Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren Abgeordneten, verehrte Vertreter auf der Regierungsbank, ich begrüße Sie sehr herzlich zu unserer heutigen 41. Plenarsitzung des Thüringer Landtags am 5. April, ebenso die Gäste, die auf der Besuchertribüne Platz genommen haben. Neben mir haben Platz genommen als Schriftführer Frau Abgeordnete Bechthum und der Abgeordnete Mohring. Frau Abgeordnete Bechthum wird die Rednerliste führen.
Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt: Herr Ministerpräsident Dr. Vogel, Herr Minister Gnauck, der Abgeordnete Kretschmer, der Abgeordnete Wetzel, der Abgeordnete Höhn, Frau Abgeordnete Zitzmann. Ich denke, besonders unserer Kollegin Zitzmann sollten wir an dieser Stelle auch die besten Genesungswünsche hier aus dem hohen Haus zusenden, sie hat eine schwere Operation hinter sich
und wir hoffen, dass sie bald wieder unter uns sein kann. Das Gleiche gilt auch für die Abgeordnete Neudert, die ja auch schon viele Wochen wegen Krankheit ausfällt,
Dann habe ich einige allgemeine Hinweise: Gegen 13.00 Uhr lade ich zu einer Präsentation zum Thema "Gewalt gegen Menschen mit Behinderung" ein, gleich hier im Foyer neben dem Plenarsaal.
Ein weiterer Hinweis, den ich geben möchte: Es hat Beschwerden gegeben über Raucher, und zwar Raucher gleich hinter dem Plenarsaal im Treppenhaus.
Ja, der Beifall bestätigt das noch einmal, der Rauch zieht dann hier in den Plenarsaal und wird als störend empfunden. Ich denke aber, der einziehende Frühling kann ja einen Schritt auch in das Freie ermöglichen, dann wäre das Problem gelöst. Es gibt natürlich auch im Haus Ecken, wo man rauchen kann, aber, ich denke, wir sollten Rücksicht aufeinander nehmen. Der Abgeordnete Primas fühlt sich besonders betroffen. Gut, auch das nehme ich zur Kenntnis.
Dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, habe ich noch einen Nachtrag zur letzten Plenarsitzung zu machen vom 16. März, nämlich dort hat die Durchsicht des Protokolls
bestätigt, was manche bereits in der Sitzung gehört, andere, so auch ich als amtierende Präsidentin, überhört hatten, nämlich, dass in einem Redebeitrag des Kollegen Wunderlich zur Beratung der Großen Anfrage zur Politik der Landesregierung im ländlichen Raum ein Mitglied der Bundesregierung unter anderem auch als "Schickeriafuzzi" betitelt wurde.
Es handelt sich um den deutschen Außenminister und, ich denke, das geht denn doch zu weit, zumal wir auch zum gegenseitigen - es ist eine ernste Geschichte - Respekt der Verfassungsorgane und deren Amtsträger untereinander gerufen sind. Ich denke, darin sollten wir auch Vorbildwirkung zeigen. Der Kollege Wunderlich bekommt deshalb für den "Schickeriafuzzi" nachträglich einen Ordnungsruf.
Damit komme ich jetzt zur heutigen Tagesordnung, und zwar wird die heutige Tagesordnung ergänzt. Ich denke, wir sollten jetzt aufpassen, was heute hier verhandelt wird, damit wir dann auch folgen können.
Zum TOP 5 a: Antrag der Landesregierung in Drucksache 3/1058 - Entlastung der Landesregierung für das Haushaltsjahr 1998 - wurde ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD in Drucksache 3/1491 verteilt.
Zu TOP 6: Die angekündigte Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1175 - hat die Drucksachennummer 3/1480.
