Protokoll der Sitzung vom 25.01.2001

Herr Abgeordneter Kummer, Sie hatten eine Frage gestattet.

Ja, bitte.

Herr Abgeordneter Kummer, haben Sie festgestellt, dass in Thüringen beim BSE-Risikomaterial die neuen Gesetzlichkeiten nicht mehr eingehalten werden? Ich wiederhole noch einmal: Haben Sie jetzt festgestellt, dass in Thüringen beim Umgang mit BSE-Risikomaterial die neuen gesetzlichen Regelungen nicht mehr eingehalten werden?

Herr Wunderlich, ich habe das nicht festgestellt. Ich habe gesagt, wir müssen Gesetzlichkeiten dahin gehend ändern, dass wir die Wirbelsäule unzerteilt entnehmen können, um damit mehr Verbraucherschutz zu gewährleisten.

(Beifall bei der PDS)

Dazu habe ich Sie aufgefordert.

(Beifall bei der PDS; Abg. Becker, SPD)

Als nächster Redner hat sich Abgeordneter Grob, CDUFraktion, zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, vielleicht auch ein Komiker und kein französischer Schriftsteller, Karl Valentin hat einmal gesagt: "Es ist alles gesagt, nur noch nicht von jedem." Unter diesem Gesichtspunkt möchte ich vielleicht noch etwas angehen. Wir haben heute vieles gehört und verschiedene Schienen. Ich habe hier vorn einen Erzeuger Scheringer gehört und nicht etwa von meinem Platz aus einen PDSMann, sondern einen Erzeuger Scheringer, aus dem sehr die Angst gesprochen hat, die Sorge, aber auch die Hoffnung. Wir haben bei den Rednern gehört, dass wir auf verschiedenen Schienen fahren, ob das Änderungen im Gesetz oder in den Grundlagen sind, ob das ökologischer Anbau ist oder ob das Früherkennung BSE oder Schutz vor Übertragung, Verbraucherschutz ist. Aber ich darf vielleicht einmal eine ganz andere Schiene anfahren, und zwar auch in Bezug auf BSE, die Kostensenkung bei der Tierkörperbeseitigung.

Nach dem Gesetz über das Verbot des Verfütterns des innergemeinschaftlichen Verbringens und der Ausfuhr bestimmter Futtermittel vom 1. Dezember 2000 ist das Verfüttern proteinhaltiger Erzeugnisse und von Fetten aus dem Gewebe warmblütiger Landtiere und von Fischen an Nutzungstiere untersagt, die für die Gewinnung von Lebensmitteln bestimmt sind. Das betrifft auch Mischfuttermittel, die diese Einzelfuttermittel enthalten. Damit wurde das bisher nur für Wiederkäuer bestehende Verfütterungsverbot von Tiermehl auf alle landwirtschaftlichen Nutztiere ausgedehnt. Das bisherige System der Tierkörperbeseitigung ist völlig umzustellen. Infolge der sofortigen Umsetzung der neuen Festlegungen sind jedoch die erforderlichen Entsorgungskapazitäten für Tiermehle und tierische Fette kurzfristig nicht im notwendigen Umfang verfügbar. Deshalb sind zunächst die technischen/technologischen sowie die Genehmigung des Rechtlichen Voraussetzung dafür die einzelnen Entsorgungswege zu schaffen. Dazu gehören vor allem die Verbrennung bzw. die Mitverbrennung der Tiermehle und Fette. Dabei ist zu beachten, dass die Verbrennung von Tiermehl aus energetischer Sicht eine enorme Energievergeudung darstellt, da das Tiermehl selbst erst unter hohem Energieeinsatz erzeugt wird. Verschiedene Verfahren zur unschädlichen Beseitigung unter Nutzung des energetischen Potenzials der Produkte zu erfinden, befindet sich aber erst noch in Entwicklung und in die

