Protokoll der Sitzung vom 19.12.2000

1. Gegen die überproportionale Inhaftungnahme der Kommunen beim Konsolidierungsprozess des Landes haben zahlreiche Gemeinden und Städte des Freistaats Thüringen in entsprechenden Entschließungen der Gemeindeund der Stadträte entschiedenen Protest erhoben, auch wenn Sie das nicht mehr hören können oder wollen. Es wäre eine lange Liste, die einzelnen Gemeinden und Städte hier vorzutragen. Die Bürgermeisterin der Gemeinde Schleusegrund, Frau Ilse Börner, schreibt dazu - Frau Präsidentin, ich darf zitieren: "Während sich das Volumen des Landeshaushalts von 19,162 Mrd. DM im Jahr 2000 auf 18,970 Mrd. DM im Jahr 2001 und damit lediglich um 1 Prozent reduziert, verringert sich der Kommunale Finanzausgleich von 3,844 Mrd. DM im Jahr 2000 auf 3,711 Mrd. DM im Jahr 2001 und damit um 3,5 Prozent. Für die thüringischen Gemeinden und Städte ist diese Ungleichbehandlung weder hinnehmbar, noch sind die Kür

zungen finanziell verkraftbar." In einer Pressemitteilung des Kreisvorstands Eichsfeld des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen zur Konsolidierung des Landeshaushalts auf Kosten der Kommunen heißt es am 8. November 2000 - ich darf zitieren: "Der weitere Anstieg der Abgabenbelastung und die Einschränkung von kommunalen Dienstleistungen als Folge der Einsparungen des Landes bei seinen Kommunen sind der Preis, den die Bürgerinnen und Bürger letztlich zahlen müssen."

Meine verehrten Damen und Herren, das Land setzt mit dem in der vergangenen Woche beschlossenen Vierten Gesetz zur Änderung des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes seine stiefväterliche kommunale Finanzausgleichspolitik fort und hat darüber hinaus gegenüber den Kommunen auch noch den letzten Rest an Glaubwürdigkeit in der Landespolitik verspielt.

(Beifall bei der PDS)

Seit 1995 müssen die Kommunen für die Finanzpolitik des Landes einen überproportionalen Sparbeitrag leisten. Herr Minister Trautvetter, dies ist ja bekanntlich keine Bewertung der PDS-Fraktion, sondern man kann es in den jährlichen Gemeinde-Finanzberichten des Deutschen Städtetags nachlesen, man muss es nur wollen.

(Zwischenruf Trautvetter, Finanzminister: Richtig!)

Ende 1997 hatten die kommunalen Spitzenverbände Thüringens unter großen Zugeständnissen den Neuregelungen beim Kommunalen Finanzausgleich zugestimmt. Sie haben dabei auf die berechtigte Forderung zur Anhebung der Finanzausgleichsmasse verzichtet, und zwar zugunsten der Neubestimmung der Ausgleichsmechanismen. Diese neuen Ausgleichsmechanismen, die die Entwicklung der Finanzausgleichsmasse an die Entwicklung der Landeseinnahmen koppelten, waren für die Kommunen plan- und berechenbar. Die Kommunen sind davon ausgegangen, dass diese Regelungen zumindest mittelfristig Bestand haben werden und nicht willkürlichen Veränderungen unterliegen. Dieses kommunale Vertrauen in Landespolitik hatte gerade einmal zwei Jahre Bestand. Allein aus fiskalischen Gründen haben Sie die damaligen Kompromisslösungen zu den Akten gelegt und eine Neubestimmung vorgenommen eine Neubestimmung, die von den Kommunen einen viel größeren so genannten Sparbeitrag abfordert, als der Finanzminister seinem eigenen Gesamthaushalt zumutet. Eine solche Finanzpolitik gegenüber den Kommunen ist verantwortungslos.

(Zwischenruf Dr. Vogel, Ministerpräsident: Nein, das ist falsch!)

2. Was die Auswirkungen der Sparvorhaben insgesamt im Sozialbereich, im Kinder- und Jugendbereich und in der Bildung gerade auf die Familien in Thüringen anbelangt, möchte ich Folgendes feststellen: Zahlreiche kritische

Äußerungen von Organisationen, Einrichtungen und Verbänden zum Haushaltsentwurf führen die Aussage von Frau Arenhövel hier im Landtag - und ich darf zitieren, Frau Präsidentin: "Der Freistaat Thüringen hat sich immer und, ich betone, auch beispielhaft zu einer aktiven und offensiven Familienpolitik bekannt."

(Beifall Abg. Althaus, CDU)

ad absurdum.

