Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich werde den Verdacht nicht los, Herr Kollege Schemmel, dass das hier mehr eine Schaufensterveranstaltung von Ihnen ist.
Denn Sie erwecken den Eindruck, als würden wir nicht in einem Land leben, wo Transparenz der Verwaltung schon in hohem Maße gegeben ist. Durch die vielen rechtlichen Möglichkeiten, die die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes haben, sowohl auf Kommunalebene wie auch auf Kreisebene, wie auch auf Landesebene, sind der Beteiligung des Bürgers eigentlich kaum Grenzen gesetzt.
Sie erwecken ja den Eindruck, als würden die Bürger schon heute in Schlangen vorm Rathaus stehen und auf die von Ihnen erwünschte und ersehnte Akteneinsicht warten.
Aber dem ist nicht so, wie viele Veranstaltungen, angefangen von Gemeinderatssitzungen, Kreistagssitzungen und Verbandsversammlungen, zeigen. Dort, wo die Bürger wirklich Präsenz zeigen könnten, haben sie das Bedürfnis nicht, weil sie in der Tat dort Interesse zeigen, wo ihre eigenen Belange berührt sind.
(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Immer, wenn es spannend wird, gilt Vertraulichkeit. Der Bürger muss raus und fühlt sich als Sta- tist.)
Dort aber, wo ihre eigenen Belange berührt sind, meine Damen und Herren, dort sind die Rechte des Bürgers auf Einsicht und auf Transparenz der Verwaltung auch gegeben. Das vergessen Sie hier zu sagen. Insofern, meine Damen und Herren von der SPD, stehen Sie hier mit Ihrem Antrag nicht in der Mitte, sondern Sie stehen im Abseits. Sie sollten das zur Kenntnis nehmen.
Die Bundesregierung hat offensichtlich gemerkt, dass ein solches Gesetz nicht tunlich und nicht tauglich ist. Anders lässt es sich nicht erklären, dass, obwohl im Koalitionsvertrag Rotgrün die Einbringung eines solchen Gesetzes zugesagt war, nach dem 11. September dieses Gesetz wieder in der Schublade verschwunden ist. Sie haben das so einfach hinweggewischt, Herr Kollege Schemmel, unter dem Motto: Wenn dann die Thüringer SPD zu irgendeinem Zeitpunkt vielleicht in die Lage kommt - Sie sind sich da sehr sicher -, einen Koalitionsvertrag mit abzuschließen, als ob dieser Koalitionsvertrag dann ein Mehrgewicht hätte als der Koalitionsvertrag der jetzigen Bundesregierung. Ich glaube, eine solche Vermutung anzustellen, Herr Schemmel, und den Eindruck hier zu erwecken, ist schlicht lächerlich.
Ich will Ihnen auch eins deutlich sagen: Mit den Taschenspielertricks, dass Sie auf die Informationsfreiheitsgesetze andere Länder auch in der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten hinweisen, erwecken Sie den Eindruck, als wäre Ihr Informationsfreiheitsgesetzesvorschlag identisch mit denen. Schauen Sie sich bitte sehr genau an, was in diesen Gesetzen geregelt ist. In der Mehrzahl sind das die Regelungen, die bei uns in den Verwaltungsgesetzen schon den Bürgern eingerichtet worden sind.
Insofern dürfen wir hier nicht Äpfel mit Birnen vergleichen und meinen, wir hätten hier einen riesigen Nachholbedarf.
Nun lassen Sie mich noch ein Letztes sagen. Einfach auch die praktische Durchführung eines solchen Gesetzes ist nicht tauglich. Sowohl die kommunalen Spitzenverbände als auch anderenorts haben darauf deutlich hingewiesen. Mich wundert, dass die Meinung der kommunalen Spitzenverbände, die ansonsten so hoch geschätzt wird, hier in Ihren Ausführungen überhaupt keine Rolle gespielt hat.
Die kommunalen Spitzenverbände vertreten aber die Verwaltung vor Ort, die wissen, was die Bedürfnisse der Bürger sind. Die wissen auch, was für Möglichkeiten gegeben sind bzw. wo noch ein gewisser Nachholbedarf bestünde. Dann können Sie natürlich sagen, das wäre alles Ausrede, dass so ein Informationsfreiheitsgesetz ein Mehr an Verwaltung brächte. Ich will Ihnen sagen, wenn Sie das Normale, nämlich dass die Nichtöffentlichkeit von Verwaltungsvorgängen gegeben ist, umkehren und die Öffentlichkeit von Verwaltungsvorgängen entsprechend voranstellen, dann müssen Sie eine lange Liste von Ausnahmen bekunden. Die fehlt im Übrigen in Ihrem Gesetzentwurf.
Diese lange Liste von Ausnahmebestimmungen würde eben gerade nicht zu einer Entbürokratisierung führen, sondern sie würde zu einem beträchtlichen Mehr an Bürokratie führen.
Sie bräuchten eine Art doppelte Aktenführung bei allen Vorgängen, nämlich eine Aktenführung A - die auch für die Allgemeinheit zugänglich ist, aber die dann auch sehr allgemein gehalten ist und die Einzelheiten, bei denen Rechte Dritter betroffen sind, nicht beinhaltet - und eine Aktenführung B, die eigentlich komplette Aktenführung jetzt, die für die jeweils Betroffenen dann auch relevant wäre.
Das ist kein Quatsch. Sie haben nur keine Ahnung von Verwaltung, wenn Sie so einen Zwischenruf machen.
