Kultur ist in Deutschland nach dem Grundgesetz nicht unmittelbar formuliert. Nach dem Grundgesetz hat sich dieses Land als Sozialstaat, als Rechtsstaat, als Föderalstaat verstanden und bestimmt und nach dem Selbstverständnis und nach der Auslegung der Rechtsprechung ganz bestimmt auch als Kulturstaat. In Thüringen sind wir einen Schritt weiter gegangen. Wir haben mit Artikel 30 die Kultur, die Kunst und die Brauchtumspflege mit Verfassungsrang versehen und sie als Gemeinschaftsaufgabe des Landes und der Gemeinden erklärt. Das ist eine ganz wichtige Geschichte, auf die ich noch zurückkommen werde. Wir tun gut daran, die Kunst in ihrer ganzen Bandbreite zu betrachten. Kunst und Kultur findet nicht nur in großen Theatern statt, in den Museen, in den Konzertsälen, sondern auch im Alltag. Ohne die alltägliche Kultur wäre unser Leben ziemlich arm. Deshalb ist es gut und wichtig, dass Politik, Kulturpolitik, Kunst und Kultur fördert. Aber sie darf nicht den Fehler begehen, diese Kultur selbst erbringen zu wollen. Kulturpolitik lebt sehr stark von Selbstverleugnung derer, die sie machen. Sie muss erkennen, dass sie im künstlerischen Bereich selber nichts beizutragen hat, sondern sich um die Bedingungen zu kümmern hat, unter denen die freie Entfaltung von Kunst und Kultur passieren. Gelegentlich kann man bei Redebeiträgen in diesem Hause das Gefühl haben, dass mancher mit seinem Einsatz an dieser Stelle überzieht und den Künstlern die Arbeit abnehmen will; das können wir nicht. Damit meine ich nicht das ehrenamtliche Engagement und die Freizeitbetätigung unseres Dichters hinten in der letzten Reihe. Das ist unbenommen. Darüber will ich mich auch gar nicht äußern, das ist auch aller Ehren wert, dass er das hinbekommt. Wir haben auf der anderen Seite auch viele, die sich in ihrer Freizeit musisch betätigen und durchaus auch dort Erfahrungen sammeln. Das ist gut und richtig. Wir werden dafür zu sorgen haben, dass Spitzenkultur tatsächlich Spitze bleibt, an
sonsten verliert sie die Berechtigung, in diesem hohen Maße gefördert zu werden, wie das derzeit geschieht. Dann können wir es gegenüber dem Steuerzahler kaum noch vermitteln, wie viele Millionen wir dort einsetzen. Andererseits werden wir für Bedingungen zu sorgen haben, die möglichst vielen die künstlerische Betätigung ermöglicht.
Ich verweise noch einmal auf die Gemeinschaftsaufgabe und kann deshalb dem Begehren der PDS, dort wo jetzt über das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur in den letzten Jahren gefördert wurde, diese Förderung durch dieses Ministerium verstetigt zu sehen, nicht folgen. Wir haben aus der Not heraus, dass in den Kommunen das Geld gefehlt hat, auch mit Mitteln des zweiten Arbeitsmarkts geholfen. Wir waren uns eigentlich von vornherein bewusst, dass das keine optimale Lösung ist, denn es ist keine nachhaltige Politik an dieser Stelle. Es ist heute auch schon gesagt worden, es kommt da sehr häufig zum Wechsel des Personals, immer wieder zu neuen Einarbeitsungsvorgängen. Das ist nicht unbedingt der Sache dienlich bzw. optimal. Jetzt wird mit dem Antrag der PDS versucht, zwischen dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst und dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur eine feste Klammer zu ziehen, zu sagen, was ihr dort an ABM-Geldern einspart, müsst ihr dann bitte auf Dauer in die Kunstszene bringen. Über die ABM-Gelder verfügt nicht das Land, sondern die Bundesanstalt für Arbeit. Wenn diese Mittel dort gekürzt werden, haben wir keinen Ersatz dafür. Dies muss ganz deutlich gesagt werden. Bei den SAMGeldern ist auch der geringste Teil Anteil des Landes und kommt dann auch von Dritten. Jetzt können wir uns gern darüber unterhalten, ob eine veränderte Bundespolitik den Kommunen mehr Luft lässt, damit sie in diesem Bereich der freiwilligen Leistungen