(Zwischenruf Abg. Jaschke, CDU: Da hat sie doch Recht.)

Wir glauben, dass aus der Wortmeldung der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Thüringen, dass aufgrund der erheblichen Mehrbelastungen der Eltern Kinder aus sozial schwachen Familien ausgegrenzt werden, ihnen das Recht auf Bildung und Integration verwehrt wird, die große Sorge über die Auswirkungen dieses Sparkurses der Landesregierung insbesondere gegenüber den Familien zum Ausdruck kommt.

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Ach, das glauben Sie doch selbst nicht.)

Dann fragen Sie doch die Liga. Übrigens bedrückten uns und die zahlreichen Kritiker dieses Konsolidierungskurses nicht nur die zu erwartenden Auswirkungen, sondern auch die Art und Weise, wie Sie über diesen Konsolidierungsanteil entschieden oder entscheiden und ihn vor den Betroffenen begründen. Über Wochen hinweg werden z.B. die vorgesehene Novellierung des Kindertagesstättengesetzes schöngeredet und die Auswirkungen verharmlost. Zu Recht bedankten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Anhörung zum Kita-Gesetz bei den beiden Fraktionen, die diese gemeinsam organisierten, für die Möglichkeit, auf diese Befürchtungen aufmerksam zu machen. Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir diese Einfügung: Die Oganisation dieser gemeinsamen Anhörung hat nichts mit einer Koalition in der Opposition zu tun, sondern hat etwas zu tun mit sozialer Verantwortung, die man in diesem Fall ein Stück weit gemeinsam wahrzunehmen versucht hat.

(Beifall bei der PDS)

Zur Art und Weise der Haushaltsdiskussion nahm aber u.a. auch der Thüringer Beamtenbund wie folgt Stellung: "Transparenz, rechtzeitige umfassende Information aller Betroffenen und deren Interessenvertretung und deren Einbeziehung in Entscheidungsprozesse sind Grundprinzipien einer vertrauensvollen und erfolgreichen Zusammenarbeit. Nicht eines dieser Prinzipien wurde beachtet." Wir mussten nicht lange suchen, das ist wahr, Herr Althaus. Es ist so. Die Stellungnahmen waren erdrückend, ob sie Sie erreicht haben, weiß ich nicht, aber wir haben viele wie diese lesen können.

3. Bekanntlich will die Landesregierung mit diesem Haushalt weitere Standards, die über dem Durchschnitt anderer Bundesländer liegen, auf das Durchschnittsniveau aller Bundesländer zurückführen. Zahlreiche Bespiele finden wir davon im Haushalt, wie z.B. die Veränderung des Kindertagesstättengesetzes. Eine zweifelsfrei gute und die positive Spitze der bundesrepublikanischen Gesetzgebung bestimmende Thüringer Regelung war der Landesregierung doch zu viel. Man hält die Entwicklung auf, man geht zurück, statt einen Schritt vorwärts zwei Schritt zurück. An der Spitze wollte man in diesem Fall offensichtlich nicht stehen; also mit Mittelkürzungen von Landesseite, Verantwortungsund Schwarze-Peter-Delegierungen auf die Kommunen, Eltern zur Kasse bitten, Meinungen und Standpunkte freier Träger und Eltern ignorierend und Schaffung vollendeter Tatsachen wird Abbau von Sozialstandards betrieben.

(Beifall bei der PDS)

Oder nehmen wir z.B., dass Thüringen - nach Ihrer Ansicht isoliert betrachtet - die meisten Mittel für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen zur Strukturanpassung eingestellt hat. Das könnte eventuell nach Meinung der baden-württembergischen oder bayerischen Parteifreunde zu Neiddebatten bei der Beratung zum Länderfinanzausgleich führen. Wegen der Parteifreunde und wegen der zu erwartenden Debatten bei der Neufestsetzung des Länderfinanzausgleichs werden die entsprechenden Mittel zurückgefahren, und das, obwohl in Thüringen neben den statistisch erfassten Arbeitslosen insgesamt für ca. 300.000 bis 400.000 Bürgerinnen und Bürger Arbeitsplätze fehlen. Diese Rechnung hat das Wirtschaftsministerium übrigens 1998 selbst aufgemacht. Deshalb ist, meine Damen und Herren, die diesbezügliche Mittelkürzung unsozial und unausgewogen.