Zu TOP 10: Zum Antrag der Fraktion der CDU in Drucksache 3/1444 - Verhandlungen zum Maßstäbegesetz, Länderfinanzausgleich und Solidarpakt II - wurden Änderungsanträge der Fraktion der SPD in Drucksachen 3/1490 und 3/1492 sowie der Fraktion der PDS in Drucksache 3/1493 verteilt. Gemäß § 64 Abs. 3 Satz 1 der Geschäftsordnung muss die Fraktion der CDU ihre Zustimmung zu den oben genannten Änderungsanträgen erteilen. Gibt es da ein Problem? Also Zustimmung wird erteilt, damit sind diese Änderungsanträge so möglich und werden auch Gegenstand der Beratung sein.
Zu TOP 17 - Fragestunde - kommen folgende Mündliche Anfragen für die heutige Sitzung hinzu: Drucksache 3/1471, 3/1473, 3/1474, 3/1475, 3/1476, 3/1477, 3/1481 und 3/1488. Für die morgige Plenarsitzung kommt die Anfrage 3/1489 hinzu.
Des Weiteren hat die Landesregierung angekündigt zu den Tagesordnungspunkten 1 a und 9 von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 Abs. 2 der Geschäftsordnung Gebrauch zu machen.
Außerdem hat die Landesregierung darum gebeten, den Tagesordnungspunkt 15 in der 42. Plenarsitzung am Freitag, dem 6. April, also morgen, nicht vor 11.00 Uhr aufzurufen, da Staatssekretär Dr. Aretz, der mit der Verhandlungsführung in der Angelegenheit beauftragt worden ist und zu diesem Beratungsgegenstand berichten möchte, erst zu diesem Zeitpunkt von einer Amtschefkonferenz zurück sein kann. Ich denke, das ist aber ohne Problem, da wir ohnehin nicht eher im zeitlichen Ablauf zu dem Punkt 15 kommen werden.
Ich frage jetzt, wird widersprochen, gibt es weitere Ergänzungen, Wünsche? Ja, Herr Abgeordneter Stauch.
Frau Präsidentin, wir beantragen, die Tagesordnungspunkte 5, 10 und 13 in jedem Falle noch heute zum Aufruf zu bringen, da wir die Anwesenheit des Finanzministers hier für notwendig erachten.
Da wir die Anwesenheit des Finanzministers für notwendig erachten und dieser morgen nicht an der Plenarsitzung teilnehmen kann. Wir bitten, die Tagesordnungspunkte 2 und 3 bzw. 12 und 14 in gemeinsamer Aussprache zu behandeln.
Die Fraktionen der PDS und SPD beantragen, den Antrag "Bildung eines zeitweiligen Verfassungsausschusses" in Drucksache 3/1478 auf die Tagesordnung zu setzen und ihn als Tagesordnungspunkt 1 c wegen der Sinnhaftigkeit aufzurufen und gemeinsam mit 1 a und b zu beraten.
Gut, dann lasse ich erst abstimmen über den Antrag zur Aufnahme eines neuen Tagesordnungspunkts in die Tagesordnung. Wer mit der Aufnahme des neuen Tagesordnungspunkts, das war ja ein gemeinsamer Antrag von PDS und SPD, einverstanden ist und diesen als 1 c aufnehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Das ist große Einmütigkeit und damit aufgenommen.
Jetzt haben wir noch die Zusammenlegungs- bzw. Verschiebungswünsche. Wer damit einverstanden ist, dass TOP 2 und 3 gemeinsam aufgerufen werden, den bitte ich ebenfalls um das Handzeichen. Das ist auch große Einmütigkeit, dann wird so verfahren. Wer ist damit einverstanden, TOP 12 und 14 in gemeinsamer Aussprache durchzuführen? Wird ebenfalls mit großer Einmütigkeit bestätigt. Dann gab es aus Sinnhaftigkeit der Anwesenheit des Finanzministers noch den Wunsch, TOP 15 und TOP 13 heute zu verhandeln. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich ebenfalls um das Handzeichen. Danke, das ist auch die übergroße Mehrheit, damit verfahren wir so.
