Protokoll der Sitzung vom 11.10.2001

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, gestatten Sie mir auch hier zu diesem Sachverhalt einige sachliche Bemerkungen, aber nur zum Thema. Es geht hier um die Forderung Mittelabfluss der arbeitsmarktpolitischen Programme. Ich denke, das ist eine ganz legitime Forderung eines Parlaments. Wir wissen ja, dass zwar eine Regierungskoalition andere Einflussmöglichkeiten hat, aber von unserer Seite ist das völlig in Ordnung. Wir finden den Antrag gut, wir werden ihm als Fraktion auch zustimmen.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Herr Gerstenberger hat es gerade auch gesagt: Was ist die Alternative? Wir könnten uns ja reinteilen, er nimmt die geraden Monate und ich nehme die ungeraden Monate und wir fragen dann mit Kleinen Anfragen.

(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, PDS: Ich nehme das Angebot an.)

Das kann man über Computer prima machen. Ich weiß aber nicht, was Ihnen das in Ihrer Argumentation hilft, praktisch Aufwand zu reduzieren. Ich bin zwar noch nicht lange hier Sprecher, aber nachdem, was ich hier gehört

habe, wäre es z.B. sehr wünschenswert gewesen, etwa in der Frage der SAM das schon rechtzeitig im Jahr zu verfolgen, dann wären nämlich einige Dinge, die im Stau in Richtung der GfAW passiert sind, so möglicherweise nicht passiert, weil man parlamentarisch hätte umsteuern können.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Es geht sogar so weit, wenn ich die Frage der ABM betrachte, wissen wir, dass es inzwischen eine Entscheidung des Landesarbeitsamts Sachsen-Anhalt/Thüringen zu einer Umschichtung gegeben hat, die sogar zur Mittelrückführung an das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur geführt hat. Mit einer solchen Berichterstattung könnten Sie sogar Kritikargumente in Ihre Richtung von sich wenden, weil man es nämlich dann auch anders sachlich darstellen kann, warum was passiert ist.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Aber ich habe so das Gefühl, dass diese parlamentarische Einflussnahme gerade nicht von der Koalition gewollt ist. Man braucht ja nur in die Zahlen zu schauen. Seit 1990 sind die Mittel für den zweiten Arbeitsmarkt um 150 Mio. DM reduziert. Das heißt, es steckt ja im Konzept der Koalition, diese Mittel zurückzufahren.

(Zwischenruf Abg. Bergemann, CDU: Von welcher Koalition reden Sie denn?)

Ich rede von Ihnen. Ich rede von der Regierungsfraktion. Wir hatten 650 Mio. DM Mittel für den zweiten Arbeitsmarkt im Haushalt 1999, wir haben jetzt 500 Mio. DM, das wissen Sie doch, dass Sie das systematisch reduziert haben, weil das genau Ihr Konzept ist. Wie gesagt, wir werden diesem Antrag hier zustimmen.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Bitte schön, Herr Staatssekretär Richwien, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, vorab vielleicht drei, vier Eckpunkte zu den Ausführungen von Herrn Abgeordneten Gerstenberger. Erst einmal, Herr Gerstenberger, brauchen wir niemanden, der uns auf die Sprünge hilft. Wir haben, glaube ich, nachgewiesen, dass wir eine sehr gute Arbeitsmarktpolitik in den letzten Jahren und Monaten geleistet haben, und das werden Sie auch draußen feststellen.

(Beifall bei der CDU)

Wann Sie Ihre Anträge stellen und wann Sie Ihre Fragen stellen, das ist Ihnen überlassen, da werden wir keine

Vorschriften machen. Wenn Sie das alle zwei Monate oder jeden Monat machen, dann ist Ihnen das auch überlassen. Ich glaube, Sie haben heute nachdrücklich und ganz toll nachgewiesen, dass Sie doch sehr gut über die einzelnen Passagen informiert sind. Die letzte Bemerkung, Herr Abgeordneter Gerstenberger, die 233 Mio. DM, will ich hier nur noch einmal am Rande bemerken. Vergleichen Sie bitte diese Mittel einmal mit den Mitteln der anderen neuen Bundesländer und stellen Sie die gegenüber, dann bewerten Sie das bitte noch einmal.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU: Das ist der Punkt.)

