Protokoll der Sitzung vom 23.05.2002

Meine Damen und Herren, diese medienpolitischen Weichenstellungen müssen schnell geschehen, sonst verlieren wir gegenüber den anderen Bundesländern immer weiter an Boden. Das wird besonders bei einem Blick auf Sachsen und Sachsen-Anhalt, den anderen beiden am MDR beteiligten Ländern, deutlich.

Zunächst zu Sachsen: Allein in Leipzig gibt es 1.500 Medienunternehmen. Sie erwirtschafteten im Jahr 2000 mit 40.000 Beschäftigten einen Umsatz von 6,12 Mrd. DM. Jeder siebte Beschäftigte in Leipzig ist heute im Medien

bereich tätig. Daran zeigt sich, welches gewaltige wirtschaftliche Potenzial in diesem Sektor liegt, ein Potenzial, das wir in Thüringen bislang nur zu einem Bruchteil ausgeschöpft haben. Natürlich werden mir die Kollegen von der CDU jetzt vorhalten, man könne den traditionellen Medienstandort Leipzig nicht mit Thüringen vergleichen. Dieser Einwand ist aber nur zum Teil berechtigt. Eine Studie der Universität Leipzig belegt nämlich, dass 86 Prozent der Leipziger Medienunternehmen erst nach 1989 gegründet wurden. Jedes fünfte dieser Unternehmen entstand sogar innerhalb des Zeitraums 1998 bis 2000.

Meine Damen und Herren, warum ist eine derartige Entwicklung in Leipzig möglich, nicht aber in Thüringen? Die Antwort liegt nahe. In Leipzig wird seitens der Landesregierung mit großer Energie eine zielgerichtete Ansiedlungs- und Förderpolitik im Medienbereich betrieben. Dort wird mit Engagement und Nachdruck die Zukunft des wichtigsten sächsischen Medienstandorts gestaltet. In Thüringen dagegen verfährt der zuständige Minister nach dem schon aus der Bildungspolitik bekannten Motto "Abwarten, zögern und zaudern".

Meine Damen und Herren, blicken wir nun nach Sachsen-Anhalt: Dort bestehen allein in Halle und seiner Umgebung 500 Medienunternehmen mit 9.000 Arbeitsplätzen. Der überwiegende Teil dieser Firmen wurde erst nach 1996 gegründet und verdankt seine Existenz vor allem der von der Regierung Höppner betriebenen klugen Ansiedlungspolitik.

(Zwischenruf Abg. Seela, CDU: Deshalb ist er auch abgewählt worden.)

Wenn die Landesregierung jetzt von der Schaffung eines Medienapplikations- und Gründerzentrums spricht, so muss man sagen, in Halle wird das Mitteldeutsche Multimediazentrum im nächsten Jahr eröffnet werden. Dort ist uns Sachsen-Anhalt etliche Schritte voraus. Das MMZ in Halle wird Medienwirtschaft, Medienausbildung und Medienwissenschaft an einem Ort bündeln, kreative Menschen aus diesen Bereichen gezielt zusammenführen und damit große Synergieeffekte auslösen und es wird über Halle hinaus ausstrahlen und dort mit Sicherheit eine ganze Reihe weiterer Neuansiedlungen im Medienbereich nach sich ziehen. Davon sind wir noch weit entfernt.

Meine Damen und Herren, so viel zu Leipzig und Halle, wo dank energisch handelnder Landesregierungen in wenigen Jahren Tausende von Arbeitsplätzen in der Medienbranche entstanden sind. Unsere Landesregierung kann dagegen - und ich will es noch einmal sagen - im Medienbereich gerade einmal knapp über 300 Arbeitsplätze vorweisen. Das ist die ernüchternde Bilanz der Medienpolitik unserer Landesregierung. Wo Engagement für die Zukunft des Medienstandorts Thüringen gefragt wäre, herrscht bei uns unverantwortliche Passivität. Deshalb fordern wir von der SPD-Fraktion die Landesregierung auf, endlich mit einer gezielten Ansiedlungs- und Förderpolitik Thüringen für die

