Protokoll der Sitzung vom 19.12.2000

Sehr geehrte Damen und Herren, ein neues Programm für haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter der Jugendhilfe will die CDU-Fraktion mit einem Antrag in Kapitel 08 24 Förderung von Maßnahmen der Jugendhilfe - initiieren. Für ein Fort- und Weiterbildungsprogramm unter dem Motto "Für Demokratie und Toleranz" sollen in den Haushaltsjahren 2001 und 2002 jeweils 350.000 DM zur Verfügung gestellt werden, ein absolut richtiges Signal.

(Beifall bei der CDU)

Wie Sie alle wissen, werden aus Mitteln der Jugendpauschale im Freistaat Thüringen fast 900 hauptamtliche Mitarbeiter der Jugendhilfe gefördert. Auch die Kommunen unterstützen diese Feststellen. Dies ist ein ganz entscheidender Beitrag zur Jugendarbeit. Von Seiten der kommunalen Spitzenverbände und auch von den Vertretern des Landesjugendrings wird kritisiert, dass sich Jugendarbeit leider zu oft auf die reine Betreuung Jugendlicher beschränkt. Das war auch Thema bei der Aussprache zur Regierungserklärung zum Thema Familie und Jugend im September. Berechtigt wurde kritisiert, dass häufig Bildungsangebote nur eine eher untergeordnete Rolle spielen. Andere Formen der Bildungarbeit müssen gefunden werden, um zukünftig unterschiedliche und breitere Teilnehmerkreise anzusprechen. Erzieherische Aufgaben auch

im Umgang mit extremistischen Tendenzen bei Jugendlichen sind unverzichtbar. Das alles sind natürlich neue Herausforderungen. Unser Ziel der Weiterentwicklung neuer Qualitäten in der Jugendarbeit bleibt damit aber bestehen. Neue sozialpädagogische Ansätze sind ebenso wichtig wie die Stärkung von Solidarität, Toleranz und Demokratieverständnis bei Jugendlichen. Derzeit bestehen allerdings erhebliche Defizite bei Fortbildungsangeboten für die Mitarbeiter der Jugendhilfe. Diesen Defiziten soll das neue Programm für Demokratie und Toleranz landesweit abhelfen. Im gleichen Kapitel 08 24 soll mit jeweils 50.000 DM pro Haushaltsjahr die Arbeit der anerkannten Fan-Projekte im Freistaat Thüringen unterstützt werden. Eine vergleichsweise geringe Summe zwar, aber deren Einstellung in den Haushalt ist angesichts der aktuellen Gewaltdiskussion und leider auch der Situation in den Stadien dringend notwendig.

Sehr geehrte Damen und Herren, im Rahmen der Haushaltsberatungen hat kaum ein Thema für so viel Schlagzeilen und Emotionen gesorgt wie die geplanten Änderungen am Kindertagesstättengesetz. Mehrere Redner haben heute bereits darauf verwiesen. Mit Vorwürfen haben Sie, werte Kollegen von PDS und SPD, nicht gespart. Die meisten Stellungnahmen der Oppositionsparteien in den vergangenen Wochen dienten aber leider nur dazu, die Träger und Eltern weiter zu verunsichern.

(Zwischenruf Abg. Pelke, SPD: Das ist doch eine Unverschämtheit.)

Zur politischen Ehrlichkeit würde es nämlich gehören, zu erklären, Frau Pelke, dass auch die SPD Mitverantwortung trägt,

(Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Genauso ist das.)

Mitverantwortung unter anderem nämlich für fehlende Deregulierung von Verordnungen und Richtlinien in den letzten Jahren. Wir müssen gerade vor Ort die Frage stellen, warum die Spanne der Kosten für einen Kindertagesstättenplatz im Freistaat von 600 DM bis weit über 1.000 DM reicht und warum es Orte in Thüringen gibt, wo für einen Kindertagesstättenplatz 60 DM bezahlt werden, während Eltern mit dem gleichen Einkommen anderswo mit über 300 DM zur Kasse gebeten werden.

(Beifall bei der CDU)

Seit mehreren Jahren gab es in einigen Kommunen keine Gebührenanpassung, obwohl die Betriebskosten in den Kindertagesstätten deutlich gestiegen sind. Auch dafür tragen Sie, werte Kollegen von der SPD, häufig Mitverantwortung. Selbstverständlich gehören zu den Kosten eines Kindertagesstättenplatzes auch die Personalkosten, erst recht, wenn sie zur Hälfte vom Land bezahlt werden. Daran wird sich im Übrigen auch in Zukunft nichts ändern.

