom 13. Juni 2000, dass der Strafkammervorsitzende eine Information des Wirtschaftsministers "nicht für sachdienlich halte" und unter Berücksichtigung der Kürze der für den mündlichen Bericht zur Verfügung stehenden Zeit ist davon auszugehen, dass in Ermangelung einer Mitteilungspflicht bereits schon objektiv eine Dienstpflichtverletzung des betreffenden Beamten nicht vorliegen kann. Dies gilt umso mehr für den Fall, dass der Beamte möglicherweise eine entsprechende Äußerung getan haben könnte, ohne dass mir dies be

wusst geworden wäre. Aber auch bei dem Sachverhalt nach meiner Erinnerung sind disziplinarrechtliche Maßnahmen gegenüber dem Beamten nicht gerechtfertigt, zumal es sich im Übrigen bei ihm um einen sehr tüchtigen und sehr gewissenhaften Richter handelt. Die Ursache für das offensichtliche Missverständnis dürfte im Organisatorischen liegen. Ich habe deswegen, wie bereits erwähnt, zwischenzeitlich angeordnet, dass auch bei Termindruck grundsätzlich schriftliche Bemerkungen als Entscheidungsgrundlagen zu fertigen sind. Weitere Konsequenzen werden nach Abschluss der Prüfung gezogen werden.

Zu 4.: Die Landesregierung hat in der Vergangenheit alles getan und wird auch weiterhin alles tun, um das Strafverfahren gegen Pilz und andere zu fördern. Alle relevanten Unterlagen wurden bereits im Rahmen der Amtshilfe zur Verfügung gestellt. Dazu zählen etwa auch die anfangs gesperrten Kabinettsvorlagen, die - wie oben ausgeführt - dem Landgericht Mühlhausen am 12. September 2000 zur Verfügung gestellt wurden. In übereinstimmender Praxis aller Landesregierungen und auch der Bundesregierung werden jedoch Unterlagen, die schutzwürdige Interna Dritter oder den Kernbereich der Exekutive betreffen, auch zukünftig mit einer Sperrerklärung versehen werden.

Zu 5.: Die Fragen stellende Fraktion geht insoweit von unzutreffenden Prämissen aus, als weder - ich zitiere aus dem Antrag - "gravierende Verstöße gegen rechtsstaatliche Prinzipien" noch "eine mangelnde Handlungsfähigkeit in wesentlichen Bereichen des Thüringer Innenministeriums und des Sicherheitsapparates" festgestellt werden können, wie der Fragesteller, die antragstellende Fraktion, den Tatsachen zuwider behauptet. Vielmehr ist die von mir ausführlich dargestellte Verfahrens- und Handlungsweise der Landesregierung gerade darauf angelegt, die auch im Rahmen der zu beachtenden Gewaltenteilung notwendige Kooperation zwischen Exekutive und rechtsprechender Gewalt zu fördern und etwa benötigte Unterlagen bereits im Wege der Amtshilfe und nicht - wie gegenüber privaten Dritten - kraft Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses zur Verfügung zu stellen. Handlungsfähigkeit und Effektivität des Thüringer Innenministeriums und des Sicherheitsapparates stehen für die Landesregierung, aber auch für die kritische Öffentlichkeit völlig außer Frage. Gezielte Maßnahmen zur Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit und Glaubwürdigkeit sind daher weder angezeigt noch geboten.

Meine Damen und Herren, ich gehe davon aus, mit meinen Ausführungen Ihr Berichtsersuchen umfassend beantwortet zu haben, und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben den Sofortbericht der Landesregierung gehört. Es liegen etliche Wortmeldungen zur Aussprache vor. Ich

gehe davon aus, dass sie beantragt wird. Herr Abgeordneter Stauch, dann nehmen wir das als Antrag auf Aussprache und kommen zur Aussprache. Es hat das Wort Herr Abgeordneter Buse, PDS-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Damen und Herren Abgeordnete, man muss erst einmal den Beifall verinnerlichen, den die Mehrheitsfraktion dem Justizminister gegeben hat. Ich möchte ausholen: Im Jahre 1993, im "Freien Wort" vom 5. Mai 1993, wird Ministerpräsident Dr. Bernhard Vogel bei der Inbetriebnahme der CD-Fabrik des Herrn Pilz in Albrechts mit den Worten zitiert, der Artikel liegt vor: "Wir brauchen noch mehr solche Pilze." Angesichts dessen, was ein Pilz hier im Land, aber bekanntlich nicht nur hier in Thüringen, angerichtet hat, möchte ich mir gar nicht vorstellen, wenn es wirklich viele solcher Pilze hier in Thüringen gegeben hätte bzw. sie geben würde. Aber vielleicht gibt es sie wirklich, große und kleine Pilze, noch nicht entdeckt oder noch gut behütet.