ser Prüfphase. Bisher war eine Zwischenlagerung des Tiermehls unumgänglich, um sie nach Vorliegen der erforderlichen Genehmigung der Verbrennung oder einer anderen technischen Verwertung zuführen zu können. Vom 29. November 2000 bis zum 12. Januar 2001 wurden in Thüringen über 2.500 Tonnen Tiermehl produziert und in Zwischenlager verbracht. Im gleichen Zeitraum fielen über 1.050 Tonnen tierische Fette an, von denen bereits 750 Tonnen verbrannt oder für technische Zwecke abgegeben wurden. Ab dem 17. Januar 2001 konnte erstmalig mit dem Verbrennen des Tiermehls begonnen werden, so dass im Laufe der nächsten Zeit die Lagerbestände ausnahmslos unschädlich beseitigt werden. Die noch bis zum 2. Dezember 2000 unter Verwendung von Tiermehl hergestellten Mischfuttermittel sowie die nach dem Zeitpunkt aufgrund der Tiermehlkontamination beanstandeten Futtermittel werden sichergestellt, um sie ebenfalls auf dem Weg der Verbrennung zu entsorgen. Dies trifft auch für die tiermehlbehafteten Futtermittel zu, die sich noch in Landwirtschaftsbetrieben befinden und seit dem 1. Januar 2001 nicht mehr verfüttert werden dürfen.

In Thüringen ist mit einem jährlichen Abfall von 12.000 Tonnen Tierkörper verendeter Tiere zu rechnen, von denen bereits 6.500 Tonnen Risikomaterial entsorgt werden. Die verbleibenden 5.500 Tonnen Tierkörper sind derzeit über den Weg der Erzeugung von Tiermehl der Verbrennung zuzuführen. Im Bereich der Fleischwirtschaft ist unter Berücksichtigung der bisherigen jährlichen Verbreitungsmengen an TBA-pflichtigem Material, also Tierkörperbeseitigungsanstalt, einschließlich Blut sowie geschätzten Abfalls von Tierkörperteilen und Erzeugnissen, die von tauglich beurteilten Schlachttieren stammen, von etwa 88.000 Tonnen Rohmaterial auszugehen. Von der Tierkörperbeseitigungsanstalt Elxleben wurden kurz vor In-Kraft-Treten des Verfütterungsverbots noch 390 Tonnen Tiermehl sowie 100 Tonnen Tierfett produziert, die nicht mehr für Futterzwecke eingesetzt werden können. Bei den Futtermittelherstellern und den Landwirtschaftsbetrieben lagern ebenfalls 348 Tonnen Tiermehl sowie 42 Tonnen Tierfett, die unschädlich zu beseitigen sind. Darüber hinaus wurden bei den Futtermittelherstellern, den Futtermittelhändlern und Landwirtschaftsbetrieben mit Tiermehl bzw. Tierfett kontaminierte Futtermittel, wie 727 Tonnen Mischfutter, 276 Tonnen Milchaustauscher und 8 Tonnen Molkepulver festgestellt, die zu entsorgen sind. Die Umsetzung der Maßnahmen zur BSE-Vorbeugung und die Einhaltung des Tiermehlverfütterungsverbots werden in Thüringen insgesamt zu zusätzlichen finanziellen Aufwendungen von 37,5 Mio. DM pro Jahr führen. Die Aufstellung dieser Kosten schenke ich mir. Gegenwärtig bieten verschiedene Unternehmen den Ländern neue Entsorgungswege an, die von den zuständigen Behörden hinsichtlich ihrer Wirkung und Wirksamkeit sowie der Einhaltung der Grundsätze des Verbraucherschutzes nicht ausreichend beurteilt werden können. Deshalb fordere ich die Bundesregierung auf, eine zentrale wissenschaftliche Arbeitsgruppe einzusetzen, welche die vorliegenden Entsorgungs