Ich komme noch einmal auf das Thema zurück, meine Damen und Herren. Die Thüringer Landesregierung fördert zielgerichtet und in effektiver Weise Arbeitslose oder von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitnehmer durch eine Vielzahl von verschiedenen Landesprogrammen. Ich möchte hier nur noch einmal einige Maßnahmen für einige Abgeordnete dieses Hauses in Erinnerung rufen. Einmal haben wir hier die Förderung von Strukturanpassungsmaßnahmen, das Förderprogramm "50 PLUS", die Förderung der beruflichen Qualifizierung, die Gewährung von Existenzgründerbeihilfen, die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der Einstellung schwer vermittelbarer Arbeitsloser. Die dazu durch das Parlament veranschlagten Haushaltsmittel werden gemäß den gesetzlichen Bestimmungen und Verwaltungsvorschriften eingesetzt. Die Beantwortung der großen Zahl parlamentarischer Anfragen, die in der Vergangenheit von den Abgeordneten eingebracht wurden, belegt, dass das Parlament sachgerecht und vor allem umfassend durch die Thüringer Landesregierung informiert wird. Das Parlament hat gemäß Artikel 67 der Thüringer Verfassung, wie ja von Herrn Abgeordneten Gerstenberger schon angeführt wurde, umfassende Kontrollmöglichkeiten, die auch wahrgenommen werden, wie Sie an der Anzahl von Anfragen, Berichtsanträgen und Tagesordnungspunkten zu diesem Themenbereich erkennen können. Eine automatische Berichtspflicht ist nach der Thüringer Verfassung nicht vorgesehen.

(Beifall bei der CDU)

Im Übrigen obliegt es den Fachressorts, im Rahmen der Vorgaben des Parlaments durch Haushaltsgesetz und Haushaltsplan adäquate Schwerpunkte bei der Bewilligung von Fördermaßnahmen zu setzen, um einen effektiven Einsatz der vorhandenen Fördermittel zu erzielen.

Die im Antrag der PDS angeführte angeblich nicht sachgerechte Mittelverwendung aus dem Programm "Arbeitsförderung Ost" im letzten Jahr entspricht nicht den Tatsachen. Der Einsatz der Mittel erfolgte unter Beachtung des Thüringer Haushaltsgesetzes und der Thüringer Landeshaushaltsordnung. Die sachgerechte Mittelverwendung

wurde z.B. dadurch optimiert, dass im Haushaltsjahr 2000 unter Einbeziehung der mit Strukturanpassungsmaßnahmen befassten Akteure die Neuausrichtung der Förderung der Strukturanpassungsmaßnahmen durch die Einführung verbindlicher Qualitätskriterien mit dem Ziel eines effizienten und nachhaltig wirkenden Mitteleinsatzes erfolgte. Seit Mai 2000, meine Damen und Herren, gibt es hierzu eine entsprechende Förderrichtlinie.

Die qualitativ ausreichenden Anträge werden bewilligt, das Verfahren der Programmumsetzung ist mit allen Arbeitsmarktakteuren partnerschaftlich abgestimmt. Es ist somit im hohen Maße transparent. Ein effektiver Fördermitteleinsatz ist im Rahmen der Neuorientierung der Landesarbeitsmarktpolitik klar und deutlich sichergestellt. Parlamentarische Kontrollmöglichkeiten sind umfassend gegeben und daher empfehle ich, den PDS-Antrag abzulehnen.