(Zwischenruf Abg. Schwäblein, CDU: Rote Fliegenpilze haben wir viele.)

Es wird sich möglicherweise noch herausstellen, Herr Schwäblein.

(Heiterkeit bei der CDU)

(Beifall bei der PDS, SPD)

Heute geht es hier im Landtag mit der beantragten Thematik um die Behinderung der Justiz bei der Aufklärung der Pilz-Affäre durch die Thüringer Landesregierung. Allein die Thematik - da stimme ich dem Minister Dr. Birkmann zu -, wenn sie so absolut steht, ist ein schwerer Vorwurf an die Landesregierung. Und das, was wir gerade von Ihnen als Sofortbericht der Landesregierung hörten, hat meines Erachtens nur unwesentlich zur Aufhellung und zur Entkräftung des in der Thematik

(Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Das haben Sie gestern wohl schon gewusst, denn das ha- ben Sie gestern wohl aufgeschrieben.)

(Beifall bei der PDS, SPD)

beinhalteten Vorwurfs beigetragen.

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Land- wirtschaft, Naturschutz und Umwelt)

Wir können darüber streiten. Bisher Bekanntem wurden Nuancen zugefügt. Herr Dr. Sklenar, ich kann Ihnen ja auch einmal das Wort buchstabieren, wenn Sie es wünschen. Ich habe den Eindruck, man bestätigt, was man nicht mehr absolut bestreiten kann.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Da muss man bei der Formulierung noch aufpassen, dass man sich nicht in Widerspruch zu vorangegangenem schon Gesagtem begeben hat. Andererseits bleiben, jetzt möchte ich Ihnen nicht zu nahe treten, Erinnerungslücken. Wie ich das werten soll, dass man sich nicht erinnern kann, oder die absolute Behauptung, nicht erinnert worden zu sein...

(Zwischenruf Abg. Schwäblein, CDU: Sie haben die SED schon vergessen.)

Wir bedanken uns, Herr Schwäblein, dass Sie uns immer daran erinnern.

(Unruhe im Hause)

Ich bitte aber doch, den Redner in seiner Rede fortfahren zu lassen. Wir haben uns auch den Bericht in aller Ruhe angehört und ich bitte jetzt die Rede fortzusetzen.

Die Frage für mich und unsere Fraktion bleibt: Werden hier durch die Opposition angeblich Missverständnisse aufgebauscht oder gibt es wirklich Verfehlungen? Das soll ja die heutige Debatte hier klären. Fasst man alle Handlungen, Äußerungen und Verlautbarungen der Landesregierung in diesem Fall zusammen, dann kann man sich nicht des Eindrucks erwehren, dass hier Aufklärung in der Sache behindert, erschwert oder vielleicht sogar verhindert werden sollte.

(Zwischenruf Abg. Schwäblein, CDU: Wie- derholung!)

Hier in der Pilz-Affäre führen Sie, Herr Ministerpräsident, genau wie eine Mehrheit in den beiden Untersuchungsausschüssen des Thüringer Landtags Ihre Behauptung in Ihrer Rede vom 27.01.2000 im Landtag ad absurdum. Damals sagten Sie, Herr Vogel - Frau Präsidentin, ich darf zitieren: "Die absolute Mehrheit ist uns gegeben worden, damit wir mit ihr verantwortlich umgehen."

(Beifall bei der CDU)

Ich bedanke mich, dass Sie das genauso sehen. Ich hoffe, Sie sehen Folgendes ähnlich. Dieser verantwortungsbewusste Umgang mit Ihrer absoluten Mehrheit lässt unserer Auffassung nach zu wünschen übrig.