Wir führen deshalb nicht mehr die Diskussion zur Frage der Altschulden ja oder nein. Was wir aber immer diskutieren, ist die Frage der Altschulden für den dauerhaft leer stehenden Wohnungsbestand.
Der neue § 6 a des Altschuldenhilfegesetzes hat die gewünschte Wirkung nicht erreicht. Hier sind Nachbesserungen notwendig. Ohne Lösung der Altschuldenfrage für leer stehende Wohnungen wird die Thüringer Wohnungswirtschaft ihren Beitrag zum Stadtumbau und Wohnungsmarktstabilisierung kaum leisten können. Wir haben die Aktivitäten der Landesregierung zur Lösung des Altschuldenproblems vom 10. Oktober 2001 in der Regionalkonferenz der Regierungschefs der Ostthüringer Länder zur Kenntnis genommen und dies auch begrüßt. Doch darf das nicht alles gewesen sein. Es fehlt uns ein öffentliches Bekenntnis der Landesregierung, sich mit allen Möglichkeiten für die Streichung der Altschulden einzusetzen. Wir bedauern die Auffassung der Landesregierung, keine Bürgschaften für existenzbedrohte Wohnungsunternehmen zu übernehmen. Wir halten solche Bürgschaften für geeignet, die Risiken für das Land sind dabei bedeutend geringer als bei Bürgschaften in anderen Wirtschaftsbereichen.
Meine Damen und Herren, zum Thema "Stadtumbau und Baukultur" verweist die Landesregierung in Ihrer Antwort auf die Große Anfrage mehrfach auf ihre Verantwortung für diesen Bereich und die hohe Bedeutung von Architektur und Baukunst im Freistaat Thüringen.
Viele öffentliche Bauvorhaben der Kommunen werden durch Städtebau- und Architekturwettbewerbe vorbereitet. Der "Thüringer Staatspreis für Städtebau und Architektur" sowie weitere Auszeichnungen werden verliehen. Die Landesregierung als öffentlicher Bauherr schreibt für alle bedeutenden Bauvorhaben öffentliche oder beschränkte Architekturwettbewerbe aus, um aus entsprechenden
Varianten die beste Lösung zu ermitteln. Künftig sollen in gemeinsamer Arbeit die Architekturkammer Thüringens, die Ingenieurkammer, der Bund der Architekten und die in diesen Institutionen organisierten Planer, die betroffenen Ministerien und weitere Beteiligte ihre jeweiligen Aktivitäten unter dem Anspruch der Initiative für Architektur und Baukultur organisieren. Alles gut und richtig. Aber wie ist die derzeitige Situation des größten Teils der Thüringer Architekten und Ingenieure? Wir sehen eine allgemeine Strukturkrise in der Bauwirtschaft. Hier komme ich zu dem Beginn meiner Rede zurück. Geringe eigenständige Wirtschaftskraft, der Rückgang privater und öffentlicher Investitionen sowie anhaltender Bevölkerungsrückgang und -abwanderung drücken die Baunachfrage, führen zu erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, auch der Architektur- und Ingenieurbüros. Vielen Büros droht die Schließung und zumindest die Entlassung qualifizierten Personals. Sie hoffen nun auf Planungsaufgaben im Programm "Stadtumbau Ost". Zu Recht, in den nächsten acht Jahren soll ein Fördervolumen von insgesamt 425 Mio. + * Städte- und Wohnungsbauförderung von jährlich ca. 250 Mio. verbaut werden. Auch hier wird die PDS-Fraktion sich mit Ergebnissen auseinander setzen und hier im Landtag auf Entwicklungen aufmerksam machen.
Meine Damen und Herren, der Einstieg in den Stadtumbau hat in Thüringen begonnen, inwieweit die einzelnen Maßnahmen die beabsichtigten Wirkungen erreichen werden, lässt sich heute noch nicht sagen. Vielleicht sind in einem Jahr hierzu konkrete Aussagen möglich. Die Oppositionsfraktionen sind ein Garant dafür, dass sich der Landtag regelmäßig mit den Ergebnissen und Erfahrungen des Stadtumbaus beschäftigen wird. Dabei soll es auch bleiben. Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Heinrich Zille hat einmal gesagt: Man kann mit einer Wohnung einen Menschen genauso töten wie mit einer Axt. Diese Wohnverhältnisse, die Zille damals vor Augen hatte, gehören in Thüringen der Vergangenheit an.
Dies sollte auch Grund sein, einmal von dieser Stelle aus all denjenigen zu danken, die in den vergangenen Jahren dazu beigetragen haben, dass sich die Wohnverhältnisse in Thüringen systematisch verbessert haben.
Aber wir müssen aufpassen, dass das Zille-Zitat nicht in abgewandelter Form uns heute doch noch einholt, nämlich, dass Wohnungsunternehmen von ihren Wohnungsbeständen erschlagen werden. Die Situation auf dem Thüringer Wohnungsmarkt hat sich in den letzten Jahren grundlegend gewandelt. Während 1990 ca. 100.000 Wohnungen in Thüringen fehlten, geht das Thüringer Innenministerium in der Beantwortung unserer Anfrage jetzt von 110.000 leer stehenden Wohnungen aus. Die Gründe für diesen Wandel am Wohnungsmarkt sind vielschichtig. So wurden in den Jahren 1990 bis 2000 insgesamt 115.421 Wohneinheiten neu errichtet, darunter fast 50.000 in Einund Zweifamilienhäusern. Die Anzahl der in diesem Zeitraum neu errichteten Sozialwohnungen, Herr Wetzel hatte es schon genannt, war 10.000.
Das sind noch nicht einmal 10 Prozent des gesamten neu errichteten Bestandes. So weit nur zum CDU-Märchen, das Sie hier immer wieder wiederholen, und Sie werden das auch sicherlich nie mehr sein lassen, dass der soziale Wohnungsbau am jetzigen Überangebot Schuld wäre.
Wenn man den Wohnungsbau der letzten Jahre überhaupt dafür verantwortlich machen wollte, dann müsste man sich schon eher im frei finanzierten Bereich umschauen und dort einiges hinterfragen hinsichtlich der Abschreibungsmodalitäten und der Standortfrage. Aber Fakt ist doch eines, dass nach der Wende verstärkt Wohnungen gebaut werden mussten, weil sonst noch mehr Bürgerinnen und Bürger und vor allen Dingen junge Leute mit Familien Thüringen den Rücken gekehrt hätten und in die alten Bundesländer abgewandert wären. Insofern sollte man das, was nach der Wende an Wohnungen neu gebaut wurde, heute nicht dazu benutzen, um Schuldzuweisungen in irgendeine Richtung zu bringen, sei es in Richtung der Wohnungswirtschaft, sei es in Richtung des Fördermittelgebers. Wir mussten die Wohnungen damals bauen, um die Leute hier im Land zu halten.
Ein weitaus schwierigerer Grund für den Leerstand ist nämlich das Problem der Anwanderung. Zwar hat sich die Zahl der Privathaushalte in Thüringen erhöht, die durchschnittliche Personenzahl pro Haushalt hat sich jedoch verringert. Insbesondere junge Menschen und Familien mit Kindern haben Thüringen den Rücken gekehrt. Fehlende Arbeitsplätze und eine schlechte Bezahlung sind Hauptgründe hierfür. Dies wird auch dadurch belegt, dass in den Regionen mit überdurchschnittlich hoher Arbeitslosigkeit die Leerstände ebenfalls über dem Durchschnitt liegen. Wer will es denn schon einem jungen Menschen ver
Der dritte und schwer wiegendste Grund jedoch ist die Bevölkerungsentwicklung aufgrund des Geburtenrückgangs. Selbst wenn es in den nächsten Jahren gelingen sollte, die Abwanderung einzudämmen - und die gestrige Diskussion hier im Hause zu unserem Antrag zur Eindämmung der Abwanderung macht mich wenig hoffnungsvoll -, dann werden die Bevölkerungszahlen in Thüringen trotzdem weiter rückläufig sein.
