Protokoll der Sitzung vom 21.02.2002

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Anfrage durch Herrn Gerstenberger?

Ja, selbstverständlich.

Bitte schön, Herr Gerstenberger.

Herr Kretschmer, ist Ihnen bekannt, dass in der Studie auf Seite 11 unter "Beweggründe für die Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern eine Beteiligung anzubieten", unter Ziffer 2 steht: "Verstärkung der Eigenkapitalbasis", und dass dort insbesondere erwähnt wird, dass die Aufstockung des Eigenkapitals durch solche Beteiligung Sinn macht. Wenn Ihnen das bekannt ist, verstehe ich Ihre Polemik und Ihren Unsinn, den Sie eben erzählt haben, nicht.

(Beifall bei der PDS)

Also, Frau Präsidentin, wenn der Fragesteller offensichtlich meine Ausführungen nicht versteht, dann verwahre ich mich einfach dagegen, dass er behauptet, es ist Unsinn.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe ganz deutlich gesagt, dass es eines der Beweggründe ist, das Eigenkapital zu verbessern, nur nicht das einzige Instrument. Es gibt andere Instrumentarien, die Eigenkapitalsituation des Unternehmens zu verbessern, und die sind zum Teil auch wesentlich schlagkräftiger. Herr Kollege Gerstenberger, ich habe gesagt, es ist eines der Instrumente.

Aber, um noch mal auf meine Grundthese zurückzukommen, die begleitenden Institutionen und auch die werbenden Institutionen sagen, eigentlich ist die Frage der Mitarbeiterbeteiligung für beide Parteien so lukrativ, dass man sie gar nicht fördern müsste, und schon gar nicht über die Gemeinschaftsaufgabe, Herr Kollege Gerstenberger, weil es da viel wichtigere Aspekte gibt, nämlich die Ansiedlung von Unternehmen, die wir hier haben wollen. Da wollen

wir nicht noch zusätzliche Bürokratien und Erschwernisse dazusetzen, denn die Erschwernisse, die kommen ja, wenn Sie an die Erschwernisse der Europäischen Gemeinschaft denken.

Und nun noch eine Besonderheit, die wir uns hier in Thüringen leisten, die Sie auch so en passant eher schlecht darstellen. Ich glaube, wir sind die einzigen, die solche Mitarbeiterbeteiligung mit 80 Prozent rückverbürgen. Ich meine, das ist doch schon erheblich, im Wesentlichen zum Schutz der Arbeitnehmer. Das muss man hier deutlich sagen, weil in der Situation in Ost- und Mitteldeutschland, und auch in Thüringen, wo viele Unternehmensentwicklungen eher, sagen wir mal, mit Fragezeichen zu versehen sind, den Arbeitnehmern zu sagen, wenn ihr Lohnbestandteile einbringt, beispielsweise in die Mitarbeiterbeteiligung, dann habt ihr die Absicherung im Gefahrenfall. Für den sollen wir hier eigentlich nicht leben, sondern positiv, aber die Absicherung mit 80 Prozent. Ich habe vorhin, als Sie moniert haben, das müsste mehr sein, gerade gesagt: Wenn meine Intershopaktien zu 80 Prozent abgesichert wären, wäre ich sehr glücklich gewesen.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, PDS: Eher verkaufen!)

(Beifall bei der CDU)

Wissen Sie, Herr Gerstenberger, das Beispiel hinkt so sehr gar nicht, weil auch gerade bei der Intershop die Frage der Mitarbeiterbeteiligung über Aktien und Optionen beispielsweise geregelt ist. Und ich will ja - und das ist nämlich die Frage, warum wir es steuerlich anders stellen wollen - bei den Mitarbeitern nicht die Frage der Spekulation betrachten, sondern sie sollen ja mit ihrem Unternehmen durch die Beteiligung verbunden sein. Ich bin da, wie gesagt, nicht am Unternehmen verbunden. Aber wir sehen es jetzt wieder auf die Mitarbeiter und Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Der Zug, eher zu verkaufen oder sogar zu spekulieren, ist ja vollkommen kontraproduktiv für die Ziele, die bei der Mitarbeiterbeteiligung versehen sind. Also, Sie sehen - und deshalb auch der Antrag meiner Fraktion, diese Thematik weiter im Ausschuss zu behandeln -, wenn ich jetzt Mitarbeiterbeteiligung beispielsweise über Aktienoptionen anspreche, da sind noch ein paar Fachfragen zu klären, wofür dieses Auditorium im Augenblick nicht das Richtige ist, sondern der Wirtschaftsausschuss ist das Richtige. Deshalb der Antrag meiner Fraktion, den Bericht, die Thematik zur weiteren Bearbeitung an den Ausschuss zu überweisen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Abgeordneter Gerstenberger, Sie möchten noch eine Redemeldung abgeben? Ja.

Ich habe es nun mal gern ein bisschen exakter. Wenn Sie, Herr Kretschmer, jetzt feststellen - das muss ich schon als Nachfrage bzw. als Darstellung machen, deshalb mache ich es von hier vorn -, Sie wollen keine zusätzlichen Hemmnisse bei den GA-Ausreichungen, indem man Teile der GAMittel umwandelt in Mitarbeiterbeteiligungskapital, weil Sie das für kontraproduktiv halten, da muss ich Sie natürlich fragen, wie Sie zu den Aussagen der Südthüringer Zeitung stehen, die sich darauf beziehen, dass Herr Bergemann in dieser Richtung Vorstellungen entwickelt und dass nach dieser Zeitung der stellvertretende Pressesprecher, Stefan Kraus, des Wirtschaftsministeriums erklärt: "Der Wirtschaftsminister denke zum gegenwärtigen Zeitpunkt daran, innerhalb der Gemeinschaftsaufgabe ein zusätzliches Kriterium aufzunehmen. Wenn eine Mitarbeiterbeteiligung in einem Unternehmen stattfindet, dann bekomme das Unternehmen mehr Förderung." Wenn das keine bürokratische Hürde ist, Herr Kretschmer,

(Unruhe bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Seela, CDU: Gehen Sie doch mal zu Intershop.)

noch vor dem Hintergrund, dass Sie sich an anderer Stelle darüber beschweren, dass angeblich die Förderung reduziert wird, indem Großunternehmen nicht mehr gefordert sind, dann weiß ich nicht, welchen Unsinn Sie erzählt haben.

Und noch mal, um es auseinander zu halten: Wir haben das Problem, dass das Kapital fehlt, um die Mitarbeiterbeteiligung in Größenordnungen in Thüringen auszuweiten. Wenn die Studie stimmt - Fragezeichen - wenn die Studie stimmt, ist es das Problem. Also, es ist die Frage der Suche nach Kapital für Mitarbeiterbeteiligung. Und wenn Sie keine Idee haben, wie man dieses zusätzliche Kapital bereitstellen kann, dann könnten wir uns allerdings die Diskussion im Ausschuss sparen, denn dann diskutieren wir um des Kaisers Bart. Danke schön.

Für die Landesregierung hat sich Minister Schuster noch einmal zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, Herr Lippmann hat Recht, wenn er sagte, vor zehn Jahren waren die Fallzahlen schon niedrig und heute sind sie auch noch niedrig. Das heißt aber nicht, dass die Situation heute nicht eine andere ist als vor zehn Jahren. Vor zehn Jahren haben viele Unternehmer - und übrigens auch die Gewerkschaften - dieses Thema ja eher als Belastung des Unternehmens und der Mitbestimmung denn als Fortschritt verstanden. Es war

vor zehn Jahren so, dass man sich dazu möglichst unter ferner liefen bekannt hat, jedenfalls nicht ausdrücklich. Nur, daran hat sich etwas geändert, aber nicht nur dank Förderung, Herr Gerstenberger. Wenn Sie ein Problem identifizieren, denken Sie immer an Förderung und an staatliche Leistungen. Dieser Ansatz reicht nicht aus, er wird nichts bewirken, auch wenn man noch mehr Förderprogramme auflegen würde.

(Beifall bei der CDU)

Es muss doch darum gehen, dass die Unternehmen erkennen - und die Arbeitnehmer natürlich auch -, dass eine solche Beteiligung von Vorteil für das Unternehmen und den Arbeitnehmer ist. Gerade in dem Punkt hat sich doch Deutliches verändert. Wenn Sie heute auf ein halbwegs qualifiziertes Unternehmerseminar gehen, werden Sie feststellen, dass dort eine Unternehmensphilosophie propagiert wird derart, dass es für den Erfolg eines Unternehmens wichtig sei, die Mitarbeiter zu binden und am Kapital zu beteiligen. Schauen Sie sich mal in den USA um. Jedes größere Unternehmen verfolgt heute diese Philosophie, bekennt sich heute zu dieser Unternehmensstrategie. Und das ist bei uns auch der Fall. Das heißt, im Unterschied zu früher haben die Unternehmen inzwischen erkannt, wie wichtig es für den unternehmerischen Erfolg ist, solche Überlegungen anzustellen. Es kommt noch Weiteres hinzu: Vor zehn Jahren hat man diese Forderung erhoben mit Blick auf etablierte Unternehmen, die, was weiß ich, 20, 50 Jahre alt waren, inzwischen Kapital angesammelt und dann die Frage gestellt haben, sollte man das nicht besser verteilen. Heute hat sich die Diskussion auf den Anfang der Existenz eines Unternehmens verlagert. Heute wird bei der Unternehmensgründung die Frage diskutiert, ob über eine Mitarbeiterbeteiligung die Gründung besser klappt und das Wachstum besser vorankommt. Das hat sich verändert im Vergleich zu früher. Es kommt noch eins hinzu: Durch diese Entwicklung des neuen Markts haben wir es heute vielfach mit Unternehmen zu tun, die nicht so sehr einen extrem hohen Bedarf an Sachkapital, sondern an Humankapital haben und dieses Humankapital bindet man mit solchen Modellen natürlich besser an das Unternehmen als über Sachkapital, das jeweils notwendig wäre. Also auch hier in diesem Punkt hat sich Deutliches verändert. Nicht von ungefähr sind es diese Unternehmen im neuen Markt, die diese Modelle besonders häufig praktizieren. Es kommt jetzt aktuell in Deutschland bei uns auch ein neuer Aspekt hinzu, nämlich das Thema Unternehmensnachfolge. In unserem Lande ist bei 7.000 Unternehmen die Unternehmensnachfolge nicht geklärt und nicht gesichert. Das ist eine Chance für solche Modelle, von der Altersvorsorge ganz zu schweigen, auch die spielt ja bei dem Thema heute eine große Rolle.

Es ist noch ein Aspekt angesprochen worden, ich glaube Abgeordneter Bergemann hat es getan, das Thema "Rating" nicht nur im Zusammenhang mit den Banken, sondern im Zusammenhang auch mit der Mitarbeiterbeteiligung. Ich will jetzt nicht darüber reden, welche Formen des Ratings

sinnvoll sind, ob es Probleme darstellt, sondern einmal unterstellen, es kommt. Wenn es kommt, dann ist dies aber auch eine Grundlage für die Mitarbeiterbeteiligung. Vielleicht steigt dann die Bereitschaft, sich am eigenen Unternehmen zu beteiligen. Wenn man sich jetzt nicht nur an den großen Zahlen orientiert, sondern an den praktischen Beispielen, dann sind mir hier im Land bei uns eine ganze Reihe von sehr interessanten Unternehmen mit sehr interessanten Modellen von Mitarbeiterbeteiligungen bekannt. Ich denke, wir sollten diese Modelle noch mehr bekannt machen. Wir sollten den Erfolg, den diese Modelle haben, im Unternehmen bekannt machen und wir wissen ja alle, nichts ist erfolgreicher als der Erfolg.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb, glaube ich, ist diese Thematik nicht auf der Verliererstraße, sondern auf dem Weg in die Zukunft. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegen keine weiteren Redeanmeldungen vor, so dass ich die Aussprache schließen kann. Die CDU-Fraktion hat die Aussprache zum Bericht verlangt und beantragt die Fortsetzung der Beratung im Ausschuss für Wirtschaft und Strukturpolitik. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön, das ist eine Mehrheit. Die Gegenstimmen hätte ich gern jetzt. Eine Gegenstimme. Stimmenthaltungen? 1 Stimmenthaltung. Einige scheinen hier gar nicht mitgestimmt zu haben. Mit großer Mehrheit ist der Antrag zur Fortsetzung der Beratung des Berichts im Wirtschaftsausschuss angenommen. Ich stelle damit zum Abschluss fest, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist, falls dem nicht widersprochen wird und es wird nicht widersprochen. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 8 und komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 9

Arbeit der Koordinierungsstelle "Gewaltprävention" (KOSTG) Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/2185

Die antragstellende Fraktion hat keine Begründung verlangt, da die Landesregierung von der Möglichkeit des Sofortberichts Gebrauch macht und ich bitte Herrn Staatssekretär Scherer.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Thüringer Landesregierung praktiziert mit Erfolg eine Doppelstrategie gegen Extremismus und Gewalt, nämlich Repression und Prävention. Polizeiliche Repression ist die eine Seite. Staat und Gesellschaft müssen Extremismus, Radikalismus und Gewalt zugleich im Rahmen der Prävention mit Maßnahmen entgegentreten, die

auf langfristige Änderungen zielen. Anfang 2000 wurde eine interministerielle Arbeitsgruppe "Gewalt" einberufen; ein Ergebnis ihrer Arbeit war die Empfehlung an das Thüringer Kabinett, eine Koordinierungsstelle Gewaltprävention zu schaffen. Am 20. August 2000 setzte das Kabinett diese Empfehlung um. Wenngleich die Arbeit der Koordinierungsstelle nur langfristig beurteilt werden kann, lässt sich feststellen, die Strategie der Landesregierung, landesweite Präventionsarbeit zur Bekämpfung von Gewaltphänomenen in der Gesellschaft und des politischen Extremismus durch eine wirksame Koordinierung und Bündelung der Kräfte zu leisten, ist richtig und erfolgversprechend. Es gehört zur Pflicht des Menschen, sich der Gewaltsamkeit zu entsetzen und Ordnung zu stärken. Hier hat der Naturphilosoph Rousseau völlig Recht: Gewalt beeinträchtigt das Sicherheitsgefühl und die Lebensqualität der Menschen nachhaltig, aber auch das Vertrauen in das Gemeinwesen und in die Funktionsfähigkeit der Demokratie. Gewalt ist oftmals mit schweren körperlichen und seelischen Folgen verbunden. Für uns ist eines klar: Vorbeugung und Bekämpfung von Gewalt ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die auf vielen Ebenen angegangen werden muss. Deshalb arbeitet die Koordinierungsstelle mit den zuständigen staatlichen und kommunalen Stellen zusammen, mit Bildungseinrichtungen und Schulämtern, Jugendämtern und Sozialämtern, mit Polizei, Justiz, mit Ausländerbehörden, mit freien Trägern, Vereinen und Verbänden, mit Kirchen und mit Aktionsbündnissen von Bürgerinnen und Bürgern. Seit Gründung der Koordinierungsstelle ist das Bewusstsein in der Öffentlichkeit für die Notwendigkeit präventiver Gewaltarbeit gewachsen. Als ressortübergreifende Landesstelle im Feld der Gewaltprävention erfüllt die Koordinierungsstelle ihren Auftrag in vier Schwerpunktfeldern.

Erstens: Die Koordinierungsstelle koordiniert Präventionsprojekte im Verantwortungsbereich der Landesregierung geschäftsfeldübergreifend. Zielgruppe bzw. Adressaten sind die Ressorts der Landesregierung. Die Gewaltpräventionsarbeit der Landesregierung ist keineswegs auf die Koordinierungsstelle beschränkt. Die Fachprävention wird nach wie vor dort geleistet, wo sie auch hingehört - in den einzelnen Ressorts.

Zweitens: Die Koordinierungsstelle unterstützt und initiiert Netzwerke zur Demokratieentwicklung, zur Bekämpfung von politisch motivierter Gewalt und politischem Extremismus. Sie ist Ansprechstelle für kommunale Verantwortungsträger und für Behörden. Sie berät fachlich und prozessbezogen. Ihr Adressatenfeld ist hier die kommunale Ebene. Entscheidende Präventionsarbeit findet nämlich vor Ort in den Kommunen statt. Hier gilt auch mein Dank den vielen Ehrenamtlichen mit ihrem bürgerschaftlichen Engagement und meine Anerkennung gilt auch den

(Beifall bei der CDU)

kriminalpräventiven Räten im Land.

Drittens: Die Koordinierungsstelle leistet Medien- und Öffentlichkeitsarbeit. Sie arbeitet in Fachveranstaltungen und sonstigen Veranstaltungen zu Themenbereichen der Demokratieentwicklung und der Gewaltprävention.

Viertens: Die Koordinierungsstelle ist darüber hinaus auch Informations- und Ansprechstelle für Bürger, z.B. mit der Hotline und ihrem Internetangebot.

Lassen Sie mich einige Maßnahmen und Aktivitäten herausgreifen. Präventiv wirkende Praxisprojekte werden in den Arbeitsfeldern mit primärer Präventionswirkung, wie Kindertagesstätten und Schulen, an diese Institutionen herangetragen und diese werden durch Projektberatung und Fachveranstaltungen beim Aufbau und der Umsetzung unterstützt. Dass gerade diese primäre Prävention besonders erfolgversprechend ist, da sie bei den im Kindesalter erlernten Verhaltensmustern ansetzt, hat der Psychologe Professor Dr. Silbereisen in einer Diskussionsrunde zu dem Thema "Politik und Extremismus" gestern Abend an der Friedrich-Schiller-Universität Jena ausdrücklich herausgestellt und betont. Beispielhaft seien hierzu genannt ein Streitschlichterprogramm und entsprechende fachliche Unterstützung für eine Regelschule in Heiligenstadt zum Aufbau einer Streitschlichtergruppe, ebenso an der NeuerbeSchule in Erfurt, organisatorische und pädagogisch-methodische Unterstützung zur Durchführung von Veranstaltungen in Gera im Rahmen der bundesweiten Aktion "Kino gegen Gewalt", der Aufbau eines Netzwerks globales bzw. interkulturelles Lernen in Schulen sowie Kinder- und Jugendeinrichtungen über die Anregung von örtlichen Projekten, ausgehend von einer Praxisinitiative in Weimar.

Beim Landesideenwettbewerb "Gewaltprävention im Kindesalter" des TMSFG arbeitet die Koordinierungsstelle mit. Aus solchen konkreten Projekten werden Projektempfehlungen erarbeitet für Streitschlichterprogramme, Sportprojekte wie in Jena das Mitnight-Fun-Projekt, Globales Lernen und Schülerargumentationstraining gegen rechte Argumente. Für Fortbildung und Informationsveranstaltungen werden Veranstaltungsmodule erarbeitet, Gewaltentwicklung und Rechtsextremismus in Thüringen, die Shell-Jugendstudie wie sich Rechte verständigen, verfassungsfeindliche Symbole und Zeichen und was rechte Schüler denken und zu rechtsextremer Musik.

Die Koordinierungsstelle arbeitet zusammen mit dem Thüringer Kultusministerium, dem ThILLM und den 13 staatlichen Schulämtern an der Vernetzung der Schulen und dem schulischen Umfeld zur Prävention gegen Gewalt. Die Koordinierungsstelle wird an der Umsetzung des vom Sozialministerium initiierten Jugendkriminalitätspräventionsprogramms, das im letzten Jahr ausgelaufen ist, maßgeblich mitarbeiten, z.B. durch eine berufsübergreifende Fortbildungsmaßnahme in den Regionen. Die Netzwerkbildung wird in der Stadt Eisenach und im Ilm-Kreis mit entsprechenden Fortbildungs- und Projektangeboten unterstützt. Im Netzwerk "Zivilcourage" des Ilm-Kreises wird zurzeit im Zusammenwirken mit der Koordinierungsstelle eine Regio

nalanalyse vorrangig auf der Basis polizeilicher Kriminalstatistik, der kommunalen Jugendhilfeplanung, schulischer Daten und der Bevölkerungsstatistik erstellt. Dies soll die weiteren Planungen der Netzwerkarbeit des Ilm-Kreises bestimmen.

Das gemeinsame Fortbildungsprogramm gegen Rechtsextremismus und Gewalt 2002 wurde durch die Koordinierungsstelle auf der Grundlage der Zuarbeiten der Ressorts herausgegeben. Für das nächste Jahr ist eine Umgestaltung hin zu ressortübergreifenden bzw. berufsübergreifenden Themenbereichen geplant, weil sich dies meiner Meinung nach als sinnvoller darstellt.

Die Koordinierungsstelle hat sich an der Arbeitsgemeinschaft "Mobile Beratungsteams in Thüringen" beteiligt. Diese Arbeitsgemeinschaft will die unterschiedlichen Träger der mobilen Beratungen im Freistaat Thüringen zusammenführen, um dort unterschiedlich konzeptionelle Ansätze und Strategien zu einem möglichst abgestimmten Vorgehen gegen politischen Extremismus und Fremdenfeindlichkeit beizutragen. Die Bekämpfung der politisch motivierten Kriminalität, insbesondere auch des Rechtsextremismus, bleibt ein Schwerpunkt der Landesregierung. Die Gesamtzahl der rechtsextremistischen Straftaten in Thüringen ist seit Jahren kontinuierlich gestiegen. Der größte Anstieg war dabei bisher bei den Propagandadelikten sowie bei Gewaltstraftaten zu verzeichnen. Es ist jedoch seit dem Jahr 2001 eine rückläufige Entwicklung erkennbar, ob daraus allerdings ein langfristiger Trend abzuleiten ist, wird sich erst noch zeigen müssen.

Die Entwicklung in den letzten Jahren ist kein spezifisches Thüringer Phänomen, sondern spiegelt den bundesweiten Trend wider. Der Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz belegt indessen auch, dass relativ zur Bevölkerungszahl deutlich mehr rechtsextremistische Straftaten im Osten als im Westen, auf 100.000 Einwohner gerechnet, entfallen. Die Thüringer Zahlen müssen allerdings differenziert betrachtet werden, denn der permanente landesweite Überwachungs- und Verfolgungsdruck, die erhöhte Sensibilität und Aufmerksamkeit der Bevölkerung führen statistisch zu steigenden Fallzahlen, weil mehr Sachverhalte aufgegriffen und registriert werden.