Protokoll der Sitzung vom 22.08.2002

Des Weiteren ist in dem SPD-Entwurf der Freistellungsgrund so vage gehalten, dass quasi jede Weiterbildungsveranstaltung oder Jugendmaßnahme in Betracht käme. Zum Dritten will die SPD einen Entschädigungsanspruch von 60             gruppen mit einem niedrigeren Einkommen gibt, stellt sich hier schon die Frage, ob damit nicht das Ehrenamt zu einem bezahlten Amt wird. Alles in allem ist der Gesetzesvorschlag der SPD unrealistisch, deshalb wird die CDU-Fraktion ihn ebenso, wie bereits im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit geschehen, ablehnen. Der Gesetzentwurf der Landesregierung sieht eine verbindliche Regelung für die Inhaber der Jugendleiter-Card vor. Im Rahmen einer qualifizierten Fortbildung haben sich diese Jugendlichen und jungen Erwachsenen bei Seminaren umfangreiche Kenntnisse im Bereich der Jugendhilfe angeeignet. Es ist richtig, hier besonderes Engagement zu goutieren, indem wir damit auch eine weitere Aufwertung der Jugendleiter-Card erreichen können. Die CDUFraktion hat das In-Kraft-Treten des Gesetzentwurfs der Landesregierung zum jetzigen Zeitpunkt sehr intensiv diskutiert. Angesichts der schwierigen Haushaltslage ist dies legitim, schließlich handelt es sich um ein Leistungsgesetz. Im Ergebnis wollen wir aber das Gesetz in der vom Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit empfohlenen Fassung beschließen. Trotz zunächst unterschiedlicher Auffassung sind wir uns in diesem Punkt einig geworden. Zumindest bei einer Fraktion hier im Thüringer Landtag scheint dieser Prozess noch nicht abgeschlossen zu sein. Zwei der sozialpolitischen Damen der SPD-Fraktion äußerten sich nach der Empfehlung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit in Pressemitteilungen recht unterschiedlich. Frau Kollegin Heß erklärte: Wir sind damit ein wesentliches Stück vorangekommen. Und alles in allem stimme die Richtung. Zeitgleich sprach Frau Kollegin Pelke von beschlossenen Einschränkungen und gar vollmundig von Verlogenheit. Ohne die abschließende Beratung im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit und hier im Plenum abzuwarten, werteten Sie, Frau Kollegin Pelke, in einer weiteren Pressemitteilung eine Beschlussempfehlung im mitberatenden Haushalts- und Finanzausschuss als Indiz

für heuchlerische Sonntagsreden und als Wahlkampfinstrument für den Landtagswahlkampf 2004.

Angesichts der heutigen Beschlussempfehlung kann ich Ihnen nur sagen, da haben Sie den Mund etwas sehr voll genommen, Frau Pelke, und es wäre sinnvoll, dies wieder gerade zu rücken. Andernfalls könnte sich hier der Eindruck verfestigen, Ihnen wäre es vielleicht ganz recht gewesen, wenn dieses Gesetz nicht zum jetzigen Zeitpunkt in Kraft getreten wäre, schließlich hätte man es ja dann im Rahmen des Bundestagswahlkampfs nutzen können.

(Zwischenruf Abg. Pelke, SPD: Ach du meine Güte.)

Die Enquetekommission des Deutschen Bundestages "Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements" hat in den letzten zweieinhalb Jahren mit vielen Experten intensiv beraten und vor einigen Wochen einen Abschlussbericht vorgelegt, der aus elf Büchern mit mehr als 3.500 Seiten bedrucktem Papier besteht. Darin enthalten sind viele vernünftige Vorschläge. Dazu kann man jedoch im Magazin 4/2002 der Arbeiterwohlfahrt, einer Zeitschrift, die nicht im Verdacht steht, der CDU besonders nah zu sein, lesen, ich zitiere: "Deren Richtigkeit erweist sich ohnehin erst im gesellschaftlichen Alltag. Empfehlungen sind keine Beschlüsse und ein kluger Bericht ist noch kein Erfolg in der Sache selbst." Wohl wahr, werte Kolleginnen und Kollegen, dem ist höchstens noch die Bitte hinzuzufügen, werben Sie bitte bei den Bundestagsabgeordneten der SPD - ich glaube, ein Genosse in der Enquetekommission ist sogar aus Gera und derzeit noch amtierendes Mitglied im Bundestag - darum, dass endlich auch auf Bundesebene zählbare Beschlüsse gefasst werden. Da dies aber nun vor dem 22. September nicht mehr in Sicht zu kommen scheint, setze ich eher darauf, dass danach die Union dafür sorgt, dass der Stellenwert des Ehrenamts weiter erhöht wird. Die CDU-Fraktion hat in Thüringen im Mai 2001 einen Antrag zur Stärkung des Ehrenamts eingebracht. Dessen Forderungspunkte sind allesamt auf dem Weg und teilweise schon abschließend umgesetzt. Die Stärkung des Ehrenamts wird auch weiter unser Anliegen bleiben. In den letzten Jahren ist dazu in Thüringen bereits vieles geschehen. Auch der heute zur Beschlussfassung anstehende Gesetzentwurf der Landesregierung ist ein wichtiger Beitrag hierzu. Wir haben diese Gesetzesregelung den ehrenamtlich Tätigen in der Jugendarbeit zugesagt und halten Wort. Ich bitte Sie, namens der CDU Fraktion um Zustimmung zum Dritten Gesetz zur Änderung des Thüringer Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetzes. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Es hat jetzt Frau Abgeordnete Thierbach, PDS-Fraktion, das Wort.

(Zwischenruf Abg. Seela, CDU)

Meine Damen und Herren! Herr Seela, ich liebe zwar Wahlkampf, aber bitte ohne sich persönlich irgendwie ins Kraut zu kommen, weil ich glaube, man steht für Inhalte. Das erwidere ich nur auf Ihren Satz, den Sie mir eben im Vorgehen zugerufen haben. Ich glaube aber, der Gegenstand, der heute und hier zur Debatte steht, ist tatsächlich einer, der im Konsens in der Inhaltsfrage gelöst werden sollte. Ich bin mir bewusst, dass die zwei vorgelegten Gesetzentwürfe, die heute in der zweiten Beratung zur Debatte stehen, unterschiedlich sind. Trotzdem, glaube ich, wird es keinen in diesem Hause geben, der, wenn seine Regelungen nicht als die besseren anerkannt werden, dann womöglich dem Kompromiss, das hoffe ich, etwa nicht zustimmen könnte. Ich möchte diesen Kompromiss darstellen. Seit Jahren - hauptsächlich in der 2. Legislatur hat sich der Landtag immer wieder damit beschäftigt, wie ehrenamtliches Engagement unterstützt werden kann neben den vielen Formen, die auch notwendig sind, der Würdigung. Diese Unterstützung muss messbar sein. Diese Unterstützung muss man auch tatsächlich in Anspruch nehmen können. Dies hatten wir in der 2. Legislatur in der PDS-Fraktion versucht in einem Gesetzentwurf zu regeln. Der ist in der 2. Legislatur dann abgelehnt worden. Das heißt aber nicht, dass man genau an diesen Inhalten nicht weitermachen muss.

Deswegen schon vorab, meine Damen und Herren - wir sind uns bewusst, dass der SPD-Gesetzentwurf, der den gesetzlichen Vorstellungen zur Regelung der Unterstützung ehrenamtlich Tätiger unseren Auffassungen viel näher kommt -, wir werden trotzdem dem CDU-geführten Regierungsentwurf, der heute hier zur zweiten Lesung ansteht, dann auch nach dem Motto "Der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach." zustimmen. Diese Regelung haben wir nun einmal im Vergleich dieser beiden Gesetze. Herr Panse hat einiges zu den Unterschieden dieser Gesetze ausgeführt. Herr Panse, auch wenn Sie jetzt hier oben sitzen, ich glaube nicht, dass der betroffene Personenkreis, der für Weiterbildung in ehrenamtlicher Arbeit freigestellt werden soll, im SPD-Gesetzentwurf ungenau definiert ist. Ungenau ist einfach nicht richtig. Richtig ist, es wäre über diesen Gesetzentwurf ein viel größerer Personenkreis in der Lage, dieses in Anspruch zu nehmen, weil es eben nicht gebunden ist an den Besitz einer Jugendleiter-Card. Die Jugendleiter-Card, Sie haben es gesagt, am Ende des Jahres werden es ca. 3.400 Leute sein. Richtig ist, dass das eben der Spatz in der Hand ist und nicht die Taube auf dem Dach. Aber im Sinne des Ehrenamts würden wir uns wünschen, dass tatsächlich all diejenigen Weiterbildungsfreistellung in Anspruch nehmen können, die Jugendarbeit leisten und nicht die Besitzer einer Jugendleiter-Card sind.

Ein zweites Problem in der Unterschiedlichkeit, warum ich meine, wir können dem Kompromiss zustimmen, aber er erfüllt nicht alle notwendigen Anforderungen. Welche Maßnahmen werden definiert durch die beiden Gesetze, die

man dann, wenn man eine Weiterbildung genehmigt bekommen möchte, überhaupt angeben muss? Da ist eben die Enge beim CDU-regierten Gesetzentwurf, dass es im Prinzip für Fachtagungen von Jugendverbandsarbeit, die im unmittelbaren Zusammenhang mit Jugendleitertätigkeit definiert ist. Jugendleitertätigkeit ist so eng definiert, dass eben darin dann auch diese Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen sehr regressiv sind und abgelehnt werden können, die diesen nicht entsprechen, wenn man eine Weiterbildungsfreistellung beantragt. Warum? Weil nämlich die Definition, wie das im SPD-Gesetzentwurf enthalten ist, auch wieder die breitere ist, nämlich alle Maßnahmen der Jugendarbeit, der Jugendverbandsarbeit. Dort kommt eine Schwerpunktsetzung hinzu, die unserer Meinung nach entschieden besser ist, weil es sich dann auch wieder auf Maßnahmen, die auch Jugendverbandsarbeit oder gar den Jugendsport beinhalten, die letztendlich im CDU-regierten Gesetzentwurf ziemlich eng vorhanden sind.

Ein drittes Problem im Unterschied: Wer kann die Freistellung ablehnen? Diese Freistellung muss man natürlich, wenn man Arbeitnehmer ist, beim Arbeitgeber beantragen, vollkommen richtig, vollkommen logisch. Je enger ich aber den Handlungsspielraum mache, um freigestellt zu werden, umso leichter ist es dem Arbeitgeber auch, dieses abzulehnen. Aber es gibt auch direkt Regelungen, die diese Ablehnung der Freistellung letztendlich bewerten und da ist wieder die Enge - hier ist es umgekehrt -, wenig Gründe zur Ablehnung hat ein Arbeitgeber bei der SPD, aber relativ großzügig beim CDU-Gesetzentwurf. Was mich ein bisschen traurig gemacht hat, ist die Ehrlichkeit, die hat mich einfach traurig gemacht, weil ich gedacht hätte, das wäre nicht das politische Ziel gewesen, wie es die CDU formuliert hat, indem wir eine Synopse zur Verfügung gestellt bekommen haben. Die Freistellung kann vom Arbeitgeber leichter abgelehnt werden. Das steht im CDU-Gesetzentwurf. Die CDU ist sich dessen bewusst. Sie hat also Arbeitgebern bewusst ein Mittel in die Hand gegeben, um leichter abzulehnen und das bei einer Maßnahme, die gesellschaftlich notwendig ist, nämlich Weiterbildungsmaßnahmen für ehrenamtlich Tätige.