(Beifall bei der CDU)

Sie wollen noch einmal reden? Bitte, Herr Abgeordneter Gerstenberger.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär, nur zur Richtigstellung - "sachgerechte Mittelverwendung": Ich will das nicht bewerten, ich will nur noch einmal sagen, was mich an diesem Begriff "sachgerechte Mittelverwendung" stört. 233 Mio. DM Arbeitsmarktmittel laut Haushaltsansatz für das Jahr 2000 - die Landesregierung in der Haushaltsdebatte in etwa in dem Tenor: Es gibt keine Mittelreduzierung zum Jahre 1999, wir behalten die notwendigen Mittel für die Arbeitsmarktpolitik auch im Jahr 2000 bei. Aus dem Jahr 1999 wird ein 8-Mio.DM-Haushaltsrest in das Jahr 2000 übertragen, das heißt, wir haben 241 Mio. DM im Jahr 2000 zur Verfügung, notwendige Mittel für ein notwendiges Aufgabengebiet. Im Ergebnis stellt sich heraus, dass 163 Mio. DM davon eingesetzt wurden. Das heißt, nahezu 80 Mio. DM, nimmt man den Haushaltsrest dazu, wurden nicht wirksam für die Arbeitsmarktpolitik im Jahr 2000. Nun kann es Probleme mit der Mittelausreichung und dem Mitteleinsatz geben. Dafür gibt es ein haushaltstechnisches Instrument, das heißt Übertragung von Haushaltsresten auf das Folgejahr.

Meine Damen und Herren, wenn es tatsächlich so ist, dass diese Arbeitsmarktmittel unverzichtbar sind für die Arbeitsmarktpolitik dieses Freistaats, hätte es demzufolge im Haushaltsjahr 2001 einen Rest von 80 Mio. DM geben müssen, der aus dem Jahr 2000 übertragen wird, nämlich genau das Geld, was im Jahr 2000 nicht verbraucht wurde. Nun wäre einfach zu vollziehen und nachzusehen, wie groß der Haushaltsrest ist und da stellt man fest - 19 Mio. DM. Das heißt, 60 Mio. DM sind nicht mehr unabweisbar notwendig. Meine Damen und Herren, und jetzt die Konsequenz zu den 1999 geäußerten bei den 230 Mio. DM,

es würde nicht gekürzt, es würde keine Mittelreduzierung vollzogen. 160 Mio. DM, 50 Mio. DM davon in die Esse geschrieben, weil nicht für Arbeitsmarktpolitik verwandt. Meine Damen und Herren, das könnte man auch anders interpretieren, man könnte sagen, die Landesregierung hat schlicht und ergreifend bei der Haushaltsdebatte zum Haushalt 2000 die Unwahrheit gesagt und offensichtlich das auch noch ernst gemeint und vorsätzlich. Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Herr Abgeordneter Kretschmer, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Gerstenberger, und wenn Sie sich noch so sehr mühen, wir werden uns nicht auf eine Grundsatzdebatte über Arbeitsmarktpolitik einlassen, weil das nicht das Thema Ihres Antrags ist, erster Punkt.

(Beifall bei der CDU)

Zweiter Punkt, ich weise den Vorwurf der Unwahrheit gegenüber der Landesregierung zurück, wenn Sie nicht beweisen können - und dazu haben Sie die entsprechenden Möglichkeiten -, dass diese Behauptung, die Sie hier getätigt haben, auch unterlegt ist. Wissen Sie, ich bin dem Kollegen Müller insofern dankbar, dass er dieser Versuchung widerstanden hat über Arbeitsmarktpolitik hier zu diskutieren, weil, dann könnte ich die Linie noch aufmachen, auch die Kritik an der Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung ist nicht ganz von der Hand zu weisen und ich weiß nicht, ob Ihre Kollegen der Bundestagsfraktion den Herrn Riester ständig hinterfragen, wie die entsprechenden Zahlen sind. Also, die Sache will ich einmal weglassen.