Medienwirtschaft attraktiv zu machen. Der Kinderkanal muss zum Kern einer prosperierenden Medienproduktionslandschaft gemacht werden. Nur so kann Thüringen zu einem zukunftssicheren Medienstandort mit einem eigenen, unverwechselbaren Profil werden. Sollte dies nicht gelingen, werden wir endgültig den Anschluss an die Entwicklung der Medienlandschaft in den anderen Bundesländern verlieren. Dann kann sich Thüringen auf diesem Gebiet das Etikett "Schlusslicht in Deutschland" auf Dauer ankleben. Danke.

(Beifall bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Seela zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren! Also, Herr Pidde, Sie haben ja ziemlich dick aufgetragen. Eigentlich wollte ich mich mit Ihnen gar nicht beschäftigen, aber Sie haben einige Dinge hier gesagt und haben auf einem besonderen Aspekt herumgeritten, den ich auch genannt hätte, die Zahlen, ich hätte auch die sachsenanhaltinischen Zahlen genannt mit 600 Arbeitsplätzen und Sachsen mit 2.000 Arbeitsplätzen. Aber es hat auch einen bestimmten Grund, das sage ich dann noch. Ich wollte zunächst erst noch einmal, bevor ich auch gesagt hätte, dass ich mir vorkam wie im Konzert "Wünsch dir was", auf den Antragsteller zurückkommen, nämlich auf die PDS-Fraktion. Natürlich können Sie mit uns, mit der CDU-Fraktion, bei jeder Gelegenheit über den Medienstandort und über medienpolitische Themen plaudern, auch wenn wir das im letzten Jahr wiederholt getan haben. Wir haben das im August getan im Ausschuss, wir haben das im Juli getan hier im Plenum und wir haben das erst aufgrund eines CDU-Antrags jetzt im Januar im Ausschuss für Bildung und Medien getan, nämlich als wir über die Mitteldeutsche Medienförderung gesprochen haben. Aber kein Problem, dann reden wir heute noch einmal. Was ich hier auch gleich noch sagen möchte, nämlich zur "Begründung": Ich bin auch ein Freund von Ironie, wenn sie gut vorgetragen ist. Lassen Sie mich die Begründung noch einmal kurz zitieren - ich darf zitieren, Frau Präsidentin: "Seit dem 5. Thüringer Mediensymposium am 6. und 7. Oktober 2000 ist es um den Medienstandort Thüringen ruhig geworden, von Aktivitäten der Landesregierung ist kaum etwas zu hören und es ist zu befürchten, dass die Medienentwicklung in Thüringen stagniert." Guten Morgen, Damen und Herren von der PDS-Fraktion, wir hatten im letzten Jahr bereits das 6. Mediensymposium, wahrscheinlich haben Sie das verschlafen.

(Beifall bei der CDU)

Ich hoffe nur, dass Sie das 7. Mediensymposium in diesem Jahr nicht verschlafen, das hat ein sehr interessantes Thema:

"Kinder und Medien", ich hoffe, wir sehen uns da. Herr Pidde hat übrigens auch teilgenommen im letzten Jahr, wir waren gemeinsam in einer Podiumsdiskussion, da ging es um das Thema "Offene Kanäle". Er hätte eigentlich heute sagen müssen, dass wir beim Thema "Offene Kanäle" mit bei den Ersten liegen, dass wir da Sachsen bei weitem überholt haben. Die haben nämlich überhaupt keine Offenen Kanäle, Herr Pidde,

(Beifall bei der CDU)

die haben so genannte Ereignisrundfunkprojekte an den Universitäten, aber keine Offenen Kanäle. Darauf komme ich noch zu sprechen, wenn ich insgesamt ein Bild des Medienstandorts Thüringen entwickle. Den größeren Teil hat ja nun auch schon der Staatssekretär vorgetragen, zu einigen Schwerpunkten im medienwirtschaftlichen Bereich hätte ich gern noch etwas gesagt.

