Protokoll der Sitzung vom 07.09.2001

möchte ich aber doch mündlich den Standpunkt der PDS hier vortragen und Sie damit in das Wochenende schicken.

Meine Damen und Herren, die Probleme der Thüringer Wohnungswirtschaft, der strukturelle Leerstand und die Herausforderungen an den Stadtumbau sind gesellschaftlich verursacht und letztlich eine Folge der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und des Strukturwandels der letzten Jahre. Insofern sind jetzt auch gesamtgesellschaftliche Lösungen erforderlich, die Wohnungswirtschaft und die Kommunen allein können diese Probleme nicht lösen. Herr Innenminister Köckert, ich habe Ihnen sehr aufmerksam zugehört - eine von den Wenigen. Ich denke, auch diese Aussage können Sie so mittragen. Aber der Blick auf mögliche Lösungsansätze wird dann verbaut, wenn man den heutigen strukturellen Wohnungsleerstand ausschließlich mit Fehlentwicklungen in der DDR begründet, so wie es z.B. auch Herr Althaus während des "5. Erfurter Baugesprächs" getan hat. Ja, Herr Innenminister Köckert, in der DDR gab es Fehlentwicklungen, wenn ich hier beispielsweise auf die Vernachlässigung der Instandhaltung der Innenstädte verweisen darf, doch es gibt im gleichen Maße Ursachen, die nach 1990 erst auftraten. Der dramatische Geburtenrückgang nach der Wende und die massenhafte Abwanderung gerade junger Menschen

(Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Das ist doch DDR-Last gewesen.)

in den letzten Jahren aus Thüringen sind das Ergebnis der wirtschaftlichen Entwicklung in den 90er-Jahren.

(Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: So, so.)

Den Menschen fehlt in Thüringen eine gesicherte Perspektive, deshalb wandern sie ab und deshalb werden auch nicht genügend Kinder geboren.

(Zwischenruf Abg. Wehner, CDU: Da möchte niemand Wohnen, das ist das Pro- blem.)

Selbst die CDU-Fraktion kam in ihrem Antrag auf Berichtsersuchen an die Landesregierung nicht umhin, sowohl Ursachen aus der DDR-Zeit als auch die Ursachen aus der Nachwendezeit für die jetzige Situation zu benennen. Die von der CDU benannten Ursachen sind selbstverständlich einseitig politisch geprägt und damit für eine sachgerechte Diskussion kaum geeignet. Unsere Fraktion wird sich jedoch nicht davon abbringen lassen, das Thema weiterhin sachlich zu bewerten und nicht politisch zu instrumentalisieren. Als ich Ihren Antrag las, hatte ich das Gefühl, dass es die CDU-Fraktion einfach nicht ertragen kann, dass die PDS die Probleme der Wohnungspolitik thematisiert.

Meine Damen und Herren, wir hörten vom Innenminister Köckert, der Stadtumbau in Thüringen hat begonnen. Die Landesregierung hat in Anfängen ihre Förderpolitik in diesem Bereich neu ausgerichtet, auch die Bundesregierung sieht Handlungsbedarf.

(Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Und wir im Herbst 2000 zum Haushalt.)

Ach nett, dass Sie mir noch eine Pause einräumen zum trinken. Doch wohl die Vorstellungen der Bundesregierung wie auch die der Landesregierung reichen aus unserer Sicht nicht aus, um die anstehenden Problemen in absehbarer Zeit zu lösen. Unter absehbarer Zeit meine ich die nächsten acht bis zehn Jahre. In dieser Zeit muss die Thüringer Wohnungswirtschaft stabilisiert sein und der Städteumbau in groben Zügen stattgefunden haben.

(Beifall bei der PDS)

Wie zielgenau unser Antrag ist, das zeigt der sofort nachgereichte Antrag der CDU auf Berichterstattung der Landesregierung zu deren Vorstellung zur künftigen Ausstattung des Stadtumbaus, der Stadtentwicklung und der Wohnungswirtschaft. Die Thüringer Wohnungswirtschaft verweist zu Recht auf einen bedenkenswerten Umstand: Offensichtlich sollen nun die kommunalen Wohnungswirtschaften und Genossenschaften die Lasten des Stadtumbaus und der Wohnungsmarktstabilisierung tragen. Sie müssen unter

anderem Wohnungen rückbauen oder abreißen. Profitieren werden aber insbesondere die privaten Vermieter, Wohnungsmarktstabilisierung verbessert insbesondere deren Vermietungssituation. Unsere Anträge zielen deshalb auf einen größeren Interessenausgleich zwischen den unterschiedlichen Vermietern.

