Protokoll der Sitzung vom 21.02.2002

(Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU: Jawohl.)

Wir sind dazu verdammt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Das heißt also mit anderen Worten, es gibt überhaupt gar kein neues Versprechen von Hans Eichel, wie Sie ihm möglicherweise immer unterstellen wollen, sondern es ist nur eines neu - wissen Sie, was neu ist? -, nämlich die Tatsache, dass die CDU/CSU einen Sachverhalt, den sie selbst im Übrigen gottlob damals 1997 mit den Stabilitätskriterien herbeigeführt hat, heute mit zweijähriger Verspätung endlich auch einmal zur Kenntnis nimmt.

(Beifall bei der SPD)

(Unruhe bei der CDU)

Ansonsten hat sich überhaupt nichts geändert.

Herr Abgeordneter Höhn, Ihre Redezeit ist aber zu Ende. Ich muss Sie bitten, Schluss zu machen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Wenn das 1997 eingebracht wurde, nehmen Sie es erst 2001 zur Kenntnis?)

Wissen Sie, der ganze Antrag hat nur ein Ziel, und das ist weder gut für Thüringen noch für die Bundesrepublik; er ist so offenkundig wahlkampftaktisch geprägt, dass es einem schon fast wehtut. Danke schön, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat Abgeordneter Mohring, CDU-Fraktion, das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren. Lieber Uwe Höhn, wenn etwas geprägt war, war das Ihre Rede als

Bewerbungsrede für den Fraktionsvorsitz in der SPD. Wir wissen ja, dass da erheblicher Streit bei Ihnen besteht

(Beifall Abg. Jaschke, CDU)

und dass Sie jeden Beitrag nutzen müssen, um sich hier zu profilieren. Aber dieser Antrag zur Aktuellen Stunde der CDU-Fraktion hat natürlich tatsächlich erhebliche Bedeutung für Thüringen und darauf will ich kurz eingehen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir sind einiges von dieser Bundesregierung in Berlin gewohnt: hohe Arbeitslosigkeit, letzter Platz beim Wachstum, höheres Haushaltsdefizit als 1998 bei der Regierungsübernahme.

Meine Damen und Herren, mit der Abwendung des blauen Briefs aus Brüssel durch den Bundeskanzler ist folgende Situation entstanden: Die Leute haben restlos das Vertrauen in den Euro verloren, sie haben restlos das Vertrauen in die europäischen Institutionen verloren, sie haben all das verloren, was die Regierung Kohl und auch was der Finanzminister Waigel 1997 mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt auf der europäischen Unionsebene erreicht haben.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, der Wachstumspakt ist auf Drängen gerade der deutschen Regierung deshalb zustande gekommen, weil in Deutschland die Auffassung und Mentalität bestand, dass die Südländer in Europa nicht in der Lage sind, nachhaltige Haushaltsdisziplin zu wahren. Jetzt ist das eingetreten, dass der Musterknabe Deutschland plötzlich Schlusslicht in Europa geworden ist und wir die Ersten sind, die keine Haushaltsdisziplin mehr wahren. Darauf hat die Europäische Union aufmerksam gemacht, auch wenn kein blauer Brief gekommen ist. Wir kritisieren diesen Zustand, dass es dazu gekommen ist, dass wir die Letzten sind, die noch Stabilitätspolitik in Deutschland, hier in Europa machen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, warum wir das in der Aktuellen Stunde kritisieren auch für Thüringen, ist natürlich ganz einfach, weil sich Eichel in den vergangenen Wochen in Brüssel hingestellt und gesagt hat, bis 2004 kriegen wir einen ausgeglichenen Haushalt hin und er hat versprochen, mindestens zur Hälfte zu Lasten der Länder und der Gemeinden in Deutschland. Wir meinen, das ist ein ganz tiefer Eingriff in den Föderalismus, den wir immer hoch halten und wahren wollen.

(Unruhe bei der SPD)

(Beifall bei der CDU)

Er muss nämlich mindestens zur Hälfte für die Länder und Gemeinden sprechen. Dieses Recht sprechen wir Eichel ab, für unseren Haushalt hier in Thüringen zu sprechen. Wir sind selbst Herr unseres Haushalts und wir entscheiden ganz allein, wie wir unsere Haushaltspolitik machen.

