Protokoll der Sitzung vom 19.12.2000

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Arbeits- gericht!)

und der eine oder andere sich nur noch auf dieses Thema bezogen hat. Ein Gericht hat seine Existenzberechtigung vor allen durch die Verfahren, die an ihm durchgeführt werden. Wir tragen als Landesgesetzgeber Verantwortung für die Gerichtsversorgung in ganz Thüringen und nicht nur für den Standort Gotha. Ich räume ein, dass die Entscheidung über den Standort Gotha durchaus im Zusammenhang zu sehen ist. Aber unbestritten ist, dass die Anzahl der Verfahren um ca. 30 Prozent zurückgegangen ist. Jeder kann das auch in seinem eigenen Kopf recht schnell nachvollziehen. Wer sich die Nachwendejahre noch einmal in Erinnerung ruft und die große Zahl an Kündigungen und die große Zahl an Arbeitsrechtsverfahren, die sich daran in den meisten Fällen angeschlossen haben, der wird von vornherein erkennen, dass die Zahl der Verfahren heute durchaus geringer ist. An den Standorten, die wir in Thürin

gen haben, ist durchaus die Entscheidung zu treffen, dass eines, eigentlich theoretisch nach der Fallzahl sogar zwei, der Gerichte zu schließen wäre. Aber man muss dann bei der Schließung auch beachten, was vorhin mehrfach angesprochen wurde, wie organisiere ich den Gerichtsbezirk und die notwendige Fahrstrecke derjenigen, die ins Gericht fahren müssen. Da ist es sicherlich durchaus zu überlegen, wenn man kurz neben dem Standort Eisenach, der mit Sicherheit erhalten werden soll, dann gleich an der Autobahn den Standort Gotha hat, ob man diesen erhalten will. Im Süden brauchen wir einen weiteren Standort, der wird dann für die Zukunft Meiningen sein. Wir brauchen noch über Thüringen weiter hinaus verteilt die Standorte. Der zentrale Standort wird sicherlich auch in Zukunft Erfurt sein, so dass Gotha von der geographischen Lage her die vernünftigste Entscheidung ist. Ich darf daran erinnern, dass auch innerhalb der SPD diese Entscheidung schon im Jahre 1996 gereift war, man aber aufgrund der geschichtlichen Bedeutung - ich formuliere vorsichtig -, die Gotha für die SPD hat, darauf verzichtet hat, sich auf diesen Standort zu konzentrieren, und man versucht hat andere Lösungen umzusetzen.

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Das Erste stimmt, das Zweite aber nicht mehr. Das Wirken von Karl Marx hat nichts mit dem Arbeitsgericht zu tun.)

Unabhängig davon kommen wir an einer Entscheidung heute nicht mehr vorbei.

Gestatten Sie mir noch eine Bemerkung zur Landesanwaltschaft, weil es der Kollege Höhn vorhin angesprochen hat. Im Gegensatz zu Ihnen bedauere ich die Schließung der Landesanwaltschaft oder die Einstellung der Arbeit der Landesanwaltschaft. Mir wäre es lieber, wir hätten dieses Dienstleistungszentrum für die Kommunen auch weiterhin. Aber ich sehe auch den Vergleich, dass wir dann im Prinzip, wenn man von Bayern absieht, die Einzigsten wären, von den neuen Ländern sowieso, die so etwas vorhalten, und da ist sicher jetzt das Argument, was Sie auch vorhin zwar in anderer Absicht gebraucht haben, aber wir sollten uns wirklich als neue Länder überlegen, ob wir uns Dinge leisten können, die uns andere bezahlen, die sie vielleicht gern auch hätten, aber sich nicht leisten können und warum wir uns dann an irgendeiner Stelle so was leisten sollen. Aus diesem Grunde akzeptiere ich die Entscheidung, auf andere Art und Weise die Probleme zu lösen und die Arbeit der Landesanwaltschaft einzustellen. Ich komme zum Schluss.

Herr Abgeordneter Wolf, Sie sehen den Abgeordneten Dewes stehen. Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja.

Herr Abgeordneter Wolf, ich bin jetzt etwas noch voraus zum Thema Arbeitsgerichtsbarkeit. Wäre es denn nicht sinnvoll, wenn man entschlossen ist, das Arbeitsgericht in Gotha aufzugeben, den weißen Fleck, den wir in Thüringen haben, wo sehr viele Menschen leben, nämlich den Bereich Saalfeld/Rudolstadt dann mit einem Arbeitsgericht auszustatten? Das würde dann zu einer gleichmäßigen Versorgung im Lande führen.