Meine Damen und Herren, damit stehen Kommunen, Wohnungswirtschaft und Stadtplaner vor einer schwierigen Aufgabe, Stadtentwicklung unter den Bedingungen weiter rückläufiger Einwohnerzahlen und damit auch sinkender finanzieller Einnahmen zu betreiben. Eine Aufgabe, für die es bislang keine Vorbilder gibt, deren Lösung aber durchaus einmal Vorbildfunktion für die alten Bundesländer haben könnte. Auch dort zeichnen sich, zeitverzögert und regional verschieden, die gleichen Probleme ab. Nach Aussagen des Innenministeriums müssen in den nächsten zehn Jahren jährlich 6.000 Wohnungen in Thüringen abgerissen werden, um den Wohnungsmarkt halbwegs zu stabilisieren. Bei der Dimension dieser Zahlen wundert es allerdings, dass die Datengrundlage dafür so wenig aktuell ist. Belegbare Zahlen über den Leerstand, bezogen auf den gesamten Wohnungsbestand in Thüringen, liegen nicht vor, so heißt es in der Antwort auf unsere Anfrage. Die letztmalig im Rahmen des Mikrozensus vom April 1998 ermittelten Zahlen wurden hochgerechnet. Ob dies für eine genaue Bewertung der Situation, der daraus dem Freistaat erwachsenden Aufgaben ausreicht, ist fraglich. Das Land verlangt vor der Gewährung von Fördermitteln im Bereich Wohnungs- und Städtebau ein Stadtentwicklungskonzept. Dies muss u.a. detailliert das Wohnraumangebot und die Leerstände berücksichtigen und den Beweis erbringen, dass die zu fördernden Maßnahmen sinnvoll und nachhaltig sind. Diese Forderung wird von uns grundsätzlich unterstützt. Aber was man den Kommunen abverlangt, sollte doch auch für das Land gelten. Auf welcher Grundlage basiert der zurzeit in Aufstellung befindliche Landesentwicklungsplan? Doch nicht etwa auf den Zahlen von 1998. Ich denke, dann könnte man sich die Mühe sparen. Um wohnungspolitisch und planerisch sinnvolle Entscheidungen zu treffen, kann man sich nicht nur auf die Zahlen des Verbandes Thüringer Wohnungswirtschaft verlassen. Alle nicht verbandsangehörigen Wohnungsbestände und der Bereich der privaten Vermieter bleiben damit unberücksichtigt. Die Probleme vor Ort bei der Erarbeitung der Stadtentwicklungskonzepte zeigen aber, dass gerade mit den Privatvermietern und den nicht verbandsgebundenen Wohnungsunternehmen die größten Schwierigkeiten bestehen.
Meine Damen und Herren, eine nachhaltige Stadtentwicklung und die dazu nötige Finanzierung kann nur erreicht werden, wenn sich die Beteiligten vor Ort einig sind und Land und Bund diesen Prozess unterstützen. Der Bund ist sich seiner Verantwortung gegenüber den Kommu
nen bewusst geworden und hat mit dem Programm zum Stadtumbau Ost in den Jahren 2002 bis 2009 insgesamt 2,7 Mrd. % +# Das Programm umfasst im Einzelnen ein Zuschussprogramm für Rückbau- und Aufwertungsmaßnahmen, Zuschüsse für die Wohneigentumsbildung in innerstädtischen Altbauquartieren, eine Erhöhung der Investitionszulage in den Innenstädten, die Öffnung des KFW-Wohnraummodernisierungsprogramms 2 für Rückbaumaßnahmen und einen Wettbewerb zur beschleunigten Vorbereitung von Stadtentwicklungskonzepten. Thüringen stehen im Rahmen des Stadtumbauprogramms Ost in den Jahren 2002 bis 2005 jährlich 22,5 Mio. !!,# !!-.+ ca. 16 Mio. /01 #werb "Stadtumbau Ost für lebenswerte Städte und attraktives Wohnen" teil und bekommen die Erarbeitung ihrer Stadtentwicklungskonzepte je nach Einwohnerzahl mit 50 bis zu 125.000
