Protokoll der Sitzung vom 06.09.2001

Frau Präsidentin, sehr verehrte Abgeordnete, als Wahlkreisabgeordneter möchte ich gern auch etwas zu diesem Thema sagen. Ich kann im Vorhinein schon sagen, dass es mir nicht schwer fällt, diesem Gesetzesentwurf zuzustimmen.

Da bin ich auch schon bei der Rede von Frau Sedlacik. Ich habe den Eindruck, dass sich die PDS hier wieder einmal als Rächer der Enterbten aufspielt, wobei ich die Enterbten gar nicht erkennen kann. Denn, Frau Sedlacik, es ist doch nicht so, dass alle Rüdersdorfer - und Sie sprachen von Enttäuschung bei den Rüdersdorfern - jetzt enttäuscht wären, sondern es ist im Gegenteil so, dass dort sehr viele Bürger durchaus der Meinung sind, dass das Zusammengehen mit Kraftsdorf eine gute Entscheidung war, dass die vielen Gemeinden, die sich hier unter dem Dach der Einheitsgemeinde Kraftsdorf gefunden haben, gut miteinander harmonieren und dass das auch für die Zukunft Bestand haben soll. Insofern sehe ich nicht die riesengroße Enttäuschung bei den Rüdersdorfern.

(Zwischenruf Abg. Sedlacik, PDS: Die Klage war nur Spaß.)

Natürlich gibt es auch welche, die anders darüber denken, das ist mir auch klar. Aber ich bezweifle, dass es die große Mehrheit gegen den vorliegenden Gesetzentwurf gibt. Wenn Frau Nagler während der Anhörung äußerte, dass dort nicht alles ordnungsgemäß wäre, dann stelle ich auch mal die Frage in den Raum, ob die Umfrage, die dort schriftlich gemacht wurde bei den Rüdersdorfern, denn rechtens und ordnungsgemäß war, wenn nämlich gar nicht alle Alternativen aufgezeigt waren, und wenn man die Leute dort zu Hause bei sich unter Druck setzt und ihnen nur

eine Meinung vorgibt.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Das ist doch unerhört. Das sind doch Behauptungen.)

Herr Ramelow, das kann ich aus der Kenntnis vor Ort sagen. So ist es ganz einfach. Wenn ich das nicht beweisen könnte, dann würde ich mich nicht hier vorn hinstellen.

Im Allgemeinen muss ich dazu sagen: Welche Vorteile soll denn die Eigenständigkeit mit einer erfüllenden Gemeinde Bad Köstritz jetzt bringen? Neue Strukturen gegenüber solchen, die gewachsen sind. Man muss sich wieder neu zusammenfinden. Jetzt hat man sich zusammengefunden und harmoniert miteinander, egal in welchen Bereichen. Es gibt keinen Zoff dort untereinander, man lebt eben einfach die Gemeinsamkeit. Oder hat man den Leuten denn auch gesagt, dass sie sich dann ihre Papiere wieder neu umschreiben müssen, dass das auch Nachteile sind, die auf sie zukommen. Das fiskalische Moment wird hier einfach in Frage gezogen. Es ist doch wohl jedem klar, dass sich die Gemeinde Kraftsdorf als Einheitsgemeinde mit der Gemeinde Rüdersdorf finanziell besser darstellt, als wenn jetzt Rüdersdorf eigenständig ist. Das ist doch wohl jedem klar hier in diesem Hause.

(Beifall bei der CDU)

Insofern kann ich nur noch einmal sagen: Auch als Wahlkreisabgeordneter stimme ich mit gutem Gewissen diesem Gesetzentwurf zu.

(Beifall bei der CDU)

Von den Abgeordneten gibt es keine weiteren Redewünsche. Für die Landesregierung Herr Innenminister Köckert, bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Landtag behandelt heute in zweiter Lesung diesen Gesetzentwurf über die kommunale Zuordnung der Gemeinde Rüdersdorf im Landkreis Greiz. Wir entsprechen damit einem Auftrag des Thüringer Verfassungsgerichtshofs, denn dieser hatte durch Urteil vom 25. Mai 2000 die Auflösung der Gemeinde Rüdersdorf und ihre Eingliederung in die Gemeinde Kraftsdorf für nichtig erklärt. Gleichzeitig beauftragte der Verfassungsgerichtshof den Gesetzgeber, bis spätestens 30. September dieses Jahres über die kommunale Zuordnung von Rüdersdorf erneut zu entscheiden.