(Beifall bei der CDU)

Aber, meine Damen und Herren, ich kann Ihnen das ganz klar sagen, wir halten unseren Weg des Schuldenabbaus und des Abbaus von Nettoneuverschuldung konsequent ein. Ich habe das vorhin gesagt, den halten wir ein beim Doppelhaushalt, beim Nachtragshaushalt und den halten wir auch beim nächsten Doppelhaushalt ein. Man muss doch eins berücksichtigen: Es kann sich doch nicht derselbe Bundesfinanzminister in Brüssel hinstellen und versprechen, er will einen ausgeglichenen Haushalt bis 2004 und insgesamt das Defizit von 60 Mrd. abbauen, was insgesamt als Staatsdefizit in Deutschland vorherrscht, und gleichzeitig mit seiner eigenen Politik dafür gesorgt haben, dass vor allen Dingen die untere Ebene, Länder und Gemeinden, erheblich belastet werden. Ich erinnere an die Steuerreform, die gekommen ist, an die gravierenden Gewerbesteuerausfälle auf kommunaler Ebene, die niemand mehr ausgleichen kann.

(Unruhe bei der SPD)

Ich erinnere an die Zurücknahme der Rentenreform nach der Regierungsübernahme. Ich erinnere daran, dass erheblich Flexibilisierungen bei der Arbeitsmarktpolitik zurückgenommen wurden, die alle finanzielle Auswirkungen haben. Das haben wir zu tragen, das haben die Länder zu tragen und die Gemeinden. Natürlich haben die sich dadurch ein höheres Defizit aufbauen müssen. Die Belastung haben sie jetzt zu tragen und dann stellt sich der Oberkassenwart aus Berlin hin und meint, er kann versprechen, dass alle jetzt ihre Haushaltsdisziplin wahren müssen und insbesondere die Länder jetzt gefordert seien.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Natürlich muss er das.)

Das grenzt an Hohn, meine Damen und Herren. Ich will ganz ausdrücklich daran erinnern, dass wir im letzten Plenum eine umfassende Gemeindefinanzreform gefordert und auch die Regierung beauftragt haben, nachdrücklich in Berlin darauf hinzuwirken, dass endlich die Gemeindefinanzreform von der Bundesregierung in den letzten Monaten ihrer Amtszeit angepasst wird und endlich auch zu Ergebnissen führt.

Ich will ganz zum Schluss, meine Damen und Herren, die Aktuelle Stunde lässt nicht viel Zeit, und ganz überraschend aus dem "Neuen Deutschland" mit Ihrer Erlaubnis zitieren.

(Unruhe bei der PDS, SPD)

Dort steht folgendes, Frau Präsidentin: "Wo ein Wille ist, sei auch ein Weg, heißt es. Wo ein blauer Brief ist, bleibt aber offenbar nur ein falscher oder keiner, denn um seine Zusagen in Richtung Brüssel zu erfüllen, kann Hans Eichel nur eines tun - sparen. Abgesehen davon, dass der Finanzminister trotz horrender Arbeitslosigkeit und eines aus den Fugen geratenen Gesundheitssystems ausgerechnet in diesen beiden Bereichen den Rotstift ganz dick ansetzen will, zeigt der Kotau vor dem so genannten EU-Stabilitätspakt auch ganz allgemein aber den Irrsinn sozialdemokratischer Wirtschaftspolitik." Dem ist nichts hinzuzufügen.

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort Herr Abgeordneter Huster, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass ein CDU-Abgeordneter hier vor dem Landtag aus dem "Neuen Deutschland" zitiert, habe ich mir auch nicht träumen lassen und es lässt mich doch hoffen, dass es in diesem Land irgendwann noch mal richtig vorwärts geht.

(Beifall und Heiterkeit bei der PDS, SPD)

Herr Höhn hat das gesagt, der Titel der Veranstaltung ist schon ziemlich irreführend und würde wohl besser zu einem CDU-Parteitag oder zu einem Volksfest passen als hier im Plenum. Der Landtag wird wieder einmal benutzt, um Monate vor der Bundestagswahl eine ziemlich billige Parteipolitik zu machen. Ich will an dieser Stelle mal sagen, man darf wirklich gespannt sein, was Ihnen in den nächsten Monaten noch einfällt, um sich in Szene zu setzen. Ich bin darauf echt gespannt.