Zweites Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen Gesetzentwurf der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1458 ERSTE BERATUNG
Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Richtergesetzes Gesetzentwurf der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1459 ERSTE BERATUNG
Ich frage, ob Begründung durch den Einreicher gewünscht wird. Das ist der Fall. Herr Abgeordneter Dittes. Die Begründung ist für beide Anträge, das wurde mir gerade gesagt.
Meine Damen und Herren, um gleich ein mögliches Missverständnis auszuschließen, der vorliegende Gesetzentwurf zur Änderung der Thüringer Verfassung ist nicht das bloße Anhängsel der nachfolgenden oder jetzt gemeinsam zu beratenden vorgelegten Änderungen zum Thüringer Richtergesetz. Die Änderungen der Bestimmungen in der Thüringer Verfassung sind zwar notwendige Voraus
setzungen für Teile der von meiner Fraktion vorgelegten Änderungsvorstellungen des Richtergesetzes, aber unabhängig davon gibt es aus unserer Sicht zwingende Gründe, die gegenwärtige Regelung in Artikel 89 Abs. 2 der Thüringer Verfassung zu ändern. Die Regelung, wonach über die vorläufige Anstellung der Richter der Justizminister und über deren Berufung auf Lebenszeit dieser mit Zustimmung des Richterwahlausschusses entscheidet, ist bundesweit ohne Vorbild. Mit Blick auf die Aufgabe des Richterwahlausschusses als einem besonderen Organ im System der Gewaltenteilung ist sie vor allem aber eine Regelung, die bereits in sich unschlüssig ist. Während der Verfassungsgeber einerseits dem Gedanken demokratischer Legitimation und der Gewaltentrennung dadurch entsprechen wollte, dass bei der Berufung in ein Richterverhältnis auf Lebenszeit die Exekutive nicht allein entscheidet, negierte er andererseits im gleichen Atemzug die Bedeutung dieser Prinzipien bei der Auswahl der zukünftigen Amtsträger der dritten Gewalt. Für die Berufung in ein Richterverhältnis auf Probe hat er die alleinige Zuständigkeit der Exekutive festgeschrieben und damit jede hiervon abweichende Regelung des Einfachgesetzgebers ausgeschlossen. Auf keinen Fall konnte eine derartige Sperrwirkung der Verfassung mit der demokratischen Verantwortung der Exekutive für eine personelle und sachliche Funktionsfähigkeit der Rechtsprechung begründet werden. Die langjährige Praxis in verschiedenen anderen Bundesländern, in denen der Richterwahlausschuss auch bei der Berufung in ein Richterverhältnis auf Probe ohne negative Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit der Rechtsprechung beteiligt ist, sprach bereits dagegen. Eine damalige Aufbausituation der Justiz oder eine größere Flexibilität bei Personalentscheidungen mögen es zwar rechtfertigen, die alleinige Entscheidung für die berufenen Richter auf Probe der Exekutive vorzubehalten, sie rechtfertigen es aber nicht, jede hiervon abweichende Regelung von Verfassungs wegen bereits auszuschließen.
Die Bestimmung des Artikel 89 Abs. 2 Satz 1 war bereits zum Zeitpunkt ihrer Entstehung nicht rational nachvollziehbar. Erst recht verschließt sich der Sinn dieser Verfassungsregelung, nachdem die Aufbausituation der Thüringer Justiz längst der Vergangenheit angehören dürfte. Eine Änderung der Verfassung ist daher notwendig, unabhängig von dem rechtspolitischen Vorhaben einer Novellierung des Thüringer Richtergesetzes. Dies unterscheidet, meine Damen und Herren, die hier vorgesehene Verfassungsänderung von der ersten Verfassungsänderung im Zusammenhang mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Thüringer Abgeordnetengesetzes aus dem Jahr 1997. Die Regierungskoalition befand sich damals, wie Sie sicherlich noch gut in Erinnerung haben, wegen der Diätenregelung nach Artikel 54 Abs. 2 der Landesverfassung vor den Augen der Öffentlichkeit in einer Vertrauenskrise, der sie durch die Einfügung eines befristeten Moratoriums bei der Diätenanpassung in Artikel 105 a zu begegnen versuchte. Es handelte sich damals, meine Damen und Herren, um eine aus reinem Opportunismus der Regierungs
mehrheit vorgenommene Verfassungsänderung und somit um einen mehr oder weniger willkürlichen Gebrauch der damaligen Regierungskoalition von ihrer verfassungsändernden Mehrheit.