Meine Damen und Herren, in der Begründung unseres Antrags hatte ich bereits darauf verwiesen, dass wir mehr Geld für den Stadtumbau fordern und dass diese Forderung berechtigt ist.

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Und wo wollen Sie es hernehmen?)

Die jetzt vorgesehenen Mittel reichen einfach nicht aus, um alle Probleme des Stadtumbaus in absehbarer Zeit zu lösen.

(Beifall bei der PDS)

Mit einfacher Umschichtung von Mitteln löst man dieses Problem auch nicht. Die Einzelheiten unserer Forderungen können Sie unserem Antrag entnehmen.

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Woher das Geld nehmen?)

Meine Damen und Herren, unsere zweite Forderung kostet zunächst kein zusätzliches Geld. Wir bleiben dabei, Herr Innenminister Köckert, wir fordern, dass alle Bund-Länder-Programme einschließlich des reformierten soziales Wohnungsbaus,

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU:... eingestellt werden.)

nein, Herr Althaus, nicht eingestellt, sondern für die Maßnahmen des Städteumbaus geöffnet werden.

(Beifall bei der PDS)

Dies gilt im gleichen Maße für die Länderprogramme. Gerade eine Flexibilisierung der bestehenden Förderprogramme kann für den Stadtumbau hilfreich sein. Der Thüringer Verband der Wohnungswirtschaft hat unseren Vorschlag als zweckdienlich bezeichnet.

Meine Damen und Herren, die Pauschalen, die die Wohnungswirtschaft für den Rückbau und Abriss erhalten soll, reichen nicht. Wir fordern hier 150 DM pro Quadratmeter. Der VdW fordert sogar 200 DM. Kredite kann die Wohnungswirtschaft für den Rückbau und Abriss nicht aufnehmen. Diese bekannte Tatsache wird einfach ignoriert. So geht das nicht.

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Nein, das geht nicht.)

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren, zu den Altschulden habe ich mich bereits bei der Antragsbegründung geäußert. Die Landesregierung hat die bisherige Altschuldenregelung mitgetragen. Jetzt muss sie einsehen, dass dies falsch war. Der VdW fordert mit allem Nachdruck die Streichung der Altschulen. Es handelt sich hier also nicht um eine PDS-Forderung, sondern eine Forderung der Wohnungswirtschaft.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren, es ist auch aus unserer Sicht richtig, dass die Modernisierung und Sanierung der Wohnungsbestände in den Innenstädten stärker als bisher gefördert wird. Es darf aber einerseits nicht geschehen, dass die neuen Förderungskriterien zur Investitionszulage außerhalb der Innenstadtkulisse stark eingeschränkt werden. Durch die Erhöhung des Selbstbehaltes auf 100 DM pro Quadratmeter werden Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen hier nur noch mit 80 DM pro Quadratmeter gefördert. Das sind nur noch 6,7 Prozent der möglichen Kosten, bisher waren es 15 Prozent. Wenn man bedenkt, dass die Investitionszulage nahezu die einzige Möglichkeit für die Wohnungsunternehmen zur Darstellung des Eigenkapitals ist, dann steht fest, dass in Zukunft außerhalb der Innenstädte kaum noch saniert und modernisiert werden kann. Deshalb fordern wir, dass die bisherigen Regelungen für die Investitionszulage außerhalb der innenstädtischen Gebietskulisse bestehen bleiben.

(Beifall bei der PDS)

Bei dieser Forderung wäre die innenstädtische Investitionszulage immer noch mehr als doppelt so hoch als für Maßnahmen außerhalb der Innenstädte.