(Beifall Abg. Becker, SPD)

Ich hätte mich natürlich ehrlich gefreut, an der Stelle wiederum die inhaltsreichen Ausführungen von Herrn Althaus zu hören. Hier wären sicherlich die neuesten Erkenntnisse aus dem CDU-Parteivorstand geliefert worden, aber die Rede von Herrn Mohring war auch nicht schlecht.

(Heiterkeit bei der PDS, SPD)

Nun hat die Sache allerdings einen sehr ernsthaften Hintergrund. Da wird Finanzminister Eichel zur EU zitiert. Obwohl der blaue Brief meines Erachtens das kleinere Übel gewesen wäre, will er den aus politisch verständlichen Gründen nicht haben. Was er nun zugesagt hat, nämlich bis 2004 die Nettoneuverschuldung der Haushalte in etwa gegen null zu fahren, wird zu Recht als unseriös kritisiert, nicht weil es nicht vorher schon feststand, sondern weil dieser Annahme Wirtschaftsprognosen zugrunde lagen, die jenseits der 2,5 Prozent lagen. Davon sind wir weit entfernt

und deshalb ist es unseriös und wird von den Finanzministern in diesem Punkt zu Recht kritisiert. Andererseits, das geht an Minister Trautvetters Adresse, diese Zusage wäre natürlich nur schwer vorstellbar gewesen, wenn es vorher noch große Absprachen mit den Ländern gegeben hätte und auch, meinen Sie mit den Ländern lediglich die Landesregierung, wenn Sie schon eine bessere Abstimmung wollen, müssen wir aber ganz klar sagen, dann müssen Sie sich mit den Landesparlamenten in diesen Dingen abstimmen, weil wir schon genug Geheimdiplomatie in den Hinterzimmern haben, die draußen niemand mehr versteht. Und auch Sie, Herr Trautvetter, hätten kein Recht, Zusagen irgendwelcher Art ohne den Thüringer Landtag zu machen. Ich denke, das muss an der Stelle einfach mal klargestellt werden.

An dieser Stelle wird nun debattiert in der öffentlichen Debatte, wer eigentlich das höhere Defizit der öffentlichen Haushalte zu verantworten habe. Eichel beschuldet ja im Wesentlichen Länder und Gemeinden. Ich will sagen, dass er da nur eingeschränkt Recht hat. Nach unseren Berechnungen, Recherchen - das Internet ist im Übrigen für alle zugänglich - kann man sich ein paar Sachen herausziehen und zusammenrechnen.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Ihr habt das "Neue Deutschland".)

Das "Neue Deutschland" haben wir zusätzlich, da sind wir ganz klar im Vorteil. Die ostdeutschen Flächenländer konsolidieren seit Jahren ihre Haushalte, sparen sich zum Teil kaputt. Auf der anderen Seite sind einige westliche Flächenländer und die Stadtstaaten tatsächlich großzügiger. Im Osten Deutschlands wurden die Ausgaben 2001 gegenüber 2000 um 1,4 Prozent zurückgeführt und im Westen gab es dagegen einen Anstieg der Ausgabenquote von 3,1 Prozent in den Flächenstaaten, in den Stadtstaaten um 5,7 Prozent. Da wird noch nicht mal von den Mindereinnahmen aufgrund der Steuerreform geredet, sondern nur von Ausgabesteigerung. 2 Prozent, daran will ich erinnern, sollten laut Vereinbarung im Finanzplanungsrat nicht überschritten werden. Ich will sagen, das erinnert sehr stark an die Debatte aus den 70er-Jahren, als Gerhard Stoltenberg als damaliger Ministerpräsident in Schleswig-Holstein noch zitiert wird in den Büchern, dass er nicht blöd sei und für die Sozis Konjunkturpolitik macht. Ich will Ihnen sagen, dass das nach einem sehr unsauberen Spiel riecht. Ich will Ihnen noch weiter sagen, ausgerechnet die Finanzminister der reicheren Bundesländer erhöhen die Ausgaben und auch die Neuverschuldung.

(Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Baden-Wür- temberg.)

Und sie sind es auch - Baden-Württemberg und Hessen,

(Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Genau!)