konzepte auf ihre Anwendbarkeit prüft. Wir müssen erreichen, dass wir ein Minimales an Kosten für Tierkörperbeseitigung ausgeben, um das Maximale bei der BSEForschung zu erreichen. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Aus der Mitte des Hauses werden keine weiteren - doch, Herr Abgeordneter Dr. Botz, SPD-Fraktion. War das eine Redemeldung? Und Frau Abgeordnete Dr. Fischer, PDS-Fraktion, danach dann.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir hatten im Dezember ausführlich Gelegenheit, ich glaube, wir haben es auch ausführlich genutzt, über BSE zu diskutieren. Das möchte ich jetzt nicht fortsetzen. Aber einige der Punkte, die heute hier bisher zur Sprache gekommen sind, lassen mich doch noch mal ans Rednerpult treten. Ich möchte versuchen, diesen Gang zu wagen, denn ich bin ein sehr starker Anhänger dessen, dass wir mit großer Sachlichkeit, hauptsächlich nach vorn orientiert, als Politiker jetzt versuchen, schnellstmöglich vernünftige Lösungen zu finden. Ich glaube, das war ein Konsens, wenn ich Sie, Herr Ministerpräsident, dabei kurz ansprechen darf, der auch am Sonnabend Mittag während eines gemeinsamen Mittagessens gegenseitig signalisiert wurde, deswegen möchte ich das ganz bewusst und ernsthaft hier versuchen. Ich glaube auch und bin davon überzeugt, dass das auch das Anliegen der Bundesregierung ist. Da habe ich eine Bitte, ich sage das wirklich als Bitte. Meine Damen und Herren, auch von der CDU, aber auch andere, geben wir doch einer neuen Führung eines noch dazu erheblich umzustrukturierenden Hauses einmal so viele Tage Zeit, um vernünftig, ohne Schnellschüsse, sachlich diese Dinge in die Hand zu nehmen, wie andere Bundesminister in den letzten zwei Jahrzehnten Jahre Zeit hatten zu verhindern, dass es so weit kommt, wie es heute gekommen ist,

(Beifall bei der SPD)

und voller Bitterkeit muss ich sagen, eben zwei Jahre lang auch ein sozialdemokratischer Bundesminister, der verantwortlich war. Ich sage es hier ausdrücklich, auch mit einer gewissen Enttäuschung, aber wir können uns aus unserer Verantwortung nicht herausstehlen. Herr Wunderlich, wir wollen und wir werden es schon gar nicht in Zukunft - diese Vorbemerkung.

Ich möchte das ganz leicht untersetzen. Wissen Sie, am 18. haben wir uns gemeinsam die Eröffnung der Grünen Woche angehört. Es ist eine gute Tradition, die sollten wir auf jeden Fall beibehalten. Dort hat eine wenige Stunden zuvor vereidigte neue Bundesministerin unter anderem zu meiner Überraschung drei Dinge gesagt, die

ihrer Auffassung, wenige Stunden nachdem man vereidigt ist, jetzt getan werden müssen, die hundertprozentig deckungsgleich mit Beschlüssen und Vorschlägen des Deutschen Bauernverbandes - Beschlusslage 10.01. dieses Jahres - waren, zu denen sie, auch da habe ich Verständnis, das zeigt doch die angespannte Situation, keinerlei Beifall bekommen hat, obwohl diese drei Dinge deckungsgleich mit dem waren, was der Bauernverband am 10. gefordert hatte.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Ich nenne die mal ganz kurz: Ausweitung der BSE-Tests, Positivliste für erlaubte Futtermittel, offene Deklaration von Futtermitteln. Das war der Anfang, wenige Stunden, nachdem man die Verantwortung übernommen hatte. Ich habe mich u.a. gemeldet, damit möchte ich jetzt Herrn Minister Dr. Pietzsch noch einmal ansprechen, ich gehe davon aus, dass er ja, wie das gute Sitte ist, auch am Schluss noch mal was sagt. Deswegen erlaube ich mir die Frage, Herr Dr. Pietzsch, in dieser Form, weil ich es wirklich erst verarbeiten musste und nicht die Zwischenfrage stellen konnte. Sie haben, das habe ich mit großer Aufmerksamkeit verfolgt, zum Ausdruck gebracht, dass Sie persönlich davon überzeugt sind, dass, wenn wir diese 400.000 Rinder, die sozusagen der deutsche Teil der 2 Millionen EU-Regelung sind, getestet haben, ihrer Auffassung nach mit hoher Wahrscheinlichkeit Abnehmer in anderen Staaten finden könnten. Wenn das wirklich so wäre, wäre das ein nicht unerheblicher Teil eines wichtigen akuten Problems, das wissen Sie genauso gut wie die allermeisten hier im Saal. Haben Sie denn von bestimmten Ländern da irgendwo in den letzten Tagen und Wochen mal was gehört? Wir haben es leider auch bei den internationalen Kontakten auf der Grünen Woche nicht signalisiert bekommen. Aber wenn Sie da Vorstellungen haben, das wäre hochinteressant, die zu untersetzen. Die müssten verfolgt werden. Es kann keines der 15 EU-Mitgliedsstaaten sein, mit denen sind wir in einem gemeinsamen Rindfleischmarkt, leider ist die Entwicklung zurzeit schon so weit gegangen, das wissen wir, wissen wir voller Bitterkeit, dass schon Ende des letzten Jahres die Österreicher ihren Teilmarkt, das ist EU-rechtlich möglich, für deutsches Rindfleisch dichtgemacht haben. Wechselseitig bestehen leider solche Zusammenhänge. Das war die eine Frage.