Aber das ernste Thema, was hierbei rausschaut, das ist für meine Fraktion das Thema "Informationssystem" gewesen. Wie ist dieser Antrag eingebettet in die verfassungsgemäß vorgegebenen Rechte der Fraktionen und der Abgeordneten auf Information. Herr Gerstenberger, ich glaube, da hat auch Herr Müller deutlich gemacht, Sie haben eigentlich alle Möglichkeiten. Wenn Sie als Vorsitzender des Haushalts- und Finanzausschusses schon Ihre Hilflosigkeit hier kundtun, dass Sie mit den Informationen nicht umgehen können, dann tun Sie mir Leid.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben die Möglichkeiten. Vielleicht kommt es mir zupass, dass ich zumindest zwei Jahre Mitglied des Haushalts- und Finanzausschusses habe sein dürfen. Sie bekommen die Tabellen vom Finanzminister über den Mittelabfluss, Sie werden informiert über überplanmäßige Ausgaben und, ich denke, auch Ihre Anfragen, das haben

Sie hier deutlich gemacht, sind hier erfolgreich beantwortet worden. Im Weiteren sitzt dort hinten der Vertreter des Landesrechnungshofs. Wenn Zweckentfremdung in Ihrem Sinne dasteht, dann wird das spätestens an diesen Stellen auch aufarbeitbar sein. Meine Damen und Herren, ich weise eindeutig den Vorwurf zurück, dass durch die Landesregierung hier versucht wird, irgendwelche Mittel an dem Haushalt und dem Landtag vorbei auszugeben und dass dieses, wenn diese Behauptung überhaupt zuträfe, durch ein automatisiertes Informationssystem nachgewiesen werden kann. Wissen Sie, Herr Gerstenberger, ich will mal etwas überzeichnen, Ihre Überwachungsrechte, die Sie hier verfassungsgemäß darstellen, sind natürlich auch mit gewissen Überwachungspflichten und Mühen verbunden. Ich habe den Eindruck, mit Ihrem Berichtsersuchensantrag wollen Sie sich von diesen Mühen loslösen. Sie wollen es sich etwas erleichtern, Sie wollen sozusagen - ich überzeichne deutlich - in der Hängematte die Informationen mundgerecht vorgetragen kriegen und am besten noch mit Schuldanerkenntnis. Das wird natürlich nicht stattfinden, sondern Sie sollen sich schon mühen, dass Sie den Überwachungsaufgaben auch gerecht werden können.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister Trautvetter, bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Rede von Herrn Abgeordneten Gerstenberger wundert mich schon, die er von diesem Pult hier losgelassen hat, vor allem auch deswegen, weil er Vorsitzender des Haushalts- und Finanzausschusses ist.

(Beifall bei der CDU)

Die Etatisierung von Haushaltsansätzen entspricht immer einem prognostizierten Bedarf. Wenn der prognostizierte Bedarf nicht eintritt, dann ist niemand verpflichtet, das Geld zum Fenster rauszuwerfen, sondern dann spart man es ein.

(Beifall bei der CDU)

Da können wir uns den Haushaltsvollzug von 1995, 1996 bis zum Jahre 2000 auf den Tisch holen und können vergleichen. Dann müsste die Opposition nachweisen, welche Anträge auf Arbeitsmarktmittel aus Haushaltsgründen abgelehnt worden sind. Mir ist nicht ein einziger abgelehnter Antrag bekannt. Aus fachlichen Gründen sehr wohl, aber nicht aus Haushaltsgründen. Es gibt noch etwas anderes, Herr Gerstenberger, Sie kennen die Landeshaushaltsordnung und Sie wissen auch ganz genau, unter welchen Rahmenbedingungen Haushaltsreste gebildet werden können und die Übertragbarkeit, auch die finanziel

le Übertragbarkeit, von Haushaltsresten in das nächste Jahr erfolgen kann. Auf keinen Fall bei den konsumtiven Ausgaben des zweiten Arbeitsmarktes, weil alle Projekte nämlich jahresbezogen sind und dort, wo überjährige Projekte bewilligt werden, werden sie über schon veranschlagte Verpflichtungsermächtigungen aus den Haushaltsansätzen des nächsten Jahres abfinanziert. Wenn Sie sich hier hinstellen, dann beweisen Sie wenigstens, dass Sie in der Landeshaushaltsordnung fachkompetent sind, sonst haben Sie fachlich nicht das Recht, Haushalts- und Finanzausschussvorsitzender zu sein.

(Beifall bei der CDU)

Der letzte Satz, glaube ich, ist nicht so unbedingt zulässig für einen Minister.

(Beifall bei der PDS)