(Beifall bei der CDU)

Die Eltern sollen nunmehr an den Gesamtkosten angemessen beteiligt werden - nicht mehr, aber auch nicht weniger. Nun ist eine Positionierung der Verantwortlichen in den Kommunen vor Ort gefordert. Ich bin überzeugt davon, dass man bei den notwendigen Anpassungen sehr verantwortungsbewusst entscheiden wird. Gerade die sozialverträgliche Staffelung der Gebühren ist hierfür ein Mittel, welches sich auch der Landesgesetzgeber wünscht. Die Kindertagesstätten werden in Thüringen bezahlbar bleiben und auch an der Qualität der Kinderbetreuung wird es keine Abstriche geben. Wer wider besseres Wissen etwas anderes behauptet, treibt ein böses Spiel mit den Sorgen der Eltern.

Auch wenn schon mehrfach gesagt, möchte ich noch einmal auf die Verdoppelung der Investitionszuschüsse für Kindertagesstätten hinweisen. Der Ansatz von 10,65 Mio. DM in beiden Haushaltsjahren trägt dem hohen Bedarf in diesem Bereich Rechnung. Wir, die CDU-Fraktion, begrüßen diesen Ansatz im Haushaltsplan 2001/2002 ausdrücklich und ich bedaure es, dass dieser Punkt bei den Diskussionen um die Kindertagesstätten in den vergangenen Wochen kaum Erwähnung fand.

In Kapitel 08 22 - Zuweisungen und Zuschüsse für Maßnahmen der Behindertenhilfe - beantragt die CDU-Fraktion 100.000 DM mehr für 2002 und einen Vermerk, der weitere Mehrausgaben ermöglicht. Der Sorge vieler Träger, dass die Kommunen ihrer Verpflichtung bei der Finanzierung von Maßnahmen des betreuten Wohnens, der Behindertenhilfe nicht nachkommen, wird damit Rechnung getragen. Die Förderung in diesem Bereich erfolgt auch weiterhin auf einem unverändert hohen Niveau, wenngleich wir auch in Zukunft die Kommunen zur Finanzierung stärker ins Boot bekommen wollen.

Bei allen Unterschieden, die sich zwischen uns und den Oppositionsparteien bei der Beurteilung des Landeshaushalts zum Einzelplan 08 gezeigt haben, möchte ich nun doch noch zum Schluss auf ein Thema hinweisen, wo über die Fraktionsgrenzen hinweg mit der SPD Einigkeit besteht. In Kapitel 08 35 soll die Förderung des Jugendsports erhöht werden. Der Antrag der CDU-Fraktion sieht mit jeweils 400.000 DM pro Haushalt ja sogar mehr vor, als der SPD-Antrag. Damit dürfte es Ihnen, werte Kollegen von der SPD, leicht fallen, unserem Antrag zuzustimmen. Gleiches sollte auch für den Antrag zu Kapitel 08 35 Titel 684 02 gelten. Um die sportmedizinische Betreuung der Landeskader Thüringer Sportverbände zu sichern, soll die Zuweisung im Haushaltsjahr 2001 um 400.000 DM erhöht werden. Hinweisen möchte ich in diesem Zusammenhang auch auf die Zuschüsse für Maßnahmen bei Sportstätten und Badeanstalten in Kapitel 08 35 Titel 893 71. Fast verdoppelt werden die Zuschüsse in diesem Bereich in den nächsten Jahren.

Zur Sanierung und Instandsetzung von Sportstätten sind immer noch enorme Finanzmittel notwendig. Der Be

darf übersteigt auch hier die zur Verfügung stehenden Mittel. Aber bei allen Sparbemühungen macht auch der Haushalt 2001/2002 wieder deutlich, dass Thüringen ein Sportland ist und auch in Zukunft bleiben wird.

Abschließend bitte ich Sie im Namen meiner Fraktion um Zustimmung zu den Anträgen der CDU und zum Einzelplan des Ministeriums für Soziales, Familie und Gesundheit. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Abgeordneter Dittes, Sie können Ihre Frage stellen.

Herr Panse, haben Sie die Rede als Sozialpolitiker gehalten oder als verantwortlicher Buchhalter der CDU-Fraktion?

(Beifall bei der PDS)

Als Sozial- und Finanzpolitiker, Herr Dittes; in unserer Fraktion gibt es Kollegen, die sich um beide Bereiche kümmern und nicht in Schubladen denken und mit Scheuklappen ihre Arbeit machen.

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste hat sich Frau Abgeordnete Heß, SPD-Fraktion, zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, eigentlich frage ich mich, warum ich mich überhaupt hier vorn hinstelle.