tatsächlich das leistet, was geboten ist. Es bringt nicht sehr viel, einseitige Schuldzuweisungen vorzunehmen. Deshalb geht unser Antrag dahin, die Regierung zu bitten, in den Bereichen, die tatsächlich betroffen sind - Wissenschaft, Forschung und Kunst, Soziales, Familie und Gesundheit und Kultus sowie die Kommunen -, gemeinsam ein Konzept auf den Weg zu bringen, das uns ermöglicht, die Kunst- und Kulturszene in optimaler Breite zu fördern, zu erhalten und dort eine richtige Zukunft zu setzen. Ich gebe zu, dass wir im Moment die Antwort darauf nicht haben, sonst würden wir heute anders argumentieren. Es fällt tatsächlich jetzt aus den Finanzzwängen, was alle Ebenen betrifft, die ganze Gesellschaft ist im Moment in großer Finanznot, das kurzfristige Mittel über den zweiten Arbeitsmarkt weg. Es war nie optimal. Wir müssen jetzt tatsächlich eine andere Lösung suchen. Ich betone noch einmal, nachhaltige Politik in diesem Bereich tut Not. Deshalb werden wir dem zweiten Punkt der PDS nicht zustimmen können, meine Damen und Herren. Er unterscheidet sich tatsächlich in der Sache. Er versucht ein weiteres Mal - ich werde jetzt Protest
erzeugen, aber das ist mir egal -, den so genannten dritten Arbeitsmarkt, das Lieblingskind der PDS, hier wieder zu etablieren. Wir lehnen ihn ab.
Herr Ramelow, seit wann sind Sie in dem Laden? Sie sollten mal die alten Papiere lesen, vielleicht lohnt sich das auch für Sie. Nein, im öffentlich geförderten Beschäftigungssektor, sehen Sie, das ist der dritte Arbeitsmarkt. Sie nennen es anders, aber es bleibt so. Es ist der dritte Arbeitsmarkt. Machen wir uns doch nichts vor.
Ein Vorgriff auf die Debatte zur Großen Anfrage der PDS zur Kultur in Thüringen, Sie haben schon auf den Beitrag im "Freien Wort" abgehoben. Man kann an der einen Stelle dem Autor nur Recht geben. Was Sie in Richtung unseres Brauchtums, dessen, was wir zu bewahren haben, durch Ihre Frage an Desinteresse ausgedrückt haben, ist tatsächlich nur zu bestätigen. Wir haben eine so reiche Museumslandschaft, dass sie einer größeren Erwähnung bedarf, als das, was Sie mit Ihrer Frage provoziert haben. Wenn Sie schon einmal die K-Frage, Frau Abgeordnete Dr. Klaubert, hier bemüht haben, "K" lässt sich auch wie Klaubert und Katastrophenszenario ausdrücken, dem folgen wir nicht. Unsere Kulturszene in Thüringen ist gesund, wir wollen dazu beitragen, dass sie gesund bleibt und erbitten Ihre Unterstützung. Vielen Dank.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Dr. Klaubert, Sie meinten vorhin, die Wiederholung tut manchmal gut. Ich finde es auch sinnvoll, dass wir auch als CDU-Fraktion und als Plenum noch einmal die Möglichkeit hatten, die Ministerin hier zu hören und es wird ja auch ein Stück wahrer dadurch, dass sie den Bericht so gegeben hat. Kultur ist kein Luxus - die nächste Wiederholung, das hat Frau Schipanski im letzten Jahr gesagt, das heißt aber auch, dass Kultur natürlich nicht weniger kostet, das ist ganz klar. Wir sind als Land Spitze in der Kulturfinanzierung, in der Kulturförderung pro Einwohner unter den deutschen Ländern. Der Satz ist also nicht nur irgendein bloßes Bekenntnis, er ist unser Bekenntnis zu unserer Einstellung zur Kultur, zur Bedeutung von Kultur in unserem Land, den Kommunen, und er ist