(Zwischenruf Abg. Dittes, PDS)

Die beabsichtigte Lenkungswirkung bleibt also doch erhalten. Der Verband der Thüringer Wohnungswirtschaft hat sich strikt gegen die Erhöhung des Selbstbehaltes auf 100 DM pro Quadratmeter außerhalb der innerstädtischen Gebietskulisse ausgesprochen und damit auch unseren Vorschlag unterstützt.

Meine Damen und Herren, auch bei der Eigenheimzulage soll eine höhere Förderung in der innerstädtischen Gebietskulisse erfolgen. Auch hier halten wir eine Modifizierung für notwendig. Danach soll die Eigenheimzulage im Bestand auf das Niveau der gegenwärtigen Neubaueigenheimzulage erhöht werden. Dies bedeutet eine Verdoppelung der Förderung. Im Gegenzug soll für Neubaumaßnahmen außerhalb der Innenstädte die Eigenheimzulage halbiert werden. Wir verstärken hierzu die Lenkungswirkung für Investitionen.

Und zum Schluss, meine Damen und Herren, wenn Sie unsere Forderungen sachgerecht bewerten, dann werden Sie deren Ausgewogenheit erkennen. Es handelt sich um eine tatsächliche sachgerechte Modifizierung der Vorschläge der Bund-Länder-Arbeitsgruppe.

(Beifall bei der PDS)

Unsere Forderungen sind nicht utopisch, sondern unterstützen letztlich die Ziele, die auch die Bundes- und Landesregierung verfolgen. Sie sind jedoch zielgenauer und haben eine größere Lenkungswirkung in Richtung Innenstädte. Sie berücksichtigen zudem die Situation der Thüringer Wohnungsunternehmen. Gründe für eine Ablehnung wären nur politischer Natur und dies wäre bedauerlich für die Wohnungswirtschaft und für unsere Kommunen wäre diese Entscheidung fatal.

(Beifall bei der PDS)

Mir liegen aus der Mitte des Hauses keine weiteren Redewünsche mehr vor. Es sind zwei Überweisungsanträge gestellt worden. Ich stelle zunächst fest, dass der Sofortbericht der Landesregierung gegeben worden ist. Die Aussprache dazu hat die CDU-Fraktion beantragt und aus der CDU-Fraktion heraus kam auch der Antrag zur Fortberatung im Innenausschuss. Das ist zulässig. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Ich stelle fest, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist, falls dem nicht widersprochen wird. Es wird nicht widersprochen. Das Berichtsersuchen ist erfüllt. Dann kommen wir zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der PDS in Drucksache 3/1745. Auch dazu ist beantragt worden Überweisung an den Innenausschuss. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? 1 Stimmenthaltung. Aber mit einer großen Mehrheit ist auch diese Überweisung geschehen. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 24.

Entsprechend einer Vereinbarung im Ältestenrat haben wir das Ende der Freitagsplenarsitzung um 18:00 Uhr festgelegt, also in der Nähe von 18:00 Uhr. Ich möchte darauf hinweisen, dass die nächste planmäßige Plenarsitzung am 10. und 11. Oktober 2001 stattfindet. Ein Geschäftsordnungsantrag? Bitte.

Ich beantrage die Abarbeitung der Tagesordnung.

(Heiterkeit bei der CDU)

(Beifall bei der PDS)

Dann stimmen wir über diesen Geschäftsordnungsantrag ab. Frau Sedlacik hat vorhin gesagt, sie wird Sie in das Wochenende verabschieden. Einige von Ihnen haben offensichtlich den Eindruck, das ist damit geschehen. Wir sind aber noch im Plenarsaal. Wir stimmen jetzt über den Geschäftsordnungsantrag von Herrn Dittes ab. Ich nehme an, da wird es eine Rede dazu geben. Herr Abgeordneter Schwäblein.

Frau Vorsitzende, ich habe die Frage, ob Herr Dittes für die Fraktion gesprochen hat oder als Einzelperson, denn dann wäre sein Antrag nicht zulässig.

Herr Dittes, haben Sie den Antrag namens Ihrer Fraktion gestellt?

(Zwischenruf aus der CDU-Fraktion: Ehrlich, ehrlich.)

Ich frage die parlamentarische Geschäftsführerin dazu noch einmal.

Ja, ich bitte um Abstimmung.