(Beifall und Unruhe bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Bergemann, CDU: Eins, setzen.)

Sie lachen, aber die heutige Presse hat Recht. Der Landtag gönnt sich vor Weihnachten eine aufgeregte Debatte um einen Haushalt, der bereits feststeht.

(Zwischenruf Köckert, Innenminister: Ja, was denken Sie denn, wenn er nicht feststünde...)

Was erleben wir? Es werden Fensterreden gehalten und die eigentliche Debatte ist tot. Da es mir aber nicht möglich ist, meine Äußerungen schriftlich zu Protokoll geben zu dürfen, gestatten Sie mir trotzdem drei Punkte zum 08er Haushalt.

Die CDU-Landesregierung hat mit ihrer Vorlage zur Pauschalförderung von Krankenhäusern in Thüringen ihre wirtschaftliche Kurzsichtigkeit wieder einmal unter Beweis gestellt. Nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz sind die Länder entsprechend § 9 Abs. 3 verpflichtet, die Wiederbeschaffung bzw. kleine bauliche Maßnahmen mit festen jährlichen Pauschalbeträgen zu fördern. Die Krankenhäuser dürfen entsprechend der Zweckbindung mit diesen Mitteln frei wirtschaften. Mir scheint, die Landesregierung hat nur bis zum vorletzten Satz des § 9 Abs. 3 gelesen. Im letzten heißt es nämlich in Bezug auf die Pauschalbeträge wörtlich: "Sie sind in regelmäßigen Abständen an die Kostenentwicklung anzupassen." Was aber liegt uns mit dem Haushaltsentwurf vor? Es wird diese Pauschalförderung, die in den letzten Jahren wirklich nicht auf einem extrem hohen Niveau stand, noch weiter von 44,5 auf 40 Mio. DM gesenkt. Wenn der zuständige Minister in der Beratung des Haushalts- und Finanzausschusses selbst zugibt, dass hier die Grenze erreicht ist, kann man davon ausgehen, dass eigentlich die Schmerzgrenze schon längst überschritten ist.

Die von der Krankenhausgesellschaft eingereichte Petition bestätigt diesen Sachverhalt nur noch. Nehmen wir die Fallzahlen von 1999 als Basis, so ist jetzt schon klar, dass die hier eingestellten Mittel nicht ausreichen werden, es sei denn, die Summen entsprechend der 5. Thüringer Verordnung über die Pauschalförderung nach dem Krankenhausgesetz von 87 DM bzw. von 261 DM für psychiatrische oder geriatrische Behandlungsfälle werden noch weiter abgesenkt, was ich nicht hoffe. Im Sommer diesen Jahres habe ich bis auf zwei alle Krankenhäuser in Thüringen besucht und mit den Verantwortlichen Informationsgespräche geführt.

Durch die Krankenhausförderung gemäß Artikel 14 Gesundheitsstrukturgesetz haben die meisten unserer Krankenhäuser einen hohen Ausstattungsstand erreicht. Aber es war einhellige Meinung, es gilt jetzt, diesen hohen Standard zu erhalten und nicht leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Die Wiederbeschaffung kurzlebiger Anlagegüter und kleinere bauliche Maßnahmen fallen jetzt auch bei den sanierten bzw. neu gebauten Krankenhäusern an. Sie brauchen dringend eine hierfür ausreichende Pauschalförderung, so die einhellige Meinung.

Frau Abgeordnete, einen kleinen Moment bitte. Ich möchte Sie bitten, die Gespräche einzustellen und der Rednerin zuzuhören.

Ein weiterer Punkt ist das betreute Wohnen. Vor zwei Jahren war es noch in Thüringen Konsens, dass die Formen des betreuten Wohnens weiter auszubauen sind. Betrachtet man die Entwicklung in diesem Punkt seit Übernahme durch die CDU-Alleinregierung, so ist davon bei

der Landesregierung nichts mehr zu erkennen. Wer jedes Jahr die Zuschüsse für alle Formen des betreuten Wohnens verringert, vergrößert und verlagert dabei die Kosten in den stationären Sektor bzw. auf die kommunale Ebene. Für die Betroffenen, die nur zeitweise eine Betreuung brauchen, ist eine stationäre Unterbringung eher deprimierend als aufbauend und die hierfür höheren finanziellen Mittel werden an der falschen Stelle verbraucht. Die Kommunen sind aufgrund ihrer Verpflichtung zur Daseinsfürsorge zur Schaffung bedarfsgerechter Angebote verantwortlich. Aber es ist schon blanker Zynismus, wenn das Land sich hier mit der Begründung fehlender Finanzen aus der Förderung davonstiehlt und nebenbei die Finanzausstattung der Kommunen verschlechtert. Das ist eine Art moderner Inquisition - Mühlstein um den Hals und sagen, du kannst ja schwimmen.