Nach der ersten Lesung des Gesetzentwurfs am 17. Mai dieses Jahres und der Überweisung an den Innenausschuss fand vom 18. Juni bis zum 10. August 2001 ein schriftliches Anhörungsverfahren statt. Dabei hatten alle betrof

fenen Kommunen und die Einwohner der Gemeinden Rüdersdorf, Kraftsdorf und der Stadt Bad Köstritz Gelegenheit, zu dem Gesetzentwurf sowie zu allen alternativen Zuordnungsmöglichkeiten Stellung zu nehmen. Die Ergebnisse der Anhörung sind in einem zusammenfassenden Bericht des Thüringer Innenministeriums, der dem Landtag vorliegt, dargestellt.

Lassen Sie mich noch einige Worte zu der vorgeschlagenen rechtlichen Regelung sagen. Die Auflösung einer Gemeinde ist in der Tat der gravierendste Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung. Von daher kann ich die Befürchtungen und die Vorbehalte in Rüdersdorf nachvollziehen. Hier sind kommunale Neugliederungen, die landesweit und auf lange Sicht der Schaffung leistungsstarker kommunaler Strukturen dienen, ohne solche Eingriffe nicht immer möglich. Die ausschlaggebenden Gründe des öffentlichen Wohls für diese konkrete Neugliederungsmaßnahme sind vor allen Dingen folgende. Frau Sedlacik, hier bitte ich Sie, zuzuhören, weil diese Diskussion um das öffentliche Wohl schon beim vorigen Tagesordnungspunkt anklang. Sie wird auch noch beim nächsten Tagesordnungspunkt anklingen und hier spielt sie auch noch eine Rolle.

Folgende Gründe also vor allen Dingen:

Zwischen Rüdersdorf und der Gemeinde Kraftsdorf bestehen umfassende infrastrukturelle, territoriale und historische Verflechtungsbeziehungen. Es bestehen auch bereits gemeinsame, durch die Bürger geschaffene Strukturen, z.B. im Vereinswesen. Für diese wäre es von Nachteil, wenn sie von getrennten, möglicherweise in der Willensbildung divergierenden kommunalen Entscheidungsträgern abhängig wären. Die Eingliederung der Gemeinde Rüdersdorf in die Gemeinde Kraftsdorf stärkt aufeinander bezogene örtliche Gemeinschaft.

Die durch das Thüringer Gemeindeneugliederungsgesetz neu gebildete Gemeinde Kraftsdorf bedarf als Verwaltungszentrum auf längere Sicht einer dauerhaften Stärkung. Diese Stärkung ist ohne Eingriff in die bereits per Gesetz gebildeten kommunalen Strukturen im Umfeld von Kraftsdorf nur noch durch Zuordnung von Rüdersdorf möglich. Ohne Rüdersdorf hätte die Gemeinde Kraftsdorf derzeit 3.382 Einwohner und würde sich somit im Bereich der unteren Grenze von 3.000 Einwohnern für eigenständige Gemeinden bewegen.

Es ist bereits absehbar, dass schon mittelfristig Auswirkungen des kontinuierlichen Bevölkerungsrückgangs in Thüringen auch im Umfeld größerer Zentren, hier Gera, spürbar werden. Ihr Hinweis, Frau Sedlacik, dass man dann auch in einer Vielzahl von anderen Gemeinden tätig werden müsste, der übersieht einfach, dass uns vom Verfassungsgerichtshof aufgegeben worden ist, per Terminsetzung diese Angelegenheit zum 30. September zu erledigen.

(Beifall bei der CDU)

Durch die Eingliederung wird eine Gemeinde von fast 4.500 Einwohnern geschaffen, deren Leistungsfähigkeit dann auch langfristig gesichert ist. Die Verwaltungstätigkeit der Gemeinde kann noch kostengünstiger gestaltet werden, wodurch finanzielle Mittel frei werden, die für Investitionen zur Verfügung stehen. Und nicht zuletzt eine abgestimmte Planung über ein wesentlich größeres Gebiet ist ebenfalls möglich, so dass u.a. teure Parallelentwicklungen vermieden werden.

All diese genannten Gründe führen zur Einschätzung, dass das öffentliche Wohl in dieser Angelegenheit für diese Eingliederung spricht. Die im Gesetzentwurf vorgesehene Regelung ist nach meiner Auffassung zukunftsorientiert. Die zustimmenden Stellungnahmen zu der vorgesehenen Zuordnung von Rüdersdorf bestärken die Landesregierung in dieser Einschätzung.

Als Letztes, der Kollege Pohl, der ja sonst immer für diese kommunalen Dinge in der SPD zuständig ist, verlässt bezeichnenderweise den Raum. Ach nein, Entschuldigung, er ist hier, er ist hier.

(Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Nein, ich sitze nur hinter Ihrem Rücken.)

(Heiterkeit im Hause)

Der Kollege Pohl ergreift nicht das Wort, sondern schickt den parlamentarischen Geschäftsführer nach vorn.

