Protokoll der Sitzung vom 25.01.2001

1. Gibt es neuere Untersuchungen hinsichtlich des BSEÜbertragungsrisikos durch Verarbeitung von Rinderknochen zu Gelatine?

2. Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus den der Landesregierung bekannten Ergebnissen der bisher vorliegenden Untersuchungen?

3. Was hält die Landesregierung von einem vorläufigen Verbot des Einsatzes von Rinderknochen für die Gelatineproduktion als vorbeugende Schutzmaßnahme?

4. Was kann die Landesregierung im Rahmen ihrer Möglichkeiten tun, um die Entfernung von Rinderknochen als Ausgangsmaterial für Gelatine zu erwirken?

Bitte schön, Herr Minister Dr. Pietzsch.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich beantworte die Fragen wie folgt:

Zu Frage 1: Der wissenschaftliche Lenkungsausschuss der Europäischen Kommission hat sich mehrfach mit der Sicherheit von Gelatine beschäftigt, zuletzt im vergangenen Jahr. Zusammenfassend kann danach festgestellt werden:

Erstens: Rinderknochen gehören zu den Geweben, in denen BSE-Erreger bisher nicht nachgewiesen wurden. Im Knochenmark ist der Nachweis eines mäßigen Erregergehalts experimentell erst in einem Fall nach Ausbruch der BSE-Erkrankung beim Rind gelungen. Bei den Überprüfungen, die wir im Augenblick haben, gibt es da keine Bedenken. Wie gesagt, bei einem, wo die Erkrankung bereits ausgebrochen ist und in mäßigem Anteil und dieses nur experimentell.

Zweitens: Zur Gelatineherstellung dürfen nur Knochen von Tieren verwendet werden, die gesund waren und deren Fleisch als genusstauglich beurteilt wurde. Da gibt es ja seit Ende des vergangenen Jahres sehr konkrete Bestimmungen in Deutschland.

Drittens: In Ländern oder Gebieten mit hohem BSERisiko dürfen Rinderknochen nicht zur Gelatineherstellung verwendet werden. Das trifft zurzeit für das Vereinigte Königreich Großbritannien, Nordirland und Portugal zu.

Viertens: Die zur Gelatineherstellung angewandten Verfahren sind geeignet, möglicherweise vorhandene Erreger so weit zu eliminieren, dass sie mit den zur Verfügung stehenden Methoden nicht mehr nachweisbar sind. Neuere Untersuchungsergebnisse als die, die den aktuel

len Stellungnahmen des wissenschaftlichen Lenkungsausschusses zugrunde liegen, sind dazu nicht bekannt.

Zu Frage 2 - welche Konsequenzen zieht die Landesregierung? Die bisher vorliegenden Untersuchungen zur Sicherheit von Gelatine lassen den Schluss zu, dass bei Einhaltung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben das Risiko der BSE-Übertragung durch Gelatine aus Rinderknochenmaterial so weit wie möglich minimiert ist, in der gegenwärtigen Situation hat man kaum noch den Mut zu sagen "ausgeschlossen ist". Die Einhaltung der Rechtsvorschriften obliegt den Betrieben und wird durch die zuständigen Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsbehörden regelmäßig überprüft. In Thüringen ist kein Gelatinehersteller ansässig, so dass sich die Kontrollen der Staatlichen Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämter hinsichtlich Gelatine auf die Gewinnung des Rohmaterials in den Schlachtbetrieben beziehen. Insbesondere die vollständige Entfernung des spezifizierten Risikomaterials wird lückenlos überwacht. Gleiches gilt für den Gesundheitsstatus der Schlachttiere.

Zu Frage 3: Für ein vorläufiges Verbot der Verwendung von Rinderknochen als Rohstoff zur Gelatineherstellung gibt es derzeit keine wissenschaftlich begründeten Anhaltspunkte, da dieses Material nur aus den Tieren gewonnen wird, deren Fleisch auch als Lebensmittel freigegeben ist. Nach den bisher vorliegenden Erkenntnissen geht bei Einhaltung der Rechtsvorschriften von der Verarbeitung der Rinderknochen zu Gelatine kein BSEÜbertragungsrisiko aus.

Zu Frage 4: Abgeordneter Dr. Botz, ich müsste die Beantwortung der Fragen 1 bis 3 zurücknehmen und würde sagen, was ich bisher gesagt habe, ist alles falsch, deswegen erübrigt sich, denke ich, die Beantwortung der Frage 4.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt eine Nachfrage. Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Botz.

