Ich will das noch mit drei Zahlen untermauern. Der Außenhandel mit Ungarn betrug im letzten Jahr immerhin 180 Mio. DM, ein Plus von 28 Prozent, die Ausfuhr nach Polen 295 Mio. DM, ein Plus von 40,1 Prozent, und die Ausfuhr nach Tschechien 302 Mio. DM, ein Plus von 34,8 Prozent.
Meine Damen und Herren, wie wird es in der Perspektive aussehen, insbesondere beim Außenhandel? Die Visumspflicht ist bei allen Staaten in den letzten Jahren gefallen, die Zollgrenzen sind bis auf ganz geringe Reste verschwunden. Ab Anfang 2003 werden auch diese Reste weg sein und nach Auslaufen der Übergangsfristen, wenn dann die einzelnen Staaten beigetreten sind, wird es vollkommene Freizügigkeit für alle Waren, Dienstleistungen und vor allen Dingen für die Menschen geben. Das wird unseren Markt nachhaltig beleben und der Austausch wird sich erheblich verbessern. Wir müssen natürlich auch sehen, dass Gefahren drohen. Das ist nicht zu verniedlichen. Insbesondere durch das niedrige Lohn- und Gehaltsniveau wird sich für unsere Unternehmen auch eine deutliche Konkurrenz herausstellen. Das müssen wir deutlich erkennen und auch unsere Betriebe müssen sich darauf vorbereiten. Aber ich denke, man sollte es trotzdem nach Abwägung der Vor- und Nachteile mit Optimismus betrachten. Und wir müssen darauf orientieren, dass wir vor allen Dingen auf Qualität zu achten haben. Das ist unser Vorteil. Auf diesem Weg sind unsere Unternehmen inzwischen gut unterwegs.
Meine Damen und Herren, ich denke, ein Problem ist aber an der Stelle noch anzusprechen, und zwar ist das die Harmonisierung, die an weiten Stellen noch nicht gelungen ist. Wenn es unterschiedliche Bedingungen bei den vorhandenen 15 Mitgliedstaaten gibt, dann ist das ein Problem. Und es stellt sich oft als Nachteil für unsere Unternehmen heraus. Es wurde aber in dieser Woche veröffentlicht, dass, um mal ein Beispiel zu nennen, die Europäische Kommission versucht, die Mineralölsteuer zu harmonisieren. Ein großes Vorhaben, das wirklich wichtig ist. Und wir hoffen, dass dieses Vorhaben möglichst bald gelingt, um gerade für deutsche Fuhrunternehmen diese Nachteile auszugleichen.
Ein Punkt muss natürlich an der Stelle noch angesprochen werden, das ist der Ausbau der Verkehrswege. Ich glaube, wir Thüringer sind da auf gutem Weg. Aber nun geht es darum: Wie wird es in unseren östlichen Nachbarländern vorangehen? Da kann vor allem die EU mit ihren Mitteln helfen. Um das eine Beispiel zu nennen, die Hochgeschwindigkeitsstrecke von Nürnberg über Erfurt, Halle, Leipzig und Berlin, die im Moment leider durch die Bundesregierung fast vollständig gestoppt ist, die soll natürlich nicht nur nach Skandinavien weitergehen, sondern auch nach Polen und weiter nach Osten.
Das muss man an der Stelle nachdrücklich sagen. Hier ist die EU-Kommission gewillt, auch an dieser Stelle finanzielle Hilfen für diese Strecke aufzubringen. Es muss aber ein Gemeinschaftswerk von allen betreffenden Nationen sein. Aber natürlich auch die Straßenverbindungen müssen weiter ausgebaut werden. Ich erinnere nur mal an die B 4, die viele unserer Kollegen fast täglich nutzen. Es ist auch die Europastraße 40. Die beginnt am Atlantischen Ozean und endet am Kaspischen Meer.
Nun geht es darum, die Straße auch an der Stelle mit europäischen Mitteln auszubauen. Denn wenn sie nicht ausgebaut ist, nützt es auch nichts, dass sie so ausgeschildert ist, sechsspurig, vielleicht nicht ganz bis zum Kaspischen Meer, aber wir brauchen sie mehr denn je. Denn das ist ihre alte Funktion, um diese in Zukunft wahrnehmen zu können, braucht sie schon einen Ausbau. Dabei kann die Europäische Union nachdrücklich helfen. Das erkennen die Menschen auch an. Das ist dann gelebte europäische Vereinigung.