Ich möchte dann kurz etwas zum Antrag der PDS sagen. Unsere Fraktion hat nach Abstimmung signalisiert und signalisiert Bereitschaft zur Zustimmung zu diesen Punkten. Wir haben aber ein Problem, und zwar ist das im Punkt 1 der vierte Anstrich, in dem Sie, auch das würden wir unterstützen, den Bund auffordern, auf die EU Einfluss zu nehmen. Das ist ein normaler Vorgang, ist ein permanenter Prozess, dem würden wir uns hier anschließen in den ersten drei Punkten. Beim vierten Punkt, meine verehrten Damen und Herren von der PDS - es könnte sein, dass Sie das noch klarstellen, für mich wäre das hilfreich -, steckt ein Problem. Mit Erlaubnis darf

ich das zitieren. Es lautet: "von der Europäischen Union Initiativen im Hinblick auf die Einrichtung eines europäischen Interventionsfonds abgefordert werden". Meine Damen und Herren, ein Interventionsfonds ist im EU-Recht eine ganz klar definierte Sache. Das ist ein Fonds, aus dem europäisches Geld genommen wird, um garantierte Mindestpreise für bestimmte Produkte zu zahlen. Wenn das Ihr Wunsch ist, ich möchte nur klarstellen, dass das wirklich klar ist, ist es die konsequente Fortsetzung einer Politik, in der man zu Teilen 1993 mit der Mc Cherry-Agrarreform und noch stärker mit der Agenda 2000 unter großer Begrüßung von Mehrheiten in Europa langsam wegkommt. Weil wir eben in dem Dilemma stehen, einerseits Prämien für Rindfleisch zu zahlen - nicht Dilemma für die Landwirte, Gott sei Dank -, aus der Gesamtsicht der EU-Finanzierung und dieser EU-Agrarpolitik; andererseits dann wieder einen dauerhaften Fonds errichten, aus dem wieder europäisches Geld fließen muss, um garantierte Mindestpreise dauerhaft zu zahlen. So was macht man nicht für zwei oder drei Wochen. Dieses Problem wollte ich hier der PDS noch mal nahe legen. Aus der Begründung, die Sie anschließen, geht die Hoffnung hervor - gewollt oder ungewollt -, dass dann, wenn das käme, wir aus dem Dilemma heraus sind, diese 2 Millionen oder in Deutschland 400.000 Rinder zu töten, zu schlachten und dann keiner Verwertung in einem Sinne einer bisher als moralisch normal verstandenen Bewertung zuführen zu können. Hier erwecken Sie den Eindruck, wenn es diesen Interventionsfonds gäbe, wären wir aus dem Dilemma heraus. Leider, meine Damen und Herren, kommen wir aus diesem Dilemma nicht heraus. Meine verehrte Kollegin Dr. Klaus hat etwas schnodderig - das erlaube ich mir hier mal - auf den Punkt gebracht, was die Versammlung etwas erregt hat: Der Kuh ist das egal. Vielleicht hat da nur ein Satz gefehlt. In beiden Varianten, die Frau Dr. Klaus gemeint hat, geht ein normaler Tötungs- und Schlachtprozess voraus, so dass es - Entschuldigung, auch ich wiederhole es dem toten Schlachtkörper des Rindes tatsächlich am Schluss eigentlich etwas egal ist, ob es über Tiermehl verbrannt wird, erst Tiermehl, dann verbrannt, als Schlachtkörper verbrannt oder, was unser aller sehnlichster Wunsch ist, einer vernünftigen Verwertung zugeführt wird. Das sind Fragen, die wir gern noch mal geklärt hätten, bevor wir eigentlich geneigt sind, diesem Entschließungsantrag zuzustimmen.