Herr Minister, dennoch eine Nachfrage, und zwar, wenn ich Sie richtig verstanden habe, würde für den Fall, dass Deutschland mit anderen Mitgliedsstaaten jetzt aus der Risikogruppe III, was Gott bewahre, in die noch existierende höhere Gruppe eingestuft würde, praktisch das eintreten, was für Großbritannien schon gilt, dass Rinderknochen nicht mehr angewendet werden dürfen, sehe ich das richtig?

Das hat nicht unmittelbar mit diesen Risikogruppen zu

tun, sondern es wird für die einzelnen Länder ganz offensichtlich festgelegt, denn sonst müsste Frankreich eigentlich schon drin sein.

Weitere Nachfragen sehe ich nicht. Danke, Herr Minister.

Wir können dann zur Frage in Drucksache 3/1242 wiederum des Abgeordneten Dr. Botz kommen. Bitte, Herr Abgeordneter.

Tiermehl in Futtermitteln

In Mecklenburg und Sachsen-Anhalt sind bei regelmäßigen Kontrollen an Futtermitteln Reste von Tiermehl gefunden worden.

In diesem Zusammenhang frage ich die Landesregierung:

1. In welchem Umfang sind seit In-Kraft-Treten des Tiermehlverbots Untersuchungen an in Thüringen eingesetzten Futtermitteln auf Tiermehlgehalt durchgeführt worden?

2. Welche Ergebnisse haben die in Frage 1 genannten Untersuchungen?

3. Sind in Folge der in Frage 1 erwähnten Untersuchungen Tiermehle nachgewiesen worden?

4. Welche Konsequenzen hat die Landesregierung aus den Untersuchungsergebnissen gezogen bzw. will sie ziehen?

Herr Minister Dr. Sklenar, bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, für die Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Botz wie folgt:

Zu Frage 1: Seit In-Kraft-Treten des Gesetzes über das Verbot des Verfütterns des innergemeinschaftlichen Verbringens und der Ausfuhr bestimmter Futtermittel vom 1. Dezember 2000 (BGBl. 1, Seite 1.635) wurden bis zum 22. Januar 2001 im Freistaat Thüringen 124 Proben auf Gehalt von Tierkörpermehl untersucht.

Zu den Fragen 2 und 3: Von dem seit dem 07.11.2000 untersuchten 124 Proben enthielten 14 Spuren von Tierkörpermehl, darunter mit einem Anteil von weit gerin

ger als 0,5 Prozent 8 Proben, unter 0,5 Prozent 3 Proben und unter 1 Prozent 3 Proben. Es waren zehnmal Hersteller bzw. Inverkehrbringer aus Thüringen und vier aus anderen Ländern betroffen. Mit Ausnahme einer Probe vom 15.01.2001 lagen alle positiven Nachweise gezogener Proben von Thüringer Herstellern vor dem 19.12.2000. Weiterhin ergab sich am 17.01.2001 ein Positivnachweis bei einer Futterprobe eines Herstellers aus Niedersachsen.

Zu Frage 4: Die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft als zuständige Überwachungsbehörde greift im Falle eines positiven Befundes folgende Sofortmaßnahmen:

1. Der Verwaltungsakt "Produktwarnung und Verhängung eines Bußgeldes in Höhe bis zu 50.000 DM" an den Hersteller mit Auftrag an seine Kunden zu Nachweispflichten gegenüber der TLL und Rücknahme des Futters vom Tierhalter;

2. Im Wiederholungsfalle wird Schließung des betroffenen Werkes verfügt. In Altenburg wurde bereits einmal am 22.12.2000 ein Herstellungs- und Inverkehrbringungsverbot angeordnet.

3. Durch die TLL werden gegenüber betroffenen Landwirten Verfütterungsverbote verfügt.

Zuständige Überwachungsbehörden in anderen Bundesländern werden über Untersuchungsergebnisse durch die TLL in Kenntnis gesetzt. Die sofortige Umsetzung des Gesetzes über das Verbot des Verfütterns, des innergemeinschaftlichen Verbringens und der Ausfuhr bestimmter Futtermittel vom 1. Dezember 2000 konnte, wie aus den Ergebnissen der Beprobung ersichtlich, nach kurzer Zeit umfänglich sichergestellt werden. Überschreitungen auch im Spurenbereich wurden schnell erkannt und abgestellt. Der Gesetzesvollzug wird mit dichter Probenfolge überwacht und Verstöße scharf geahndet.