Kollege Dewes, das wäre jetzt ja der Antrag, das Arbeitsgericht Gotha nach Rudolstadt zu verlagern, und wir haben eigentlich übereinstimmend alle Redner - nur die Konsequenz, die wir daraus ziehen, ist eine andere - vorhin festgestellt, dass die Zahl der Fälle, die bei den Arbeitsgerichten eingeht, deutlich zurückgeht. Es gibt an sich keinen Anlass, ein neues Arbeitsgericht zu schaffen bzw. ein bestehendes zu verlagern. Ich akzeptiere Ihr Argument durchaus, dass man sich noch mal in Ruhe hinsetzt, unabhängig vom Haushalt oder vom Haushaltsbegleitgesetz, und den Zuschnitt der dann weiterhin bestehenden Arbeitsgerichte überdenkt, weil durchaus die eine oder andere Fahrtroute zu überdenken wäre, vor allen Dingen dann, wenn die neuen Verkehrswege in Thüringen fertig sind, denn dann ergeben sich wieder ganz andere Verkehrsströme. Da wird der eine oder andere viel lieber nach Suhl fahren, der heute noch woanders hinfährt, während andere sich ein neues Ziel suchen werden. Das sollten wir dann in Ruhe noch einmal im Justizausschuss besprechen, wie man das zuschneidet.

Als letzte Bemerkung von mir noch: Wir haben nicht im Haushaltsplan 05 stehen, sondern in einem anderen - dort in der Anlage 3 zum Kapitel 15 06 bzw. in der Anlage 4 zum Kapitel 15 06 - die gerichtsmedizinischen Institute sowohl in Erfurt als auch in Suhl. Sie gehören eigentlich haushaltsrechtlich zum Haushalt der Universität Jena, wobei sie aber in extra Anlagen zum Haushalt aufgeführt sind. Ich kann hier noch mal ankündigen, dass alle Justizpolitiker des Landtags, speziell die Justizpolitiker der CDU-Fraktion, aber sicherlich auch die Innenpolitiker und die Sozialpolitiker ein sehr wachsames Auge darauf legen werden, dass die Kürzungen, die im Haushalt der Uni Jena vorgenommen werden, nicht dazu führen, dass am Haushaltsrecht vorbei nicht die Anlagen, die in den entsprechenden Kapiteln vorhanden sind, zu den gerichsmedizinischen Instituten umgesetzt werden, sondern dass der eine oder andere auch mit dem Gedanken spielt, entweder Erfurt oder Suhl oder vielleicht sogar beide zu schließen. Wir werden jedenfalls ein sehr wachsames Auge darauf haben, dass auch die forensische Medizin in Zukunft in Thüringen an drei Standorten erhalten bleibt. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Es hat das Wort der Justizminister Dr. Birkmann.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Herr Abgeordneter Hahnemann, ich könnte die ganze Redezeit jetzt verwenden, um mich mit den beiden Punkten auseinander zu setzen, die Sie angesprochen haben. Dafür ist mir die Zeit zu schade. Ich denke, gerade auch unsere jugendlichen Zuhörer auf der Bank oben haben verdient etwas mehr von der Justiz zu erfahren. Es ist meines Erachtens aber gar nicht notwendig, denn Sie haben ja alles das gesagt, was vernünftigerweise dazu führen muss, dass das Arbeitsgericht Gotha aufgelöst werden soll und das Präsidialgericht in ein Direktorengericht umgewandelt werden soll; und der Abgeordnete Wolf hat dies noch sehr anschaulich verdeutlicht.

Herr Abgeordneter Dr. Pidde, ich finde das schon sehr beachtlich und sehr positiv, dass Sie gesagt haben, der Justizhaushalt ist okay, ist vernünftig. Das ist ein gutes Lob. Danke schön. Ich hätte es nicht erwartet von Seiten der SPD, so positiv über die Justiz zu sprechen. Aber gut Ding, was sich wandelt.

(Zwischenruf Abg. Dr. Pidde, SPD: Was gut ist, muss man loben.)

