Protokoll der Sitzung vom 08.11.2001

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, in nicht ganz einfachen Zeiten legt die Landesregierung mit dem ersten Nachtragshaushalt für das Jahr 2002 ein Programm für mehr Sicherheit in Thüringen vor. Wir reagieren auf die Ereignisse des 11. September 2001. Das Programm ist die innenpolitische Konsequenz der geänderten Sicherheitslage in Amerika, in Europa und in Deutschland. Wir nehmen die Ängste der Bevölkerung ernst und erhöhen die Sicherheit für unsere Bürger. Ich bitte Sie daher um Ihre Unterstüt

zung und kurzfristige Beratung in dem Ausschuss, um dieses Programm noch in diesem Jahr zu verabschieden. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Gesetz. Es hat sich als Erster zu Wort gemeldet der Abgeordnete Huster, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, es scheint ja bei den Ministern der Thüringer Landesregierung so etwas wie einen festen Programmteil zu geben, der heißt in einem Punkt 1 - ideologische Auseinandersetzung mit der Politik der Bundesregierung

(Beifall bei der SPD)

und in einem Punkt 2 - von sich weisen jeder eigenen Schuld.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Meine Damen und Herren, mit der PDS ist das nicht zu machen, ich werde ausschließlich zur Sache, nämlich zum Nachtragshaushalt reden.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Meine Damen und Herren, die Höhe des von der Landesregierung vorgelegten Sicherheitspakets bedingt einen Nachtragshaushalt. Das gebietet die Landeshaushaltsordnung. Wie sinnvoll es ist, einen Nachtrag allein zum Sicherheitspaket vorzulegen, mag dahingestellt bleiben. Denn klar ist, dass wir aufgrund der zu erwartenden Steuerausfälle einen großen Nachtrag brauchen werden. Wir bräuchten ihn auch wegen dringender ungelöster Fragen im Land, sei es wegen der Situation in den Kommunen, sei es wegen der unbefriedigenden Beschäftigungssituation in Thüringen oder sei es, um ein Beispiel aus der heutigen Debatte zu nennen, wegen des Mangels an Berufsschullehrern.

(Beifall bei der PDS)

Nun liegt uns aber zunächst ein kleiner Nachtrag zur Finanzierung des Sicherheitspakets vor. Dieser Nachtragshaushalt wurde sehr schnell erarbeitet. Das ist an sich gut.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Gut.)

Schlecht ist nur, dass man es diesem Nachtrag auch ansieht. Mit heißer Nadel gestrickt, sagt man dazu. Wenn also schon der kleine Nachtrag solche Mängel aufzeigt, Herr Minister, darf man gespannt sein, was uns am Be

ginn des Jahres 2002 erwartet. Das können wir jetzt nur vermuten. Also, bleibt mir nur, mich dem zuzuwenden, was uns jetzt mit dem Nachtrag eins vorliegt, wobei mein Kollege Dr. Hahnemann zu Sinn und Unsinn der Verteilung der 12,9 Mio. Euro im so genannten Sicherheitspaket sprechen wird und ich lediglich etwas zu dem Zahlenchaos sagen werde, das uns hier präsentiert wurde.

Ich will vier Beispiele benennen. Erstens: Im Innenministerium, Kapitel 301 sind für 2001 bisher 361 Stellen für Beamte vorgesehen, im Nachtrag steht aber: Stellen gesamt 184. Der Finanzminister hat offenbar nicht nur die DM in Euro umgerechnet, sondern auch die Stellen; 361 geteilt durch 1,95583 macht nämlich genau 184.

(Heiterkeit bei der PDS, SPD)

Nein, meine Damen und Herren, er hat natürlich nicht die Euroumstellung zum Personalabbau benutzt. Er hat in den Stellenplänen nur die Amtsbezeichnungen aufgeführt, die für neue Stellen oder Hebungen betroffen sind. Die Logik lautet also, nur das wird aufgeführt, was sich ändert, auch wenn dadurch die Beamten im Innenministerium scheinbar auf Euro umgestellt werden. Aber warum werden dann sieben Abgänge und sieben Umsetzungen aufgeführt, die nicht neu sind, sondern schon im Haushalt stehen? Konsequent ist es jedenfalls nicht, wenn neben den neuen Änderungen auch noch ein Teil der schon beschlossenen Änderungen mit untergemischt wird.

Zweitens: Mit gültigem Haushalt wurden beim Verfassungsschutz 10 neue Stellen geschaffen und vier Stellen für Beamte und zwei Stellen für Beamte auf Probe gestrichen. Es kamen also insgesamt vier Stellen hinzu. Im Nachtrag sind 10 Zugänge in 2001 aufgeführt, aber nur zwei der Abgänge. Auch erhöht sich die Zahl der Beamten beim Verfassungsschutz mit den jetzt hinzu kommenden Stellen tatsächlich von 66 auf 86. Im Nachtrag wird vorgetäuscht, dass es nur 69 sind.