Abschließend noch ein Satz zum Landesblindengeld: Im Haushalts- und Finanzausschuss sagte auf meine Nachfrage der zuständige Minister, dass die bisher veranschlagte Summe von 56 Mio. DM ohne Gesetzesänderung für die nächsten zwei Jahre ausreichen würden. Nach den uns vorliegenden Zahlen zum Mittelabfluss wäre auch nichts anderes zu behaupten. Da stellt sich natürlich die Frage, warum zuerst dieser total unausgegorene Gesetzentwurf, in der Blinde in erste und zweite Klasse eingeordnet werden und dann die notdürftige Korrektur, die uns durch die CDU-Fraktion vorgelegt wird. Eine Zustimmung des Landesblinden- und Sehbehindertenverbandes hat es wohl nicht gegeben. Es sei denn, man meint, dass die Zustimmung von einigen Verbandsfunktionären ohne Votum des Landesverbandes ausreichend ist. Die Proteste der Verbandsmitglieder aus den Landkreisen sprechen ihre eigene Sprache. Die Betroffenen sind ja gern solidarisch, aber wenn hier schon gekürzt wird, dann doch wenigstens zugunsten einer anderen Behindertengruppe, den Gehörlosen z.B., die einen Nachteilsausgleich benötigen. Zum Abschluss möchte ich aus der Rede vom 3. Juli 1999 des damaligen CDU-Landesvorsitzenden zitieren: "Wir brauchen FrankMichael Pietzsch, unser wandelndes soziales Gewissen." Ein Blick in diesen Haushalt zeigt, es kann sich nur um einen Nachtwandler handeln. Gute Nacht, Thüringen!

(Beifall bei der PDS, SPD)

Als nächste Rednerin hat sich Frau Abgeordnete Arenhövel, CDU-Fraktion, zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Doppelhaushalt 2001/2002 war, wie Sie unschwer aus der Debatte auch erkennen können, keineswegs eine leichte Aufgabe für die Sozial-, Jugend- und Gesundheitspolitik. Dennoch war auch für uns innerhalb der CDU-Fraktion klar, dass das Motto "Sparen und Gestalten" auch im Sozialbereich greifen muss. Ein Motto übrigens, zu

dem es wohl kaum eine Alternative gibt und zu dem wir vor allem unseren Kindern und Jugendlichen verpflichtet sind, denn wachsender Staatsverschuldung gilt es Einhalt zu gebieten, damit auch die junge Generation in der Lage ist, Landespolitik mit ihren vielfältigen Aufgaben zu gestalten. Und ich möchte hier einmal hervorheben, dass die jungen Abgeordneten unserer Fraktion sehr viel Wert darauf gelegt haben, dass wir Einsparungen vollziehen, auch wenn sie uns manchmal geschmerzt haben.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben diese Gruppe der Abgeordneten unterstützt und haben ihnen dabei geholfen und nicht das Gegenteil getan, weil wir eben als regierungstragende Fraktion natürlich auch in der Pflicht sind, die Dinge bezahlbar zu halten. Die CDU-Fraktion sieht es deshalb als unbedingt notwendig an, die Aufgaben, deren Umsetzung und Bezahlbarkeit permanent im Auge zu haben und, wenn nötig, neuen Erfordernissen anzupassen.

Ich möchte hier ein Wort verlieren zu dem Landesprogramm gegen rechte Gewalt, wie es immer von der Opposition gefordert wird, meine Damen und Herren. In zahlreichen Gesprächen mit Fachleuten aus dem Sozialbereich, gerade auch aus der Beratungstätigkeit, wird den Abgeordneten immer wieder klar vor Augen geführt, dass ein solches Programm nicht notwendig ist und als populistische Forderung betrachtet wird. Die Abgeordneten von SPD und PDS nicken das dann nicht nur ab in solchen Runden, sondern sie unterstreichen diese Meinung auch noch.

(Beifall bei der CDU)

Und dann begeben sie sich in den Landtag und fordern aber natürlich ein solches Programm, und zwar mit Vehemenz. Meine Damen und Herren, sind Sie denn nur in der Politik, um anderen Leuten nach dem Mund zu reden, und gelten für Sie denn überhaupt noch Grundsätze oder hängen Sie Ihre Fahne eigentlich nur noch in den Wind?

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Nothnagel, PDS: Wie sieht denn das mit Ihnen aus?)