Abschließend gestatten Sie mir bitte noch einmal etwas zu untersetzen, was im Redebeitrag von meiner Kollegin Dr. Klaus auch schon mal gesagt wurde.

(Zwischenruf Abg. B. Wolf, CDU: Zum Geld wollten Sie etwas sagen.)

Sie können doch Fragen stellen. Lassen Sie mich doch mal die Rede zu Ende bringen.

Ich möchte es noch einmal untersetzen, verehrter Herr Minister, weil wir in der Tat in Thüringen anders als in

anderen Bundesländern...

Herr Abgeordneter, einen kleinen Moment mal. Das ist wieder so laut, jeder unterhält sich mit jedem und es ist wenig Bereitschaft da, dem zuzuhören, um dann natürlich noch abstimmen zu müssen.

Ich bin ja kurz vor dem Ende, meine Damen und Herren, aber ich glaube, das ist ein Punkt, der mit dem übereinstimmt, was wir anfangs und was auch Sie, Herr Wunderlich, zum Ausdruck gebracht haben: Sachlichkeit und Orientierung nach vorne.

Meine Damen und Herren, man kann es bewerten wie man will, aber die neuen Rahmenbedingungen, und BSE ist nur eine Facette einer großen neuen Rahmenbedingung, die andere wichtige im Unterschied zur Mitte der 90er Jahre ist die dauerhafte Verteuerung von Energie auf diesem Globus. Diese beiden neuen Rahmenbedingungen - verändertes Verbraucherverhalten, Energieentwicklung auf diesem Globus - bringen neben allen Problemen und Risiken auch eine Chance, nämlich einer tatsächlich, zu Teilen in Thüringen auf jeden Fall auch schon sich gut bisher entwickelnden Agrarpolitik, die man aber auch noch stärker vernünftig umorientieren kann. Wir haben wissenschaftlichen Sachverstand in Thüringen seit Mitte der 90er Jahre

(Zwischenruf Abg. Schröter, CDU: Was?)

seit Mitte der 90er Jahre auch in Papieren mit Unterstützung nicht nur des Hauses, sondern mit europäischen Fördermitteln, mit diesem EULANU-Programm, effiziente umweltverträgliche Landnutzung, im Wesentlichen stärkere Bindung zukünftiger Zahlung staatlicher Zuschüsse an die Erfüllung von wissenschaftlich definierten Kriterien der Umweltverträglichkeit, entscheidend, meine Damen und Herren, vollkommen unabhängig von der Größe eines Betriebes, von der Art und Weise wie er produziert. Es ist nur entscheidend, dass er diese definierten Kriterien erfüllt. Es ist eine sehr gute Chance, diese Krise zu nutzen, rechtzeitig diese Dinge zu aktivieren, rauszuholen aus den Schubladen in den Bund, nach Europa wieder nachzureichen. Mitte der 90er Jahre haben Verantwortliche Bundes- und Europapolitiker gesagt, das ist ein vernünftiger Weg, politisch nicht umsetzbar. Dieses hat sich geändert. Die politische Umsetzbarkeit auch dieser guten thüringischen Vorstellung ist gekommen. Lassen Sie sie uns nutzen!