Ich komme zu einem Punkt noch, Herr Abgeordneter Dr. Pidde, das ist diese Frage des Arbeitsgerichts Gotha an der entsprechenden Stelle. Ich denke, der Justizhaushalt ist geprägt durch den Satz: Bewährtes wird fortgeführt. Gleichzeitig werden neue Schwerpunkte gesetzt und das Ganze unter der obersten Maxime "Justizpolitik im Dienste des Bürgers". Insofern, Herr Dr. Hahnemann, haben Sie mich richtig zitiert aus dem Gespräch gestern bei der Südthüringer Zeitung. Wir haben faire Haushaltsverhandlungen mit dem Finanzministerium gehabt und das Ergebnis ist ein breiter Konsens innerhalb der Landesregierung darüber, dass die Stärkung des Rechtsstaats eine der wichtigen Säulen der Thüringer Landespolitik ist. Unser demokratisch verfasstes Gemeinwesen gründet auf dem Fundament von Recht und Freiheit und die Thüringer Bürgerinnen und Bürger erwarten, dass wir die der Justiz zur Verfügung stehenden Mittel entsprechend einsetzen und die Instrumentarien nutzen und Rechtsverstöße ohne zeitliche Verzögerung ahnden. Hier ist die Justiz gefordert. Sie wird erneut ihre Verlässlichkeit unter Beweis setzen und dafür ist der vorliegende Haushaltsentwurf ein Beweis und er weist dies in zwei besonderen Schwerpunkten aus: Erstens bei der Stärkung des Rechtsstaats und des Rechtsbewusstseins und bei der weiteren Stärkung der Leistungsfähigkeit der Justiz. Man sagt ja immer, Haushalt ist in Zahlen gegossene Politik. Ich brauche die Zahlen nicht zu wiederholen, sie sind stichwortartig von Herrn Abgeordneten Wolf genannt worden und, ich denke, der Justizhaushalt weist dies nach, dass das, was die Justiz leisten kann und muss, dort auch ent

sprechend haushaltsmäßig unterlegt ist.

Im ersten Jahr des Doppelhaushaltes werden wir einen etwas höheren investiven Anteil haben. Das ist darauf zurückzuführen, dass wir das elektronische Grundbuch hier in Thüringen einführen und dass wir die Informationstechnik weiter ausbauen. Der Bauhaushalt - das ist auch bereits erwähnt worden - hat einen stattlichen Umfang. Wir werden die Mittel weiter ausdehnen für den weiteren Ausbau der Vollzugsanstalt in Tonna und den Bau und die Erschließungsarbeiten für die Justizzentren in Erfurt, Mühlhausen und Jena. Es wurde bereits gesagt, dass wir in diesen Tagen das Justizzentrum in Meiningen beziehen können und dass weitere Gerichtsbauten in Gotha, Pößneck, Nordhausen, Altenburg und Sonneberg, Arnstadt, Gera, Bad Salzungen, um nur die größeren Vorhaben zu nennen, in Arbeit sind. Wenn Sparen angesagt ist und die Thüringer Landesregierung dies tut unter dem Aspekt "Sparen und Gestalten" - wie bereits heute wiederholt ausgeführt worden ist -, dann muss man für die Justiz, wenn es um Einsparungen geht, vor die Klammer ziehen, was die Abwehr von Begehrlichkeiten Dritter betrifft. Ich denke dabei insbesondere an die geplante Reform der Zivilprozessordnung, die auch hier in Thüringen auf starken Widerstand gestoßen ist. Herr Abgeordneter Höhn, ich habe heute Morgen nicht verstanden, wie Sie diese ZPO-Reform und den Widerstand dazu in Zusammenhang bringen konnten mit der Notwendigkeit, das Arbeitsgericht Gotha aufzulösen. Die ablehnende Haltung gegenüber der ZPO-Reform, die gründet sich insbesondere darauf, dass, wenn sie zur Anwendung kommt, sie nicht bürgernäher, effizienter und durchschaubarer wird, sondern das Gegenteil wird der Fall sein und insbesondere werden zusätzliche Kosten dadurch entstehen, dass eine Konzentration der Berufung auf das Oberlandesgericht vorgesehen ist. Aber insbesondere droht die Gefahr, dass wir Amtsgerichte verlieren werden und dass die Eingangsgerichte zusammengefasst werden und dann Amtsgerichte in größerem Umfang in Abgang gestellt werden müssen, und das will ich nicht. Dagegen wehre ich mich mit allen möglichen Mitteln.

(Beifall Abg. Vopel, CDU)

Inzwischen gibt es Zeichen dafür, dass die Frau Bundesjustizministerin gesehen hat, dass sie ihre großen Pläne jedenfalls nicht in diesem Umfang wird realisieren können. Ich habe die Hoffnung, dass wir noch Einfluss nehmen können, dort zu Änderungen zu kommen.

Nun haben heute hier im Vortrag der Oppositionsparteien die Maßnahmen des Haushaltsbegleitgesetzes gestanden und insbesondere hier die Umwandlung des Präsidialgerichts, Amtsgericht Erfurt, in ein Direktorengericht und die Schließung des Gerichts in Gotha und der Außenkammer in Mühlhausen. Lassen Sie mich dazu vielleicht zwei Dinge sagen. Zu der Umwandlung des Präsidialgerichts möchte ich darauf hinweisen, dass der Durchschnitt der Gerichtsstandorte in den deutschen Ländern, die über Präsidialgerichte verfügen, eine Durchschnittsrichterplanzahl von 79

zugewiesenen Richterplanstellen ausweist, während wir hier in Thüringen 33 Richterplanstellen haben. Ich will jetzt nicht die Berechnung anstellen, selbstverständlich sind damit Einspareffekte verbunden, sonst hätten wir es nicht getan.

Zum Arbeitsgericht Gotha: Herr Abgeordneter Dr. Pidde, ich bin auch wie Herr Abgeordneter Wolf schon verwundert, dass Sie sich so vehement dagegen wehren. Dass Sie das in Person tun, kann ich sehr wohl verstehen, Sie haben es auch gesagt, es ist Ihr Wahlkreis, da tut man etwas dafür. Aber von der Sache her verstehe ich es deshalb nicht, weil in der Tat 1996/1997 von meinem Vorgänger vehement schon die Auflösung des Arbeitsgerichts Gotha betrieben worden ist. Wenn Sie möchten kann ich Ihnen gern aus den Schreiben zitieren, das ist dann anschließend aus übergeordneten politischen Gesichtspunkten nicht weiterverfolgt worden. Ich finde, wenn damals schon als ein Grund angeführt worden ist ein Rückgang der Verfahren, damals 1996/97, um es aufzulösen, dann doch erst recht, wenn inzwischen ein weiterer Rückgang an Eingängen um 30 Prozent festzustellen ist. Ich finde, man sollte fair sein, man sollte die Argumente auch dann akzeptieren und wir bemühen uns in der Tat, eine Gerichtslandschaft hier in Thüringen zu haben, die in etwa gleichmäßig verteilt ist.

Herr Abgeordneter Dr. Dewes, wenn Sie einmal auf die Karte schauen, natürlich passt das nicht so genau für Saalfeld-Rudolstadt, okay, aber wir bemühen uns eine Ausgewogenheit zur Verfügung zu stellen. Ich möchte Sie bitten, immer in Ihre Betrachtungen einzubeziehen, dieses schöne kleine Land Thüringen mit etwas über 2 Mio. Einwohnern verfügt über dann noch sechs Arbeitsgerichte, während das größere Land Sachsen insgesamt nur sieben hat. Ich denke, das muss man auch berücksichtigen. Sie können daraus erkennen, dass die Dichte, über die wir verfügen, gar nicht so aufgelockert ist. Stolz darauf bin ich, dass wir in Thüringen dabei sind, das elektronische Grundbuch einzuführen. Ich denke, das ist ein wichtiger Beitrag für eine moderne, effiziente und bürgernahe Justiz.

(Beifall Abg. Kölbel, CDU)

Mit dieser Einführung werden wir in den nächsten beiden Jahren einen wichtigen Beitrag sowohl für die Effektivitätssteigerung, aber auch insgesamt für den Wirtschaftsstandort Thüringen leisten.

Ich möchte natürlich darauf hinweisen, dass der Justizhaushalt von seinem ganzen Volumen her kein Haushalt ist, der Spektakuläres aufzuweisen hat. Aber ich meine schon, dass wir mit diesem Haushalt Prioritäten setzen können, in denen Justizpolitik sichtbar wird, und dieses auch mit Blick darauf, dass wir dies im Lande Thüringen tun, aber auch mit Auswirkung auf die Bundespolitik. Stichwort ist hier unter anderem das beschleunigte Verfahren. Wir bemühen uns sehr darum, Strafverfahren zügig zu realisieren. Wenn Sie die schnelle Aufklärung und Aburteilung gerade der Straftaten aus der Gewaltszene - ich erinnere an den Anschlag auf

die jüdische Synagoge in Erfurt und die Anschläge und Gewalttaten in Eisenach, Gera und Jena, um nur diese Orte zu nennen -, dann belegen diese Zeiten, die dort aufgewendet worden sind, den schnellen Einsatz von Personal und Sachmitteln; sie belegen aber auch die Entschiedenheit des Handelns. Deswegen hat Thüringen auch im Bundesrat, wie bereits erwähnt, die Gesetzesinitiative ergriffen, das beschleunigte Verfahren auch auf Jugendliche anzuwenden. Ein weiteres Beispiel für unser Bemühen, die Dinge nach vorn zu entwickeln, ist das erfolgreich angelaufene Modellprojekt einer Jugendstation in Gera, deren Kosten gemeinsam vom Justiz-, dem Innenministerium und der Stadt Gera getragen werden. Den richtigen Weg haben wir auch zusammen mit dem Kultusministerium mit dem rechtskundlichen Unterricht an den Thüringer Schulen eingeschlagen. Erste Erfahrungen zeigen, dass dieses neue Angebot von den Regelschulen und Gymnasien gut angenommen wird. Wir werden diesen Unterricht intensivieren und haben dafür im neuen Haushaltsentwurf die erforderlichen Mittel vorgesehen, die auf Antrag der CDU-Fraktion um 100.000 DM pro Jahr erhöht werden sollen. Vorgesehen ist zugleich eine Erweiterung der Zweckbestimmung, um hier auch die gewaltpräventive Arbeit forcieren zu können. Wir sehen darin einen wichtigen Beitrag der Justiz zur Bekämpfung des Extremismus. Fortsetzen werden wir die Arbeit des "Rollenden Amtsgerichts" mit der Absicht, die Transparenz und Bürgernähe der Justiz weiter zu fördern. Der wiederholte Erfolg dieser Aktion hat gezeigt, dass es nach wie vor einen erheblichen Gesprächs- und Informationsbedarf unter den Bürgern gibt und den wollen wir auch in Zukunft versuchen abzudecken und deshalb wird zurzeit geprüft, ob es möglich ist, dieses Dienstleistungsangebot noch zu erweitern.

Nicht zuletzt an einer funktionierenden Justiz werden wir von den Bürgern und Wählern gemessen. Haushaltszahlen, so abstrakt sie auch sein mögen, sind und bleiben ein Spiegelbild für politisches Handeln. Insofern wird Ihr Votum, meine Damen und Herren Abgeordnete, zu diesem Haushalt vor allem ein Bekenntnis zum weiteren Ausbau des Rechtsstaats, aber auch ein Beleg für das Vertrauen in die Arbeit der Thüringer Justiz sein. Dafür darf ich Ihnen, den Mitgliedern des Thüringer Landtags, meinen Dank aussprechen und Sie um Zustimmung zum Einzelplan 05 bitten. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wir kommen damit zum Einzelplan 06 - Finanzministerium - gemeinsam mit Einzelplan 17 - Allgemeine Finanzverwaltung - und Einzelplan 18 - Staatliche Hochbaumaßnahmen.

Das Wort hat der Abgeordnete Gerstenberger, PDSFraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, normalerweise hätte an der Stelle Frau Neudert gestanden. Wir wünschen ihr zumindest aus unserer Fraktion, aber ich nehme an aus dem ganzen Haus, gute Besserung.

(Beifall im Hause)

(Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU: Was hat sie denn?)

Sie hatte einen Verkehrsunfall.

Meine Damen und Herren, wegen der veränderten Steuergesetzgebung haben wir zumindest im Jahr 2001 geringere Steuereinnahmen im Land. Das sind Tatsachen. Die regionalisierte Steuerschätzung wird von den Länderfinanzministern nach unten korrigiert, um Spielraum für alle Eventualitäten zu haben. Das ist nachvollziehbar. Nicht nachvollziehbar ist jedoch, warum der Thüringer Finanzminister die Zahlen aus Baden-Württemberg so stark nach unten korrigiert hat und welchen Zweck er mit dieser Korrektur nach unten verfolgt. Wie ein Halbgott legt er fest, was der Freistaat Thüringen an Steuereinnahmen zu erwarten hat und alle haben diese Zahlen als gesetzt anzusehen. Die Ergebnisse des Arbeitskreises Steuerschätzung lassen zwar geringere Einnahmen als im Jahr 2000 erwarten, aber so viel weniger nun wahrlich nicht, Herr Minister. Warum, Herr Finanzminister, dieses Negativdenken, dieses Schwarzsehen, dieser Zweckpessimismus? Meine Damen und Herren, die Einnahmen Thüringens inklusive Länderfinanzausgleich und Bundesergänzungszuweisung werden im Jahr 2001 mindestens 100 Mio. DM höher sein als in diesem Haushaltsentwurf weisgesagt wurde. Wir müssen jetzt nicht orakeln, meine Damen und Herren, aber wir werden nächstes Jahr auf jeden Fall darauf zurückkommen, da können Sie sicher sein. Und das ist noch nicht alles. Bei den Zinsen geht der übertriebene Pessimismus weiter. Dass wir für mehr Schulden auch mehr Zinsen zahlen müssen, ist richtig; dass wir mehr als 1 Mrd. DM Zinsen zahlen auch. Warum aber, frage ich mich, wurde nicht berücksichtigt, dass die 100 Mio. DM, die wir nach der Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses weniger an Schulden aufnehmen müssen, auch zu weniger Zinsen führen werden. 5 bis 6 Mio. DM macht das aus. Einfach vergessen oder absichtlich oder wenn ja, warum? Umso unverständlicher ist es, wenn vor diesem Hintergrund eine Globale Minderausgabe ausgebracht wird, d.h., beim allgemeinen Sparen kommt plötzlich der Mut wieder, der Sie bei konkreten Haushaltstiteln etwas verlassen hat.

Meine Damen und Herren, ich habe noch ein Beispiel für die überzogene Ängstlichkeit des Finanzministers. Er geht davon aus, dass das durchschnittliche Zinsniveau nächstes Jahr steigen wird. So weit liegt er vermutlich richtig.

Aber die von ihm unterstellte Steigerung ist nur als abenteuerlich zu bezeichnen. Als Börsenmakler hätten Sie wohl keine Zukunft, Herr Minister Trautvetter. Ein um lediglich 0,02 Prozent geringer angesetztes Zinsniveau erspart dem Land weitere 5 Mio. DM an Zinsen. Auch die Zinsen für Kassenkredite wurden überzogen veranschlagt. Warum nur, frage ich Sie? Wissen Sie etwas, was Sie uns verheimlichen oder sind Sie nur übervorsichtig oder benötigen Sie etwa am Jahresende überplanmäßige Einnahmen, um überplanmäßige Ausgaben zu finanzieren?

(Beifall Abg. Kummer, PDS)

Nein, meine Damen und Herren, Sie schaffen sich damit nichts weiter als eine "Schwarze Kasse". Meine Damen und Herren, wir kommen darauf zurück, wir brauchen nicht zu orakeln, wir legen unseren Standpunkt dar, wir vergleichen Ende des nächstes Jahres, wer Recht hatte und dann werden wir sehen, wie wir das zu bewerten haben.

Aber ich möchte noch einige Aussagen und ein paar Worte zum aktuellen Hochbaugeschehen sagen. Nicht kleckern, sondern klotzen, heißt es da in einer volkstümlichen Redewendung und die zurzeit herrschende Partei hat das in der ihr so eigenen Art abgewandelt in: nicht kleckern, sondern protzen. Denn wie soll man das sonst verstehen, dass zwar immer vom Sparhaushalt geredet wird und finanzielle Mittel in dringend notwendigen Bereichen gekürzt werden, der Sparwillen aber offenbar Prestigeobjekte der CDU nicht betrifft. Ja, ich spreche vom Landtagsneubau, meine Damen und Herren. Wenn sich Politiker gegen jeden ökonomischen Sachverstand und ohne vernünftiges Maß ein Denkmal setzen wollen, meine Damen und Herren der Mehrheitsfraktion, hat das mit einem verantwortungsbewussten Einsatz öffentlicher Mittel nichts, mit einem völlig übersteigerten Geltungsbedürfnis dafür sehr viel zu tun. Ähnliches gilt übrigens, meine Damen und Herren, für den geplanten Neubau des Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt. Gegen Sanierung des gegenwärtigen Standorts ist ja nichts einzuwenden, meine Damen und Herren. Ein Neubau, Herr Primas, ist aber angesichts der finanziellen Situation Thüringens inakzeptabel und den Bürgern zu Recht nicht zu vermitteln.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Wo denn nur? Wo steht denn was von Neubau?)

