Protokoll der Sitzung vom 14.06.2001

Sehr geehrte Damen und Herren, die Fraktion der PDS spricht sich eindeutig für die Planungskompetenz des Landes aus.

(Beifall bei der PDS)

Das Land muss die gesundheitspolitische Letztverantwortlichkeit für eine flächendeckende, bedarfsgerechte Versorgung auch in Zukunft haben. Die Leistungsfähigkeit und Versorgungsqualität zu tragbaren finanziellen Aufwendungen für alle zu erhalten ist zweifellos eine Herausforderung für die Entwicklung von vernünftigen Lösungsansätzen. Grundlage muss dabei eine sozialstaatliche Ausrichtung unseres Gesundheitssystems sein. Dies sind nach unserem Verständnis eine solidarische, einheitliche und gemeinsam handelnde Krankenversicherung, eine bedarfsgerechte, ausreichende und wirtschaftliche Versorgung sowie ein gleicher Zugang aller Versicherten zu allen Gesundheitsleistungen.

Meine Damen und Herren, wir beantragen als Fraktion, diesen Antrag an den Ausschuss zu überweisen, um die Novellierung des Krankenhausgesetzes auch verfolgen zu können. Ich sage hier auch, dass ich mit großer Genugtuung aus Ihrem Mund vernommen habe, Herr Minister, dass die öffentlichen Träger in Zukunft genauso ihre Chancen haben wie alle anderen.

(Beifall bei der PDS)

Für die CDU-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Arenhövel zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Frau Dr. Fischer, ich denke, es gibt überhaupt gar keinen Zweifel daran, dass das Land festhält, Verantwortung für die Krankenhausplanung zu tragen. Dazu haben wir uns immer bekannt und daran wird sich auch nichts ändern. Wir werden es auch nicht zulassen, dass nur noch Krankenkassen darüber entscheiden, wo Krankenhäuser gebaut, errichtet oder saniert werden. Gerade im Krankenhausbereich mussten wir seit 1990 sehr viel investieren, da geht es natürlich auch schlicht und ergreifend um sehr viel Geld. Der Minister hat ausgeführt, dass bereits 4 Mrd. DM in diesen Bereich geflossen sind, fließen mussten, damit wir den maroden Zustand der Krankenhäuser aufbessern konnten. Gerade weil es um sehr viel Geld geht, muss natürlich auch Kontrolle sein. So hat ja der Thüringer Landtag selbst in der Drucksache 3/461 vom 15.03.2000 beschlossen, dass das Krankenhausgesetz novelliert werden muss, dass es mit Förder

richtlinien und Verwaltungsvorschriften untersetzt werden muss, damit die Mittel effizient und sachgerecht verwendet werden. Wir haben den Bericht des Ministers gehört und zur Kenntnis genommen, dass im September ein Gesetzgebungsverfahren eingeleitet wird, dass es dieses gibt. Deswegen sehen wir nicht den geringsten Grund, jetzt diesen Antrag an den Ausschuss zu verweisen, denn wir werden beim Gesetzgebungsverfahren ohnehin genügend Grund haben, uns mit der Materie zu befassen, uns auch in die Diskussion zu begeben und mit entsprechenden Anträgen dieses Gesetzgebungsverfahren zu begleiten. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegen keine weiteren Redewünsche vor, auch die Landesregierung nicht noch einmal. Damit komme ich zur Abstimmung über den Antrag auf Fortsetzung der Beratung im Ausschuss. Wer diesem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Danke schön. Stimmenthaltungen? Mit einer Mehrheit von Gegenstimmen ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich komme zur Feststellung, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist, falls dem nicht widersprochen wird. Es wird nicht widersprochen. Ich kann den Tagesordnungspunkt 12 schließen.

Ich komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 13

Ja zur Erhöhung der Thüringer Regelsätze sowie des Kindergeldes Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1623

Die Begründung möchte Frau Abgeordnete Nitzpon vornehmen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, in 16 Tagen, also zum 1. Juli dieses Jahres, werden, so will es der § 22 des Bundessozialhilfegesetzes, die Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger die jährliche Erhöhung der Regelsätze in ihrem Portemonnaie zu spüren bekommen. Ich sage dies nicht ohne eine Spur von Zynismus, denn wer sich die Mühe gemacht und in den letzten Jahren die Erhöhungen der Thüringer Regelsätze sich genau betrachtet hat, der weiß, dass sie meist nur zwischen einer Erhöhung von 1 und 3 DM gestiegen sind. Für die ca. 50.000 Thüringerinnen und Thüringer, die von Sozialhilfe leben müssen, deckt diese Erhöhung nicht einmal die steigenden Lebenshaltungskosten. Sie, Herr Dr. Pietzsch, haben als Abgeordneter vorhin in der Aktuellen Stunde Beispiele von Erhöhungen in aller Deutlichkeit aufgeführt, deshalb mache ich mir um Ihre Zustimmung zu unserem Antrag eigentlich überhaupt keine Sorgen.