(Beifall bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat sich Frau Abgeordnete Fischer, PDS-Fraktion, zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, mir geht es ähnlich. Ich wollte mich eigentlich nicht melden, aber ich denke, zu einigen Problemen muss man hier dennoch einige Dinge sagen.

Herr Botz, erst einmal zu Ihnen etwas. Den Punkt 4, also den Anstrich 4, den werden wir streichen, um dem ganzen Haus zu ermöglichen, diesem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Nach dem, was ich hier gehört habe, parteiübergreifend, denke ich, das wird auch möglich sein und wir werden das in einer namentlichen Abstimmung natürlich auch sehen, wie jeder dazu steht.

Herr Minister Pietzsch - er ist gerade nicht da,

(Zwischenruf Dr. Pietzsch, Minister für Soziales, Familie und Gesundheit: Doch!)

doch, Entschuldigung -, ich hoffe natürlich, dass Sie mir und uns in Zukunft den Vorwurf ersparen, dass wir wieder die alten sozialistischen Verhältnisse haben wollen.

(Zwischenruf Dr. Pietzsch, Minister für So- ziales, Familie und Gesundheit: Nein, das habe ich Ihnen nicht vorgeworfen.)

Ja, ja, ich sage auch noch was dazu; zu Ende zuhören. Der Vorwurf greift nicht, aber besonders natürlich bei dieser Thematik ist er aus meiner Sicht völlig unangebracht, denn Rindviecher, Herr Minister,...

(Beifall bei der SPD)

Ich will Ihnen noch etwas dazu sagen - ich sage das wirklich ungern, weil ich denke, das ist eine Diskriminierung von Rindviechern, das geht wieder gegen den Tierschutz eigentlich -, wir sollten darüber reden hier an dieser Stelle und nicht streiten. Das Gesundheitswesen muss funktionieren, meine Damen und Herren, zum Gesundheitsschutz, zum umfassenden Gesundheitsschutz der Bevölkerung - Punkt. Das klingt natürlich zunächst sehr unpolitisch, ist es aber, wie wir auch heute wieder gehört haben, überall wohl nicht. Die Hektik und die teilweise Hysterie in dieser Problematik zeigt mir immer wieder, dass Prioritäten eigentlich nicht festgelegt worden sind in dieser Hinsicht. Ich will Ihnen mal ein bisschen schildern, wie und seit wann ich diese ganze Problematik wahrnehme. Der Minister hat hier von 1923 geredet. Ich will mich dazu nicht äußern. Es ging ja da