Noch einmal zur Begründung oder zum Antrag selbst: Natürlich muss ich sagen, das will ich an dieser Stelle auch noch einmal loswerden, ich war auch etwas verärgert, nicht, weil wir uns heute noch einmal über das spannende Thema "Medienpolitik" und "Medienstandort Thüringen" unterhalten, nein, weil ich noch genau im Hinterkopf habe, als wir hier in diesem hohen Haus diskutiert haben über die Rundfunkgebühren. Jetzt überlegen Sie alle einmal, wer hier in diesem hohen Haus zum Thema Rundfunkgebühren wie gestimmt hat und überlegen Sie auch einmal, was wäre denn, wenn alle so gestimmt hätten wie die PDS-Fraktion - nämlich, da hat nur einer von Ihnen mit Ja gestimmt zu den Rundfunkgebühren -, was wäre denn, wenn alle so gestimmt hätten? Theoretisch hätte sich der MDR aus Thüringen zurückziehen müssen, da hätten wir ja nicht einmal mehr 300 Arbeitsplätze im medienwirtschaftlichen Bereich, da hätten wir faktisch null, wenn ich Antenne und Landeswelle noch wegrechne. Also, das ist schon, ein falsches Spiel will ich nicht sagen, aber es ist schon etwas merkwürdig und ich war auch verärgert, aber das müssen Sie sich schon gefallen lassen, man kann nicht das eine wollen und das andere nicht wollen, so einfach geht es auch nicht. Sie müssen auch mit den Konsequenzen leben, nämlich damals, wie Ihr Abstimmverhalten war, wo Sie sich gegen den Öffentlich-rechtlichen sozusagen ausgesprochen haben.

(Zwischenruf Abg. Nitzpon, PDS: Dazu will ich noch etwas sagen.)

Aber Sie sind gleich dran, sagen Sie gleich noch etwas dazu.

Generell zum Medienstandort Thüringen, ich hatte es eingangs genannt, ich hätte es auch gesagt. Natürlich sollten uns die Ausgangszahlen stimulieren zu mehr Leistungsbereitschaft und dazu, noch mehr zu tun. Das ist vollkommen richtig. Die Zahl lässt sich auch nicht schönreden, das ist ein Fakt. Wir haben gerade einmal 300 Arbeitsplätze im medienwirtschaftlichen Bereich, dazu zählen vor

allem die MDR-Arbeitsplätze und die Antenne- und Landeswelle-Arbeitsplätze. Nicht mit hineingerechnet sind natürlich die vielen, vielen freien Mitarbeiter, die sind in der Zahl nicht mit drin und nicht mit hineingerechnet sind auch die festen und freien Mitarbeiter bei den lokalen Fernsehsendern. Da bin ich gerade bei einem interessanten Stichwort - lokale Fernsehanstalten, private Fernsehanbieter in Thüringen. Wir haben in Thüringen ein flächendeckendes Netz, das kann man so sagen. Herr Pidde, Sie sind nicht in der TLM-Versammlung, deswegen wissen Sie das vielleicht noch nicht. Wir haben 10 Sender in Thüringen mit einem Zuschaueranteil unter 10.000 Wohneinheiten, so wird das gerechnet, und 10 Sender über 10.000 Wohneinheiten. Platz Nummer 1, das will ich an dieser Stelle gern einmal sagen, von der Bewertung seitens der TLM ist Jena-TV. Ich will ja auch ein bisschen Werbung machen für meinen Wahlkreis Jena. Platz Nummer 2, das will ich auch nicht verschweigen, Jena hat die Note 2,1 und Erfurt hat die Note 2,2 bekommen. Das ist ein gut ausgebautes Netz, was natürlich auch Probleme hat. Denn wie bei der Landeswelle, da bin ich auch beim privaten Hörfunk - Landeswelle, Antenne Thüringen -, da gibt es einen bestimmten Kuchen von Werbeeinnahmen und daraus werden diese Sender, ob Hörfunk oder Fernsehfunk finanziert. Dieser Kuchen wird bedauerlicherweise auch nicht größer. Sie hatten sich ja mit Herrn Goßmann unterhalten. Herr Goßmann von der Zeitungsgruppe Thüringen wird Ihnen das auch sagen. Das ist übrigens auch ein Faktor, der mit zum Medienstandort Thüringen gehört, wir haben eine starke Zeitungsgruppe Thüringen. Aber der Werbekuchen wird nicht größer und deswegen haben wir natürlich auch hier Probleme bei den privaten Anbietern im Lokalfernsehen. Ich weiß es selbst von Jena-TV, dass sich da die Einnahmen aus dem Werbebereich auch sehr begrenzt halten. Das hängt einfach damit zusammen, was die Einnahmen aus dem Mittelstand und aus der Industrie betrifft, die sind natürlich noch steigerungsfähig. Es gibt gerade einmal, dass muss man auch so sagen, einen lokalen Fernsehsender, der schwarze Zahlen schreibt, das ist TV Südthüringen. Nach eigenen Angaben schreiben die im Monat 3.000 Mark Gewinn. Bloß der Rest hat alles rote Zahlen. Wenn Sie aus dem Fach kämen, würden Sie wissen, dass jeder lokale Fernsehsender sich erst einmal 4 bis 5 Jahre bewähren muss und innerhalb dieser 4, 5 Jahre schreibt er nun mal keine schwarzen Zahlen. Erst danach wird die Spreu vom Weizen getrennt und man sieht, wer überleben wird. Seitens der TLM wird auch beobachtet - und das ist auch meine Anregung immer gewesen -, immer auf große Einheiten Wert zu legen, wie z.B. TV Südthüringen. Oder man hat auch einmal überlegt, dass man nicht TV Weimar, TV Erfurt, TV Gera in einer Kette bildet, denn größere haben auf diesem Markt eher die Chance zu überleben. Aber wenn Sie sich mal die Programme und Inhalte anschauen, sind diese Sender alle von der Bevölkerung akzeptiert. Es gibt sogar schon Hinweise darauf, dass so manche ihre Tageszeitung abbestellen. Das funktioniert sehr gut. Antenne Thüringen und Landeswelle hatte ich erwähnt, die zwei Sender, die haben es natürlich auch schwer, die haben das gleiche Problem, weil

sie von Werbeeinnahmen leben.

Ein letzter Aspekt, den ich hier gern noch genannt hätte, weil wir darauf wirklich stolz sein können hier in Thüringen, ist das breite Netz von Offenen Kanälen, das sehr gut ausgebaut ist. Natürlich kann man auch darüber diskutieren und es wird auch darüber diskutiert, ob man in Suhl noch einen Offenen Kanal errichtet. Das muss man sehen. Da hat man sich ja auch einiges geleistet. Hier bin ich wieder bei meiner Kritik an der PDS-Fraktion, als es um die Rundfunkgebühren ging. Man muss auch wissen, mit 2 Prozent aus den Rundfunkgebühren werden derartige Offene Kanäle finanziert. Wenn man dagegen ist, muss man sich auch von den Offenen Kanälen verabschieden. Aber da wiederhole ich mich, das will ich nicht noch einmal sagen. Das lässt man sich auch einiges kosten seitens der TLM, die Erstausstattung so in der Regel eine halbe Million DM und jährlich mit einem Personalkostenzuschuss von 200.000 DM. Ich bin Mitglied des Ausschusses für Programm und Jugendschutz und ständiger Gast auch im OK-Ausschuss und hatte angeregt nach vielen Gesprächen mit den OK-Leuten und gefragt, wieviel benötigt man denn noch für Personalkosten? Da hieß es, man bräuchte noch 50.000 DM mehr, ursprünglich hatten die nur 150.000 DM. Jetzt haben sie diese 50.000 DM ab diesem Jahr auch noch bekommen und so sind es insgesamt 200.000 DM. Damit können sie ganz gut leben. Zu mir haben sie zumindest gesagt, 200.000 DM würden vollkommen ausreichend sein, um alle medienpädagogischen Aufgaben und Aufgaben, die in der Vermittlung von Medienkompetenz liegen, zu realisieren. Das müssen wir sehen. Im gleichen Atemzug hatte ich auch von einer Evaluierung der Offenen Kanäle gesprochen, also Aufgabendefinierung. Das ist noch im Fluss, da muss man sehen.

Zuletzt will ich noch auf ein sehr entscheidendes, schlagkräftiges Instrumentarium hinweisen, nämlich die Mitteldeutsche Medienförderung, die Sie so ein bisschen unter den Tisch fallen lassen haben. Sie ist 1998 auf Initiative der Ministerpräsidenten aller drei mitteldeutschen Länder Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen gegründet worden. Sachsen gibt jährlich 7,5 Mio. DM und Thüringen und Sachsen-Anhalt jeweils 5 Mio. DM hinein. Was wir herausbekommen haben, das sind insgesamt 11,5 Mio.  die haben wir aus dem Topf, in den wir vorher hineingesteckt haben, herausbekommen. Auch mit der Ansiedlung von Produktionsgesellschaften, Sie haben die Zahl genannt, 15 Produktionsgesellschaften, 13 bis 15, ganz genau, sind in der Tat hier angesiedelt worden in den letzten drei, vier Jahren. Wenn man weiß, wie schwierig es ist, im medienwirtschaftlichen Bereich Fuß zu fassen, ist das ein stolzes Ergebnis. Aber es reicht bedauerlicherweise immer noch nicht, an die Zahlen von Sachsen heranzukommen. Aber man muss eben auch wissen, dass es dafür in Sachsen historische Gründe gibt. Sachsen hat eben eine Medientradition, hatte schon in der DDR und natürlich auch davor im Dokumetarfilmbereich eine starke Tradition. Das muss man berücksichtigen. Thüringen hat wirklich bei null angefangen. Diese Geschichte, die jetzt hier in Erfurt

läuft, Stichwort Clusterbildung, dieses Medienzentrum, was gegründet werden soll, das ist der richtige Weg. Wenn Sie den MDR einmal besuchen, wenn Sie den Kinderkanal besuchen, was übrigens kein Geschenk des Himmels ist, wo sich der Ministerpräsident stark gemacht hat auch gegen den SPD-Ministerpräsidenten in Nordrhein-Westfalen, der nämlich auch den Kinderkanal haben wollte, ist das ein gutes, stolzes Ergebnis und nicht nur Glück.

(Beifall Abg. Nitzpon, PDS)

Das ist natürlich auch Arbeit, die dahinter steckt, dass wir den Kinderkanal hier haben. Die Profilierung Kindermedienland, denke ich, ist eine Marktlücke, in die Thüringen hineinstößt und hat gute Chancen, eine Erfolgsgeschichte zu werden. Die MDM fördert ja auch den so genannten Locationguide für Filmproduktionen, eine sehr vernünftige Sache, um Produktionsgesellschaften nach Thüringen zu locken. Im Übrigen habe ich beide Fraktionen in der vorletzten Woche bei dem Medientreffpunkt Mitteldeutschland vermisst, bedauerlicherweise. Da hätten Sie schon aktiv werden können, hätten schon Produktionsgesellschaften nach Thüringen locken können. Ich persönlich habe sehr intensive Gespräche geführt mit einer Produktionsgesellschaft, die eventuell in Erfurt, in Thüringen mit dem ZDF mit Hilfe der MDM eine Serie drehen möchte. Wollen wir mal sehen, was dabei herauskommt. Das würde mich zumindest freuen, wenn sich Frau Dr. Kaschuba auch dafür stark machen und nicht nur mit schlecht recherchierten Anträgen aufwarten würde. In diesem Sinne tun wir gemeinsam etwas dafür und bleiben bei den Fakten. Ich denke, was den Medienstandort Thüringen betrifft, wird es in Zukunft noch einiges zu berichten geben. Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Frau Abgeordnete Kaschuba, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, auch wenn Herr Seela hier arge Nöte hatte zu begreifen, warum man einen solchen Antrag stellt, möchte ich doch noch einmal sagen, dass allein der Bericht des Staatssekretärs aus unserer Sicht gezeigt hat, dass der Antrag richtig war.

