Protokoll der Sitzung vom 25.04.2002

Man bekommt keine Aufbruchsstimmung mit dieser Kürzungspolitik. Diese Aufbruchsstimmung brauchen wir aber. An dieser Stelle muss ich natürlich eine Bemerkung zu den Beratungen im Haushalts- und Finanzausschuss machen. Mit welcher Arroganz selbst im Haushalts- und Finanzausschuss vereinzelte Denkansätze der Ministerin abgebügelt wurden, das, finde ich, verdient schon die Beachtung des Parlaments. Falls das notwendig ist, kann ich auch mit Zitaten dienen, Herr Mohring.

Zurück zu den Hochschulen: Wir fordern weiter ein klares Zeichen an die Thüringer Hochschulen. Wir machen mit unseren Anträgen die Kürzungen rückgängig und stocken die Mittel um 4 Mio. Dieses soll nach unseren Vorstellungen auf die Hochschulen gleichmäßig verteilt werden, übrigens nach demselben Schlüssel, der im Hause Schipanski angewandt wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die geplanten Kürzungen im Bereich des Arbeitsmarkts sind mit der PDS ebenfalls nicht zu machen.

(Beifall bei der PDS)

Was ist hier eigentlich los, kann ich da bloß fragen? Die Kürzungen betreffen alle drei großen Arbeitsmarkttitel. Beim ESF soll die Landeskofinanzierung um 8 Mio. duziert werden. Das belastet andere Beteiligte, denn der ESF muss auch weiterhin mit 30 Prozent gegenfinanziert werden. Geringere Landesmittel bedeuten eine Mehrbelastung der Kommunen, der freien Träger und der Bundesanstalt für Arbeit. Das ist vor allem für Kommunen und freie Trä

ger unzumutbar. Beim Landesarbeitsmarktprogramm führen die fehlenden 1,4 Mio.       Gestaltungsspielraum. Betroffen sind die verstärkte Förderung von ABM, Vergabe-ABM und ABS-Gesellschaften. Die Erprobung neuer, innovativer Instrumente wird unmöglich. Ist es gewollt oder ist es so, wie Frau Diezel im Haushaltsausschuss auf die Frage des Abgeordneten Gerstenberger antwortete: "Das ist eben Politik." Meine Damen und Herren, ich finde, das ist schlechte Politik.

(Beifall bei der PDS)

Darf ich Herrn Abgeordneten Huster fragen: War es eine öffentliche Sitzung des Haushaltsausschusses? Denn nach Geschäftsordnung dürfen Sie nicht Namen und konkrete Zitate hier anführen. Die Rechtslage war Ihnen klar. Es war eine nicht öffentliche Sitzung.

(Unruhe im Hause)

(Zwischenruf aus dem Hause: Das ist ein übliches Vorgehen.)

(Zwischenruf Abg. Stauch, CDU: Sie versto- ßen gegen die Geschäftsordnung des Land- tags.)

Meine Damen und Herren, ich kann Ihre Aufregung nicht verstehen. Das ist mir möglicherweise passiert, aber ich muss sagen, das, was ich hier dargestellt habe, war kein Geheimnisverrat, sondern war eine Pointierung Ihrer Position. Und ich finde, die kann man auch öffentlich machen.

Sie ist nur begrenzt konkret untermauerbar - die Geschäftsordnung muss eingehalten werden. Ich bitte das bei Ihrer weiteren Rede zu beachten.

Frau Präsidentin, ich nehme das zur Kenntnis.

Die Reduzierung der Arbeitsförderung Ost führt zu einem Rückgang bei SAM. Daraus resultierend wird die Arbeitslosigkeit steigen, wobei die Langzeitarbeitslosigkeit direkt betroffen ist. Wichtige, bisher über SAM ausgeführte Arbeiten im Interesse des Gemeinwohls bleiben unerledigt. Wenn man sich das in Gänze ansieht, meine Damen und Herren, dann hat man den Eindruck, der arbeitsmarktpolitische Sprecher der CDU-Fraktion ist nicht mehr Bärbel Vopel, sondern Stefan Effenberg. Die PDS, und das wird Sie nicht wundern, will die Kürzungen mit ihrem Antrag rückgängig machen. Damit erreichen wir das Niveau der Mittelbereitstellung, welches mit dem Doppelhaushalt ge

plant wurde - nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Sozialbereich sehen wir Änderungsbedarfe und auch deren Realisierungsmöglichkeiten. Nicht zuletzt aufgrund des gestiegenen Drucks auf ABM und SAM sowie der Beschäftigungsfördergesellschaften sind solche Überlegungen wünschenswert. Bekanntlich fordern wir seit längerem die Einführung einer Sozialpauschale. Auch die Notwendigkeit zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte hindert uns nicht daran, Notwendiges zu tun.

(Beifall bei der PDS)

Mit der Sozialpauschale sollen Feststellen geschaffen werden für Dienst- und Betreuungsleistungen im Sozialbereich, die sonst nicht gesichert sind. Vorstellbar sind Stellen z.B. in der ambulanten Altenhilfe, gesundheitsfördernde Projekte, Projekte mit Obdachlosen, nachbarschaftlich orientierte Freiwilligenagenturen usw. Mehrere Modelle zur Schaffung solcher Feststellen sind im Gespräch. Einer Entscheidung über das konkrete Wie greifen wir heute nicht vor. Nur so viel: Aufgrund der finanziellen Situation der Kommunen muss sich das Land in starkem Maße an der Finanzierung beteiligen. Das Modell der Jugendpauschale scheint mir unter gegenwärtigen Bedingungen nicht geeignet, weil die Kommunen ihre diesbezügliche Schmerzgrenze lange erreicht haben.