Ein Punkt, den wir von hier aus schon beeinflussen können, natürlich können auch Fluglinien sehr schnell für die Kontakte hilfreich zur Seite stehen. Hier gibt es einen Nachholbedarf, wobei es im Moment schwer ist, über solche Perspektiven zu reden. Keiner weiß, wie sich das in den nächsten Monaten entwickeln wird.
Und ein Punkt, meine Damen und Herren, der sich nach meiner festen Überzeugung in den nächsten Jahren positiv mit den ost- und westeuropäischen Staaten entwickeln wird, ist der Tourismus. Es wird sich natürlich auch mit dem Beitritt der Wohlstand in den Beitrittsstaaten verbessern, der wird steigen und damit wird auch der Tourismus steigen. Das sind Märkte, die für uns erschlossen werden können, und viele unserer Bürger werden die Beitrittsstaaten als ihre Urlaubsziele entdecken. Lassen Sie mich abschließend sagen, der Außenhandel wird mehr und mehr ein stabilisierender Faktor unserer wirtschaftlichen Entwicklung sein und er wird unserer Zukunftssicherung dienen. Und lassen Sie mich zum Abschluss sagen, was wir
sehr ernsthaft heute Vormittag diskutiert haben, den Außenhandel, die wirtschaftlichen Kontakte, sie werden auch verstärkt der Völkerverständigung dienen. Herzlichen Dank.
Ich werde in meiner Rede auf drei Fragen eingehen, die inhaltlich im Zusammenhang stehen und deren Antworten der SPD-Fraktion nicht ausreichend erscheinen. Es sind die Fragen 3, 5 und 44.
Ich möchte die Antworten der Landesregierung aus Sicht des Leitprinzips der EU, der Chancengleichheit von Frauen und Männern, betrachten und bewerten und das geschieht auch gleichzeitig im Interesse der Frauenpolitikerinnen Thüringens. Die Aussagen der Landesregierung hierzu sind unbefriedigend. Wenn das alles zu diesem Schwerpunkt sein soll, was dazu auf Frage 44 - Welches sind die Hauptthemen in der europapolitischen Öffentlichkeit in Thüringen? - in einem kurzen Abschnitt formuliert ist, dann ist das sehr mager. In keinem einzigen Satz Ihrer Antworten ist das Wort "Chancengleichheit" geschweige denn "Gender Mainstreaming" erwähnt. Lediglich ist unter anderem zu lesen: Die Beauftragte der Thüringer Landesregierung für die Gleichstellung von Frau und Mann organisiert gemeinsam mit der Europäischen Staatsbürgerakademie Thüringen Veranstaltungen zu den aktuellen europapolitischen Themen und die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten sollen über Institutionen und EUFörderrichtlinien und -programme informiert werden. Also, das tun die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten selbst schon Jahre. Es wäre schlimm, wenn das nicht geschehen wäre.
Meine Damen und Herren der Landesregierung, es hätte hier ein Zeichen gesetzt werden können, wenn sich die Landesregierung wenigstens einmal zu dem Begriff "Gender Mainstreaming" hätte durchringen können, ihn einmal genannt hätte.
Herr Gnauck, Sie haben hier einen so langen Beitrag gehalten. Die Chance - ich habe gedacht, na vielleicht bringt er es noch mal - hier darauf kurz einzugehen, haben Sie auch vertan. Wir wissen, viele Deutsche tun sich immer noch schwer mit dem Begriff, obwohl sie mit anderen englischen Begriffen überhaupt keine Probleme haben. Aber wenigstens das Wort "Chancengleichheit von Frau und Mann" wäre schon ein Schritt in die richtige Richtung. Ob wir wollen oder nicht, der Begriff "Gender Mainstreaming" ist seit der 4. Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking als fester Begriff geprägt worden und er wird in allen Teilnehmerländern der Konferenz auch in der Bundesrepublik und selbstverständlich in der EU verwendet. Ich muss Ihnen sagen, es ist nicht unbedingt zum Nachteil, wenn man ihn in der jeweiligen Sprache erklären muss. Ich möchte es noch mal ganz schlicht und einfach und auch plausibel sagen: Mit "Gender Mainstreaming" soll erreicht werden, dass die Rechte und Bedürfnisse von Männern und Frauen in allen Geschäfts-, Politik- und Lebensbereichen integriert sind und nachhaltig berücksichtigt werden. Alle, auch die Männer, müssten dies als einen Leitgedanken ihres Handelns ansehen. Ich zitiere aus einer Studie von diesem Jahr, Sie haben sie vielleicht auch gelesen - Herr Kretschmer, es betrifft Sie auch -: "Viele Männer fühlen sich überfordert".
