Protokoll der Sitzung vom 06.09.2001

und ich sage wirklich hanebüchen. Da werden Pressemitteilungen genommen und da wird darüber philosophiert und da schreibt die eine Presse von der anderen ab und schreibt dort wieder was dazu. Und Sie meinen, da muss man gleich mit dem scharfen Schwert der parlamentarischen Kontrolle, sprich Untersuchungsausschuss rangehen.

Erstens hätte es Ihnen gut zu Gesicht gestanden, wenn Sie immer wieder diese Parlamentarische Kontrollkom

mission in so eine Ecke stellen, wenn Sie dort drin wären, würden Sie Informationen besitzen, die Ihnen sicher einige Erhellungen in dieser Angelegenheit vielleicht auch schon gebracht hätten. Aber Sie haben den Weg gewählt, dass Sie sich dort nicht beteiligen wollen, also machen Sie einen Untersuchungsausschuss. Sie wollen aber damit nicht klären, was angeblich damals der Innenminister in Auftrag gegeben hat, sondern Sie wollen den Innenminister in seinem Amt diskreditieren und wollen damit natürlich auch die Landesregierung angreifen. Das ist Ihr ganz klares Ziel, das ist doch offenkundig.

(Beifall bei der CDU)

Das ist offenkundig und, ich glaube, meine Damen und Herren, es ist eigentlich leider Gottes sehr, sehr billig, dass Sie jetzt diesen Weg hier einschlagen. Wer sich in den letzten Wochen mit der Materie beschäftigt hat, wenn es denn so sein sollte, ich will das noch dreimal unterstreichen, dass ein Innenminister des Freistaats Thüringen das Landesamt für Verfassungsschutz eingesetzt hätte, dass es einen Bürgermeister der Stadt Blankenburg und seinen ersten...

(Zwischenrufe aus der CDU-Fraktion: Blankenhain!)

Entschuldigung, ich sehe, alle sind aufmerksam dabei, ich werde mich hüten, wo vor allem dort noch unser Präsident herkommt, dass hier in Blankenhain, und wer die Größe dieser Einrichtung kennt und sich vielleicht noch die Mühe gemacht hat und sich in den Kommunalwahlen mal die Ergebnisse angeschaut hat, die dort zur Frage standen, meine Damen und Herren, es schreit zum Himmel.

(Beifall bei der CDU)

Dass Sie der Meinung sind, dass ein Innenminister wahrlich dazu extra den Präsidenten bestellt hat, extra in Auftrag gegeben hat, um über den Verfassungsschutz dem nachzugehen. Es ist eigentlich so zum Lachen, dass man eigentlich fast keine Worte mehr findet, aber das Recht der Verfassung

(Unruhe im Hause)

billigt Ihnen diesen Untersuchungsausschuss zu und Sie werden also entsprechend diese Untersuchung einleiten. Meine Damen und Herren, wenn ich das Ganze hier noch mal Revue passieren lasse, was dort alles so zusammengedichtet wird, ich glaube, es lohnt sich einfach gar nicht, dazu noch große Worte zu verlieren. Sie haben den Weg gewählt, wir jedenfalls werden nicht diesen Untersuchungsausschuss ablehnen, nicht dass Sie denken, wir hätten irgendwas zu verbergen, wir werden den nicht ablehnen, aber wir halten ihn trotzdem für so hanebüchen, wir werden uns, denke ich, die meisten in der Fraktion hier enthalten, damit auch entsprechend das alles ordnungs

gemäß in die Gänge gehen kann. Einem werden wir nicht zustimmen, dass monatlich - und jetzt kommen wir zum Nächsten - berichtet werden soll über den Fortgang. Meine Damen und Herren, die hier nun schon länger in dem Parlament sind, Sie wissen doch, wie Ausschüsse arbeiten, ob das Untersuchungsausschüsse oder Ausschüsse sind, wie die Fristen sind, die Einladungen sind und alles, was damit in Zusammenhang steht. Es wäre wirklich nicht nachvollziehbar, wenn man hier monatliche Berichterstattung... Deswegen werden wir mit unserem entsprechenden Änderungsantrag 3/1788 erwirken, dass die Nummer 3 des Antrags gestrichen wird, nicht weil wir irgendwas fürchten. Sie haben doch jederzeit die Möglichkeit, dass das ins Plenum gebracht werden kann, dass entsprechend berichtet wird. Meine Damen und Herren, meine Fraktion hält diesen Antrag - ich sage es noch mal deutlich - für hanebüchen und lächerlich, aber bitte schön, gehen Sie Ihren Weg!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat sich der Abgeordnete Dr. Pidde, SPD-Fraktion, zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Thüringer Verfassungsschutz kommt seit mehr als einem Jahr nicht mehr aus den Schlagzeilen heraus. Zunächst ging es darum, dass rechtsextremistische Spitzenleute als Spitzel eingesetzt wurden.