Es ist unser politischer Wille, diese Stellen zu schaffen. Mit dem Nachtragshaushalt ist ein Einstieg möglich. Wir haben dafür 5 Mio.       finanzierung streben wir ein Netz an Stellen in Thüringen an, die Kommunen und Träger solcher Projekte vor weiteren Unsicherheiten des so genannten zweiten Arbeitsmarkts schützt.

Meine Damen und Herren, zum Thema Schule - im Nachtragshaushalt vergleichsweise wenig berührt. Dafür hat es in diesem Bereich im vorangegangenen Haushalt immer Kürzungen gegeben. Jeder weiß aber, dass es so nicht weitergehen kann. Ihrer Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit des Landes angemessen, müssen endlich Schritte unternommen werden, die Aufgaben von Schule und Lehrern den aktuellen Erfordernissen anzupassen.

(Beifall bei der PDS)

Die heutige Schule muss nach Auffassung der PDS-Fraktion beispielsweise verstärkt der individuellen Förderung der Schüler nachgehen, um Bildungsdefizite zu minimieren. Die Anzahl der außerunterrichtlichen Angebote müssen erhöht werden, um wirklich eine ganzheitliche Bildung aller Schüler gewährleisten zu können. Schulsozialarbeit muss verstetigt werden, um die Schwächen unserer Gesellschaft puffern zu helfen. Die Schulentwicklung mit der entsprechenden Zeit ist stärker zu befördern.

Meine Damen und Herren, die Stichworte "Lehrerkündigungen" und "Unterrichtsausfall" mögen ausreichen, um

einen deutlichen Handlungsbedarf zu signalisieren.

(Beifall bei der PDS)

Die Neudefinition der Aufgaben muss in einem langfristig angelegten Personalentwicklungskonzept für den Schulbereich seine Konsequenz finden. Es muss überlegt werden, welche zusätzlichen Fachkräfte benötigt werden, wie z.B. Psychologen, Sozialpädagogen und Sonderpädagogen.

(Beifall bei der PDS)

Ein stures Festhalten am Stellenabbau ist für uns nicht vorstellbar. Dies hat auch sehr viel mit gesellschaftlichem Klima zu tun, meine Damen und Herren. Weil die Schulbildung in Thüringen bei der Landesregierung bekanntlich in schlechten Händen ist, helfen wir Ihnen mit zwei Entschließungsanträgen ein wenig auf die Sprünge.

(Beifall bei der PDS)

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Nein, nein, nicht.)

In einem Antrag fordern wir Sie auf, den seit 1999 unveränderten Schullastenausgleich vor dem Hintergrund allgemeiner Preissteigerungen zu überprüfen und die Ergebnisse dem Landtag mit dem Entwurf des nächsten Doppelhaushalts vorzulegen. Der zweite Entschließungsantrag verlangt Konsequenzen für ein Personalentwicklungskonzept im Schulbereich, und dies nicht irgendwann, sondern zum 01.10.2002.

Wie Sie weiter ersehen können, lehnen wir die Kürzungen im ÖPNV ebenfalls ab. Sie treffen wieder die Falschen - die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen. Ein entsprechender Änderungsantrag liegt Ihnen vor.

Weitere Einzelnennungen unserer Anträge will ich Ihnen an dieser Stelle ersparen. Es wird Zeit, zu unseren Deckungsvorschlägen zu kommen. Nur so viel, außerhalb der nötigen Hilfen für die Kommunen mittels der Investitionspauschale beträgt unser Ausgabevolumen 50 Mio.  gleichsweise wenig, wenn die Gelder richtig eingesetzt werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, gestatten Sie mir einige Anmerkungen zu unserer Steuerschätzung. Der Fakt an sich, dass sich die PDS erdreistet, eine eigene Steuerschätzung vorzulegen, ist offenbar schon eine Zumutung für die CDU und auch für die SPD.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Nein, nein, nicht.)

Die Fakten, Herr Gentzel, sind, dass seit elf Jahren das Monopol bei der Veranschlagung von Steuern bei der CDU-geführten Landesregierung liegt und dass diese sich seit elf Jahren in Größenordnungen verschätzt.

(Beifall bei der PDS)

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Keine Ah- nung, was die Steuerschätzung einer Landes- regierung bedeutet.)

Herr Althaus, wenn Sie das in Zweifel ziehen, Sie wissen auch, dass es eine Steuerschätzung auf Bundesebene gibt, aber dass die Finanzminister eine regionalisierte machen für ihren eigenen Länderhaushalt.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Fragen Sie doch mal in Bonn und Berlin nach.)

Herr Gentzel, zu Ihnen komme ich noch.

(Heiterkeit und Beifall im Hause)

Herr Huster, lassen Sie sich nicht immer irritieren und fahren Sie fort.

Ja, ja, ich bin ja nicht bloß Redner, sondern auch Beobachter und ich will ja wirklich mitbekommen, was hier so aus dem Hause nach vorn gebrüllt wird.

Mein lieber Uwe Höhn,

(Heiterkeit im Hause)

was unsere Steuerschätzung betrifft, meine ich, dass es endlich Zeit wird, nicht mehr alles das zu glauben, was uns da vorgelegt wird und schon gar nicht von Leuten, die sich seit Jahren irren.

(Beifall bei der PDS)

Apropos Herr Höhn, Uwe Mann ist der Höhn,

(Heiterkeit im Hause)