Ich bitte, dass Sie das einmal parteiintern bei Ihren Genossen klären, welche Linie die Thüringer SPD eigentlich in diesem Punkt fährt.
Nach dem Rückzug des Bundes aus der Finanzierung von Bundesergänzungszuweisungen will der Bund nach seinen Vorschlägen auch die Sonderlasten der ostdeutschen Länder auf den starken infrastrukturellen Nachholbedarf beschränken und damit werden Maßnahmen der Wirtschaftsförderung nicht mehr anerkannt. Ebenfalls entfällt die Nennung der deutlich unterproportionalen kommunalen Finanzkraft, was insofern bei dem Bundesvorschlag schlüssig ist, weil er ja die kommunale Finanzkraft zu 100 Prozent im horizontalen Finanzausgleich berücksichtigt. In dem Punkt ist er schlüssig.
Obwohl der Bund den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts von allen Vorschlägen am weitesten erfüllt, ist aus der Sicht der neuen Länder der Vorschlag des Bundes abzulehnen. Wir wenden uns gegen eine Reduzierung der Mittel insgesamt. Wir lehnen eine Beteiligung der Länder an der Finanzierung von Haushaltsnotlagen-BEZ vom Grundsatz her ab, da diese in der Sache nämlich keine BEZ mehr wären, und schließlich lehnen wir den Bundesvorschlag ab, weil Bundesergänzungszuweisungen für die neuen Länder nur für den Nachholbedarf in der Infrastruktur verwendet werden sollen.
Meine Damen und Herren, wir können uns als junges Bundesland je weniger auf Leistungsanreize und Selbstbehalte bei der Neuregelung Länderfinanzausgleich einlassen, je stärker wir jetzt und in den folgenden Jahren vom Wachstum abgekoppelt werden. Das ist ein kritischer Punkt. Den möchte ich hier benennen, weil, je mehr die Schere auseinander geht, das Wirtschaftswachstum auch zu stärkeren Steuereinnahmen und Steueranreizen in den leistungsstarken Ländern Süddeutschlands führen wird und nicht so sehr in den jungen Ländern.
Das ist genau der Punkt, wo der Ministerpräsident darauf hingewiesen hat und warum wir dieses Sonderprogramm Ost von der Bundesregierung gefordert haben. Wenn das Wachstum in den alten Bundesländern im Jahr 2000 3,4 Prozent betrug, in den jungen Ländern 1,3 Prozent, wir liegen deutlich darüber, und wenn die Arbeitslosigkeit im Westen bei 8 und im Osten bei 18,7 Prozent lag zu Anfang dieses Jahres, dann ist es Zeit, die Bundesregierung an ihre Chefsache zu erinnern und konkretes Handeln zu verlangen.
Die Einzelheiten sind mehrfach erläutert worden. Wir sind ja anfänglich kritisiert worden, das wäre nicht finanzierbar. Ja, meine Damen und Herren von der SPD, gestern ist doch der Bundesbankgewinn mit 16,3 Mrd. DM veröffentlicht worden.
Das heißt, da stehen im Jahr 2001 9,3 Mrd. DM dem Sparkommissar Hans Eichel zur Verfügung. Wenn er also mit dem Erblastentilgungsfonds reduzieren will, dann lasst uns doch zumindest über die Zinsen reden. Dann hätte er wenigstens ein Sparprogramm für den Osten auf den Weg gebracht. Unsere Forderung geht weiter, dass man nämlich diese 9,3 Mrd. DM einmaliger Erlöse konkret für den Nachholbedarf im Osten umsetzt.
Meine Damen und Herren, vielleicht noch ein Wort dazu, was vor allem einen SPD-Antrag betrifft, die Verschiebung der Neuregelung auf die nächste Legislaturperiode. Das hätten Sie wohl gern. Der Kollege Gnauck hat vollkommen zu Recht öffentlich gesagt, das gehört nicht in den Wahlkampf hinein. Es gibt einen Beschluss der Besprechung des Bundeskanzlers mit den Regierungschefs vom 15. Juni 2000. Die Verabschiedung des Maßstäbegesetzes und des neuen Finanzausgleichsgesetzes nacheinander sowie eine Anschlussregelung für den Solidarpakt sollen noch in der laufenden Legislaturperiode insgesamt abschließend erfolgen. Da sage ich eindeutig: Nein.
Wir müssen uns vor der Bundestagswahl zu dieser Lösung entscheiden und die Bundesregierung und die Bundestagsfraktionen der regierenden Parteien müssen vor 2002 sagen, wie sie den Aufbau Ost gestalten wollen.
Der Sinneswandel der Bundesregierung zum Sonderprogramm Ost ist doch schon eigenartig. Erst im Prinzip Zustimmung, aber nicht finanzierbar; zweite Stufe: Beteiligung der Länder gefordert; dritte Stufe: Geheimtreffen des Bundeskanzlers mit SPD-Ministerpräsidenten.
Meine Damen und Herren, ich freue mich nicht, dass auch aus anderen Verwaltungen Protokolle in die Öffentlichkeit gelangen. Nur in der Sache freue ich mich, dass die Bundesregierung jetzt ein Sonderprogramm auflegen will willkommen im Club, meine Damen und Herren von der SPD.
Wir sagen zu dieser Forderung eindeutig Nein, das Sonderprogramm muss den Abstand der wirtschaftlichen Dynamik zwischen West- und Ostdeutschland verringern helfen, wir brauchen die Entscheidung Solidarpakt II in dieser Legislaturperiode und deswegen muss das alles in diesem Jahr noch auf den Weg gebracht werden.