(Beifall bei der PDS)

Sie haben heute in der Aktuellen Stunde eigentlich schon mündlich Ihre Zustimmung zu unserem Antrag gegeben, Sie brauchen jetzt nur noch Ihre Hand dazu zu heben oder namentlich abzustimmen.

(Beifall bei der PDS)

Der § 9 des Thüringer Ausführungsgesetzes zum Bundessozialhilfegesetz legt fest, dass der Minister für Soziales, Familie und Gesundheit, also Sie, Herr Dr. Pietzsch, im Einvernehmen mit dem Innenminister und Finanzminister die Thüringer Regelsätze bestimmt. Ich denke und meine Fraktion auch, es ist endlich an der Zeit, dass sich die Minister Dr. Pietzsch, Köckert und Trautvetter dahin gehend einigen, dass eine Erhöhung zumindest auf das Niveau der Bundesländer von Baden-Württemberg, Berlin, Bremen und Hessen erfolgen muss.

(Beifall bei der PDS)

Dort liegen die Regelsätze zwischen 547 und 548 DM; das sind also 25 DM mehr im Monat als in Thüringen. Die Regelsätze, meine Damen und Herren, kann ich schlussfolgern, sind weder zeitgemäß in Thüringen noch bedarfsgerecht. Wir fordern mit unserem Antrag daher die Landesregierung auf, von ihrem Recht und, ich meine, auch von ihrer Pflicht Gebrauch zu machen und eine Anhebung der Regelsätze zu beschließen, die oberhalb der Grenze der Rentenanhebung zum 01.07. in diesem Jahr liegt. Nur dann, meine Damen und Herren, würden die Regelsätze in Thüringen dem § 22 Abs. 3 BSHG entsprechen.

Meine Damen und Herren, für mich ist es schon bemerkenswert, dass der Bundestag ausgerechnet am 1. Juni, dem Kindertag, über die Anhebung des Kindergeldes um 30 DM sowie eine steuerliche Entlastung für Familien debattiert hat. Wenn wir mit unserem Antrag so vehement für die Erhöhung des Kindergeldes uns einsetzen, dann auch deshalb, weil die rotgrüne Regierung im vergangenen Jahr die Vergünstigungen der Kinderbetreuungskosten in Höhe von 4.000 DM gestrichen hat. Sie wollen diese zwar im Jahr 2002 wieder einführen, aber leider abgesenkt auf 3.000 DM. Dazu kommt noch, dass ab dem Jahr 2002 der Haushaltsfreibetrag, also der Gegenpart zum Ehegattensplitting, ersatzlos wegfallen soll. Dies alles führt zu Benachteiligungen insbesondere von allein erziehenden Müttern und Vätern. Wir erwarten auch, dass das Kindergeld auf andere Sozialleistungen nicht angerechnet wird. Auch in diese Richtung soll die Landesregierung aktiv werden, denn ansonsten ist die Erhöhung des Kindergeldes für viele Familien und für viele Kinder einfach sinnlos. Wir fordern darüber hinaus die Landesregierung auf, auch dahin gehend aktiv zu werden, damit die geplante Kindergelderhöhung tatsächlich allen Kindern ab dem 01.01.2002 unabhängig vom Einkommen der Eltern zugute kommt. Wir können nicht nachvollziehen, warum diese 30 DM nur dem erstund zweitgeborenen Kind zugute kommen soll, denn Fami

lien mit mehreren Kindern sind auch mehr belastet.

(Zwischenruf Abg. Arenhövel, CDU: Wir auch nicht.)

Wir alle, das wird hier von jeder Fraktion immer betont, wollen doch auch, dass noch mehr Kinder auch in Thüringen geboren werden.

(Beifall bei der PDS)

Aus unserer Sicht, meine Damen und Herren, ist die Anhebung des Kindergeldes nur ein Tropfen auf den berühmten Stein. Die PDS, ich denke, das wissen Sie, hat andere Vorstellungen vom Kindergeld, aber auch andere Vorstellungen von Förderung von Familie. Doch angesichts der vielfach benachteiligten Familien und ihrer Kinder erwarten wir von der Landesregierung, dass sie jede vernünftige Aktivität der Bundesregierung zur Familienförderung unterstützt.

Auch Herr Minister Trautvetter hat heute in der Aktuellen Stunde eigentlich schon in seiner Argumentation zur Inflationsrate gezeigt, dass er unserem Antrag zustimmen wird, denn er ist der Auffassung, dass auf der einen Seite 30 DM mehr gezahlt werden sollen, aber auf der anderen Seite die Inflationsrate um 3,5 Prozent steigen wird und ein Einkommen, so hat er gesagt, von rund 3.000 DM eigentlich 100 DM an Einbußen haben werden, da kann er eigentlich nur zustimmen, weil er sicher auch der Auffassung ist, 30 DM sind besser als gar keine Erhöhung des Kindergeldes.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren der CDU, auch Sie haben in Ihrem Partei- und Regierungsprogramm ebenso wie die PDS der Familienpolitik oberste Priorität eingeräumt. Zeigen Sie mit Ihrer Abstimmung, dass Sie es wirklich ernst damit meinen.

