Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe der Debatte aufmerksam gelauscht, weil sie wichtig ist und weil dies ein wichtiges Thema ist, haben wir auch gestern in der Tat intensiv über diese Fragen diskutiert - zunächst im Kreis der Ministerpräsidenten und daran anschließend im Kreis der Ministerpräsidenten, des Bundeskanzlers und einer Reihe von zuständigen Ministern. Zunächst ist festzuhalten, die klare und eindeutige Bereitschaft aller, alles zu tun, was jetzt notwendig ist, um Schaden zu verhindern, um eingetre
tenen Schaden zu begrenzen und um entsprechende Schlussfolgerungen für die Zukunft zu ziehen. Diese Bereitschaft besteht unbeschadet, wer was in der Vergangenheit falsch gemacht hat. Und ich lege schon Wert darauf, erst wurde uns zwar gesagt, man mache eine Eilverordnung, dann wurde uns gesagt, das gehe nicht und dann wurde ein Gesetz gemacht und wir haben mitgemacht. Ich kann mich nicht erinnern, dass jemals in solcher Zügigkeit ein Gesetz von Bundestag und Bundesrat beschlossen worden ist wie das Gesetz, das hier zu Debatte steht - und das ist gut so.
Allerdings, wer schnell Gesetze macht, das kennen wir aus anderen Beispielen, macht unter Umständen auch Fehler. Möglicherweise sind deswegen auch Korrekturen nicht auszuschließen. Ein Fehler beispielsweise war es in der Tat, dass ein Antrag des Freistaats Thüringen hinsichtlich der Lockerung des Exportverbots für England im März im Bundesrat keine Mehrheit fand und am 1. Dezember einstimmig von allen beschlossen worden ist.
Meine Damen und Herren, gelegentlich wäre es besser, man würde früher hören, als dann plötzlich hektische Eile an den Tag legen zu müssen. Wir haben eine Arbeitsgruppe gebildet, und zwar nicht die, die da neulich verabredet worden ist, sondern obwohl er sich sehr dagegen gewehrt hat, auf Seiten der Bundesregierung unter Beteiligung des Chefs des Bundeskanzleramtes, von Herrn Steinmeier. Der ist zwar mit vielen Krisenbewältigungen stark beschäftigt und hat sich deswegen etwas gesträubt, aber diese Arbeitsgruppe ist notwendig, weil wir in dieser Frage die Landwirtschaftsminister überfordern, wenn es nur die Landwirtschaftsminister machen, die Gesundheitsminister überfordern, wenn es nur die Gesundheitsminister machen. Hier ist ein Zusammenwirken notwendig, weil wir auch die Finanzminister, die Justizminister und der Bund den Außenminister dazu braucht. Und diese Arbeitsgruppe, so ist vereinbart worden, wird bis Ende Januar die notwendigen Ergebnisse hervorbringen. Dabei geht es um Finanzen. Natürlich geht es auch um Finanzen. Ich habe keine Erklärung von irgendjemandem gehört, dass er zu zahlen bereit sei, ich habe aber von allen die Erklärung gehört, dass man über das Zahlen reden müsse. Es gibt bestimmte Zuständigkeiten - Zuständigkeiten des Bundes, Zuständigkeiten Europas, Zuständigkeiten der Länder. Der Bundesfinanzminister war mit am Tisch. Von einer Zusage zur Beteiligung war nicht die Rede, von der Bereitschaft, offen miteinander zu sprechen - und wie in solchen Fällen immer als Erstes, die Zahlen abzugleichen, weil die Zahlen beispielsweise des Landes Nordrhein-Westfalen eben anders lauten als die Zahlen, die der Bund hat - von der Bereitschaft, miteinander zu sprechen war die Rede, das in dieser Arbeitsgruppe zu beraten.