bei auch um artgerechte Haltung von Tieren und heute geht es auch um so was beim Menschen; muss ich dazusagen, das ist ja die Schlussfolgerung an dieser Stelle. Es geht dabei um Tiermehl und Tiermehl ist eben nichts Natürliches, Herr Kretschmer, und das essen Sie dann halt auch. Und wenn Sie eine Frage stellen wollen, dann stellen Sie die bitte. Als ich 1990/91/92 zum ersten Mal von dieser Problematik hörte, bin ich ins LöfflerInstitut gefahren auf der Insel Riems - manch einer von uns als gelernter DDR-Bürger wird kennen, was dort passiert ist - und habe dort mit Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen beraten, wie denn mit dieser Sache umzugehen ist. Die neue Variante der Creutzfeldt-JakobKrankheit war mir völlig neu, hatte ich noch nie gehört. BSE hatte ich auch noch nie gehört und ich schäme mich nicht deswegen. Aber man muss sich dann darum kümmern. Und bereits dort, bereits 1993, wurden alle wissenschaftlichen Erkenntnisse, die damals da waren, zusammengetragen. Die Wissenschaftler haben eindeutig davor gewarnt, dass das etwas Ähnliches sein könnte wie bei der Leukose; artenübergreifend, das und jenes. Also, es sind alles Sachen, die bekannt sind. Und nur, weil plötzlich Fälle von BSE in Deutschland festgestellt werden oder vielleicht auch irgendwann in Thüringen, Herr Minister, hat sich doch die Situation für den Verbraucher und für den Gesundheitsschutz nicht geändert. Dadurch ist auch keine neue Qualität entstanden, nein, sie ist nur offensichtlich geworden. Und dann wird geantwortet mit Hektik, mit Hysterie und so weiter. Wie gesagt, es ist heute schon sehr viel dazu gesagt worden. Was mich also unheimlich erregt, muss ich sagen, ist die ganze Geschichte mit dem MLVUA. Ich denke an Geschichten in Gera, an überall. Uns haben gerade die Bayern an dieser Stelle gesagt - ich habe da keine Farbenblindheit hinsichtlich Bayern -: Lasst das! Baut das aus, so wie das ist! Kein Personalabbau! Sorgt dafür, dass das bleibt! Aber nein, was haben wir denn gemacht? Wir haben in Bereichen des MLVUA abgebaut. Ich könnte die Zahlen alle nennen. Das ist eine Sache, die mir wirklich - öffentlicher Gesundheitsschutz und so weiter, Gesundheitsdienst - sehr am Herzen liegt an dieser Stelle. Ich habe mir hier an dieser Stelle mal unheimlich viel Ärger eingehandelt, als ich eine Architektin damals fragte - es war nicht mal ein Vorwurf -, ich fragte sie nur, was denn passiert, wenn man denn tragende Wände aus einem Haus entfernt. Das stürzt dann in der Regel bekanntlich zusammen - Binsenwahrheit. Also, damals gab es unheimlich viel Aufregung um diese Aussage. Es war nur eine Frage. Und genau was jetzt passiert mit der Landesbehörde, ist doch lediglich das Bemühen, diese Wände irgendwo ein bisschen wieder einzuziehen. Mehr will ich dazu nicht sagen. Aber ich habe natürlich auch Fragen. Und wenn der Minister dann schon noch mal drangeht, vielleicht könnte man die dann irgendwo auch mit beantworten. Meine Fragen gehen dahin: Welche Auswirkungen sind denn zu erwarten auf eine geplante und auf beschlossene Kommunalisierung ab Januar 2002? Sind denn in Beziehung auf die geplante Neubildung des Landesamtes für Verbraucher

schutz auch Veränderungen in den Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämtern geplant? Und meine Frage ist: Welche? Ist eine Erhöhung des Finanzetats für die verstärkte amtliche Überwachung der Lebensmittel geplant und wann? Liegen Stellungnahmen der in der Lebensmittelüberwachung tätigen Tierärzte und Lebensmittelkontrolleure vor? Wir als PDS lehnen die Einrichtung der Landesbehörde unter den gegebenen Umständen, die ich Ihnen geschildert habe, nicht ab, aber damit ist noch nichts gebessert. Damit hat sich die Situation noch nicht geändert.

(Beifall Abg. Becker, SPD)

Meine Damen und Herren, auf eine Stelle möchte ich hier auch noch hinweisen: Beeilen müssen sich die Wissenschaftler, denn wenn Agrarexperten Recht behalten, steht der nächste Futtermittelskandal schon vor der Tür. Das von der Bundesregierung jetzt beschlossene Verbot der Verfütterung von Tiermehl kommt nach Einschätzung der NABU Bonn dabei nicht nur viel zu spät, sondern die nächste Zeitbombe tickt. Die jetzt schon in Form, siehe Bayern, von Tiermastantibiotika und Hormonen oder auch gentechnisch manipulierten Lebensmitteln und Futtermitteln laut tickt. Ich frage mich, wann wir uns endlich hier mit Risikoforschung intensiv befassen wollen. Schon mit Herrn Seehofer habe ich viel, viel Ärger gehabt. Die Risikoforschung gehört unterstützt zum Schutze der Bevölkerung und natürlich auch für unsere Bevölkerung hier in Thüringen.