Sehen Sie sich die 90 Mio. DM an. Setzen Sie die für beide Neu- und Nobelbauten aufgewendeten Mittel ins Verhältnis zu den Streichorgien bei der Arbeitsmarktpolitik und im Sozialbereich, dann sehen Sie, wo die Prioritäten einer Partei, die sich christlich und demokratisch nennt, wirklich liegen. Und der arg strapazierte Begriff des Einstiegs in den Ausstieg aus der Schuldenfalle wird endgültig zur Farce, meine Damen und Herren. Ein Vergleich sei mir an dieser Stelle noch gestattet. Etwa 100 Mio. DM sind für das Schulbausanierungsprogramm ab 2004 eingestellt, etwa die gleiche Summe, die für den Landwirtschaftsministeriumsbau ausgegeben wird ab 2003. Und was lehrt uns das?

Die Sanierung von mehreren Schulen kostet genauso viel wie der Bau eines Ministeriums, das Ministerium ist wichtiger, deshalb wird zuerst damit begonnen und Sparen und Gestalten heißt Sparen bei den Menschen und das Gestalten der eigenen Arbeitswelt. Meine Damen und Herren, eine so verstandene Ausfüllung der öffentlich mittlerweile beanspruchten führenden Rolle bringt die Gefahr mit sich, dass man gewendet wird. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Höhn, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, zum Einzelplan 06 kann man es sehr kurz machen. Wie in allen anderen Bereichen der Landesverwaltung, ich habe es heute Morgen bereits in meinen Ausführungen angesprochen, fehlt ein langfristiges Personalentwicklungskonzept. Es ergeben sich eine ganze Reihe von Fragen. Wie will man, z.B. ein Bereich insgesamt mit allen nachgelagerten Verwaltungen über 5.000 Beschäftigte, ohne Konzept den zukünftigen Anforderungen gerecht werden, wie will man beispielsweise demografische Verwerfungen innerhalb der Belegschaft erkennen und rechtzeitig gegensteuern? Kurzum, wie will man die Verwaltung fit machen im Sinne einer modernen Dienstleistungsgesellschaft? Auf all diese Fragen gibt auch dieser Einzelplan - wie auch alle anderen - keine Antwort. Heute Morgen hat der Finanzminister diesbezüglich von Behördenvergleichen - er hat auch den Begriff des Banchmarking verwendet - gesprochen. Als wir aber im Ausschuss danach gefragt haben, warum sie dem Landtag nicht vorgelegt werden können, haben wir hierauf ebenfalls abschlägige Antworten bekommen. Ich frage mich, welchen Grund hat diese Geheimniskrämerei? Wenn es diese Untersuchungen angeblich gibt, dann können sie doch diesem Parlament zumindest auch vorgelegt werden. Nach unserer Auffassung - ich sagte es bereits - muss eine ehrliche Stärke-Schwäche-Analyse für die Steuerverwaltung her. Wo es Nachholbedarf gibt, beispielsweise nach wie vor bei den Prüfturnussen im Bereich der Betriebsprüfung, muss gegengesteuert werden. Im Übrigen liegt mir eine Studie von 1999 der Arbeiterkammer Bremen vor, wo die Betriebsprüfungen der Länder unter die Lupe genommen werden, da schneidet Thüringen nicht besonders gut ab.

Im Bereich der Einzelpläne 17 und 18 kann man zumindest, was das Personal betrifft, weniger falsch machen, denn da gibt es keins zu bewirtschaften. Aber dennoch ist hier auch nicht alles Gold was glänzt, Beispiel Verbeamtungen. Nicht nur, dass die einzelnen Ressorts nicht einmal die Zuführung zum Pensionsfonds veranschlagt haben bzw. ganz unterschiedlich veranschlagt haben, wenn sie es denn getan haben. Im Übrigen, Herr Minister, so viel zur Haushaltswahrheit und -klarheit. Nein, es fehlt nach wie vor auch ein langfristiges Konzept, wie sich die Pensionslas