Nicht nur Frauen leiden unter Mehrbelastung, auch den Männern machen Beruf und Familie zu schaffen. Das ergab eine öffentliche Umfrage des Forsa-Instituts unter 1.000 Männer, das ist dann schon ziemlich objektiv. So schätzen sich 70 Prozent der Männer zwar stark und leistungsfähig ein, aber jeder Vierte fühlt sich häufig total ausgebrannt. Vor allem junge Familienväter haben Stress.
Und jeder Dritte fühlt sich zeitweise überfordert. Fast die Hälfte der jungen Väter sagt: Nach dem Wochenende freue ich mich auf den Job. Dass Sie nicht wieder vermuten, die wollen schon wieder Frauenförderung. Dieses Beispiel ist auch eine dringende Aufgabe für "Gender Mainstreaming". Es ist ja gut, dass Männer auch offen darüber sprechen, sie sollen ja immer stark sein. Und mit dem Frauengesundheitsbericht wird - Herr Pietzsch ist nicht da - auch noch eine Menge auf uns zukommen, dass Männer und Frauen unterschiedlich sind. Nicht nur im Geschlecht, sondern auch in ihrer ganzen Lebensweise.
Meine Damen und Herren, die Frauen in Thüringen tun selbst etwas, um sich Klarheit über "Gender Mainstreaming" zu verschaffen und darüber, wie auch die Umsetzung realisiert werden könnte. Zum Beispiel hatte der Paritätische Wohlfahrtsverband im September eine Fachtagung zu diesem Thema und auch die Landesregierung dazu eingeladen. Auch der Gleichstellungsausschuss im Thüringer Landtag hatte am 28. September eine Anhörung zu "Gender Mainstreaming" und seiner Umsetzung
durchgeführt. Natürlich, die Herren Chefs vom Gemeindeund Städtebund, vom Landkreistag und auch der Chef der Staatskanzlei waren leider nicht erschienen. Es ist das gleiche Spiel wie zum Gleichstellungsgesetz. Erst einmal abblocken, sich hinter dem Begriff verstecken, das war ja das Peinlichste vom Gemeinde- und Städtebund, man begreift den Begriff nicht, er kann ihnen nicht erklärt werden und deshalb versteht man ihn nicht und kann ihn auch nicht umsetzen. Es wird erwartet, dass die Landesregierung die Thüringer Aktivitäten im Hinblick auf das Zusammenwachsen von Osteuropa bündelt und darlegt. Es ist ja schon eine ganze Menge, was da getan wird. Der Landesfrauenrat hatte zum Beispiel schon im März dieses Jahres mit Frauen aus Osteuropa einen Erfahrungsaustausch zu den Voraussetzungen eines EU-Beitritts durchgeführt. Auch mit den Mitgliedern des Gleichstellungsausschusses fand eine Begegnung statt. Das Projekt wurde von der Landesfrauenbeauftragten unterstützt. Im November/Dezember dieses Jahres organisiert die Fachhochschule eine große internationale Fachkonferenz zu "Gender Mainstreaming" in Lehre und Forschung mit Frauen aus Osteuropa. Das organisieren sie alles selbst. Aber es ist schön, Frau Ministerin Schipanski, sie hört es nun leider nicht, fördert diese Konferenz. Die Frauen der Länderbeitrittskandidaten sind inzwischen für Gleichstandspolitik sensibilisiert und wir, meine Freunde vom Freundeskreis, Sie wissen es, Herr Kallenbach, wir haben dazu auch gesprochen, sie haben schon sehr gut zugehört und sie sind an den Erfahrungen der Frauen der Bundesrepublik Deutschland sehr interessiert, aber insbesondere interessieren sie Themen wie Gleichstellungspolitik und Chancengleichheit für Frauen und Männer in den neuen Bundesländern. Und ich muss wirklich hier ein Kompliment an unsere Abgeordneten sagen, die Mitglieder des Landtags erfüllen ja ihre Hausaufgaben und sie unterstützen die Abgeordneten auch in den Beitrittsländern. Im Rahmen der Zusammenarbeit der Thüringer Landtagsabgeordneten, Freundeskreis Litauen, wurde auch beschlossen, da sind wir auch stolz darauf, 2002 während der litauischen Kulturtage in Thüringen eine Konferenz mit dem Thema "Gender Mainstreaming" durchzuführen.