Bekenntnis auch zur Thüringer Verfassung, die ihren eigenen Abschnitt der Kultur und Bildung widmet, wie es auch nicht jede Landesverfassung tut. Der Kulturföderalismus ist für uns auch nicht Verfassungsfolklore, wie es manche Politiker sehen, sondern Kulturföderalismus ist für uns gelebt und wird in unserem Land gelebt für die Kultur und für die Menschen hier. Denn wir sehen Kultur als ein wertvolles Erbe an, was es zu erhalten gilt, mindestens weil es ein Stück Lebensbereicherung und Erlebensbereicherung ist, die den Zusammenhalt unseres Gemeinwesens sichert, wenn sie nicht auch seine Grundlage ist. Kultur ist identitätsstiftend und die besondere Vielfalt unserer Kultur, die Bandbreite, wird ja schon allein im Begriff "Kultur" selbst deutlich, der ursprünglich aus dem Latein kommt, pflegen, bis zur religiösen Verehrung reicht Kultur. Unsere besondere Vielfalt an Kultur wird ja vor allem deutlich in den Denkmälern, die wir unserer langen und ereignisreichen Geschichte zu verdanken haben, auch unsere vielen verschiedenen kleinen Territorien, die eben statt dem militärischen Konflikt den kulturellen Wettbewerb vor allen Dingen in Bauten auszudrücken suchten. Die Situation der Denkmalpflege war vor zehn Jahren verheerend, wie es damals auch der Landeskonservator, heute a.D., Herr Prof. Ziesler, sah. Es war eine große Aufgabe, vor der man stand, die mehrere Jahrzehnte andauert und andauern wird, auch für uns. Ich will nur einmal ein Beispiel nennen. Die DDR ging von 8.000 Denkmälern im gesamten Gebiet von Thüringen aus, also in den drei damaligen Bezirken, und heute gehen wir von 60.000 Denkmälern aus, Bau- und Kunstdenkmäler und 3.000 Bodendenkmäler, die wir hier in Thüringen sichern, erhalten und pflegen müssen. Wir haben in den letzten zehn Jahren ca. 750 Mio. Denkmalpflegemittel ausgegeben, das geht auch aus Ihrer kulturpolitischen Anfrage hervor, wir haben umfangreiche Mittel aus dem städtebaulichen Denkmalschutz verwandt, in den letzten zehn Jahren 340 Mio., zusätzlich noch die Mittel aus der Dorferneuerung. Leider ist es ja nicht gelungen, die Kirchen weiter in der Dorferneuerung zu halten, das ist sehr bedauerlich. Wir hatten uns davon mehr versprochen. Natürlich ist die Dorferneuerung auch nur begrenzt da, die Mittel wurden zwar aufgestockt, aber die reichen ja auch nicht für die Dorferneuerung selbst. Der Bundesrechnungshof hat es ja kritisiert, so ist es leider nicht möglich. Aber wir sehen eben, die Kulturförderung, insbesondere die Denkmalpflege, nicht nur als Teil der Kulturförderung, sondern das ist spezifische Wirtschaftsförderung.
Die IHK selbst sagt, jede Mark die dort hereingesteckt würde, erzeugt 8 Mark zusätzlich, die auch in die Denkmäler hineingesteckt werden. Das ist Mittelstandsförderung, Förderung für unsere Handwerker und deswegen, weil eben insbesondere die Handwerker, die kleinen mittelständischen Betriebe, viel Erfahrungen auf dem Sektor der Denkmalpflege haben. Zurzeit ist es ja so, die Richtlinie für die Denkmalschutzmittel ermöglicht es auch, Material
kostenabrechnungen zu geben. Wir hatten uns zunächst einmal dafür ausgesprochen und waren der Meinung es wäre sinnvoll, dies an die Vorlage von Handwerkerrechnungen zu binden, wie es auch bei der Dorferneuerung gemacht wurde. Nun ist es aber dort so, dass im Denkmalschutzbereich eigentlich nur Handwerker tätig sind, es kaum jemand anderes mit seiner Muskelkraft bewerkstelligt, so dass wir also meistens auch in der Denkmalpflege die Handwerker dort sehr stark fördern.