Drittens: Herr Minister, die Massenentlassung von Sekretärinnen im Innenministerium bedarf auch einer näheren Erläuterung. Im gültigen Haushalt wurde die Anzahl der BAT 7-Stellen im Kapitel 03 01 von 52 im Jahr 2000 auf 50 in diesem Jahr reduziert. Im Nachtrag steht nun ganz deutlich, dass die Zahl der BAT-7-Stellen im Kapitel 03 01, also beim Innenministerium im Jahr 2002 noch 5 betragen soll. 45 Angestellte sind einfach weg.

Viertens das Kuriosum im LKA: Da tauchen plötzlich zwei Oberregierungsräte auf, die angeblich von den Polizeidirektionen kommen sollen. Dort sind sie aber nicht als Abgänger aufgeführt. Die zwei neuen kommen offenbar aus dem Nichts.

Ich meine, diese vier Beispiele verdeutlichen Ihr Zahlenchaos, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der PDS)

Nun zu Ihren Deckungsvorschlägen: 3,9 Mio. Euro Mehrbedarf für das zusätzliche Personal stehen Budgetkürzungen von 4,5 Mio. Euro bei den Ressorts gegenüber. Das soll zum Beispiel durch Nichtbesetzen freier Stellen funktionieren. Wenn das ohne Qualitätsverlust gehen soll, was ich nachdrücklich bezweifle, dann wären die Personalkostenbudgets nichts weiter als volle Sparbüchsen gewesen. Die Personalkostenrücklage insgesamt 7,7 Mio. Euro, die jetzt aufgelöst wird, war ebenfalls keine untersetzte Planung des Finanzministers, sondern mit Sicherheit eine Sparbüchse. Die Personalkostenbudgets werden mit dem Rasenmäher geschoren, prozentual alle gleich.

Frau Lehmann - ja, Sie sind da -, Sie haben in der Haushaltsdebatte zum Haushalt 01 02 zu unserem Ententeich gesagt, das sei Rasenmähermethode. Wir haben damals 901 Titel einzeln bewertet, manche mehr gekürzt, manche weniger, manche gar nicht. Das war kein Rasenmäher. Aber bei dem, was hier im Nachtragshaushalt mit den Personalkosten geschieht, da trifft diese Formulierung wirklich zu.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Herr Justizminister, Sie bekommen zwar sechs neue Stellen, dafür aber auch 500.000 Euro weniger Geld für Ihr Personal. Wenn das zum Beispiel durch generelle Wiederbesetzungssperren gehen soll, würde das auch bedeuten, dass Sie etwa frei werdende Stellen in Ichtershausen zumindest zeitweise nicht wieder besetzen können und das kann ja wohl nicht sein.

(Beifall bei der PDS)

(Zwischenruf Dr. Birkmann, Justizminister: Sie haben das ganze System nicht ver- standen.)

Darüber werden wir noch reden. Frau Ministerin Schipanski, Sie müssen 1,355 Mio. Euro an Personalkosten sparen und das trotz steigender Studierendenzahlen.

(Zwischenruf Trautvetter, Finanzminister: Wir müssen im Ausschuss wieder einen Lehrgang machen.)

(Heiterkeit bei der CDU)

Wir werden auch noch sehen, für wen wir hier noch einen Lehrgang machen müssen, Herr Minister.

(Beifall bei der PDS)

10 Prozent mehr Studierende im Vergleich zum Vorjahr schreien förmlich nach mehr Personal. Trotzdem soll auch hier, in der Denkfabrik willkommen, gekürzt werden. Und Herr Minister Pietzsch, um Sie als letztes Beispiel hier anzuführen - er ist nicht da, der Staatssekretär ist da, da muss ich mich ein bisschen weiter umdrehen - Herr Staats

sekretär, so richtig und wichtig die neuen Stellen beim MLVUA auch sind, wissen Sie schon, wie Sie die 290.000 Euro im Budget einsparen können? Oder genauer gefragt, welche konkreten Stellen werden demnächst frei oder können nicht wieder besetzt werden?

Meine Damen und Herren, viele offene Fragen; um all diese Fragen relativ zügig dennoch in Teilen gewissenhaft diskutieren zu können, beantragen wir nicht nur die Beratung im Haushalts- und Finanzausschuss, sondern wir halten sie zumindest im Innenausschuss für notwendig, man kann der Öffentlichkeit nicht darstellen, dass man Sicherheitspakete beschließt, aber im entsprechenden Fachausschuss nicht berät. Also, kein Sicherheitspaket ohne Beratung im Fachausschuss!