(Unruhe bei der CDU)

Zur Aufklärung dieser Affäre verwendete der Innenminister die Salamitaktik, es wurde scheibchenweise das zugegeben, was sowieso öffentlich bekannt wurde. Das ist nicht gut für die Glaubwürdigkeit des Innenministers und auch der CDU-Regierung. Hier verspielen Sie das Vertrauen der Bevölkerung.

Meine Damen und Herren, das Landesamt für Verfassungsschutz muss gut funktionieren, pannenfrei und skandalfrei. Die SPD-Fraktion hat vorgeschlagen, das Amt aufzulösen und neu zu gründen und Sie haben das hier im hohen Haus abgelehnt. Der Ministerpräsident selbst hat versucht, die Situation im Verfassungsschutz schönzureden und die Arbeitsunfähigkeit des Landesamts für Verfassungsschutz bestritten. Jetzt sind Umstrukturierungen bekannt geworden. Ein Dutzend Mitarbeiter ist in andere Behörden versetzt worden. So ist das, so wird die SPDForderung umgesetzt, aber stückchenweise und halbherzig. Deshalb ist es eigentlich kein Wunder, wenn innerhalb kürzester Zeit wieder Inhalte von Gesprächen oder Schriftstücken in die Öffentlichkeit gelangen. Hier rächt es sich, dass der Innenminister die bisherigen Vorgänge nicht aufgeklärt hat und nicht aufklären wollte. Diese

Chance hat die Regierung verpasst.

(Beifall bei der SPD)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das ist eine blanke Unterstellung und eine Lüge!)

Meine Damen und Herren, jetzt steht der Innenminister wieder unter Druck. Es ist der Vorwurf erhoben, er soll im vergangenen Jahr - und ich sage es extra auch in der Möglichkeitsform - im Kommunalwahlkampf den Auftrag erteilt haben, zwei Kommunalpolitiker aus Blankenhain zu bespitzeln. Ich finde es überhaupt nicht gut, wenn Herr Fiedler das hier ins Lächerliche zieht. Es ist nämlich ein schwer wiegender Vorwurf und es muss zuallererst im Interesse des Innenministers liegen, dass er das zurückweist und aufklärt.

(Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Das hat er doch gemacht und zurückgewiesen.)

Es muss im Interesse der Landesregierung liegen, aber auch im Interesse des ganzen Parlaments und der Öffentlichkeit liegen, das aufzuklären. Denn wenn nur ansatzweise das so war, dass der Verfassungsschutz für Parteitaktik instrumentalisiert wurde, dann ist das ein ganz schwer wiegender Vorwurf und dann wäre der Innenminister untragbar. Wenn sich dieser Vorgang bestätigen sollte, dann wäre er auch strafrechtlich relevant.

Meine Damen und Herren, uns allen muss es um schnelle und umfassende Aufklärung gehen. Gerade weil dieser Vorgang so ungeheuerlich ist, wenn er sich bestätigen würde, muss die Landesregierung und das Parlament ein Interesse an der Untersuchung haben. Es ist wichtig, dass eine objektive Untersuchung erfolgt. Da bleibt schon die Frage offen: Warum wird erst Tage, nachdem die Vorwürfe bekannt geworden sind, vom Innenminister einer internen Überprüfung der Vorwürfe zugestimmt? Das Amt überprüft sich selber. Es ist doch ein Paradoxon, wenn jemand Vorwürfe gegen sich selbst überprüft. War von den internen Prüfungen überhaupt eine Aussage zu erwarten, ob tatsächlich vom Dienstherren der Auftrag zur Bespitzelung der Kommunalpolitiker gekommen ist? Sie müssen auch zugeben, dass es nicht überraschend ist, für mich jedenfalls nicht, dass das Protokoll des Treffens in der Landtagskantine, was dort stattgefunden haben soll, bislang nicht aufgetaucht ist.