Meine Damen und Herren, die Thüringer Landesregierung hat sich in der Vergangenheit, allen voran der Ministerpräsident, mit weiter gehenden Forderungen an den Bund hervorgetan, sich selbst aber sehr zögerlich bei der Bereitstellung der Mittel zur Kofinanzierung des Stadtumbauprogramms verhalten. Ein Antrag unserer Fraktion, bereits mit dem ersten Nachtragshaushalt die Mittel zur Kofinanzierung bereitzustellen, wurde damals von der Mehrheit des Hauses abgelehnt. Damalige Äußerungen des Finanzministers ließen gar befürchten, dass man das Bundesprogramm nicht umsetzen wollte. Mit dem 2. Nachtragshaushalt erfolgte dann die Bereitstellung der Komplementärmittel. Dafür hat das Land aber bei seinen eigenen Programmen gekürzt. Die im Bund-Länder-Programm eingestellten Mittel für die Modernisierung von Plattenbauten wurden umgeschichtet und auch das Landesprogramm zur Wohnungsmarktstabilisierung und zur Sanierung von Wohnquartieren wurde zur Gegenfinanzierung des Bundesprogramms benutzt. Das Land spart also auf Kosten des Bundes. Inwieweit die mit der Mai-Steuerschätzung erwarteten Mindereinnahmen und die zu erwartende Haushaltssperre, zumindest deutete sich das ja nach einigen Äußerungen so an, dann auch den Stadtumbau betreffen werden, bleibt abzuwarten. Alles in allem tut sich die Landesregierung sehr schwer, wenn es darum geht, den eigenen Anteil bereitzustellen. Das machen auch Absagen an die Forderungen von VTW und GdW deutlich, den Wohnungsunternehmen mit Landesbürgschaften zu helfen. Die SPDFraktion sieht hier durchaus eine Möglichkeit, natürlich nach einer genauen Einzelfallprüfung, zur Liquiditätssicherung von existenzbedrohten Wohnungsunternehmen beizutragen. Stadtumbau kann nur funktionieren, wenn alle Ebenen der Politik ihren Beitrag leisten. Dazu gehört auch die Einordnung der Stadtentwicklungskonzepte und der daraus resultierenden Maßnahmen in den großen Rahmen der Landesplanung. In der Antwort wird darauf verwiesen, dass die Stadtentwicklungskonzepte und die daraus abgeleiteten Maßnahmen die Ziele des Landesentwicklungsplans von 1993 zur Grundlage haben. Dies allein scheint uns etwas wenig, da ja zur gleichen Zeit in der
Staatskanzlei ein neuer Landesentwicklungsplan erarbeitet wird. Nach unserer Auffassung sollte hier eine sehr enge Abstimmung zwischen dem neu zu erstellenden Landesentwicklungsplan und den Maßnahmen des Stadtumbaus erfolgen. Nur so kann letztendlich eine nachhaltige Stadtentwicklung im Kontext mit der weiteren Entwicklung des gesamten Landes erfolgen.
Eine Zielrichtung des Stadtumbauprogramms ist die Stärkung der Innenstädte. Dazu soll die Wohneigentumsbildung in den Altstadtbereichen der Kernstädte und dem denkmalgeschützten Bestand verstärkt gefördert werden. Auch die Thüringer Landesregierung versucht mit ihrer vor einigen Jahren ins Leben gerufenen Innenstadtinitiative eine Stärkung der Innenstädte gegenüber der grünen Wiese zu erreichen. Niedrige Mitleistungsanteile der Kommunen in der Städtebauförderung und eine Konzentration der Fördermittel auf ausgewählte Städte sollen dazu beitragen. Wir unterstützen diese Initiative, wir vermissen aber weitere flankierende Maßnahmen, z.B. bei der Eigenheimförderung. Die SPD-Fraktion hatte bereits vor längerer Zeit beantragt, die Wohneigentumsförderung mehr auf den Bestand und auf Bauplätze in den Innenstädten zu lenken. Diese Forderung möchte ich heute hier erneuern. Eine weitere Förderung von Eigenheimen auf der grünen Wiese und im Umland der Städte konterkariert letztlich die Ziele des Bundes und des Landes zur Stärkung der Innenstädte. Sie verstärkt die Suburbanisierung und führt dazu, dass die mit hohen Fördermitteln gestartete Innenstadtinitiative des Landes ins Leere läuft. In diesem Zusammenhang, Herr Minister, sei auch die Nachfrage gestattet, wie die wesentlich verbesserten Förderkonditionen für die besonderen Gebietskulissen - ich verweise hier auf die Antwort zu Frage 9, Punkt 8 unserer Anfrage - ausgestattet werden sollen. Hier hätten wir gern nähere Auskunft. Vom bewilligten Fördervolumen für Eigenwohnraum des Jahres 2001 entfallen ganze 10,2 Prozent auf Maßnahmen im Innenbereich der Städte und Gemeinden.