(Beifall bei der PDS)

Ich frage mich aber auch, was mit den Standards in Thüringen geschieht, die unter dem Durchschnitt anderer Bundesländer liegen. Werden diese kurzfristig auf das Durchschnittsniveau angehoben? Tausende abhängig Beschäftigte würden sich freuen und es vielleicht als Weihnachtsgeschenk der Landesregierung verstehen. Bekanntlich sind die Löhne und Gehälter in Thüringen die niedrigsten der Bundesrepublik. Das Landesamt für Statistik schreibt in einer Untersuchung des Zeitraums 1993 bis 1999 in aller Deutlichkeit: "Bemerkenswert ist, dass die Durchschnittslöhne in Thüringen in all diesen Jahren stets unter denen der neuen Länder insgesamt lagen." Natürlich gibt es nach Meinung dieser Landesregierung auch Defizite im Land, die ihrer Priorität gemäß sukzessive abgebaut werden müssen, denn "Gestalten" heißt ja der Slogan. Zu den wichtigsten oberen Prioritäten gehört dabei augenscheinlich, auch endlich den Anschluss an die alten Bundesländer bei der Ausstattung der Arbeitsbedingungen der Ministerien und der Landtagsabgeordneten zu erreichen. Deshalb, meine Damen und Herren, der Neubau des Landtags und die Mittelfreigabe dafür durch die Mehrheit des hohen Hauses so

wie die Entscheidung zum Neubau des Landwirtschaftsministeriums - beides in Summe rund 200 Mio. DM -, dafür aber keine Entscheidung bzw. Zustimmung zur Korrektur des Personalabbaukonzepts der Landesregierung, der Einrichtung einer Sozialpauschale und der Veränderung des Lohnniveaus. All dies gehört scheinbar nicht zu den Bewertungskriterien der Geberländer des Finanzausgleichs.

4. Gestaltung erfolgt zu oft ausschließlich aus dem Druck heraus, die Landesausgaben zu minimieren. Auch in Thüringen - das das einzigste Bundesland ist, in dem ein ÖPNV-Gesetz mit der Festlegung der Höhe des Betriebskostendefizitausgleichs verabschiedet wurde - sollte die Einhaltung dieses Gesetzes von maßgebender Bedeutung sein. Bekanntlich sollten den Aufgabenträgern Betriebskostendefizite nach Durchschnittswerten im Landesmaßstab ausgeglichen werden, und zwar bis zu einer Höhe von 30 Prozent. Jahr für Jahr wurde bei diesen im Haushalt eingestellten Mitteln gekürzt und die 30 Prozent im Landesdurchschnitt sind mit diesem Haushalt längst nicht mehr erreicht und werden nach unserer Auffassung sogar unterschritten.

Ein anderes Beispiel: Auf dem Umweltgipfel in Den Haag wurden bekanntlich keine Ergebnisse erreicht. Wie denn auch, wenn sich alle Länder so verhalten wie Thüringen, das die Zuschüsse z.B. für die Umweltbildung um über 20 Prozent kürzt. Diese Art der Gestaltung durch Sparen läuft in die falsche Richtung. Wer für umweltpolitische Aufgaben in einer Dimension, die mit der Zunahme des Ozonlochs vergleichbar wäre, derartige Kürzungen vornimmt, ist nicht gewillt, einen landeseigenen Anteil an der Bewältigung dieser umweltpolitischen Schwerpunkte zu leisten.

(Beifall bei der PDS)

Diese Art von Gestaltung ist umweltfeindlich. Davon spricht auch die Stellungnahme des Thüringer Verbandes für erneuerbare Energien. Der TVE ist der Auffassung, dass sich eine Reduzierung der Fördermittel für den Bereich der erneuerbaren Energien nachteilig auf die Chancen auswirken wird, die sich gegenwärtig aus der Nutzung der Biomasse und der Entwicklung und Nutzung der Brennstoffzellentechnik für die Thüringer Wirtschaft und vor allem auch für die Land- und Forstwirtschaft ergeben. Damit wird gleichzeitig auch ein Stück Zukunft des Freistaats berührt und

ich komme zur letzten, zur 5. These - die Zukunft Thüringens, meine Damen und Herren, wird mit dem Haushalt unzureichend beachtet. Der massive Stellenabbau bei den Lehrerinnen und Lehrern, den Sie nun vornehmen wollen, konnte von Ihnen bislang an keiner Stelle, weder im Fachausschuss noch hier im Plenum, plausibel begründet werden.