Meine Damen und Herren, sich darüber einig zu sein, so drängend die aktuellen Probleme sind, so sehr verbergen sich dahinter Probleme von wesentlich langfristigerer Bedeutung. Es kann doch nicht auf Dauer so bleiben, dass
der Staat die Aufzucht von Rindern subventioniert und wenn sie 30 Monate alt sind, dann subventionieren wir das Abschlachten von Rindern, sondern hier muss doch langfristig Konsequenz gezogen werden, auch in der Förderung. Einer der Kollegen hat gesagt, die Agrarpolitik muss von der Theke her bestimmt werden. Ich will mir das nicht unbedingt uneingeschränkt zu Eigen machen, aber dass es auf Dauer nicht geht, dass wir einen Kreislauf haben, wo wir das Züchten und das Abschlachten und Nichtverzehren bezuschussen, das ist wohl jedermann klar. Nur vor einem möchte ich warnen, weil wir dazu neigen, dass wir jetzt, weil wir keine klügeren Antworten wissen, erklären, die kleinen Betriebe sind verlässlicher als die großen oder die großen sind verlässlicher als die kleinen. Es gibt keinerlei Grund zu behaupten, dass der sorgfältige Umgang mit Tieren von der Größe abhängt. Ich mache darauf aufmerksam, wir haben in Deutschland eine Struktur der Betriebe, die aus vielen Gründen äußerst unterschiedlich ist. Wir werden unser Wort in Europa nicht machen können, wenn es uns nicht einmal in Deutschland gelingt, die kleinen und die großen Betriebe auf einen Qualitätsfaktor festzulegen. Die bayerischen Strukturen sind anders als die norddeutschen Strukturen und die ostdeutschen Strukturen sind anders als die westdeutschen. Hier kommt keine Normierung auf eine Landschaftsordnung in Frage, sondern hier müssen wir dem gerecht werden, was sich beispielsweise in den neuen Ländern als Agrarstruktur entwickelt hat. Dieser Kampf der Größengruppen gegeneinander führt zu überhaupt nichts.
Im Übrigen - das ist vorhin, Gott sei Dank, gelegentlich angeklungen, aber ein bisschen vorsichtig und leise - am Ende, und das dürfen wir nicht verschweigen, wird der Verbraucher für qualifiziertes Fleisch mehr zahlen müssen als in der Vergangenheit. Sie können sich ungefähr vorstellen, welche Folgen das hätte, wenn wir grundsätzlich jetzt beginnen würden, bestimmte Lebensmittel staatlich zu subventionieren. Dass wir in Notsituationen, in Übergangssituationen und in besonderen Situationen helfen müssen, steht außer Frage, aber dass am Ende eine Struktur stehen muss, wo der, der lieber Rind statt Geflügel isst, Rind bezahlt und nicht Geflügel und nicht dafür subventioniert wird, das möchte ich deutlich sagen, damit man sich nicht auf falsche Vorstellungen einrichtet.
Wir haben ein Problem mit der Europäischen Union, weil beispielsweise in der Tiermehlproduktion Festlegungen nur für ein halbes Jahr getroffen worden sind. Mehr war nicht verhandelbar, aber eine Festlegung bei Futtermitteln für ein halbes Jahr - das weiß sogar jedes Stadtkind - ist unsinnig, weil ich da nicht die Produktion von alternativen Futtermitteln beginnen kann, wenn ich nicht weiß, ob ich nach einem halben Jahr auf dem Markt noch Chancen habe. Hier ist es notwendig, dass es zu europäischen Einigungen kommt. Ich will gar nicht verleugnen, auch hier muss es - und das ist besonders schwierig - zu einer
Einigung mit unseren französischen Freunden kommen. Jeder weiß, dass mit Frankreich sich in Agrarfragen zu einigen nicht zu den einfacheren Aufgaben gehört. Ich bin froh, dass wir in dieser Arbeitsgruppe, an der wir aktiv im Sinne dessen, was Herr Dr. Pietzsch gesagt hat und was Herr Dr. Sklenar zu diesen Fragen einbringt, mitarbeiten werden. Ich bin sehr froh, dass es diese Arbeitsgruppe gibt. Ich sehe den Antrag als Unterstützung unserer aktiven Beteiligung in dieser Arbeitsgruppe.
Das möchte ich der Bevölkerung noch sagen: Meine Damen und Herren, nicht, wer Angst hat, ist zu kritisieren, aber wer unverantwortlich Geschäfte mit dem Verbreiten von Angst macht, ist zu kritisieren.
Nicht, wer Angst hat, sondern wer Angst macht, muss auf unseren Widerspruch stoßen. Deswegen verstehen Sie es richtig, wenn ich sage, trotz allem, der Weg von der Wohnung zum Fleischer ist immer noch lebensgefährlicher als der Verzehr eines Kilos Rindfleisch.
Meine Damen und Herren, das sage ich, damit bei aller Aufgeregtheit die Proportionen in der Sache stimmen. Ich sage es nicht, weil das Problem leicht zu nehmen wäre, sondern weil es eine sehr grundsätzliche Dimension hat und weil wir uns, glaube ich, zutrauen sollten, damit fertig zu werden und die Gesundheitserwartung des Kunden, den Arbeitsplatz des Landwirts und die gemeinsame Handlungsfähigkeit innerhalb Europas auf einen Nenner zu bringen. Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich möchte noch ein paar Worte zu den Entschließungsanträgen, die uns heute vorliegen, sagen, weil ich denke, nach der bisherigen Debatte ist das notwendig. Frau Arenhövel, Ihnen muss ich bescheinigen, Sie scheinen hellseherische Fähigkeiten zu haben, denn Sie sagten vorhin, dass Sie extra bis heute mit Ihrem Entschließungsantrag gewartet haben und den erst von gestern zu heute angefertigt haben, um die neuesten Erkenntnisse des Ministerpräsidenten hier mit einzuarbeiten. Ich hätte gestern nicht vermutet, dass wir diesen Tagesordnungspunkt erst heute haben.
Wäre es nicht zur Vertagung des Plenums, zum kurzen Aussetzen gekommen, dann wären wir auch mit dem Tagesordnungspunkt noch fertig geworden.
Es ist aber von Ihnen ein anderes Thema angesprochen worden. Sie haben unserer Fraktion vorgeworfen, dass wir Kürzungen während der Haushaltsdebatte im Veterinärbereich vornehmen würden. Hierauf möchte ich kurz eingehen.
3. Wenn Sie sich einmal angeschaut hätten, wo wir kürzen, dann hätten Sie auch festgestellt, dass das nichts mit dieser Sache zu tun hat. Wir kürzen nämlich dort, wo seit Jahren dieselben hohen Telefonkosten drinstehen, die nach der Liberalisierung wesentlich geringer geworden sind und auch in den letzten Jahren vor der Liberalisierung nicht abgeflossen sind. Solche und ähnliche Kürzungen nehmen wir vor und die haben nichts damit zu tun, dass wir hier in die Arbeitsfähigkeit der entsprechenden Ämter eingreifen würden.
Meine Damen und Herren, zu den zwei Entschließungsanträgen direkt. Wir haben gestern mit der CDU ja schon zum Entschließungsantrag der PDS gesprochen. Wenn die CDU-Fraktion hier sagt, sie hätten unseren Antrag gern an den Ausschuss überwiesen, wir wollten ihn eigentlich abstimmen lassen. Ich gehe auch da mit, wir können ihn an die Ausschüsse überweisen. Ich sehe auch schon noch einen gewissen Redebedarf, das ist richtig. Wenn Sie uns aber sagen, dass wir bei unserem Antrag zu viel Bundes- und EU-Fragen eingebracht hätten, die so nicht abstimmbar hier im hohen Hause wären, da muss ich Ihnen sagen, meine Damen und Herren, BSE ist ein Thema, das nun einmal Land und EU berührt.
Wenn wir Probleme haben, die den Verbraucher betreffen und die nur in der EU zu regeln sind, dann müssen wir es als Land trotzdem ansprechen. Sie tun das in Ihrem Antrag ja auch.
Von der Warte her sehe ich schon, dass unser Antrag weiter gehend ist und dass wir diese Themen, die wir in unserem Antrag angesprochen haben, auch weiterhin beantworten und ansprechen müssen, denn nur so können wir die Bürgerverunsicherung, die es massiv gibt, wegbekommen. Ich möchte Ihnen hier ein paar Beispie
le nennen. Sie wissen, ich habe eine Zoohandlung. Wenn Kunden zu mir kommen und fragen, ob ich Hunde- und Katzenfutter ohne Rindfleisch hätte, weil sie Sorgen haben, dass ihre Katze BSE bekäme, dann finde ich das schon ziemlich schlimm. Die nächste Geschichte, wenn Fischer mich ansprechen und sagen, ihre Kunden hätten sie angesprochen, ob denn der Fischverzehr sicher ist und sie haben daraufhin Zeitungsannoncen geschaltet, wo drinsteht, dass der Fischverzehr unbedenklich ist, dann sehe ich das auch als problematisch an. So weit hat es die Hysterie getrieben und ich denke, hier müssen wir entsprechende Antworten finden.
Meine Damen und Herren, im Entschließungsantrag der Fraktion der CDU wird auf einige Probleme nicht eingegangen. Das sind zum einen Teil sogar Probleme, die das Land in Angriff nehmen kann, wie das Thema der Ausnahmegenehmigung zum Vergraben von Risikomaterial. Wenn ich daran denke, dass wir Leute haben, die Sorgen haben, dass sie überhaupt noch über eine Wiese laufen können, egal ob diese Sorgen begründet sind oder nicht, dann, denke ich, müssen wir zum vorbeugenden Verbraucherschutz etwas unternehmen und das ist eine Landessache. Die anderen Sachen wurden heute schon mehrfach angesprochen, wenn es um die Entfernung des Risikomaterials geht. In Ihrem Antrag ist dazu nichts zu finden, das muss dort rein, um die Verbrauchersicherheit herzustellen.
Das vierte Beispiel, das ich noch nennen möchte, ist die Frage des Schafimports. Es wurde schon angesprochen. Scrapie - die Krankheit, die dem BSE sehr ähnlich ist grassiert in Großbritannien. Und wir können immer noch Schaffleisch aus Großbritannien einführen. Meine Damen und Herren, hier müssen wir etwas unternehmen. Hier muss endlich mal ein Schlussstrich gezogen werden. Es kann heute nicht davon ausgegangen werden, dass diese Krankheit nicht auch dazu führen kann, dass es beim Menschen zu einer Erkrankung kommt.
Und warum wollen wir unseren Verbrauchern diese Sicherheit nicht geben. Das ist dringend notwendig und deshalb, denke ich, müssen wir hier etwas unternehmen.
Meine Damen und Herren, der Ministerpräsident hat vorhin gesagt, wer schnell Gesetze macht, der kann auch Fehler machen, Sie haben diese Fehler bei Ihrem Antrag vermieden, aber das durch eine extreme Kürze. Ich denke, wir sollten beide Anträge an die Ausschüsse überweisen, und zwar nicht nur an den Gesundheits- und Landwirtschaftsausschuss, sondern weil auch große europäische Themen mit berührt sind, auch an den Europaausschuss.
Herr Kummer, ich muss noch mal nachfragen. Beide Anträge zur Überweisung an den Landwirtschaftsausschuss, Soziales und Gesundheit und Europa, beide?
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will versuchen, vieles, was gesagt worden ist, nicht noch einmal zu wiederholen, und dennoch in den Ausführungen ein paar konkrete Zahlen, zu denen ich später komme, nennen. Allerdings noch ein paar einführende Worte. Es ist nun offensichtlich, dass wir jetzt einen Fall in Schleswig-Holstein haben, aber es ist trotzdem davon auszugehen, dass es sich um sporadisch auftretende Fälle handelt und keinesfalls mit den Situationen in England, Portugal, der Schweiz oder Frankreich vergleichbar ist. Es gibt auch nach diesem einen Fall in Schleswig-Holstein kein größeres Infektionsrisiko für Mensch und Tier als vor diesem Bekanntwerden. Ich befürworte natürlich in der jetzigen Situation das Verbot zur Fütterung von Tiermehl und sicherlich auch die Ausweitung der BSE-Tests. Diese Maßnahmen sind zum jetzigen Zeitpunkt nahe liegend und müssen zur Bekämpfung der akuten Krise ergriffen werden. Aber darüber hinaus müssen weiter gehende Strategien in Angriff genommen werden. Da hat der Ministerpräsident genau das Richtige gesagt dazu. Aber eines ist richtig und das müssen wir auch der Öffentlichkeit sagen, meine Damen und Herren, auf eine Million Menschen kommt sporadisch ein Fall von Creutzfeldt-Jakob. Auf ungefähr eine Million Säugetiere kommt auch ein Fall von BSE. Die sind sporadisch und haben mit der Ansteckung und Übertragung nichts zu tun. Zum anderen, es sind auch schon Zahlen genannt worden, an Salmonellenvergiftung sterben in Deutschland 2.700 bis 3.500 Menschen jedes Jahr. Kein Hahn kräht danach. Ich meine, die Frage der Hysterie ist da schon deutlich zu stellen.
Meine Damen und Herren, nun zu einigen Zahlen. Exakte Rechnungen sind nicht vorhanden, man kann von Schätzungen ausgehen - Von-Bis-Zahlen. Da will ich ein paar nennen. Die Kosten für BSE-Schnelltests liegen
zwischen 100 DM und 200 DM je Schlachttier. Unabhängig von der Aussagekraft der BSE-Schnelltest ist in Thüringen kein Rindfleisch mehr zu verkaufen, das nicht getestet ist. Die Kosten für diese Tests belaufen sich auf rund 20 Mio. DM. Es ist allerdings ungewiss, inwieweit die notwendigen Testkits und Reagenzien am Ende auch verfügbar sind, damit es nicht zu Engpässen kommt. Die Kosten für die Tiermehlentsorgung: In der Vergangenheit haben die Beseitigungsanstalten, je nach Marktsituation, meine sehr verehrten Damen und Herren, zwischen 250 DM und 500 DM je Tonne erzielt. Künftig entstehen für die Tiermehlentsorgungs- bzw. Beseitigungskosten zwischen 300 DM und 500 DM je Tonne. Saldiert entspricht das an Mehrkosten zwischen 550 DM und 1.000 DM je Tonne.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin froh darüber, dass es uns mal tatsächlich gelingt, in der Zeit zwischen 9.00 Uhr und 12.00 Uhr über landwirtschaftliche Themen oder Verbraucherschutz zu reden hier im Landtag, das ist schon mal ein Vorteil gegenüber anderen Zeiten. Es wäre dann auch interessant, wenn die Abgeordneten, die vielleicht Beschlüsse fassen müssen, auch zuhören würden. Das wäre ganz wichtig, damit wir auch der Öffentlichkeit nahe bringen, das interessiert sogar die Abgeordneten.