(Beifall bei der PDS)

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Antrag. Es hat sich Frau Abgeordnete Arenhövel, CDU-Fraktion, zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, Frau Abgeordnete Nitzpon, meine Damen und Herren! Frau Nitzpon, Sie haben gesagt, die PDS hat andere Vorstellungen zur Familienpolitik als die rotgrüne Bundesregierung. Dazu kann ich nur sagen, wir auch. Die CDU tritt ein für die Einführung eines Familiengeldes, das es vor allen Dingen Eltern kleiner Kinder ermöglicht, diese selbst zu betreuen und das ein Armutsrisiko ausschließt. Dafür treten wir ein. Allerdings muss man

auch dazu sagen, wenn man so etwas will, dann muss man natürlich auch darüber nachdenken, wie man eine große Steuerreform in Gang setzt, damit man diese Dinge auch finanzieren kann. Wir alle wollen, dass mehr Kinder geboren werden, dass wir familienfreundlicher werden, auch strukturell innerhalb unserer Gesellschaft. Nur, meine Damen und Herren von der PDS, Sie reden in der Opposition anders als Sie es in Regierungsverantwortung tun.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Nothnagel, PDS: Lassen Sie uns mal über die CDU nachdenken.)

Ich will es Ihnen an einem Beispiel deutlich machen. Wir hatten voriges Mal, in der letzten Plenarsitzung, Ihren Antrag behandelt zu Opfern des SED-Unrechts. Diesen Antrag haben wir abgelehnt, weil wir der Auffassung sind, dass Sie dazu moralisch kein Recht haben. Zu dieser Meinung stehe ich hier und heute auch. Dann kam es zur Verhandlung im Bundesrat über das AAÜG. Wie haben sich denn die Landesregierungen von Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern wohl verhalten, als es um die SED-Opfer ging und als ein Antrag der Freistaaten von Thüringen und Sachsen eingebracht wurde? Sie haben dagegen votiert, meine Damen und Herren, und nur mit der Hilfe der Brandenburger Regierung, an der auch die CDU beteiligt ist, ist der Antrag zumindest an den Vermittlungsausschuss überwiesen worden. Das sind doch hier die Tatsachen.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Sie müssen sich informieren. Das ist eine Lüge, was Sie sagen.)

Dann beweisen Sie doch einmal das Gegenteil, Herr Buse. Wir haben das mit dem Sozialminister alles

(Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Da brauchen Sie nur in das Protokoll zu gucken.)

im Detail besprochen.

(Unruhe im Hause)

Es bleibt jedem unbenommen, weitere Redebeiträge hier anzukündigen und lassen Sie bitte Frau Arenhövel fortfahren.

Selbstverständlich sind uns die 30 Mark zu wenig und es ist auch für uns unverständlich, warum nur für das erste und zweite Kind, denn das Geld, was hier angeboten wird, das ist in der Tat wirklich wieder schnell verschwunden, schon

allein die Öko-Steuer frisst diesen Betrag in null Komma nichts wieder auf und deswegen, meine Damen und Herren, werden wir Ihren Antrag hier ablehnen, weil wir dazu höchst eigene Vorstellungen haben und es nicht nötig haben, uns hier von der PDS in irgendeiner Weise vorführen zu lassen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Werden weitere Redemeldungen jetzt angezeigt? Frau Abgeordnete Heß.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Familienpolitik sollte auf jeder politischen Ebene vordringliche Aufgabe sein und werden, auch in Thüringen. Familienpolitik ist Zukunftspolitik und Gesellschaftspolitik zugleich. Zu Beginn des Jahres äußerte sich Kanzler Schröder während einer Veranstaltung der Evangelischen Akademie in Tutzing, Frau Präsidentin, ich zitiere: "Die Gesellschaft müsse nicht nur von Experten objektiv als human und lebenswert analysiert werden können. Die Menschen müssen sie auch subjektiv so empfinden können." Meine Frage, empfinden die Menschen die Gesellschaft als human? Seit Regierungsantritt hat die Bundesregierung die Summe für Familien um 17 Mrd. DM auf 95 Mrd. DM erhöht. In nur zwei Jahren wurden alle Leistungen verbessert, die Familien finanziell entlasten. Ich nenne hier das Kindergeld, das Erziehungsgeld, Bafög und Steuern.

(Unruhe bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Bergemann, CDU: Falsche Rede eingepackt.)