(Beifall bei der PDS)

Ich bin auch der Meinung, dass die Landesregierung das, was sie auf dem Gebiet der Entwicklung dieses Medienstandorts Thüringen leistet, zu wenig öffentlich verkauft und wirksam macht und dort liegt meiner Meinung nach ein Problem. Ein solches Ersuchen um Berichterstattung macht doch öffentlich, was hier eigentlich getan wird und wo man vielleicht noch etwas machen müsste. Insofern, denke ich, hat unser Antrag schon einen Sinn gemacht.

Dann möchte ich noch eine weitere Anmerkung machen, warum ich diesen Antrag formuliert habe, er ist ja ein wenig rigide formuliert. Ihr Bericht hat das ja relativiert. Aber Herr Seela kündigt ja häufig Unternehmungen im Bereich der Medienwirtschaft an und er hatte einmal angekündigt, dass es ein Medienzentrum in Jena auf dem Beutenberg geben wird. Ich dachte, ich erfahre heute eventuell eine Auskunft dazu, ob es dieses Medienzentrum geben wird.

(Zwischenruf Abg. Seela, CDU: Zu dem Ort habe ich mich gar nicht geäußert, Jena und Beutenberg.)

Dann möchte ich noch etwas zum 5. Mediensymposium sagen, Herr Seela. Es ist im Vergleich gesagt worden, wenn ich das 5. Mediensymposium 2000 anmerke, heißt das nicht, dass ich das 6. Mediensymposium 2001 vergessen habe. Ich saß mit Ihnen im gleichen Podium. An dieser Stelle möchte ich auch noch eines sagen, jeder erwähnt hier "Küss mich, Frosch" und seine Prämierung, das will ich jetzt hier sagen, an dieser Prämierung bin ich nicht ganz unbeteiligt gewesen. Ich saß in der Jury vom "Goldenen Spatzen". Also nur als Anmerkung.

Nun möchte ich noch einiges sagen, in welche Richtung unsere Anfrage ging. Ich muss sagen, der Staatssekretär hat das weit reichend beantwortet. Also hat auch der Bericht die Zielstellung, die wir damit verfolgt haben, eigentlich recht gut bedient, wenn ich das so sagen darf. Unsere Zielrichtung ging eigentlich dahin, wir wollten gern wissen, wie das Konzept für die wirtschaftliche Entwicklung des Medienstandorts Thüringen ist, in welche Richtung das geht. Es ist hier von meinen Vorrednern bereits gesagt worden, dass Thüringen nicht der traditionelle Medienstandort ist, wie z.B. Berlin, Leipzig oder Halle, sondern dass hier neue Entwicklungen auf den Weg gebracht wurden. Ich denke, insofern ist die Frage schon berechtigt, dass man fragt, wie soll diese wirtschaftliche Ausrichtung denn geschehen, insbesondere, wenn ich davon ausgehe, dass die neuen Bundesländer, was die technischen Voraussetzungen anbelangt, einen deutlichen technologischen Vorsprung haben gegenüber den alten Bundesländern. Da ist es schon interessant, in welche Lücke geht man, will man vor allem sich im Bereich der Digitalisierung auch wirtschaftlich orientieren oder will man das nicht.