Ich denke, in dieser Angelegenheit wird sehr deutlich, worin die SPD den Maßstab für das öffentliche Wohl sieht. Das merkt man hier deutlich, meine Damen und Herren,

(Beifall bei der CDU)

nicht in der Sachbezogenheit, sondern in parteipolitischem Kalkül und das ist bedauerlich bei diesen Fragen.

(Beifall bei der CDU)

Frau Kollegin Sedlacik, Sie sagten in Ihrem Vortrag, Ihrem Änderungsantrag könne man zustimmen, wenn man ihn nicht gelesen habe. In der Tat, denn wenn man ihn dann gelesen hat, dann kann man ihm in der Tat nicht mehr zustimmen.

(Beifall bei der CDU)

nicht nur, dass er in seinem ersten Teil unpraktisch ist, dass man eine vorübergehende Zwischenlösung auf acht Jahre einrichtet, sondern er ist in seinem zweiten Teil schlicht verfassungswidrig. Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Vielleicht sollte ich ansagen, dass als Schriftführer der Abgeordnete Pohl und als Führer der Rednerliste der Abgeordnete Heym inzwischen Platz genommen haben.

Es liegen keine weiteren Redewünsche vor, so dass ich die Aussprache schließe. Wir kommen zur Abstimmung.

Wir stimmen als Erstes über den Änderungsantrag der Fraktion der PDS in der Drucksache 3/1784 in offener Abstimmung ab. Wer dem Änderungsantrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Danke schön. Die Stimmenthaltungen. Danke schön. Mit einer Mehrheit von Neinstimmen, einer Reihe von Jastimmen und einigen Stimmenthaltungen ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Wir stimmen zum Zweiten über den Gesetzentwurf der Landesregierung in der Drucksache 3/1784 nach zweiter Beratung ab. Das soll in namentlicher Abstimmung erfolgen. Ich bitte, die Stimmkarten einzusammeln.

Während die Abstimmung über den Gesetzentwurf der Landesregierung läuft, korrigiere ich nur für das Protokoll die Drucksachennummer, 3/1568 ist die Drucksachennummer des Gesetzentwurfs der Landesregierung.

Hatte jeder Gelegenheit, seine Stimmkarte abzugeben? Wenn das der Fall ist, dann bitte ich um Auszählung.

Mir liegt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über das Thüringer Gesetz zur Neugliederung der kreisangehörigen Gemeinde Rüdersdorf, Gesetzentwurf der Landesregierung in der Drucksache 3/1568, vor. Es wurden abgegeben 79 Stimmen; es gab 48 Jastimmen, 30 Neinstimmen und 1 Enthaltung (namentliche Abstimmung siehe Anlage). Damit ist der Gesetzentwurf angenommen.

Ich komme zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich, sich von den Plätzen zu erheben. Das müsste eindeutig passieren. Danke schön. Wer dagegen ist, den bitte ich jetzt, sich von den Plätzen zu erheben. Danke schön. Und wer sich enthalten möchte, den bitte ich jetzt, sich von den Plätzen zu erheben. Danke schön. Der Gesetzentwurf ist in der Schlussabstimmung mit Mehrheit angenommen.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 3 und komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 4

Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Datenschutzgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/1569 dazu: Beschlussempfehlung des Innenausschusses - Drucksache 3/1754

dazu: Änderungsantrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1786 Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/1789 ZWEITE BERATUNG

Ich bitte den Abgeordneten Böck, den Bericht zu erstatten.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, das Erste Gesetz zur Änderung des Thüringer Datenschutzgesetzes geht zurück auf eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rats unter der Nummer 95/46 EG vom 24. Oktober 1995. Darin wurde festgelegt, dass das Datenschutzrecht in den EG-Ländern bis zum Oktober 1998 zu harmonisieren sei. Wir schreiben bekanntlich das Jahr 2001 und ein weiteres Zuwarten des Freistaats Thüringen auf eine Novellierung des Datenschutzrechts des Bundes, was Voraussetzung gewesen wäre das Thüringer Datenschutzrecht zu ändern, war nicht mehr möglich. Die Landesregierung brachte deswegen ihren Gesetzentwurf mit der Drucksache 3/1754 in den Landtag ein und durch Beschluss des Landtags vom 17. Mai 2001 wurde der Gesetzentwurf an den Innenausschuss überwiesen.

Der Innenausschuss hat sich sehr intensiv mit diesem Gesetzentwurf befasst in seiner 27. Sitzung am 7. Juni 2001, in seiner 28. Sitzung am 15. Juni 2001 und in seiner 30. Sitzung am 23. August 2001. Es wurden eine schriftliche Anhörung der Interessenvertreter durchgeführt und Sachverständige dazu gehört. Die Beschlussempfehlung liegt Ihnen vor und ich bitte im Namen des Ausschusses, der mit Mehrheitsentscheidung diese Beschlussempfehlung gegeben hat, um Ihre Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)