Meine Damen und Herren, ein wichtiger Aspekt darf bei der Verzahnung von Wirtschaft und Arbeitsmarktpolitik nicht außer Acht gelassen werden. Welchen Beitrag leistet eigentlich die Wirtschaft dazu? 1999 wurde sie in Thüringen aus den Finanztöpfen der Bundesanstalt für Arbeit mit 687 Mio. in den Personalkosten subventioniert. Wie viele Aufträge hat sie denn in Vergabe-ABM in den letzten 12 Monaten überhaupt übernommen und wie wurde sie da von der Landesregierung unterstützt? Bei dem Problem der Berufsausbildung ist zu fragen: Wo bleibt die Wirtschaft mit ihren Versprechungen zur Schaffung betrieblicher Ausbildungsplätze?
Sie sehen, meine Damen und Herren, der Bericht lässt eine ganze Reihe von Fragen offen. Welchen Grund hat also die CDU jetzt, ein solches Berichtsersuchen an die Landesregierung zu stellen? Man kann also nur davon ausgehen, dass sie sozusagen die letzten positiven Auswirkungen der SPD-geprägten Arbeitsmarktpolitik ausnutzen will,
Frau Vopel, das Thema Arbeitslosigkeit würde ich auch an Ihrer Stelle wesentlich ernster nehmen, das haben die Menschen in diesem Lande verdient. Abschließend ist zu sagen: Für die Betroffenen ist es ein ganz schwacher Trost in Thüringen, von den Schlechtesten der Beste zu sein - das reicht nicht!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Heß, weil wir es ernst nehmen, haben wir diesen Antrag gestellt.
Das können Sie mir schon glauben. Und, Herr Gerstenberger, wenn Sie sagen, dass in den alten Bundesländern die Arbeitslosigkeit zurückgeht, dann hat das etwas mit einer veränderten Statistik zu tun. Es werden nämlich alle, Moment mal bitte, es werden alle 630-DM-Jobs,
nein, aber Sie wissen genau, dass in den neuen Bundesländern und auch in Thüringen es wesentlich weniger nur 630-DM-Jobs gibt, die in die Statistik eingehen. Das ist in den alten Ländern eine ganz andere Größenordnung.
Meine Damen und Herren, wir haben diesen Zwischenbericht gehört und als nichts anderes wollten wir diesen Antrag verstanden wissen. Nach einem Jahr kann doch nicht ersichtlich sein, dass nun plötzlich alles ganz anders geworden ist. Ich denke, der Bericht war ausführlich. Zunächst einmal haben wir angekündigt, wenn wir die Alleinregierung haben, dass wir in der Arbeitsmarktpolitik umsteuern.
Das haben wir getan und das werden wir auch weiter tun. Die Gründe nenne ich Ihnen nachher. Ich habe das vor einem Jahr mit dem Bild des Tankers verglichen. Diese Arbeitsmarktpolitik bewegt sich doch sehr schwerfällig, das wissen Sie doch ganz genau. Und wenn man so einem großen Tanker irgendwo im Ozean eine andere Richtung geben will, dann braucht man dafür eine gewisse Zeit. Aber, ich denke, der Richtungswechsel ist mittlerweile erkennbar und das ist gut so.
Was sind denn unsere Ziele? Unsere Ziele sind, zusätzliche Arbeitsplätze zu akquirieren, eine höhere Qualität in den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zu erreichen und eine Orientierung mehr zur Wirtschaft hin. Da stehen wir doch überhaupt nicht allein da, das sagen doch mittlerweile alle. Es kommt mit Verzögerung, aber es kommt, ohne dabei die sozialen Aspekte aus dem Auge zu verlieren. Und, ich denke, das hat der Minister doch dargelegt, dass das auch so gekommen ist.
Meine Damen und Herren, zur Situation hat Herr Minister Schuster schon etwas gesagt. Aber wenn Frau Heß hier aus dem Arbeitsmarktbericht des Landesarbeitsamts Sachsen-Anhalt-Thüringen eine Passage vorliest, aber nur den ersten Satz, finde ich das schon bemerkenswert. Der erste Satz stimmt. Es waren im Juli 816.700 Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Ich lese den ganzen Abschnitt vor: "Das sind 19.000 weniger als ein Jahr zuvor. Dabei ist ein spürbarer Beschäftigungsrückgang im Baugewerbe, nämlich 14.000, aber auch weniger Inanspruchnahme der Strukturanpassungsmaßnahmen Ost für Wirtschaftsunternehmen, nämlich 22.300, in Rechnung zu stellen. Ohne diese Sondereffekte dürfte die nicht subventionierte Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt in den übrigen Wirtschaftsabteilungen in der Größenordnung von 15.000 über dem Wert des Vorjahres liegen." Ich denke, das ist doch der entscheidende Satz.
Da wollen wir doch hin. Oder soll in Thüringen in 20 Jahren immer noch über den zweiten Arbeitsmarkt geredet werden?