Der zweite Punkt war natürlich die inhaltliche Kompetenz dieses Medienstandorts. Sie wissen, dass wir das hier immer wieder thematisieren, das ist die Frage nach der Entwicklung von Medienkompetenz. Dort ist im Bericht des Staatssekretärs einiges gesagt worden, insbesondere auch im schulischen Bereich. Aber an dieser Stelle möchte ich sagen, auch Bezug nehmend auf die Dinge, die wir heute früh diskutiert haben oder die wir einvernehmlich in einem Entschließungsantrag bekundet haben. Ich denke, dass die Entwicklung von Medienkompetenz sehr weit reichend sein muss, dass sie die Nutzer erfassen muss, aber auch die Macher von Medien und dass es nicht sein kann,

dass wir uns dort nur im Bereich des Machens und des Verbietens, sondern auch in dem Bereich des Bewertens bewegen müssen, wie Medien eigentlich aufgenommen werden, erfasst werden. Ich würde diese Frage gern auch unter den Aspekten, die der Herr Staatssekretär hier benannt hat, noch einmal im Ausschuss diskutieren, welches inhaltliche Konzept insgesamt Entwicklung von Medienkompetenz auch in der Bündelung aller Kompetenzen, die wir hier haben, zugrunde liegt.

Dann wurde davon gesprochen, dass es ein umfassendes Entwicklungskonzept für den Medienstandort Thüringen gibt. Es wäre für uns auch sehr interessant zu erfahren - ich denke, auch für die Öffentlichkeit - wie dieses Entwicklungskonzept komplex aussieht und in welche Richtung das geht.

Zum Medienstandort Erfurt, also Medienapplikationszentrum mit dem Applikations- und Gründerzentrum und Kinderkanal. Das ist offensichtlich die Nische, in der man sich noch positionieren kann, ohne in einen Verdrängungswettbewerb zu geraten. Es ist wohl bekannt, dass gerade in diesem so genannten Kindermedienmarkt ein Marktvolumen vorhanden ist, das sich im zwei- und dreistelligen Millionenbereich bewegt, je nachdem, um welche Medien es sich handelt. Es ist aber auch bekannt, dass Kinder in der Regel im Alter von 3 bis 12 Jahren, also das, was durch den Kinderkanal zu produzierten Angeboten wird, nutzen und dass ab 13 Jahren das Nutzungsverhältnis sich schon deutlich unterscheidet. Es werden andere Sendungen gesehen, es werden andere Dinge aufgenommen. Die Frage ist, Herr Ströbel hat es angesprochen, ist an eine Erweiterung des Kinderkanals auch im inhaltlichen Volumen gedacht in Richtung Kinder- und Jugendsender, der Wissen und Bildung vermittelt? Wie sind dort die Verhandlungen bezüglich ARTE fortgeschritten, wie geht das überhaupt zusammen? Das wäre die Frage, die ich an dieser Stelle hätte.

Zum Kinderkanal: Mir ist bekannt, dass dort auch um einen Erlebnispark im Umfeld des Kinderkanals diskutiert wird. Dazu könnten wir auch, wenn es solche Vorstellungen gibt, ein paar Aussagen hören.

Dann möchte ich noch eine Bemerkung machen zum Goldenen Spatzen. Der Goldene Spatz hat mittlerweile eine hohe nationale Anerkennung, aber das eigentliche Problem liegt darin, dass der Goldene Spatz als Festivalstandort von Gera weggehen soll nach Erfurt und der medienpädagogische Teil in Gera sein soll. Soweit ist mir das bekannt. Dort ist die Frage, ist das alles schon in Sack und Tüten oder wird das noch eine Weile diskutiert?

Meine Damen und Herren, auch wenn Sie jetzt schon auf die Uhr sehen und denken, es ist schon ein bisschen spät, ich möchte die Zahlen meiner Vorredner, was die Arbeitsplatzsituation in Thüringen anbelangt, korrigieren. So weit mir es aus den neusten Studien bekannt ist, sind 500 Arbeitsplätze im audiovisuellen Bereich entstanden und

3.000 Arbeitsplätze im Rundfunk-, Fernseh- und Telekommunikationsbereich und 200 kleine Unternehmen in Thüringen arbeiten in diesem Bereich. Das ist für mich ein Ansatz, wo man sagen muss, hier muss man ein tragfähiges Konzept weiterentwickeln.