Wir haben seit 1992 ein Denkmalschutzgesetz, das sich im Grundsatz bewährt hat. Man kann sich im Land überall umschauen, ich glaube auch, so viele Denkmäler, wie wir hier in den letzten Jahren saniert haben aufgrund von Privatinitiative, aufgrund von öffentlicher Initiative, aufgrund auch von Industriellen, so viele Denkmäler findet man sonst kaum irgendwo in Gesamtdeutschland. Aber es gibt natürlich auch einige Probleme, die werden wir mit der Novellierung des Denkmalschutzgesetzes in dieser Legislaturperiode hier noch anpacken, das ist die Neuregelung zur Zumutbarkeit bei der Erhaltung, da müssen wir einfach ran, weil es sich hier gezeigt hat, dass es da erhebliche Probleme beim Genehmigungsbedarf gibt. Allerdings ist dort nicht erwartbar, dass wir bedingungslos die Grundsätze der Denkmalpflege zugunsten von Investitionen aufgeben, sondern wir müssen hier natürlich eine sinnvolle Abwägung, einen Kompromiss zwischen den Architekten und den Restauratoren und dann auch den Investoren finden, um die Entwicklung in unserem Land voran zu bringen.
Zur Kultur gehört allerdings auch noch etwas mehr als die Denkmalpflege. Zur Kultur gehört, wie Herr Schwäblein schon richtig sagte, die Folklore, das Brauchtum, Verfassungsfolklore hatte ich ja vorhin schon gesagt. Wir haben in Thüringen ein außerordentlich reges Vereinsleben auf diesem Gebiet. Das ist wichtig für die Bildung der Identität, der Thüringer Identität, für die Kenntnis unserer eigenen Kultur und wir haben auf diesem Gebiet ja auch einiges bewegt. Die Ministerin hat die neue Richtlinie Ende 1999 unterschrieben, mit der wir auch mehr Transparenz auf dem Gebiet der Kulturförderung haben. Hier haben wir eine Richtlinie, nach der sowohl Folklore aber auch Kunst und Kultur jeweils nach Projekten gefördert werden können, auf Anträge von Gebietskörperschaften und Trachtenvereinen. Wer auch immer sich auf diesem Gebiet tummelt, kann sich nach dieser Richtlinie fördern lassen, natürlich soweit das Geld reicht. Wir haben eine volkskundliche Beratungs- und Dokumentationsstelle beim Volkskundemuseum, die von den Vereinen genutzt wird und auch wichtig ist, um das Brauchtum hier zu erfassen. Wir haben ein eigenes Institut an der Jenaer Universität. Ich denke, wir haben auf diesem Gebiet in den letzten Jahren, auch in der großen Koalition, außerordentlich viel geleistet für diese Brauchtumspflege und es gibt mir an sich auch Anlass zu hoffen, dass die Sicherung der kulturellen Vielfalt in Thüringen in der Hand der Landesregierung in einer guten Hand ist und dass es sich hier auch bewähren wird und die Landesregierung
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Thüringen besitzt ein vielfältiges kulturelles Leben. Das ist im Bericht der Ministerin, das ist in den bisherigen Beiträgen deutlich zum Ausdruck gekommen. Thüringen ist ein Kulturland, Thüringen ist, möchte ich sagen, das Kulturland in der Mitte Deutschlands. Das ist, wenn Sie so wollen, eines seiner Markenzeichen, sein Profil, weil es ein Teil seiner Geschichte ist, einer reichen Geschichte, die uns viele kulturelle Traditionen hinterlassen hat. Eingedenk dessen, meine Damen und Herren, habe ich mir einmal die Mühe gemacht zu prüfen, wie oft in den Debatten dieses hohen Hauses in den zurückliegenden gut zwei Jahren der 3. Legislaturperiode vom Kulturland Thüringen die Rede war. Das ist ja mit den technischen Möglichkeiten des Hauses ein Leichtes. Über das Ergebnis werden Sie erstaunt sein oder vielleicht auch nicht. Es war genau ein Mal und das war zu Beginn der Legislatur in der ersten Sitzung, als die neu gewählte Präsidentin, Frau Lieberknecht, in ihrer Rede sagte, und ich möchte den Satz mit Genehmigung der Präsidentin zitieren: "Politische Kultur im Kulturland Thüringen, sie sollte eine der vornehmsten Aufgaben dieses Hauses sein."