Insofern weist die Landesregierung noch einmal auf ihr Votum aus der ersten Lesung hin: Wir sind gegen ein solches Gesetz. Herzlichen Dank.
Herr Minister, ich weiß zwar nicht, wer Ihnen die Rede aufgeschrieben hat, aber Sie möchten Ihren Mitarbeiter darauf hinweisen, dass er sich ein bisschen mehr an die Tatsachen zu halten hätte.
Da stimmt vieles einfach nicht. Erst einmal habe ich nicht behauptet, dass sich die Informationsfreiheitsgesetze der USA, Australiens, Ungarns, Tschechiens und unseres gleichen würden.
(Zwischenruf Köckert, Innenminister: Sie erwecken den Eindruck, als wären wir hier ein weißer Fleck.)
Herr Minister, lassen Sie den Abgeordneten reden. Sie können sich dann gegebenenfalls auch noch einmal melden.
Einmal erwecken Sie den Eindruck, als ob ich gesagt hätte, das wäre alles gleich. Das ist es nicht, man muss natürlich das Spezifische sehen. Auf der anderen Seite sagen Sie wieder: Naja, aber die wären ganz unterschiedlich. Dort werden bloß diese Sachen geregelt, die bei uns sowieso schon geregelt sind. Das ist natürlich grundsätzlich falsch. Zum anderen behaupten Sie, es fehle ein Ausschlusskatalog, und dann sagen Sie aber, man müsste dann doppelte Aktenführung machen. Es gibt einen ausführlichen Ausschlusskatalog, den hat vielleicht Ihr Mitarbeiter übersehen. Es gibt alle richtigen und wichtigen Ausschlüsse, die an dieser Stelle gemacht werden müssen. Wir sind bei den Ausschlüssen so weit gegangen, dass wir eigentlich mit vielen, mit denen wir das Gesetz diskutiert haben, über Kreuz lagen, weil sie uns vorgeworfen haben, wir haben viel zu viel Ausschlüsse gemacht und das wäre gar nicht weitgehend genug. Wir haben ein Informationsfreiheitsgesetz gemacht und hier vorgelegt, was restriktiver ist als das in Brandenburg und in Berlin; ich sage das nicht gern. Das ist uns dort vorgeworfen worden, aber wir haben die entsprechenden Ausschlüsse alle getätigt und in dem Moment ist es eigentlich falsch, was Sie hier an dieser Stelle sagen.
Dann möchte ich noch ein Wort sagen, es ist ja absolut nicht bestritten, dass es zu einem Mehraufwand in den Verwaltungen führt. Wie sollte denn das bestritten werden? Aber man muss ja abwägen, was einem in diesem Staat mehr wert ist. Diese Abwägung haben Sie für sich getroffen und wir haben sie für uns getroffen. Dass diese Abwägungen unterschiedlich sind, das wundert mich nicht, wenn ich Ihre und meine Grundhaltung zu Fragen der Demokratie und zu Fragen der Teilhabe der Bürger kenne. Dann verwundern mich diese Unterschiede nicht.
Noch ein Wort zu diesem ominösen Gesetzentwurf des Bundes: Ich meine, selbstverständlich stand das in der Koalitionsvereinbarung und ich hoffe, dass es wieder in der Koalitionsvereinbarung der nächsten Bundesregierung steht.
Das ist doch... Nun lacht einmal alle herzlich - Herr Wunderlich, haben Sie überhaupt einmal in unseren Gesetzentwurf reingesehen? Ich bezweifele es. Das ist doch eigentlich eine Frage, an der man als Regierung nicht zerbricht. Wenn ich jetzt nachschaue, wir haben auch einmal gemeinsam eine Koalitionsvereinbarung gehabt, sehr verehrter Herr Kollege,
da finde ich auch ganz locker ein paar Punkte, die wir damals nicht erledigt haben. Ich kenne die Koalitionsvereinbarung besser als Sie, denn ich habe an der Verhandlung mitgewirkt. Das ist doch kein Beinbruch, dass die Regierung das in dieser Legislaturperiode nicht vorgelegt hat, dass sie es jetzt unmittelbar vor der Wahl vorlegt ist ja Irrsinn. Da käme es nie zu einer sachgerechten Verhandlung. Wir wissen ja, je mehr sich die Wahl nähert, wie sachgerecht da die Verhandlungen werden. Es waren schon wieder Beispiele heute hier im Raum. Also, lassen Sie einmal die Bundesregierung in der nächsten Legislaturperiode das in aller Ruhe vorlegen und im Bundestag in aller Ruhe verabschieden. Haben Sie noch so viel Geduld. Vielleicht wird es dann gleichzeitig mit dem Thüringer Gesetz verabschiedet. Danke.
Ich will nur drei Dinge sagen: Erstens, Herr Schemmel, Sie wollten den Eindruck erwecken, Deutschland und insbesondere Thüringen wäre ein weißer Fleck, was die Beteiligungs- und Informationsrechte der Bürger betrifft. Das ist es nicht, natürlich mit Ihrer Aufzählung der andern Länder, die das alles hätten, dieses Gesetz, und nur der arme Thüringer Bürger, die arme Thüringer Bürgerin könne sich nicht informieren. Das ist nicht der Fall, meine Damen und Herren, darauf muss deutlich hingewiesen werden, das ist eine Schimäre.
Das Zweite: Es ist doch nicht so, dass die Bundesregierung nur mit der Zeit nicht hingekommen ist, der Referentenentwurf liegt doch vor. Aber der Referentenentwurf ist nicht einmal bis ins Kabinett gekommen, meine Damen und Herren. Er ist sehr bewusst nicht vorgelegt worden.