Ich will noch ein Wort sagen zur Forderung der PDS, höchste Priorität für gleichwertige Lebensverhältnisse. Als ich den Antrag durchgelesen habe, erinnerte mich das so an Direktiven von SED-Parteitagen, nur dass sich die Lebensverhältnisse in der DDR zwischen Berlin und dem ländlichen Raum auch deutlich auseinander entwickelt haben. Es gab da ein Sprichwort: "Alle Lebensverhältnisse sind gleich, in Berlin sind sie gleicher." Ich hoffe, dass sich mancher noch daran erinnert. In der Sache werden wir diesem Antrag zustimmen, nur Ihre Begründung ist falsch. Artikel 107 Grundgesetz spricht für einen angemessenen Finanzausgleich, den haben Sie zitiert, Frau Dr. Wildauer. Nur, ich beziehe mich - und deswegen bin ich auch dafür, dass man nämlich Ihrem Antrag zustimmt auf Artikel 72 des Grundgesetzes. In diesem Artikel ist die konkurrierende Gesetzgebung geregelt und er fordert die Bundesregierung geradezu auf, von der konkurrierenden Gesetzgebung Gebrauch zu machen, falls sich die Lebensverhältnisse in Deutschland so entwickeln, dass Gebiete von der wirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt werden. Wenn das Ihre Intentionen sind, dann sind sie auch die Intentionen der Landesregierung und der CDU-Landtagsfraktion in diesem hohen Hause.
Der Bund hat sich vom Aufbau Ost verabschiedet, kein Ausweis für Investitionen im Osten mehr separat, Benachteiligung der ertragsschwachen Unternehmen und kapitalschwachen Unternehmen im Osten in der Steuerreform und höchster Alarm - meine Damen und Herren, die Realität spricht doch eine andere Sprache. Wir werden nachher in einem anderen Antrag noch dazu kommen, wir werden mal sehen, wie Sie sich verhalten zu dem Antrag Gewerbesteuerumlage, ob Sie da die Meinung vertreten bezüglich der Steuerreform oder ob Sie dann eine populistische andere Meinung vertreten.
Und es kommen bei mir höchste Alarmsignale an, dass es auf Arbeitsebene Entwicklungen gibt, die I-Zulage im Osten auslaufen zu lassen und nicht zu verlängern. Und da werde ich sagen, wenn ich so etwas höre, dann hat sich die Bundesregierung endgültig vom Aufbau Ost verabschiedet.
Man könnte noch viele Positionen nennen; ich kann meinem Ministerpräsidenten nur empfehlen, bei unserer moderaten Haltung zu bleiben und weiterhin auf einen Kompromiss hinzuarbeiten. Ich verstehe da manchmal meine Kollegen, vor allem in den jungen Bundesländern, nicht.
Wir geben ein gemeinsames Gutachten in Auftrag bezüglich der Einbeziehung der Kommunalfinanzen. Das Gutachten kommt zu einem Ergebnis, dass die Kommunalfinanzen zu 100 Prozent einbezogen werden müssen; es sagt allerdings auch, man kann es auch über Bundesergänzungszuweisungen regeln und meine Kollegin Ziegler aus Brandenburg sagt öffentlich genau das Gegenteil. Das ist keine Interessenvertretung, wie wir sie im Osten brauchen, das ist ganz einfach parteikonforme Linie, die von Berlin und Hannover vorgegeben wird.
Mir liegen keine weiteren Redemeldungen mehr vor. Es ist keine Ausschussüberweisung beantragt worden. Möchte das noch jemand nachholen? Das ist nicht der Fall. Damit kommen wir zur Abstimmung über die Anträge.
Als Erstes stimmen wir ab über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD in der Drucksache 3/1490. Wer diesem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön, das ist offensichtlich die Mehrheit. Gibt es Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Eine einstimmige Annahme des Änderungsantrags.
Wir kommen zum zweiten Änderungsantrag der Fraktion der SPD in Drucksache 3/1492. Wer diesem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Danke schön, das ist die Mehrheit. Gibt es Stimmenthaltungen? Eine Stimmenthaltung. Bei einer Mehrheit von Gegenstimmen ist dieser Änderungsantrag abgelehnt.
Dann stimmen wir ab über den Änderungsantrag der Fraktion der PDS in Drucksache 3/1493. Dort stimmen wir über den Inhalt ab außer der Nummer 2, denn die Nummer 2 ist bereits abgestimmt, weil diese im Änderungsantrag 3/1490 enthalten ist. Wer der Drucksache 3/1493 ohne Nummer 2 zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist
nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Es gibt eine Stimmenthaltung. Der Antrag ist mehrheitlich, mit großer Mehrheit, angenommen.
Dann kommen wir zum Abstimmverfahren über den Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 3/1444 unter Berücksichtigung der Annahme von Änderungsanträgen, die Sie eben abgestimmt haben. Wer diesem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Wir haben eine einstimmige Annahme des Antrags der Fraktion der CDU in Drucksache 3/1444 unter Berücksichtigung von Änderungen.
Ich schließe den Tagesordnungspunkt 10 und komme vereinbarungsgemäß zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 13, den wir unbedingt im Beisein des Finanzministers beraten wollen.
Bundesratsinitiative "Änderungen bei der Erhebung der Gewerbesteuerumlage" Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1456
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir haben für die heutige Plenartagung den Antrag zur Änderung bei der Erhebung der Gewerbesteuerumlage eingebracht, weil wir meinen, dass endlich Schluss sein muss mit den Eingriffen des Bundes in die Kommunalfinanzen.