Da tauchte das Wort vom "Kulturland Thüringen" auf, zugegebenermaßen nur in einem Halbsatz. Aber vielleicht liegt das daran, dass uns dieses Thema so selbstverständlich erscheint. Aber es bleibt festzuhalten, das wollte ich mit diesen kurzen Ausführungen sagen, kulturpolitische Debatten in diesem Hause sind rar. Es gibt offensichtlich wenig Anlässe dazu. Lassen Sie mich das auch einmal positiv interpretieren. Dieses hohe Haus bewilligt in den jährlichen Haushaltsplänen jeweils eine beträchtliche Summe für die Förderung der kulturellen Institutionen und unterschiedlicher kultureller Projekte. Die Regierung ist sich der Verantwortung für diese Traditionen und für die kulturelle Vielfalt des Landes bewusst und setzt das Geld sinnvoll und zielgerichtet ein. Wenn es denn so ist, da muss man nicht groß darüber reden. Das Spektrum der kulturellen Aktivitäten in Thüringen ist breit, wir haben das gehört. Wir verwalten ein reiches Erbe. Im Zentrum stehen traditionsreiche Institutionen. Von den Theatern und Orchestern war die Rede, von Museen, von Schlössern und Gärten und anderem. Die Thüringer Residenzen der Vergangenheit waren eben nicht nur in Weimar oft Musenhöfe, die weit über die damaligen Landesgrenzen und weit
über ihre Zeit bis heute ausgestrahlt haben. In diesem Zusammenhang freue auch ich mich schon jetzt auf die Landesausstellung des Jahres 2004 zur Residenzkultur, die einen wichtigen Teil unserer Landesgeschichte erlebbar darstellen wird. Die traditionsreichen kulturellen Institutionen sind aber nur ein Teil der Thüringer Kulturlandschaft, und zwar einer, der neben der Bewahrung von Tradition die Verpflichtung hat, auch die heutigen künstlerischen Potenziale einzubeziehen, ihnen Gestaltungsraum zu geben, Brücke zu sein zwischen Vergangenheit und Zukunft. Dies zu erkennen ist vor allem deshalb wichtig, weil sich allein dadurch das Maß des Notwendigen, Möglichen und Wünschenswerten finden lässt. Gerade die gegenwärtige Diskussion um die Zukunft der Theater und Orchester in unserem Land lässt manches Mal dieses Maß vermissen. Ich muss nicht lang und breit erläutern, worum es geht. Es ist eben ein Teil unserer Geschichte, dass es in Thüringen eine hohe Dichte an Standorten und Spielstätten gibt. Jede für sich kann auf eine lange, bedeutsame Tradition zurückblicken. Aber allein das rechtfertigt noch nicht die Unveränderlichkeit bis in alle Zukunft. Dabei geht es nicht allein um die Kosten, wenn natürlich auch die Frage des Geldes immer eine wichtige Frage ist, denn auch im Kulturbetrieb kann nur das ausgegeben werden, was anderswo hereinkommt. Es geht um Nachfragepotenziale, es geht um Qualität, künstlerischen Anspruch, also um Zukunftsfähigkeit in einem sehr breiten Sinn.
Seit Anfang dieses Jahres bemüht sich das zuständige Ministerium gemeinsam mit den Trägern der Theater und Orchester um ein Konzept, das den Mitteleinsatz begrenzen, die Vielfalt der Theaterlandschaft erhalten und künstlerische Spitzenleistungen ermöglichen soll. Manch einem erscheint das als Quadratur des Kreises, aber ich bin überzeugt davon, dass es geht. Es geht, wenn alle Beteiligten das wollen. In den letzten Wochen sind die Bemühungen um ein Konzept für die Theaterlandschaft in der Mitte Thüringens in quasi eine heiße Phase getreten. Nicht zum ersten Mal soll der Weg beschritten werden, die beiden Theater in Weimar und Erfurt zusammenzuführen. Das Land will dabei selbst, und das ist neu, in die Verantwortung gehen und bietet sich als Mitträger an. Für die beiden Städte, das ist klar, ist das ein schwerer Entscheidungsprozess. Er verlangt den Willen für und das Vertrauen in eine zukünftige Zusammenarbeit und manchmal ist in der Debatte nicht viel von Vertrauenspotenzial zu spüren. Es ist natürlich klar, dass sich die Stadt Weimar dabei schwerer tut. Nicht, weil sie der kleinere, der finanziell schwächere Partner ist, sondern vielmehr, weil sie sich in viel stärkerem Maße als die Landeshauptstadt über ihre kulturellen Institutionen und Traditionen definiert. Aber gerade deshalb ist jetzt Verantwortung bei den kommunalen Entscheidungsträgern beider Städte gefragt. Sie müssen erkennen, dass an einer vernünftigen Kooperation kein Weg vorbeiführt, wenn auch in der Zukunft die Zuschauer in Erfurt und Weimar in ihren Häusern mehr erleben sollen, als künstlerisches Mittelmaß.