Meine Damen und Herren, ich frage die Landesregierung und ich wurde auch von den Frauenpolitikerinnen dazu beauftragt, das ist nicht nur meine Meinung: Was tun Sie, um den Beitrittskandidaten, den Beitrittsländern die Bedeutung von "Gender Mainstreaming" nahe zu bringen, das europäisches Leitprinzip ist und verbindliche Rechtskraft für die Mitgliedsländer der EU besitzt? Voraussetzung ist, dass sich die Minister, und an erster Stelle der Ministerpräsident, zu "Gender Mainstreaming" bekennen. Ein Beispiel aus Schweden: Da der Premierminister selbst am ersten Seminar zu "Gender Mainstreaming" teilgenommen hatte, war es niemandem möglich zu behaupten, er oder sie hätte keine Zeit. Ich fordere oder wünsche, dass unser Ministerpräsident vielleicht auch diesem Beispiel folgen könnte. Und die Regierungen, die Politiker der
Beitrittsländer, und die sind männerdominiert, auch die Parlamente, das wissen Sie selbst, das sind echte Machotypen, die müssen informiert sein, dass der Grundsatz durch das Europäische Parlament durchgesetzt worden ist, wonach die Mittel des Europäischen Strukturfonds auch unter dem Gesichtspunkt des Anteils der Frauen an den Arbeitslosen vergeben werden. Sie wissen selbst, die Arbeitslosigkeit in diesen Ländern ist gravierend. Und "Gender Mainstreaming" bündelt einen riesengroßen Korb von Maßnahmen zur Verwirklichung der Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern in allen Bereichen - Politik, Wirtschaft, Gesellschaft.
bemühen sich in den Ländern dazu aufzuklären. Sie schaffen es auch schon mit den Abgeordneten. Aber wenn wir die Spitze nicht erreichen, dann ist das gar nichts und Sie müssen sich dazu auch bekennen, dass das was Gutes ist.
Es gibt diesen Beschluss zu den beschäftigungspolitischen Leitlinien vom 19. Januar dieses Jahres. So, und das müssten Sie auch wissend beherzigen. Folgende Maßnahmen sind hier auch zu berücksichtigen: Abbau des überdurchschnittlich hohen Frauenanteils an den Arbeitslosen, Erreichen eines ausgewogenen Beschäftigungsverhältnisses von Männern und Frauen in allen Wirtschaftsbereichen und Berufen, insbesondere in den zukunftsträchtigen Berufen der IT-Branche und drittens die Verbesse
rung der Rahmenbedingungen, um Beruf und Familie innerhalb und außerhalb des Unternehmens miteinander zu vereinbaren.
Meine Damen und Herren, wir erwarten im Rahmen der europäischen Beschäftigungsstrategie von der Landesregierung, dass sie durchgängig die Verwirklichung der Chancengleichheit von Männern und Frauen im Auge hat. Und, Herr Gnauck, Sie haben es richtig gesagt, wir vereinen Menschen und dazu gehört das auch. Wir in den neuen Bundesländern, zum Schluss, wir sind in der Pflicht, die Beitrittskandidatenländer zu unterstützen, Gleichstellungspolitik, Chancengleichheit in ihre Parlamente und Regierungsarbeit zu integrieren und sie zur Selbstverständlichkeit zu machen. Davon sind diese Länder noch weit entfernt und ohne die Erfahrung - das muss ich ganz eindeutig sagen - und Unterstützung von Frauenpolitikerinnen in den alten Bundesländern zur Gleichstellung wären wir in Thüringen nach der Wende nicht so weit, wie wir heute sind. Es ist noch ein großes Stück zu gehen, aber wir sind schon ziemlich weit. Aber in den EU-Beitrittsländer ist, um mit Theodor Fontane zu sprechen, Gleichstellung noch ein weites Feld. Danke für die Aufmerksamkeit.
Frau Bechthum, ich wollte Sie ja nur fragen, ob Sie auch der Auffassung sind, dass es gut gewesen wäre, wenn der Thüringer Landtag heute früh in den Ausschuss der Regionen eine Frau gewählt hätte?
Ja, das ist noch das Stück wo ich sagte: "Noch ein großes Stück des Weges...". Aber da kommen wir auch noch hin, ich habe eigentlich Vertrauen in den Landtag, das muss ich auch sagen.