(Beifall bei der PDS)

Es ist mehr als offensichtlich, dass der Finanzminister ohne eine Prüfung von Inhalten und Strukturen den Personalumfang festgelegt hat. Die Klärung einer wirklichen aufgabengerechten Personalausstattung, die vor allem unter Qualitätsaspekten vorgenommen werden muss, fand einfach nicht statt. Im Mittelpunkt stand nicht die Qualitätssicherung des Unterrichts, sondern eine simple Rechenaufgabe. Wenn es nicht um die Kinder und um die Zukunft des Freistaats gehen würde, könnte man die ganze Angelegenheit als einen Schildbürgerstreich abtun. In Zeiten, wo Bildung immer mehr zu einem der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren wird, legen Sie mit Ihrer orthodoxen Kosten-Nutzen-Rechnung, die nichts, aber auch gar nichts über die Qualität von Bildung aussagt, die Basis für ein bildungspolitisches Desaster, das die kommende Generation ausbaden muss. Für die Lehramtsstudenten an Thüringer Hochschulen sind diese Regierungsentscheidungen ein erneutes Signal, sich in anderen Bundesländern eine berufliche Perspektive zu suchen und dort zur Wertschöpfung beizutragen. Auf diese Weise gehen dem Land Steuerzahler verloren, werden Chancen verbaut und dem Land Zukunftsoptionen genommen. Eine solche Politik ist eine Bankrotterklärung. Die Aussagen des Ministerpräsidenten über die Bildung als Zukunftsinvestition erweisen sich wiederum ein Stück als Makulatur.

(Beifall bei der PDS)

Alle Sachverständigen weisen darauf hin, dass Thüringen im Bereich Hochschule und Forschung im internationalen Vergleich zurückbleibt

(Heiterkeit und Unruhe bei der CDU)

und es erfolgt nicht der Schritt in die stets erwähnte Wissensgesellschaft.

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Goebel, CDU: Wer sind denn die Sachverständigen?)

(Zwischenruf Abg. Seela, CDU: Kommen Sie einmal nach Jena.)

(Zwischenruf Abg. Zitzmann, CDU: Frech- heit.)

Im Detail gibt es sogar Haushaltsentscheidungen, die man als grundfalsch bezeichnen könnte. Ich nenne folgende Beispiele: Im Einzelplan 15 24 sind für die Hochschulen 160 zusätzliche zentrale kw-Vermerke bei Personalstellen angebracht, obgleich es sinnvoll wäre, diese Stellen in der Verfügung der Hochschulen angesichts der steigenden Studierendenzahlen zu belassen. Es werden die Zuschüsse für die Studentenwerke trotz enorm wachsender Studierendenzahlen um Millionenbeträge gekürzt. Ohne Begründung und Folgeabschätzung werden die Zuwendungen für Lehre und Forschung am Universitätsklinikum Jena um fast 10 Mio. DM gekürzt. Auch die außeruniversitäre Forschung wird mit Kürzungen bedacht. Was

bringt es für Thüringen, wenn man Institute wie z.B. das Institut für physikalische Hochtechnologie in Jena erst startet und auf Leistungsniveau anhebt, um dann, wenn die Leistung abgeliefert werden könnte, finanziell zu kürzen. Wenn nach der Beschleunigung die Bremse gezogen wird, war die Beschleunigung sinnlos.

Sehr verehrte Damen und Herren, die Reaktion auf diese Art von Gestaltung, wie ich sie aus unserer Sicht kurz umrissen habe, kennzeichnet auch die diesjährige Haushaltsdebatte. Nie war der Einspruch Betroffener, ihr unmittelbarer Protest gegen den Doppelhaushalt bzw. einzelne Teile so groß wie in den letzten Tagen und Wochen; Proteste, Petitionen zu unterschiedlichsten Fragen aus allen Bereichen und aus allen Regionen. Herr Panse ging in seinem Bericht zum Thüringer Haushaltsbegleitgesetz bereits darauf ein. Dabei ist noch ein Aspekt zu beachten, meine Damen und Herren: Alle Betroffenen seien selbstverständlich angemessen beteiligt worden, hieß es von Seiten der CDU und der Landesregierung. Die Realität sieht leider, wie so oft, ganz anders aus. Beachtlich ist, dass die durch die Mehrheitsfraktion verweigerte Sachdiskussion zu den mit dem Haushaltsentwurf und dem Haushaltsbegleitgesetz betroffenen Fragen in den Fachschüssen des Thüringer Landtags gewissermaßen als öffentliche Anhörung in Einrichtungen, Sälen, Vereinszimmern sowie auf Straßen und Plätzen im Land stattfand. Beeindruckend war insbesondere die Demonstration am 16. November vor dem Thüringer Landtag selbst.