(Beispiel bei der PDS)

Zum Schluss, meine Damen und Herren, noch etwas zu den Globalen Minderausgaben bei den Verwaltungsausgaben. Der Finanzminister hat einmal gesagt, eine Globale Minderausgabe ist Betrug am Landtag. Recht hat er. Herr Dr. Zeh, ich erlaube mir, Sie sind noch nicht angesprochen worden heute, ich erlaube mir,

(Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Jetzt bin ich aber neugierig. Waren Sie überhaupt schon da?)

- ja, gut, dann war ich nicht da -, aus Ihrer Rede in diesem Haus vom 19. Dezember 2000 zu zitieren. An die Adresse der SPD gerichtet sagten Sie damals - ich zitiere, Frau Präsidentin, wenn Sie gestatten: "Die sächlichen Verwaltungsausgaben wollen Sie zur Finanzierung heranziehen. Meine Damen und Herren, Sie sinken bereits gegenüber dem Vorjahr, aber Globale Minderausgaben sind wohl immer die Krücke der SPD, um Ihre unsolide Gegenfinanzierung zu kaschieren." Soweit das Zitat.

(Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Da ging es um riesige Dimensionen, die durch Globale Minderausgaben finanziert werden sollten.)

Als Sie das sagten, Herr Dr. Zeh, gab es Beifall von der CDU und einen Zwischenruf von Herrn Gerstenberger, der rief dazwischen: "Vorsicht, Sie machen das auch." Herr Dr. Zeh, diese Globale Minderausgabe ist eine Krücke der CDU, um Ihre unsolide Gegenfinanzierung zu kaschieren und das zeigt nicht zuletzt dieser Nachtragshaushalt. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Höhn zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich hatte bei diesem Punkt auf der Tagesordnung Nachtragshaushalt ehrlicherweise nicht erwartet, dass der Finanzminister zu diesem Thema im Verhältnis vielleicht 5 oder 10 Prozent seiner Aussagen hier dargelegt hat, aber ansonsten eine politische Brandrede gehalten hat zu den angeblich so desaströsen Auswirkungen der Bundesregierung. Ich muss Ihnen sagen, mit Schulnoten bewertet, Herr Minister Trautvetter, war Ihr Beitrag zu Ihrem von Ihnen selbst eingebrachten Nachtragshaushalt mehr als mangelhaft.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Man könnte auch sagen im Deutschunterricht: Thema verfehlt. Aber bleiben wir bei dem eigentlichen Sachverhalt, beim Nachtragshaushalt. Ja, sage ich namens meiner Fraktion, man kann ein solches Paket zur Terrorismusabwehr auch in Thüringen so beschließen. Man kann es deshalb auch so beschließen, weil es flankierende Maßnahmen zu dem sind, was die Bundesregierung in ihren beiden Gesetzesnovellen oder Gesetzespaketen vorgelegt hat bzw. noch vorlegen wird. Aus diesem Grunde wird es vom Prinzip her von uns überwiegend Zustimmung geben, das einmal vorweg, aber im Detail betrachtet sind diese Maßnahmen, die Sie jetzt vorgeschlagen haben in diesem Paket. Da möchte ich ganz deutlich an die Beratungen erinnern, die wir anlässlich des Doppelhaushalts geführt haben. Wir haben damals gefordert, den Personalbestand bei der Polizei aufzustocken, Stellenhebungen war ein Thema der SPD-Fraktion, wir haben die Ausstattung im Brand- und Katastrophenschutz gefordert, damals schon im Jahr 2000 als wir die Beratung geführt haben und Sie verkaufen das jetzt als Sicherheispaket. Ja, was hätten Sie denn gemacht, wenn es diese unseligen Terroranschläge nicht gegeben hätte? Die Frage müssten Sie mal hier an dieser Stelle beantworten. Ich glaube, da würden Sie in einige Erklärungsnot kommen.

Zum Verfahren: Natürlich kann man ein solches Paket mit rund 25 Mio. DM in einem, ich will das mal als Miniaturnachtragshaushalt bezeichnen, abwickeln. Sie haben vorhin gesagt, ich habe mir das aufgeschrieben, das ist der Beweis, dass diese Landesregierung die Lücken im laufenden Haushalt selbst decken kann. Ja, natürlich, zu den Deckungsquellen sage ich im Übrigen auch noch etwas, ergänzend zu dem, was der Kollege Huster schon richtigerweise hier erwähnt hat. Aber ich muss Ihnen ehrlich sagen, Sie haben einen großen Teil Ihrer Zeit dafür verwendet, mögliche konjunkturelle Auswirkungen für das kommende Jahr hier darzuliegen. Aber ich habe von Ihnen nicht gehört, wie Sie die zu erwartenden Steuerausfälle, die Sie selbst angesprochen haben und an dessen Korrektur mittels eines zweiten wesentlich größeren Nachtragshaushalts Sie mittlerweile entgegen Ihren ersten Verlautbarungen nicht mehr vorbeikommen, wie Sie dieses Problem hier in Thüringen lösen wollen. Darüber habe ich