Diese Förderpraxis stellt aus unserer Sicht keine Stärkung, sondern eher eine Schwächung der Innenstädte dar. Der Hinweis, man wolle die Funktion der ländlichen Räume bewahren und aufwerten, ist für mich nur eine Ausrede für eine Förderpolitik, die auch ideologisch geprägt ist. Ich könnte Ihnen dutzende Beispiele aufzählen, wo durch das Neubaugeschehen nach der Wende eher dörfliche Strukturen zerstört wurden, anstatt, dass die ländlichen Räume aufgewertet wurden. In wenigen Fällen fand eine Aufwertung vorhandener Wohnsubstanz statt. Oftmals entstand neben dem alten Ortskern ein neuer zweiter Ortsteil ohne soziale Infrastruktur und ohne räumliche Beziehung zum alten Ortskern. Wir brauchen flankierende Maßnahmen zur Innenstadtinitiative, die es ermöglichen, dass junge Familien in den Innenstädten preiswert Wohneigentum erwerben können, sonst wird auch die angestrebte Innenstadtstiftung nicht richtig wirksam werden können.
Meine Damen und Herren, in Richtung Stärkung der Innenstädte zielt auch die von der Bundesregierung ins Leben gerufene Initiative "Architektur und Baukultur". Sie hat damit eine öffentliche Diskussion über die Qualität des Planens und Bauens in Deutschland und die Rolle der Architektur-, Planungs- und Ingenieurleistungen ins Leben gerufen. Die Initiative versteht sich als Anstoß und Plattform für den Dialog und sie ist auf Mitwirkung angelegt. Mit dieser Mitwirkung sieht es aber in Thüringen relativ bescheiden aus. Bislang ist Thüringen nur durch den Leiter der Staatlichen Hochbauabteilung im Thüringer Finanzministerium auf Bundesebene vertreten. Dass die Bauhaus-Universität Weimar sich bislang nicht an dieser Initiative beteiligt, ist eigentlich ein Armutszeugnis für eine Universität mit diesem Anspruch. Auch die FH Erfurt ist bislang nicht Mitglied dieser Initiative. Hier sehen wir brachliegende Potenziale und erwarten, dass die angekündigte Koordinierung der Architekten-, Ingenieurkammer, der Planer und Ministerien sich auch auf die beiden Bildungseinrichtungen ausdehnt. Thüringen hat mit Sicherheit gute Beispiele von Architektur und Baukultur zu bieten, die auch auf Bundesebene Vorbildfunktionen haben könnten. Warum sollen wir uns hier als Thüringer unter Wert verkaufen? Aber auch im Rahmen des Stadtumbaus, gerade wenn es um die Stärkung der Innenstädte geht, gibt es eine Menge Anknüpfungspunkte zur Initiative Baukultur. Das fängt bei der Gestaltung der öffentlichen Räume an. Gerade dem öffentlichen Bauherrn kommt eine große Vorbildwirkung zu. Er muss mit gutem Beispiel vorangehen, wenn auch vom privaten Bauherrn anspruchsvolle Architektur verlangt wird. Die Fragen nach den baulichen Rahmenbedingungen gewinnen für unser kulturelles Leben und die Zukunft unserer Städte immer mehr an Bedeutung. Wir müssen einerseits den kulturhistorisch wertvollen Baubestand schützen, aber andererseits auch neue Architektur zulassen. Die Städte leben vom Wandel und von ihrer Vielfalt. Stadtumbau Ost muss mehr werden als nur die Bekämpfung des Wohnungsleerstands.
Neben den Standorten für Exklusivbauten müssen die Innenstädte vor allem auch Wohnstandorte bleiben. Erst die Bewohner machen die Städte lebendig und prägen ihr Flair. Dies wiederum hat Einfluss auf Handel und Gewerbe, denn Städte mit hoher Lebensqualität ziehen auch Unternehmen an. Wir brauchen vor dem Hintergrund der anstehenden Aufgaben beim Stadtumbau eine öffentliche Diskussion über die Baukultur. Die Landesregierung sollte in Abstimmung mit den Kommunen diesen Diskussionsprozess stärken und befördern und auch in die Veranstaltungen zum Stadtumbau tragen.