Die Kunst geht nach Brot. Das wusste schon Martin Luther. Und große Kunst verlangt eben viel Brot. Das reicht nicht für zwei große Häuser im Abstand von 20 Kilometern. Ich sage es noch einmal, wenn ich von Brot rede, dann meint das nicht nur Geld. Das Brot des Künstlers, das wissen Sie, ist auch der Applaus, ist die Akzeptanz
und die intellektuelle Auseinandersetzung. In diesem Prozess des Zusammenwachsens, wenn es denn zu ihm kommt, da er ja mehrere Jahre in Anspruch nehmen wird, stecken meiner Ansicht nach echte Chancen auch für künstlerische Neuansätze. Ich kann die Städte nur ermuntern, das Angebot des Landes anzunehmen. Es gibt dazu allerdings, wie Frau Ministerien Prof. Schipanski ausführte, nur noch ein begrenztes zeitliches Fenster. Denn die Strukturreform in der Mitte Thüringens darf nicht Bremsklotz sein für die Zukunft der Theater- und Orchesterlandschaft in Thüringen insgesamt.
Auch die Künstler und die theater- und konzertinteressierten Menschen in Gera, Altenburg, Meiningen, Nordhausen, Eisenach, Saalfeld, Rudolstadt, Jena, Gotha, Suhl und Greiz haben Anspruch auf eine klare Perspektive.
Für das Konzept im Ganzen ist es ein Unterschied, ob es in der Mitte in Weimar und Erfurt ein starkes Ensemble mit künstlerischer Strahlkraft über die Landesgrenzen hinaus gibt oder zwei kleine Stadttheater. Ich denke, man sollte bald zu einer Entscheidung kommen. Der Bühnenverein hat in seiner Machbarkeitsstudie darauf hingewiesen, dass der Erfolg und Misserfolg des Konzepts vor allem vom allseitigen Willen zur Zusammenarbeit abhängt. Wenn der nicht da ist, dann müssen wir eben auch in dieser Frage kleinere Brötchen backen, die Gewichte verschieben und unsere Verantwortung an anderer Stelle wahrnehmen, die kulturelle Vielfalt Thüringens zu fördern und zu gestalten, die ja, wie wir heute gehört haben, eine beachtliche Breite und Tiefe besitzt. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, es macht Spaß und es macht Freude, in dieser
ganzen Breite über die kulturelle Vielfalt des Freistaats Thüringen hier in diesem hohen Haus zu sprechen. Es macht vor allen Dingen deshalb Spaß, weil man spürt, dass eine Ministerin hier sehr lebendig und engagiert
für die Pflege der Thüringer Kulturlandschaft zur Verfügung steht. Was mich besonders freut, ist, dass sie als Naturwissenschaftlerin gerade so ein Herz gegenüber der Kultur und auch der Breitenkultur hat.
Ich bin hier noch einmal nach vorn gegangen, weil ich gern eine Lanze brechen möchte für die Kinder- und Jugendkultur. Ich halte es für ganz besonders wichtig und man kann gar nicht genug darauf aufmerksam machen, wie förderlich die musische Betätigung für unsere Kinder und Jugendlichen überhaupt ist. Denn es ist inzwischen wissenschaftlich erwiesen oder es gilt als wissenschaftlich erwiesen, dass zum Beispiel bei Menschen, die musizieren, sowohl die rationale als auch die emotionale Intelligenz sehr stark gefördert wird. Menschen, die musizieren, die malen, dichten oder sich anderen Dingen widmen, haben es leichter im Leben.
Sie gelten als sozial kompetent, sie können Konflikte besser bewältigen und, ich weiß es auch aus eigener Erfahrung, weil auch ich mich selbst in meiner Freizeit kulturell betätige,
sie werden mit Stress und Ängsten leichter fertig und können über diesen Weg auch viel davon abbauen und leben insgesamt gesehen gesünder.