(Beifall bei der PDS)

Was ist nun das Ergebnis der Haushaltsdiskussion, das sich in den Positionen der PDS niederschlägt? Wir wollten und wollen mit kleinen Änderungen eigentlich Großes bewirken, wohl wissend, dass die hier vorgeschlagenen Änderungen oft hinter unseren eigentlichen Forderungen zurückbleiben, wohl wissend, dass nicht alle Bereiche aufgeführt sind, die einer Änderung bedürften, aber auch wohl wissend, dass die Mehrheitsfraktion Anträgen der PDS nicht gerade wohlwollend gegenübersteht. Und auch und gerade deshalb haben wir die Änderungsvorschläge erarbeitet, die wir in der bisherigen Beratung wie auch in der heutigen Sitzung erneut eingebracht haben. Meine Kolleginnen und Kollegen werden diese in den Einzelplanberatungen noch einmal erläutern und begründen. Insgesamt gehen unsere Vorschläge davon aus: Wir wollen ebenfalls keine höhere Nettoneuverschuldung. Eine solide und handwerklich saubere Deckung wird bei unseren Vorschlägen durch einen Konsolidierungsfonds gewährleistet. Scherzhaft nannten wir diesen innerhalb der Fraktion "Ententeich", um an eine Bemerkung des Vorsitzenden der CDU-Fraktion anzuknüpfen, der hier im Plenum meinte, der PDS-Fraktion würde beim Sparen nichts weiter einfallen als die Streichung des Ententeiches vor dem neuen Parlamentsgebäude.

Ich glaube, uns ist einiges mehr eingefallen. Dieser Fonds wurde im Wesentlichen mit Korrekturen von über 900 feh

lerhaft veranschlagten Haushaltstiteln, der Streckung von Investitionstätigkeiten sowie sächlichen Verwaltungsausgaben gefüllt. Auf diese Weise ermittelten wir ein Potenzial aus Sparbüchsen in Höhe von 86 Mio. DM für das Jahr 2001 und 78 Mio. DM im Jahre 2002. Bis auf einen Antrag lehnten bekanntlich die CDU-Mitglieder im Haushalts- und Finanzausschuss alles ab; den einen übrigens nur nicht, weil ihr eigener Antrag handwerklich unsauber war und mit der Zustimmung zu unserem Antrag der Fehler der CDU-Fraktion behoben werden konnte. Nun gut, sie haben es nicht anders verstanden oder sie wollten es nicht anders verstehen, dass unsere Anträge auch ohne eine Erhöhung der Schulden machbar und vor allem auch ein Stück weit besser, sozialer und gerechter wären als ihre Ansätze.

Meine Damen und Herren der Christlich-Demokratischen Union Deutschlands in der Mitte dieses Hauses, Sie spüren doch vielleicht auch etwas: dass Sie vielen unserer Anträge inhaltlich eigentlich zustimmen wollten, Sie haben nur Probleme, einem PDS-Antrag zuzustimmen. Diese ideologische Scheuklappe kann ich Ihnen aber nehmen. Ich schlage Ihnen vor, genauso zu verfahren wie beim Helaba-Antrag am Donnerstag vergangener Woche oder unserem Antrag zu den Psychotherapeuten vor einigen Monaten. Sie wissen schon, das hatte was mit Abschreiben zu tun oder - vornehm ausgedrückt - mit Nachempfinden. Unsere Vorschläge sind jedenfalls klein genug, um auch ohne Herrschaftswissen Deckung aufzuzeigen. Die in den Deckungsvorschlägen gesammelten Gelder sind wahrscheinlich nur ein kleiner Teil der im Haushalt nicht ganz richtig veranschlagten Mittel, aber die sind es mit Sicherheit - und nur die wollen wir als Opposition auch anders verteilen. Unsere Vorschläge sind groß genug, um Wirkungen zu zeigen. Ich darf sie in sieben Punkten zusammenfassen.

Erstens: Für eine aktive Arbeitsmarktpolitik stünden 42 Mio. DM mehr zur Verfügung als durch diese Regierung vorgesehen. 48 Mio. DM aus ESF-Mitteln könnten zur Finanzierung von 800 Feststellen im sozialen Bereich eingesetzt werden.

Zweitens: Es würde nicht gespart an den Ausgaben für Blinde, Suchtkranke, psychisch und seelisch Behinderte, Kinder und ältere Bürger.

Drittens: Die Städte, Gemeinden und Landkreise bekämen wesentlich mehr als geplant und ohne es ihnen an anderer Stelle wieder wegzunehmen.

Viertens: Es würde ein Kommunalabgabenentlastungsfonds zur Entlastung der Bürger gebildet.

Fünftens: Die regenerativen Energien würden besser gefördert; im Rahmen der Dorferneuerung würden die Umstellungen auf zentrale Wärmeenergieversorgung auf Biomassebasis und die Förderung des Dorfkonsums möglich. Auch die Umweltverbände bekämen etwas mehr Geld.