Meine Damen und Herren, letztlich hat Baukultur auch etwas mit Qualität und Nachhaltigkeit zu tun. Es ist ein Zeichen von Qualität, wenn Bauwerke entsprechend lange und flexibel und mit geringen Wartungs- und Betriebskosten genutzt werden können. Nachhaltiges Bauen heißt auch ökologisch vertretbare Lösungen anzustreben. Das
Interesse privater Bauherren am ökologischen Bauen ist vorhanden und sollte auch trotz knapper Kassen weiterhin durch das Land unterstützt werden.
Für all diese Aufgaben brauchen wir Planer, Architekten und Ingenieure mit Phantasie und Kreativität, die ihr Handwerk solide beherrschen. Thüringen verfügt über diese klugen Köpfe. Trotzdem besteht gerade beim Staatlichen Hochbau immer noch der Hang zu Büros aus den alten Bundesländern. In den Jahren 1994 bis 2000 wurden Aufträge für ein Bauvolumen von 126 Mio. 2 Büros vergeben, Aufträge für 199 Mio. % anderen, sprich den alten Bundesländern. Das entspricht einem Verhältnis von 39 : 61 und dies kann uns nicht befriedigen, wenn wir bedenken, dass Ende Januar 2002 180 Architekten und 730 Bauingenieure in Thüringen arbeitslos gemeldet waren. Die verstärkte Einbeziehung Thüringer Büros steht also weiterhin als Aufgabe an. Wenn die Landesregierung selbst einschätzt, dass nahezu alle Thüringer Planungsbüros in der Lage sind, die anstehenden Planungsaufgaben zu lösen, dann müssten diese auch in der Lage sein, in künftigen Wettbewerben zu bestehen. Wenn es uns künftig gelingt, mehr Planungsaufträge an Thüringer Büros zu vergeben, dann könnten auch hier Arbeitsplätze neu entstehen und der eine oder andere Absolvent der Bauhaus-Universität müsste nicht in die alten Bundesländer abwandern. Wenn er hier Arbeit hat, dann bezieht er hier auch eine Wohnung, womit ich letztendlich wieder beim Ausgangspunkt meiner Rede bin, nämlich bei der Situation am Wohnungsmarkt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, als Konsequenz auf die Antwort der Landesregierung zu unserer Anfrage ergeben sich für die SPD-Fraktion folgende fünf Schlussfolgerungen bzw. Forderungen:
1. Die Situation auf dem Thüringer Wohnungsmarkt stellt die Thüringer Wohnungswirtschaft vor große Probleme. Wir fordern neben den vorhandenen Programmen die Gewährung von Landesbürgschaften für Wohnungsunternehmen, wenn damit im Einzelfall eine dauerhafte Liquiditätssicherung erreicht werden kann.
2. Um den Stadtumbau nicht nur unter städteplanerischen und regionalen Gesichtspunkten durchzuführen, fordern wir eine enge Verzahnung der geplanten Maßnahmen mit dem zurzeit in Aufstellung befindlichen Landesentwicklungsprogramm.
3. Die SPD-Fraktion unterstützt alle Maßnahmen zur Stärkung der Innenstädte. Wir fordern die Landesregierung auf, die gesamte Förderkulisse im Wohnungs- und Städtebau auf dieses Ziel auszurichten. Die Eigenheimförderung sollte künftig nur noch in den Innenstädten und den Ortskernen erfolgen. Bauvorhaben auf der grünen Wiese dürfen nicht noch durch Fördermittel begünstigt werden.
4. Das Land Thüringen soll sich künftig stärker in die Bundesinitiative zur Architektur und Baukultur einbrin
gen. Die baulichen Maßnahmen im Stadtumbau sind nicht nur aus finanziellen Aspekten, sondern auch im Hinblick auf ihre architektonische Gestaltung und die Qualität der Bauausführung zu beurteilen.
5. Bei öffentlichen oder mit öffentlichen Mitteln geförderten Bauvorhaben sind künftig verstärkt Thüringer Büros in die Planung und Bauleitung einzubeziehen.