Anders verhält es sich dagegen mit dem Entwurf der heute vorliegenden Verfassungsänderung, der die Neuregelung der Bestimmung über den Richterwahlausschuss aus dem Demokratieprinzip und der richterlichen Unabhängigkeit als einem tragenden Pfeiler der Rechtsstaatlichkeit daraus begründet.
Im Gegensatz zu damals beim Abgeordnetengesetz soll die Verfassung nicht aus Zweckmäßigkeitsüberlegungen dem vorübergehenden tagespolitischen Bedarf angepasst werden, es ist vielmehr mit der hier vorgeschlagenen Verfassungsänderung ein Mehr an Demokratie und Rechtsstaatlichkeit beabsichtigt.
Mit der zeitgleichen Einbringung unseres Entwurfs zur Änderung des Thüringer Richtergesetzes wollen wir unsere Vorstellungen über einen im Rahmen der Verfassung und des Deutschen Richtergesetzes möglichen und mit Blick auf die richterliche Unabhängigkeit notwendigen Entfesselung der dritten Gewalt in die Diskussion einbringen. Der Entwurf verarbeitet dabei einerseits die Kritik der Linken Liste/PDS in der 1. Legislatur am damaligen Entwurf der Landesregierung und berücksichtigt andererseits weitgehend die Vorstellungen der Verbände der Richter und Staatsanwälte, die dies in der laufenden Diskussion um eine notwendige und auch beabsichtigte Novellierung des Thüringer Richtergesetzes durch die Landesregierung vielerorts artikuliert haben.
Ziel ist es, zur Sicherung der richterlichen Unabhängigkeit den Einfluss der Exekutive so weit wie möglich zu beschränken. Dabei geht der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf bereits von den soeben begründeten Änderungsvorschlägen der Thüringer Verfassung in Artikel 89 Abs. 2 aus, die im Speziellen die Wahl der Richter auf Probe durch den Richterwahlausschuss sowie die Besetzung des Richterwahlausschusses neu regeln.
Kern der Änderungen bei den Richtervertretungen ist die generelle qualifizierte Mitbestimmung der Richterräte in allen in § 39 aufgeführten personellen, sozialen und organisatorischen Angelegenheiten mit Ausnahme der sonstigen im Katalog nicht aufgeführten allgemeinen organisatorischen Angelegenheiten. Richter sind keine Beamte, die Aufgaben der vollziehenden Gewalt wahrnehmen, sondern von der vollziehenden Gewalt unabhängige Träger der Recht sprechenden Gewalt. Folglich, meine Damen und Herren, lässt sich die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Personalvertretungsrecht auf das Verhältnis der Regierung zur Recht sprechenden Gewalt nicht übertragen und ist bei ihnen eine uneingeschränkte Mitbestimmung in den sie betreffenden Angelegenheiten auch zulässig.
Weitere wesentliche Änderungen aus unserem Gesetzentwurf: Nicht parlamentarische Mitglieder des Richterwahlausschusses werden unmittelbar durch die Richter und Staatsanwälte gewählt; die Bestellung eines Justizrats bei Entscheidungen, die auf Ministeriumsebene getroffen werden und nicht nur eine einzelne Gerichtsbarkeit oder nicht nur die Staatsanwaltschaft betreffen; Aufgabenerweiterung des Präsidialrats entsprechend der Regelungen anderer Bundesländer und Erweiterung der Beteiligungsrechte für die Vertretung der Staatsanwaltschaft. Zu detaillierten Ausführungen oder auch zu weiteren Änderungen verweise ich auf die nachfolgende Debatte.