(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, PDS: Sie können doch den Arbeitsmarkt nicht nach Belieben zerhacken. Solche Zahlen muss man im Gesamtzuammenhang sehen.)
Ja, natürlich, aber Sie wissen doch ganz genau, dass wir im Moment eine gespaltene Wirtschaftsentwicklung haben. Ich komme auch darauf nachher noch zurück. Wir haben auch eine gespaltene Wirtschaftsentwicklung in den alten und in den neuen Bundesländern. Auch das hat seine Gründe und die liegen nicht in Thüringen, das können Sie mir glauben. Weil das so ist, wissen wir, dass auch noch weiterhin eine aktive Arbeitsmarktpolitik nötig ist. Aber auch Veränderungen sind nötig und dringend nötig und ich sage, sie sind überfällig gewesen.
(Zwischenruf Abg. Dittes, PDS: Sie haben die Arbeitsmarktpolitik in den letzten 5 Jah- ren immer gelobt.)
Und der Rückgang der SAM-Stellen in Wirtschaftsunternehmen, den haben wir nicht zu verantworten, das habe ich an dieser Stelle schon dreimal gesagt. Frau Heß, vielleicht merken Sie es sich auch einmal: wenn diese Zu
schüsse so drastisch gekürzt werden, ist es doch klar, dass es erst einmal einen Einbruch gibt. Und auch Sie wissen ich gehe einmal davon aus, dass Sie sich auch in Arbeitsämtern kundig machen -, dass das die Maßnahme gewesen ist, die am meisten dazu beigetragen hat, die diesen Klebeeffekt wirklich gehabt hat,
dass viele dann in dem Betrieb geblieben sind. Deshalb finde ich es nur sachgerecht, wenn die Anschlussförderung, die der Freistaat Thüringen gewährt, ab 1. Januar erhöht wird, wenn schon der Bund reduziert, dass wir in der Anschlussförderung dann ein kleines Stück höher gehen können. Das finde ich gut so.
Der Qualitäts- und Prioritätenkatalog hat viel Staub aufgewirbelt, darüber haben wir hier mehrfach gesprochen. Ich finde es nur verwunderlich, ich hatte vor wenigen Tagen ein Gespräch mit Vertretern des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes und da ist für mich schon etwas Interessantes gesagt worden. Da beklagt man, eine Frau war es, dass da immer noch, jetzt weniger von Trägern, aber von Kommunen, SAM beantragt würden, die ja nicht so unbedingt die ganz große Qualität hätten und ob denn das sein müsste. Ich muss einmal sagen, da war ich schon verwundert. Ich kann nur sagen, ich habe so das Gefühl, auch in der Trägerlandschaft setzt sich anscheinend ein Wettbewerbsgedanke durch und auch das kann nur gut sein.
Und noch ein Wort zu "50 PLUS": Ich empfehle allen, ab und an einmal Protokolle der vergangenen Sitzungen zu lesen. Was ist denn hier gesagt worden? Das wird ein Flop und das geht nicht und das wird nichts. Herr Schuster hat die Zahlen genannt, hier sind 1.400 Leute beschäftigt. Mein Gott noch mal, wir sagen doch immer, es geht um jeden, der in Arbeit kommt, das ist gut und richtig.
Und, Herr Gerstenberger, dass Sie Statistikfetischist sind, das haben wir ja nun in den letzten Plenarsitzungen und auch im Ausschuss erlebt, dass es Ihnen wichtiger ist zu wissen, ob diese 600 in 500 Maßnahmen oder ob diese 600 in 400 Maßnahmen sind. Wissen Sie, das ist mir egal.
Natürlich muss es kontrolliert werden. Mir sind zum einen die am liebsten, die direkt in Betriebe vermittelt werden. Das sage ich unumwunden, das ist uns allen hier lieber. Und dann geht es um jeden, der in Arbeit kommt, und jeder, der in Arbeit kommt, ist ein Gewinn.
Herr Minister Schuster hat darauf hingewiesen und ganz so schlecht kann es ja nicht sein, wenn dieses Programm jetzt auch deutschlandweit eingesetzt wird. Ich habe auch kürzlich an so einer Art Rundem Tisch in einer Kreisstadt in Thüringen teilgenommen. Dort waren eine ganze Reihe von Maßnahmeträgern, Vertreter der Wirtschaft, der Leiter des dortigen Arbeitsamts und da sagt mir eine Trägerin von solchen Maßnahmen, sie hätten ja etwas ganz anderes gewollt, sie hätten bei "50 PLUS" gewollt, dass das nur Maßnahmen sein sollten und dass sie nur über Träger laufen. Da habe ich ganz konsequent gesagt, und das sage ich immer wieder, genau das wollen wir nicht. Wir wollen nicht von ABM-nur-Maßnahmen in SAM-nurMaßnahmen, genau das wollen wir nicht. Wir wollen, dass die Leute in eine reguläre Beschäftigung kommen und die Chance haben, dort auch zu bleiben. Das ist unser Ziel.