Ich denke nicht nur, was das Kindermedienland Thüringen anbelangt, dass das nicht nur eine Frage der technologischen Ausstattung ist und der Schaffung von Rahmenbedingungen über ein Applikationszentrum an sich, sondern es ist auch eine Frage der Inhalte. Was will ich denn mit den Medieninhalten machen, welche Medieninhalte möchte ich überhaupt verkaufen? Wir haben an unseren Hochschulen, das ist hier alles schon gesagt worden, technisch sehr gut ausgebildete Leute. Die Umsetzung in Medieninhalte, welche Medieninhalte wollen wir, was wollen wir im DVD-Bereich, was wollen wir bei CDROMs, was wollen wir im Video-Bereich, wollen wir auch Zeitschriften, Bücher in diesem Applikationszentrum produzieren. Was wollen wir dort ansiedeln? Diese Fragen gehören für mich zu einer Konzeption für den Medienstandort Thüringen.

Ich möchte das noch einmal deutlich machen. Sie haben vorhin auch gesagt, Internationalisierung ist ein Punkt. Im Zuge der EU-Osterweiterung werden sich sicher andere Fragen stellen auch zu dem Medienbereich. Kann man vielleicht in Thüringen auch dort etwas leisten, um sich mit der Situation anderer Länder bekannt zu machen? Kann es dort eine Bündelung geben, in einem Sender - ähnlich wie bei ARTE - oder kann man zumindest sich als Land Thüringen daran beteiligen, dort interkulturell vermittelnd wirksam zu sein? Das ist für mich eine weitere Frage.

Was die Kompetenzen der Nutzer von Medien anbelangt, möchte ich Sie abschließend mit einigen wenigen Zahlen konfrontieren. Die Ausstattung mit Fernsehgeräten liegt bei über 100 Prozent. Über 50 Prozent haben ein Zweitgerät. In acht von zehn Haushalten gibt es mehr als zwei Rundfunkgeräte, in vier von fünf - Sie können sich das ruhig anhören - können Sie Videotexte empfangen, 11 Prozent haben DVD-Player, 54 Prozent haben PCs, davon haben 25 Prozent einen Internetzugang. Diese Menschen nehmen alle Medieninhalte auf, im Schnitt jeder Bürger in Deutschland 8,5 Stunden pro Tag und 55 Minuten liest jeder Tageszeitungen. Hier bin ich wieder bei dem Thema der Medienkompetenz und dazu möchte ich gern noch etwas sagen.

Wir haben heute Morgen über Glaubwürdigkeit geredet, Glaubwürdigkeit und Vermittlung von Medien. Bei 65 Prozent ist das Nutzungsmotiv, damit ich mitreden kann; bei 92 Prozent, damit ich informiert bin; bei 26, damit ich mich nicht allein fühle; bei 30 Prozent, weil ich dann den Alltag vergessen kann. Das sind relativ aussagefähige Zahlen, finde ich, und was die Bewertung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks anbelangt, wird ihm hohe Glaubwürdigkeit, Sachlichkeit und Kompetenz zugebilligt. Den Privaten wird zugebilligt, unterhaltend, lockerer, mutig, vielseitig und wesentlich interessantere Gesprächs

themen und besser beim Aufdecken von Ungerechtigkeiten zu sein. Das sind interessante Konstellationen und hinsichtlich des Internets wird in Bezug auf die Zukunftsfähigkeit von den Benutzern eine wirtschaftliche Komponente zugebilligt. Das zeigt ja schon allein, wie viel Medienkompetenz wir eigentlich bei den Nutzern haben. Ich denke, deshalb sollten wir das Thema Medienkompetenz noch einmal aufnehmen. Da Sie alle hier so unruhig sind, will ich Ihnen noch etwas zur Bewertung von Politik durch Mediennutzer sagen. 71 bis 78 Prozent der Nutzer sind der Meinung, Politiker sind nur an sich und ihrer Macht interessiert. 79 bis 81 Prozent sagen, Politiker berücksichtigen zu wenig die Interessen der Menschen. Ich denke, das sollten wir bei der Diskussion um Medienkompetenz auch berücksichtigen. Danke.