(Heiterkeit bei der CDU)

Diese Untersuchung in eigener Sache, diese angeblichen Aufklärungsversuche waren von vornherein zum Scheitern verurteilt. Und ich sagen Ihnen, wir haben hier Zeit verloren,

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Echt?)

vielleicht ist sie auch absichtlich vergeudet worden. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

(Zwischenruf Abg. Schwäblein, CDU: Sind Sie ein Schelm?)

Meine Damen und Herren,

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Lassen Sie sich nicht aus dem Konzept bringen.)

das Parlament hat die Aufgabe, die Landesregierung zu kontrollieren und hier geht es darum, ob ein Mitglied der Landesregierung seine Macht missbraucht und an den Gesetzen vorbei dem Verfassungsschutz den Auftrag gegeben hat, Informationen über Kommunalpolitiker zu gewinnen. Die PDS hat die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beantragt und wir, die SPD-Fraktion, halten diesen Untersuchungsausschuss für angemessen. Wir werden diesen Antrag unterstützen, auch wenn wir ihn nur als zweitbeste Lösung ansehen. Wir haben mit den bestehenden Untersuchungsausschüssen ja unsere Erfahrungen gesammelt und wissen, dass die Klärung von Formalien und Verfahrensfragen viel Zeit in Anspruch nimmt.

(Unruhe bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die SPD möchte eine Prüfung unter Beteiligung des Parlaments. Wir haben...

Herr Abgeordneter Dr. Pidde, einen kleinen Moment mal. Ich möchte zur Ruhe rufen, und zwar im Hause, so dass der Abgeordnete Dr. Pidde seine Rede fortsetzen kann. Eine ganze Zeit lang kann man sich das ja durchaus antun, aber wenn der Krach überhaupt nicht mehr aufhört...

(Heiterkeit bei der CDU)

Ich meinte, dass man sich den Krach im Hause eine Zeit lang antun kann. Moment mal, lassen Sie das ruhig erst noch zu Ende führen. Offensichtlich führt das hier oben schon zu Verwirrungen, dass man ständig eingreifen muss. Also, ich möchte Sie auffordern, dass Sie dem Redner zuhören und dass Sie das Ganze mit dem notwendigen Ernst betrachten und dass nicht weiter ständig interveniert werden muss. Das ist übrigens jetzt das dritte Mal.

Meine Damen und Herren, wir wollen die Prüfung unter Beteiligung des Parlaments. Die SPD spricht sich für eine Prüfung durch eine externen Fachmann aus, die begleitet wird durch den Vorsitzenden und den stellvertretenden Vorsitzenden der Parlamentarischen Kontrollkommission. Und wir wollen, dass die Ergebnisse der Prüfung dem Parlament, also dem Innenausschuss, vor

gestellt werden. Die Landesregierung hat sich entschieden und Herrn Frisch, den ehemaligen Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, als Prüfer benannt. Wir halten das für eine gute Lösung.

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU)

Er ist ein seriöser Fachmann, ein renommierter Experte, daran gibt es nichts zu zweifeln. Herr Frisch kann und wird die Vorwürfe schneller, besser und tiefer untersuchen können als ein Untersuchungsausschuss.

(Beifall bei der CDU)

Aber das Ergebnis dieser Prüfung ist abhängig von den Voraussetzungen, unter denen sie erfolgt. Wie sieht es aus mit dem Prüfauftrag, wie sieht es aus mit den Prüfungsvollmachten? Hierüber wissen wir überhaupt nichts. Juristisch muss auch geklärt werden, ob Ermittlungen gegen Kommunalpolitiker, die ja illegal erfolgt sind, überhaupt ein Vorgang sind,

(Unruhe bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Vorsicht, Vorsicht!)

der nicht durch das Verfassungsschutzgesetz gedeckt ist, ob er überhaupt der Geheimhaltung unterliegt.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das kön- nen ja fortwirkende Strukturen gewesen sein.)

Meine Damen und Herren - Sie können sich doch auch alle noch zu Wort melden -, die SPD-Fraktion hat ihre Vorschläge dem Ministerpräsidenten schriftlich mitgeteilt. Herr Dr. Vogel hat abgelehnt,

(Zwischenruf Dr. Vogel, Ministerpräsident: Ich habe noch gar nicht geantwortet.)