Zum Stichwort "zweite Karriere": Dort habe ich das Gefühl, da beginnt das gleiche Spiel von vorn. Es wird zunächst einmal schlechtgeredet. Es ist ja gerade erst angelaufen, wie will man da jetzt Ergebnisse vorweisen. Ich weiß nicht, aber ein bisschen müsste man sich auch einmal überlegen, was man fordert. Das haben wir doch schon seit Jahren gesagt, dass wir eine passgenaue Qualifizierung brauchen. Das ist das A und O überall. Ich bin froh, dass das andere mittlerweile auch einsehen und dass der Weg, den wir eingeschlagen haben, richtig ist, denn auch die Arbeitsverwaltung verstärkt jetzt die Förderung der beruflichen Qualifzierung zuungunsten von ABM. Und ich sage, das ist der richtige Weg, wenn wir aus diesem Kreislauf einmal endlich heraus wollen, ich denke, auch in der Arbeitsmarktpolitik und bei Menschen, die es schwerer haben. Es gibt so ein schönes Leitwort "fördern durch fordern" und auch das gilt in dem Fall. Wer nicht gefordert wird, darf auch nicht mehr gefördert werden. Es muss so viel wie möglich mit Qualifizierung verbunden werden bis hin zu ABM. Und das gilt im Übrigen auch für die Integration Jugendlicher ins Berufsleben. Ich finde das gut, dass hier wirklich unkompliziert herangegangen worden ist, und ob das Ding nun JOB oder JANA heißt, ist mir auch wurst. Wichtig ist, dass Jugendliche Arbeitsplätze bekommen, es gibt Zuschüsse dafür und es ist am Ende noch preisgünstiger als das, was wir bisher hatten. Das waren gute Programme, das streitet überhaupt keiner ab, aber wenn wir mit weniger Geld den gleichen Erfolg haben, ja, was kann man denn daran kritisieren.
Ja, warten wir es doch mal ab. Und was den ESF-Bereich anbelangt, über ESF-Förderung die Förderung der zweiten Schwelle verstärkt anzugehen, das ist besonders positiv. Auch das habe ich hautnah neulich erlebt, da war ich im Bildungswerk der Wirtschaft in einer dieser Regionalstellen. Da war gerade an diesem Tag ein ziemlicher Aufruhr, weil die entsprechende Frau, die sich darum küm
mert und diese Koordination macht, gerade auf dem Weg war und Praktikumsplätze für die Jugendlichen gesucht hat. Ich denke, das sind doch alles Wege, die sind gut und die sind richtig. Den Jugendlichen, die über eine überbetriebliche Ausbildung verfügen und sich irgendwo bewerben, wird nachgesagt oder es wird bemängelt, dass sie keine Berufspraxis haben, die können sie ja nicht haben und die können sie auf diese Art und Weise gewinnen.
Meine Damen und Herren, wir müssen aber auch dafür sorgen, dass all diese Angebote angenommen werden, das sage ich genauso deutlich. Kollege Heym hat in der letzten Plenartagung eine Situationsbeschreibung aus Südthüringen gebracht. Vor wenigen Wochen ist das Berufsförderwerk in Weimar umgezogen. Ich denke mal, ich war nicht die Einzige aus dem Landtag, die eingeladen war, aber von der PDS war jemand da, ich glaube ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin, von der SPD habe ich niemanden gesehen, das war eigentlich schade. Denn zum einen lohnt es sich wirklich, sich das anzuschauen, da gibt es Topvoraussetzungen für Qualifizierung und Weiterbildung sowohl im kaufmännischen, aber auch im technischen Bereich und dann sind interessante Äußerungen getroffen worden. Bekanntermaßen ist das Berufsförderwerk eine Einrichtung des DGB und dieses in Weimar kooperiert mit der Firma Bosch. Die Firma Bosch würde gern zwei Kurse pro Jahr finanzieren mit je 50 Jugendlichen mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung zum Sicherheitstechniker. Wenn man sich aber die Halle mal angeschaut hat, wo der erste Kurs lief, da saßen 12 Hanseln drin oder arbeiteten 12 Hanseln. Das finde ich dann schon bemerkenswert und bedenkenswert. Wir können nicht auf der einen Seite das immer beklagen und auf der anderen Seite gibt es eine ganze Reihe von Angeboten, die nicht wahrgenommen werden.
Vor zwei Tagen las ich in der Zeitung, dass eben das gleiche Berufsförderwerk, die z.B. für Arbeitslose, auch um so eine gewisse Hemmschwelle abzubauen, den so genannten Internet-Führerschein anbietet. Das ist keine Einführung von Thüringen, das kommt von der Bundesanstalt für Arbeit, aber auch da ist es so, dass sich gar nicht genügend Leute melden. Da muss man sich doch mal fragen, warum ist das so, und da sage ich, aktive Arbeitsmarktpolitik ist gut, aber aktivierende ist besser.