Protokoll der Sitzung vom 17.05.2001

gierung zu wehren, und ich denke, das ist ein Unding. Ungehinderte und umfassende Information ist für mich und für uns die wichtigste Voraussetzung, das müsste auch für Sie als Abgeordnete die wichtigste Voraussetzung dafür sein, dass Sie Ihre Tätigkeit als Abgeordneter überhaupt verantwortungsvoll durchführen können.

(Beifall bei der PDS)

(Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Da wir nur bla, bla, bla verstehen...)

Aber wenn ich Ihnen nur die Schlagworte nenne wie "Pilz" oder "Roewer" und andere, ist einem als Oppositionsfraktion natürlich schon klar, warum es der Mehrheitsfraktion um die wirksame Kontrolle von Regierungshandeln nicht so sehr ernst ist. Es verwundert also auch nicht, dass die Mehrheitsfraktion die PDS-Vorschläge zur Ausweitung der Informationsrechte wie erleichterten Zugang zu Tonbandinformationen aus Ausschuss-Sitzungen mit Nichtbeachtung gestraft hat.

Ich möchte es zum Schluss kurz machen: Die Mehrheit im Ausschuss hat alle Änderungsanträge der PDS und auch den guten Antrag der SPD-Fraktion abgelehnt. Mit diesen von der CDU vorgesehenen Änderungen werden in die Geschäftsordnung unübersehbar Strukturen eines antidemokratischen Parlamentsverständnisses der Mehrheitsfraktion festgeschrieben.

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Sie sind doch nicht ganz sauber. Ungeheuerlich!)

Selbstverständlich, Herr Althaus.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Unver- schämtheit!)

Parlament wollen Sie nicht als unabhängiges, dem offenen, sachlichen und demokratischen Willensprozess verpflichtetes Verfassungsorgan, Parlament nicht als Repräsentant des Volkswillens, Parlament nicht als wichtigstes demokratisches Kontrollorgan der Regierung und der Verwaltung, sondern Sie wollen Parlament als Spielball und Spielwiese einer ungezügelt agierenden Mehrheitsfraktion,

(Zwischenruf aus der CDU-Fraktion: Das ist eine Frechheit!)

(Beifall bei der PDS)

einer Mehrheitsfraktion, die befangen im Machtrausch sich zur bloßen Mehrheitsbeschafferin der Regierung erniedrigt.

(Beifall bei der PDS)

Und ich verstehe auch nicht, warum es ein Lächeln auf Ihre Lippen bringt, denn ich habe eine Frage: Wie lange

glauben Sie, meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, noch mit absoluter Mehrheit in diesem Land regieren zu können?

Sie sollten lieber, Herr Althaus, daran denken, dass Ihre eigenen "genialen" Gesetzeskonstruktionen Ihnen eines Tages selbst auf die Füße fallen werden. Danke.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Es hat das Wort der Abgeordnete Dr. Pidde, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Geschäftsordnung ist die grundlegende Regelung für die Arbeit im Landtag. Man sollte sie nicht nach Belieben ändern und sie sollte für einen langen Zeitraum Gültigkeit haben.

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Lassen Sie sich nicht aus dem Konzept bringen.)

Und schon gar nicht sollte man sie abhängig machen von der jeweiligen Mehrheit hier im hohen Haus. Das ist ein schlechter politischer Stil.

(Zwischenruf Abg. Stauch, CDU: Mehrheiten sind schlecht?)

Es geht bei der Geschäftsordnung nicht um Abläufe oder um Formalitäten, sondern es geht darum, wie Meinungsbildung stattfindet und Entscheidungen vorbereitet werden.

(Beifall Abg. Gentzel, SPD)

Es geht darum, wie die Öffentlichkeit daran Teilhabe hat. Es geht um Grundlagen des Parlamentarismus. Deshalb hat der CDU-Antrag, der im Januar eingereicht worden ist, eingeschlagen wie eine Bombe.

Meine Damen und Herren, der Antrag der CDU hat 35 einzelne Änderungspunkte, von denen viele marginal sind oder als redaktionelle Änderungen betrachtet werden können. Aber sieben Knackpunkte sind dabei, bei denen es wirklich um die Abgeordnetenrechte geht - und deshalb der Aufschrei der Opposition. Und wenn die CDU-Fraktion argumentiert, das gibt es doch alles schon, und andere Geschäftsordnungen aus anderen Landtagen zitiert, dann hat sie Recht. Aber wenn man die Geschäftsordnungen anderer Landtage nimmt und aus jedem den ungünstigsten Fall heraussucht, dann ist die Summe natürlich entscheidend. In der ersten Lesung hat Herr Althaus hier gesagt, das ist doch alles nicht so schlimm, ist doch nur ein Diskussionspapier. Es hat sich herausgestellt, er ist der Wolf im Schafspelz. Es waren schöne Worte, mehr nicht. Die Praxis hat nämlich ganz anders ausgesehen und das möchte ich an den sieben Knackpunkten noch einmal begründen.

Von diesen sieben Punkten, die wirklich wichtig sind für die Abgeordnetenrechte, hat die CDU-Fraktion ein echtes Zugeständnis gemacht, das war nämlich bei der Verkürzung der Redezeit, das Zugeständnis: mit Zweidrittelmehrheit. Das halte ich persönlich für einen vernünftigen Kompromiss

(Beifall Abg. Althaus, CDU)

und diese Regelung ist durchaus in Ordnung. Wenn wir die anderen sechs Punkte anschauen, dann sind das Scheinangebote, z.B. die Anzahl der Mündlichen Anfragen, eine einzige sollte man als Abgeordneter nur noch stellen können.

(Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Nein, Sie können so viele stellen, wie Sie wollen.)

Jetzt dieses Zugeständnis...

Es kann jeder noch seine Position darstellen. Ich bitte, dass Herr Dr. Pidde fortfahren kann.

Sie können das alles ja noch darstellen. Eine Mündliche Anfrage hätte ich als Abgeordneter noch beantwortet bekommen, hier im Plenum mündlich beantwortet bekommen und die Möglichkeit der Nachfrage dazu gehabt. Jetzt haben Sie das ein kleines Stückchen aufgeweicht, indem Sie gesagt haben, wenn alles abgearbeitet ist, kann ja auch einer eine zweite Anfrage noch hier beantwortet bekommen.

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Es kann auch noch eine Fünfte und Sechste sein.)

Das ist aber eine wesentliche Verschlechterung der bisherigen Regelung. Das muss man doch einfach akzeptieren.

(Zwischenrufe aus der CDU-Fraktion)

Das zweite Scheinangebot - ich muss Sie doch schlimm treffen mit den Worten hier, betroffene Hunde bellen.

(Beifall bei der PDS)

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Nein, Sie erzählen Quatsch.)

Einen Moment bitte. Es gibt viele Zwischenrufe, aber es gibt auch geregelte Zwischen-, Nachfragen, Anfragen. Gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Stauch?

Herr Stauch, ich würde darum bitten, dass Sie zum Schluss die Frage stellen, dann antworte ich Ihnen gern.

Sie haben es gehört.

Das zweite Scheinangebot betrifft die Beteiligung von Rechnungshof und Datenschutzbeauftragten. Zunächst haben Sie gesagt, es kommt gar nicht in die Tüte, und jetzt ist es so, dass sie an nicht öffentlichen Ausschuss-Sitzungen teilnehmen können, aber Sie lehnen es ab bei vertraulichen Ausschuss-Sitzungen, Sie lehnen es ab bei Untersuchungsausschuss-Sitzungen. Sie könnten sie genauso wie jeden Abgeordneten, wie jeden Fraktionsmitarbeiter, wie jeden Landtagsmitarbeiter zur Vertraulichkeit in solchen Sitzungen verpflichten. In Sachsen gibt es diese Regelung übrigens in der Geschäftsordnung. Wir sollten uns nicht zufrieden geben mit dieser Minimalforderung, die Sie hier unterbreitet haben. Bei den übrigen vier Punkten, die uns genauso wichtig sind, sind Sie hart und stur geblieben in der Verhandlung und haben sich kein Stückchen bewegt. Das betrifft die Einschränkung des Fragerechts, dass bei Mündlichen Anfragen in Zukunft nicht mehr von der Präsidentin festgestellt wird, ob sie beantwortet sind.

(Zwischenruf Abg. B. Wolf, CDU: Das ist doch keine Einschränkung.)

Natürlich ist es eine Einschränkung. Die Präsidentin ist hier die unabhängige, neutrale Instanz. Und diese Regelung hat sich hervorragend bewährt. Das betrifft, dass Sie die Überweisung Mündlicher Anfragen an die Fachausschüsse ersatzlos streichen.

Das betrifft drittens die Einschränkung im Rederecht, nämlich dass Sie keine Erklärung zum Abstimmverhalten mehr zulassen, wenn es keine Aussprache gibt. Das empfinden wir als Maulkorb. Das kann doch nicht sein.

Und viertens die Einreichung von Wahlvorschlägen: Es ist vorhin von Frau Nitzpon schon darauf hingewiesen worden, auf die 48-Stunden-Frist, die Sie einführen wollen. Wie sollen wir uns, wir als Abgeordnete, wir alle, kritisch auseinander setzen mit den entsprechenden Kandidaten? Wie wollen wir die Mitwirkungs- und Kontrollrechte, die wir haben sollen, überhaupt wahrnehmen?

Meine Damen und Herren, die SPD-Position zur Geschäftsordnung hat sich nicht geändert. Wir haben gesagt, die bisherige Geschäftsordnung hat sich bewährt. Grundlegende Veränderungen daran sind nicht notwendig. Und wir haben gesagt, lassen Sie uns den Datenschutzbeauftragten, lassen Sie uns den Rechnungshofspräsidenten ordentlich einbeziehen. Und wir wollen jetzt mit dem Antrag,

der heute dazu gekommen ist, den Umgang mit Volksbegehren und Bürgerinitiativen hier im hohen Haus anders regeln, nämlich einerseits, dass Bürgeranträge und Volksbegehren in öffentlichen Ausschuss-Sitzungen beraten werden, und zweitens, dass die Vertrauenspersonen der Bürger Anwesenheits- und Rederecht hier im Landtag und in seinen Ausschüssen haben. Und ich bitte die CDU-Abgeordneten darüber wenigstens nachzudenken, denn eine Ablehnung dieses Antrags hat nicht nur Ärger mit der Opposition zur Folge, denn im Umgang mit der Bürgerinitiative "Mehr Demokratie in Thüringen" haben Sie bei vielen Bürgern schon eine Menge Porzellan zerschlagen.

Meine Damen und Herren, wenn ich sage, weitere Änderungen sind nicht nötig, so waren wir bereit, über Weiteres zu reden, wenn dort vernünftige Kompromisse hätten gefunden werden wollen. Aber nicht, reden ja, aber wir beschließen, was wir wollen. Ich habe gesagt, von den sieben Punkten, wenn Sie uns einen Brocken hinwerfen und dann sagen, nun stimmt aber zu, so kann es nicht sein. Wir wollten einen echten parteiübergreifenden Konsens.