Meine Damen und Herren, dieser Doppelhaushalt hätte ein Zeichen setzen können, ein Zeichen von mehr Tole
ranz und Respekt denen gegenüber, die politisch anders denken. Ein ehrlicher Streit um die beste Lösung wäre allemal besser gewesen, als die Dinge immer nur von einer Seite zu beleuchten. Diese Chance ist verpasst. Und noch eines am Schluss - das geht ausdrücklich an Ihre Adresse, Herr Ministerpräsident: Ich sage das als jemand, der hier aufgewachsen ist und der von sich behauptet, in diesem Land sehr verwurzelt zu sein. Ich habe eine Sorge, eine sehr große sogar, das sind die erschreckenden Parallelen zu längst überwunden geglaubter Zeit. Auch damals - vor 1989 - war sich eine Partei sehr, sehr sicher, dass ihr niemand ihre Macht streitig machen könne,
Meine Damen und Herren, ich meine das wirklich ernst und, Herr Vogel, passen Sie auf, dass unsere junge Demokratie nicht derart pervertiert wird, wie es momentan geschieht. 381.405 Ohrfeigen für Ihre Politik sollten doch Warnung genug sein.
(Zwischenruf Dr. Pietzsch, Minister für So- ziales, Familie und Gesundheit: Euch den dritten Platz verpasst.)
Frau Präsidentin, ich möchte Sie bitten, solche Ausdrücke wie "Ab zum Schnelltest!", wie sie hier aus der letzten Reihe der CDU-Fraktion mehrfach vorgekommen sind, entsprechend zu würdigen in diesem Haus.
Herr Schemmel, Sie können eine Bitte äußern, aber ich möchte Sie bitten, die Handlungen der Präsidentin nicht zu kommentieren. Ich kann auch Ausdrücke nennen, die hier gefallen sind. Ich denke, wir haben da doch auch ein Gleichmaß.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Rede des Abgeordneten Althaus hat offensichtlich den Abgeordneten Gentzel mehr als gewohnt erregt. Ich würde gern einen Beitrag dazu leisten, dass er wieder ohne diese Übererregung nachher abstimmen kann.
Herr Gentzel, morgen ist Bundesrat, morgen liegt beispielsweise die Entscheidung in Sachen Entfernungspauschale an. Die Kolleginnen und Kollegen Merkel, Merz und Stoiber sind in dieser Sache einer Meinung - sie lehnen sie ab. Das Kabinett von Thüringen hat sich entschlossen, sie nicht abzulehnen. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, wenn die Bundesregierung etwas macht, von dem wir meinen, es nutze den Pendlern in Thüringen, dann stimmen wir zu,
und wenn die Bundesregierung etwas macht, was den Kommunen in Thüringen schadet, dann lehnen wir ab.
Verehrter Herr Kollege Gentzel, damit das ganz klar ist, was die PDS betrifft: Sie ist für mich eine Partei, die das System verändern will; sie ist für mich eine Partei, die sich nicht eindeutig vom Kommunismus losgesagt hat. Es bleibt dabei: Von dieser Partei grenzen wir uns auf das Entschiedendste ab.
Aber wir grenzen sie nicht aus. Ich habe nicht die Absicht, Herr Kollege Gentzel, wenn ich an dieser Meinung etwas ändern möchte, Sie in die Knesset nach Jerusalem einzuladen, sondern dann werde ich Ihnen das hier sagen.
Nun ist heute ein Antrag eingebracht worden, der ebenfalls zu Ihrer offensichtlichen Erregung beigetragen hat. Meine Damen und Herren, wenn man das Abgeordnetengesetz in der vorletzten Sitzung ändert, dann ist dieser heutige Antrag die ganz klare und logische Konsequenz daraus. Ich bitte so viel Respekt zu haben, der Landtag hat so beschlossen. Wenn Sie an das Verfassungsgericht gehen wollen, ist das Ihr gutes Recht, aber die Ankündigung Ihrer Klage kann die Mehrheit des Parlaments ja nicht davon abhalten, konsequent zu handeln.
Dann zu dieser Bemerkung, die in der Tat nur vor Erregten geäußert werden kann, die Sie zum Schluss gemacht haben: Wenn das ernst zu nehmen wäre, was der Abgeordnete Gentzel hier über Mehrheiten gesagt hat, dann wäre es eine unglaubliche Diffamierung der Wählerschaft im Freistaat Thüringen.
Nehmen Sie, Herr Abgeordneter Gentzel, bitte zur Kenntnis, dass sich die Wählerschaft in den 16 deutschen Ländern in 50 bzw. 10 Jahren immer wieder erlaubt hat, eine Partei allein mit der Regierungsführung zu beauftragen - beispielsweise Ihre Parteifreunde in NordrheinWestfalen, beispielsweise die CSU in Bayern und beispielsweise die CDU in Thüringen. Es ist eine unglaubliche Diffamierung von freien Wählerentscheidungen, die auf Zeit getroffen sind, eine Diffamierung auf die Partei abzuleiten.
Und jetzt, nach diesem von Herrn Gentzel herbeigeführten Ausflug, zum Haushalt: Wir halten den Zeitplan - der Doppelhaushalt wird Ende des Jahres verabschiedet. Das ist gut für die Verlässlichkeit, das ist gut für die Planung, das ist gut für die Investitionsentscheidungen. Kaum jemand im Land hat kritisiert, dass wir den Mut hatten, zum ersten Mal einen Doppelhaushalt vorzulegen. Unsere Entscheidung diesbezüglich war richtig.
Meine Damen und Herren, in dieser Vorlage steckt viel Arbeit. Ich bedanke mich ausdrücklich bei den Damen und Herren Abgeordneten des Haushalts- und Finanz
ausschusses. Es war in diesem Jahr eine besondere Last, nicht nur wegen des Doppelhaushalts, sondern auch wegen des Haushaltsbegleitgesetzes, das logischerweise in einem Ausschuss, im Haushalts- und Finanzausschuss, beraten worden ist, weil nur so aus der Sparvorstellung ein Guss wird. Die Entscheidung, so zu verfahren, war richtig.
Meine Damen und Herren, die Eckwerte, die wir im April vorgegeben haben, sind eingehalten worden, vor allem hinsichtlich der Senkung der Neuverschuldung und vor allem hinsichtlich der Investitionsanteile. Es war falsch, dass in den letzten beiden Tagen hier immer von Sparen gesprochen wird. Wir sparen nicht, sondern wir machen nur ein bisschen weniger Schulden - damit die deutsche Sprache noch deutsche Sprache bleibt.
Besonders bemerkenswert war, dass in den Beratungen hier im Landtag die Neuverschuldung nicht erhöht, sondern verringert worden ist, dass der Landtag den Vorschlag gemacht hat, in beiden Haushalten zusammen 100 Mio. DM weniger Schulden zu machen, als die Landesregierung vorgeschlagen hat. Ich möchte im Namen der Landesregierung der Mehrheitsfraktion für dieses ungewöhnliche Verhalten ausdrücklich danken.
Ich sehe darin den schlagenden Gegenbeweis für das, was Herr Dr. Hahnemann vorhin über die Aufgabe der Fraktion gesagt hat. Vielen Dank, dass Sie den Mut dazu hatten.
Den Haushalt in Ordnung zu bringen, ist schwer. Eine so weitgehende Kurskorrektur ist schwer und die Debatte hat mehr als deutlich gezeigt, eine solche Kurskorrektur ist nur möglich, wenn sich die Regierung auf eine Mehrheitsfraktion stützen kann und wenn die Mehrheitsfraktion dazu den Mut hat.