Es gibt eine Nachfrage.

Herr Minister, dazu eine Nachfrage: Reicht für den Fall, dass eine Probe praktisch positiv bei einem Hersteller gefunden wird, diese eine Probe, dieser Befund aus, um zu solch weit gehenden Sanktionen, wie Sie ja auch benannt haben, in Höhe von 50.000 DM als Höchstsatz zu bestrafen oder werden in einem solchen Fall mehrere Nachproben genommen, um das ganz sicher zu gestalten?

Also, Dr. Botz, natürlich muss man, um das ganz sicher zu gestalten, einmal Rückstellproben nehmen und zum anderen muss man noch einmal prüfen, ob das tatsächlich so ist, und es kommt dann auch immer darauf an, welcher Gehalt drin ist. Wenn da sehr geringe Mengen sind, sagen wir einmal 0,1 oder vielleicht noch geringer, da wird man das sicher dabei bewenden lassen und den Hersteller verwarnen. Wenn das aber bei 1 Prozent oder darüber liegt oder schon bei 1 bis 0,5 Prozent, wird man natürlich noch einmal eine Probe ziehen, Rückstellproben sowieso nehmen und dann, wenn das Ergebnis sich wiederholt, wird man natürlich denjenigen entsprechend nach den Ordnungswidrigkeiten zur Kasse bitten.

Ich sehe noch eine Nachfrage. Bitte, Frau Abgeordnete.

Ich weiß nicht, Herr Minister, ob sich diese Frage gleich beantworten lässt. Wie viele Proben bei Futtermitteln werden denn jetzt im Durchschnitt im Monat genommen oder im Vierteljahr? Ich weiß nicht, was für eine Zeiteinheit Sie vorsehen. Und wenn Sie diese Proben nehmen, dass man einmal ein Verhältnis hat - ist es eine höhere Anzahl als in den vergangenen Jahren oder ist das auf dem Niveau, wie in den letzten Jahren auch kontrolliert wurde?

Also, Frau Dr. Klaus, es ist natürlich abhängig einmal von der Tonnage und den verschiedenen Chargen, die hergestellt werden. Aber wenn ich die Zahl noch richtig im Kopf habe, sind es gegenwärtig so 30 Proben, die in der Woche gezogen und untersucht werden. Es reicht ja nicht, dass sie nur gezogen, sondern sie müssen ja auch untersucht werden. Und mit diesem Beprobungsergebnis sind wir eigentlich bisher sehr gut gefahren. Es hat sich für die Vergangenheit gezeigt, dass das ausreichend ist. Ich muss auch sagen, dass die Herstellerfirmen, jedenfalls die in Thüringen, sehr schnell reagiert haben. Ich hatte ja bereits hier von dieser Stelle schon einmal gesagt, dass von den Futtermittelwerken, die Mischfuttermittel herstellen, von sich aus schon der Einsatz - bei einem ganzen Teil von Mischfutterwerken - von Tierkörpermehl, bevor das Verbot kam, bereits zurückgenommen worden ist und nicht mehr durchgeführt wurde. Die Proben, um die es sich hier handelt, bei denen wir noch etwas gefunden haben, sind diese berühmten, sagen wir mal, Spuren, die noch in den Verbindungsgängen, in den Schneckengängen, in der Technik, teilweise auch in den Silos enthalten waren und dort anhafteten. Aber die Betriebe haben alle ihre Leitungen gespült, alle umgestellt,

so dass wir davon ausgehen können, dass das jetzt, jedenfalls bei unseren Betrieben hier in Thüringen, weitestgehend in Ordnung ist und wir auch mit den 30 Proben auskommen.

(Beifall bei der CDU)

Gibt es weitere Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Danke, Herr Minister. Wir kommen dann zur Frage in Drucksache 3/1246. Bitte, Frau Abgeordnete Klaubert.

Staatliche Studienakademie in Gera

Die Gründung der Staatlichen Studienakademie in Gera liegt noch nicht weit zurück und ihr weiterer Ausbau erfordert die Aufmerksamkeit von Landesregierung und Landesparlament.

Ich frage die Landesregierung: