Frau Dr. Klaus, nur damit es für die Bücher richtig ist. Es ist wie häufig bei Ihren Wortbeiträgen, Sie sind nur fast richtig und fast richtig ist trotzdem falsch. Richtig ist - Herr Kretschmer, über Sie sprechen wir später noch -, dass der Gemeinde- und Städtebund Thüringen einen Sitz im Verwaltungsrat hat. Richtig ist aber auch, dass ich dem Verwaltungsrat nicht angehört habe, sondern der Oberbürgermeister Rauch aus Gera. Das kann Ihnen ja vielleicht Herr Gerstenberger berichten. Ist das richtig oder setzt bei Ihnen jetzt das Erinnerungsvermögen wieder ein?
Ja, gegenüber einem Regierungsmitglied ist das einen Ordnungsruf wert. Der Abgeordnete Dittes bekommt jetzt am Ende dieser Debatte noch einen Ordnungsruf. Punkt.
Gut. Die Debatte ist geschlossen; wir kommen zur Abstimmung, es ist namentliche Abstimmung beantragt, und zwar direkt über den Antrag, denn ein Überweisungsantrag lag nicht vor. Ich bitte die Karten einzusammeln.
Hatte jeder die Gelegenheit, seine Stimmkarte abzugeben? Das ist der Fall, dann kann ausgezählt werden.
Es liegt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Antrag der Fraktion der PDS in der Drucksache 3/2193 "Betriebswirtschaftliche Analyse der Thüringer Talsperrenverwaltung" vor. Es wurden 76 Stimmen abgegeben. Mit Ja haben gestimmt 30, mit Nein haben gestimmt 46, es gab keine Stimmenthaltungen, der Antrag ist abgelehnt (namentliche Abstimmung siehe Anlage). Ich schließe damit den Tagesordnungspunkt 11 und komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 12
Es ist keine Begründung beantragt worden, da die Regierung angekündigt hat, den Sofortbericht zu geben. Herr Staatssekretär Maaßen, bitte.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, gern nimmt die Landesregierung den Antrag der PDS-Fraktion zum Anlass für einen Sofortbericht. Die Lage, meine Damen und Herren, am Arbeitsmarkt hat sich in den letzten Monaten zunehmend verschlechtert und muss mittlerweile als verheerend bezeichnet werden. Ende Januar 2002 hat die Zahl der registrierten Arbeitslosen in Deutschland nahezu 4,3 Mio. erreicht. Die Zusage des Bundeskanzlers, die Arbeitslosigkeit auf bundesweit 3,5 Mio. zu senken, ist damit zu einer fernen Illusion geworden. Vom Versagen der Bundesregierung sind die neuen Länder besonders hart betroffen, die Arbeitslosenquote beträgt dort im Durchschnitt sage und schreibe 19,1 Prozent; so viel zur Chefsache Ost.
Nach aktuellen Prognosen ist aufgrund des zu geringen Wirtschaftswachstums von weniger als einem Prozent auch mittelbar keine Besserung in Sicht. Die Zahl der Arbeitslosen stagniert auf einem sehr hohen Niveau und wird sogar noch weiter steigen, wenn die Bundesregierung nicht aus ihrem Koma erwacht und unverzüglich wirksame Maßnahmen für mehr Wachstum und Beschäftigung ergreift.
Meine Damen und Herren, wir brauchen in Deutschland eine tief greifende Reform zur Verbesserung der Arbeitsförderung und zur Deregulierung des Arbeitsmarkts. Dazu gehört u.a. - und das ist noch nicht einmal der wichtigste Punkt - auch eine zügige Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Das derzeitige Nebeneinander dieser beiden steuerfinanzierten Systeme erschwert die schnelle und effektive Wiedereingliederung von arbeitsfähigen Arbeitslosen, insbesondere Langzeitarbeitlosen, in den Arbeitsmarkt. Es ist nicht gerechtfertigt, Arbeitslosenhilfebezieher und Sozialhilfeempfänger unterschiedlich zu fördern und unterschiedliche Anforderungen an sie zu stellen, soweit sie aus dem gleichen Grund, nämlich der Arbeitslosigkeit, staatliche Leistungen beziehen.
Es ist deshalb notwendig, die Instrumente und Zuständigkeiten für alle arbeitsfähigen Leistungsbezieher zu bündeln. Ein einfaches und überschaubares Leistungssystem liegt übrigens auch - was oft vergessen wird - im ureigensten Interesse der Hilfeempfänger. Die Chance, die sich aus einem Zusammenführen von Arbeitslosen- und Sozialhilfe ergibt...
Herr Staatssekretär, einen ganz kleinen Moment, ich glaube, mit der Mikrofonanlage stimmt etwas nicht, die könnte ein bisschen höher gestellt oder die Mikrofone ein bisschen nach unten gedreht werden. Sie sind im Saal ganz schlecht zu verstehen.
Ich habe ausgeführt: Es ist deshalb notwendig, die Instrumente und Zuständigkeiten für alle arbeitsfähigen Leistungsbezieher zu bündeln. Ein einfaches und überschaubares Leistungssystem liegt übrigens auch - was oft vergessen wird - im ureigensten Interesse der Hilfeempfänger. Die Chance, die sich aus einem Zusammenführen von Arbeitslosen- und Sozialhilfe ergibt, muss genutzt werden, um eine ausgewogene Balance zwischen der Unterstützung einerseits und der Stärkung der Eigenverantwortung andererseits zu erreichen, zwischen Fördern und Fordern des Einzelnen. Die an sich sinnvolle Erprobung einer entsprechenden Neuregelung in Modellprojekten darf nicht dazu führen, dass das Vorhaben einer Reform von der Bundesregierung weiter auf die lange Bank geschoben wird. Aber genau dies geschieht im Moment.
Zur Position der Landesregierung hinsichtlich der Verlängerung der Übergangsregelung im Bundessozialhilfegesetz: Wie sich die Bundesregierung davor drückt, Probleme anzupacken, wird an der im Bundestag und Bundesrat vorgelegten Verlängerung der Übergangsregelung im Bundessozialhilfegesetz besonders deutlich. Diese Bestimmungen waren von vornherein darauf angelegt, bis zu einem Ablauf der vorgesehenen Fristen durch Dauerregelung abgelöst zu werden. Die Bundesregierung hat das dringend notwendige Vorhaben einer Reform der Sozialund Arbeitslosenhilfe in dieser Legislaturperiode nicht in Angriff genommen. Wenn Thüringen daraufhin im Bundesrat einzelne Verlängerungsregelungen nicht abgelehnt hat, so ist dies als Entscheidung nur unter Vorbehalt zu sehen. Schließlich hat Thüringen mit anderen Ländern selbst ein Gesetz zur Änderung des Bundessozialhilfegesetzes eingebracht. Hierauf komme ich noch zurück.
Zu § 18 Abs. 5 BSHG: Zu dieser Regelung wird vorgeschlagen, die Öffnungsklausel in § 18 Abs. 5 BSHG bis zum 31. Dezember 2004 zu verlängern. Zur Förderung der Eingliederung Arbeitsloser in den allgemeinen Arbeitsmarkt kann bei einer Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ein Zuschuss bis zur Höhe des Eckregelsatzes der Sozialhilfe, das sind 273,54 Dauer von höchstens 12 Monaten gewährt werden. Die Verlängerung dieser Regelung wurde von Thüringen im Bundesrat nicht abgelehnt, da die Regierungsfraktionen im Bundestag dauerhafte Lösungen in dieser Legislaturperiode nicht mehr in Angriff nehmen werden.
Der Freistaat Thüringen hat darüber hinaus zusammen mit anderen Ländern einen Gesetzentwurf zur Änderung des Bundessozialhilfegesetzes eingebracht. Dieser sieht als
Anreizsystem zur Überwindung von Sozialhilfebedürftigkeit unter anderem das bereits in Baden-Württemberg und in Hessen in Modellen erprobte Einstiegsgeld vor. Das Einstiegsgeld soll gesetzlich verankert werden. Mit ihm werden verbesserte Anrechnungsregelungen bei der Aufnahme einer Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt geschaffen. Um dies zu erreichen, soll den Trägern der Sozialhilfe die Möglichkeit eingeräumt werden, bis zu 50 Prozent des Erwerbseinkommens des Sozialhilfeempfängers nicht auf die Sozialhilfe anzurechnen. Damit werden Sozialhilfeempfängern lohnende Erwerbschancen eröffnet.
Zu § 22 Abs. 6 BSHG: Die Verlängerung der Übergangsregelung des § 22 Abs. 6 BSHG bis zum 30. Juni 2004 wird seitens des Freistaats Thüringen befürwortet. Es sind bisher keine Grundlagen zur Neufestsetzung der Regelsätze durch die Bundesregierung erarbeitet worden - das steht schon seit längerer Zeit aus -, um die Übergangslösungen durch Dauerregelung ersetzen zu können.
Zu § 76 Abs. 2 Nr. 5 BSHG: Die Freibeträge des § 76 Abs. 2 Nr. 5 BSHG stellen betragsmäßig die Kindergelderhöhung aufgrund des Familienförderungsgesetzes vom 22. Dezember 1999 von der Anrechnung auf die Sozialhilfe bis zum 30.06.2003 frei. Vor dem Hintergrund, dass das restliche Kindergeld und auch die Kindergelderhöhung ab dem 01.01.2002 aufgrund des Zweiten Familienförderungsgesetzes vom 16.08.2001 auf die Sozialhilfe angerechnet werden, ist eine weitere Verlängerung der systemwidrigen Freibetragsregelung des § 76 Abs. 2 Nr. 5 BSHG nicht vertretbar. Diese Regelung durchbricht insbesondere den Grundsatz, dass Sozialhilfe nachrangig zu gewähren ist und keine Ausgleichsfunktion zu anderen Leistungssystemen haben soll. In seiner Stellungnahme vom 30.11.2001 zum Entwurf der Verlängerung der Übergangsregelung im Bundessozialhilfegesetz hat sich der Bundesrat für die Streichung der Verlängerung der Frist in § 76 Abs. 2 Nr. 5 ausgesprochen. Dieser Auffassung hat sich der Freistaat Thüringen im Bundesrat angeschlossen.
Zur geforderten Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe entsprechend § 18 BSHG: Grundsätzlich begrüßt und unterstützt die Landesregierung den Gedanken der Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, insbesondere ist eine organisatorische Zusammenführung sinnvoll. Das einzige MoZArT-Projekt, das ist dieses Modellprojekt, das bundesweit auf den Weg gebracht ist, läuft in Thüringen im Landkreis Altenburg. Auswirkungen des Projekts hinsichtlich der Entwicklung der Arbeitslosigkeit im Vergleich zur Entwicklung in anderen Kreisen sind noch nicht erkennbar. Aussagekräftige Ergebnisse werden erst im Jahr 2003 vorliegen. Insofern können auch die hier angeschlossenen konkreten Fragen nicht beantwortet werden.
Zur Experimentierklausel nach § 101 a BSHG: Bislang gibt es in Thüringen keine Erfahrungen mit der Experimentierklausel des § 101 a BSHG. Der Entwurf einer Verordnung zur Pauschalierung der Sozialhilfe nach § 101 a BSHG wurde im Jahr 2001 erarbeitet und in einem Anhörungs
verfahren abgestimmt. Gespräche mit Vertretern der örtlichen Träger der Sozialhilfe und den kommunalen Spitzenverbänden haben jedoch gezeigt, dass derzeit in Thüringen keine Bereitschaft einzelner Sozialämter besteht, sich an einem solchen Modellprojekt zu beteiligen. Eine vergleichbare Situation besteht auch in anderen Ländern, die bereits eine entsprechende Rechtsverordnung erlassen haben. Hintergrund für das fehlende Interesse an der Beteiligung an einem Modellprojekt in Thüringen ist einerseits die zu erwartende zusätzliche Arbeitsbelastung in den Sozialämtern, die stark ausgelastet sind. Zudem realisieren die Thüringer Sozialämter bereits in der Praxis, soweit rechtlich zulässig, vereinfachende Verfahren bis hin zur Pauschalierung einzelner Leistungen. Der Erlass der bereits vorbereiteten Verordnung wäre jedoch nur sinnvoll, wenn mindestens ein örtlicher Träger der Sozialhilfe an einem solchen Projekt teilnehmen würde.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend feststellen: Die Länder haben bereits zu Beginn der laufenden Legislaturperiode des Deutschen Bundestags die Bundesregierung aufgefordert, eine umfassende Reform des SGB III vorzulegen. Mit einer solchen Reform könnte auch eine Neuordnung der Arbeitslosenhilfe im Verhältnis zur Sozialhilfe erfolgen. Das schließt auch die Frage ein, wer dann die Rechnung bezahlt, der Bund, die Länder oder die Gemeinden. Die gegenwärtige Bundesregierung hat das Thema jedoch auf die nächste Legislaturperiode des Deutschen Bundestags vertagt, obwohl der amtierende Bundeskanzler an einer einzigen Frage gemessen werden wollte, nämlich, ob ihm in der laufenden Legislaturperiode eine wesentliche Verringerung der Zahl der Arbeitslosen gelungen ist. Es wird wohl ein anderer Bundeskanzler sein, der das lange erforderliche Reformvorhaben auf den Weg bringt.
Dann eröffne ich diese Aussprache. Es hat sich zu Wort gemeldet Frau Abgeordnete Vopel, CDU-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren - worum geht es? Es geht um die verbesserte Eingliederung von Sozialhilfe- und Arbeitslosenhilfeempfängern in den Arbeitsmarkt. Das ist doch eigentlich die entscheidende Frage. Dazu sollen Modellversuche einer engen Verzahnung
von Arbeitslosen- und Sozialhilfeämtern beitragen. Es gibt analog dieser Modellversuche unendlich viel Papier und ich gehe einmal davon aus, dass das die PDS auch hat. Ich gehe auch davon aus, dass die PDS weiß, dass es gerade einmal in Thüringen einen Modellversuch dazu gibt, der bisher nicht so sehr aussagekräftig ist. Die Punkte, die die PDS in dem Antrag benannt hat, hätte man auch über eine Kleine oder eine Mündliche Anfrage abarbeiten können; aber die wirklich entscheidende und spannende Frage, das gestehe ich Ihnen zu, findet sich in der Begründung, und das ist nämlich genau das, was im Moment diskutiert wird. Ja, die Zusammenführung von Arbeitslosenund Sozialhilfe wird zunehmend diskutiert, wird jetzt verstärkt diskutiert und diese Diskussion ist längst überfällig. Die Verschleppung der Reform der sozialen Sicherungssysteme durch die Bundesregierung hat dazu geführt, dass uns die Zeit davonläuft und dass uns die Probleme allmählich überrollen. Ich meine, es ist doch bemerkenswert, dass mittlerweile aus dem Bundesrat mehr gesetzgeberische Initiativen zu diesem Thema kommen als aus dem Bundestag bzw. von der Bundesregierung.
Herr Staatssekretär hat es eben vorgetragen; darauf möchte ich nicht eingehen, das ist ja gerade vor wenigen Minuten geschehen. Ich möchte an ein anderes Gesetz erinnern, an das Job-Aqtivgesetz. Das ist seit 1. Januar in Kraft. Dazu hat es im Bundesrat einen Entschließungsantrag der Bundesländer Bayern und Thüringen gegeben. Dieser Entschließungsantrag betraf unter anderem auch diese Fragestellung. Der Entschließungsantrag ist abgelehnt worden, aber seit Monaten schon wird verkündet - oder lässt Herr Riester verkünden -, es wird eine Zusammenführung geben.
Meine Damen und Herren, entscheidend ist doch die Frage der Verbesserung der Beschäftigungslage - die Arbeitslosenzahlen sind noch einmal genannt worden -, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit für diesen Personenkreis, für den Personenkreis der Langzeitarbeitslosen, deren Sockel von Jahr zu Jahr höher wird. Wenn da nicht nun wirklich bald gravierend etwas gemacht wird, werden wir von diesem Sockel nie mehr herunterkommen. Die noch so gut gemeinten Modellprojekte helfen uns da überhaupt nicht weiter. Es kann nicht immer nur so an einer kleinen Stellschraube gedreht werden, wenn man nicht das große Ganze sieht. Wir brauchen wirkliche Strukturveränderungen und die sind überfällig, und zwar eine Reform aus einem Guss: SGB III, Sozialhilferecht und, ich füge noch ausdrücklich dazu, Gemeindefinanzierungsgesetz. Das ist in diesem Zusammenhang genauso wichtig.
Das muss eine Reform aus einem Guss werden. Mit Sicherheit ist das kein leichtes Unterfangen. Kollege Müller hat vor einiger Zeit einmal gesagt, das würde 10 Jahre dauern. Wenn wir das im Vorfeld schon sagen, dass es 10 Jahre