Aber ein weiteres Problem in der Enge des Gesetzentwurfs, warum er heute von mir nur als Kompromiss bezeichnet werden kann, wenn der Regierungsentwurf hier angenommen wird, liegt tatsächlich in der Dauer der Freistellung. Man muss sich schon sehr genau auskennen im Ehrenamt, in den verschiedenen Bereichen von LIGA, über Landessportbund, über Jugendbereich bis hin zu Seniorenpolitik. Wenn man sich dort auskennt, merkt man nämlich, dass die Regelung, die im CDU-Gesetzentwurf enthalten ist, letztendlich ziemlich problematisch ist. Es steht dort drin, zehn Tage maximal pro Jahr. Dieses ist eingegrenzt auf maximal drei Veranstaltungen im Jahr. Ehrenamt strukturiert sich aber gerade in der Weiterbildung ganz anders, nämlich dass an verschiedenen Tagen, durch verschiedene Träger, durch verschiedene Angebote diese Weiterbildung schon in der Gesellschaft angeboten wird. Das sind mal vier Stunden,

mal drei Stunden, mal zwei Stunden. Ich gebe zu, eine Freistellung ist für einen Arbeitgeber in dieser Form komplizierter, als wenn er sagt, die drei Tage. Ich sehe bei dem SPD-Gesetzentwurf die Formulierung "zehn Arbeitstage verteilt auf maximal zwei halbe Tage" als eine sehr vernünftige, weil praktikabel in dieser Struktur. Praktikabel natürlich im Erschweren des Arbeitgebers, aber praktikabel durch diejenigen, die ehrenamtlich tätig sind und die eben dort arbeiten.

Ein letztes Problem zu den Finanzen: Die Finanzen, ob nun 60          einfach eine Rechengröße, die am Ende letztendlich eine Entschädigung für Verluste an dem Tag darstellt. Wer unter haushaltsrelevanten Aspekten denkt, überlegt, na gut, wenn man einsteigt, könnten 35      kann man argumentieren. Aber das Problem ist doch letztendlich, dass durch die Höhe der Verdienstausfallentschädigung von 60 !    "    Gesetzentwurf vorschlägt, Herr Panse, kein bezahltes ehrenamtliches Engagement entsteht. Dies haben Sie in Ihrem Gesetzentwurf selbst mit Verdienstausfall beschrieben. Es muss also auch ein tatsächlicher Verdienstausfall da sein. Nun hat keiner in keinem Ausschuss nachgewiesen, dass die 35   # $!  %  auch Verdienstausfall sind. Es ist eine genauso fiktive Summe wie bei der SPD, eine fiktive durchschnittliche Summe von 60   &    !   in Form, was ist nun tatsächlicher Ausfall, sondern hier wird politischer Wille dokumentiert. Will ich in einer durchschnittlichen Größe den Verdienstausfall, wie er einer realitätsnahen Höhe gleichkommt, dann muss ich die 60    '     !  (    nehme deswegen das, was ich als Landeshaushalt leisten kann, dann nehme ich die 35   ( & % ich mir in der Diskussion als unterschiedliche Ansatzpunkte auch in der Öffentlichkeit gewünscht.

Im Bereich dessen, wie nun die Umsetzung des Gesetzes, das wir heute hoffentlich hier verabschieden, geregelt werden soll, hoffe ich - aber das muss ich eben abwarten, weil ich annehme, dass der CDU-Gesetzentwurf heute mehrheitlich beschlossen wird, dort steht "Die Umsetzung wird in Verwaltungsvorschrift geregelt" -, die Verwaltungsvorschrift des Sozialministeriums wird in der Art geregelt, dass dann die praktische Arbeit tatsächlich der Stiftung Ehrenamt übertragen wird. Ich glaube nämlich nicht, dass dieses dann durch Richtlinien in der Art und Weise umgesetzt werden soll, dass, wie in der Kritik an mancher Ehrenamtsrichtlinie, wie z.B. bei 50 PLUS, dann eine Bürokratie aufgebaut werden sollte. Ich glaube, hier wäre ein Element, das tatsächlich der Stiftung sehr schnell übertragen werden sollte und damit natürlich auch die Mittel, um sie entsprechend dem Gesetz dann auch zu verwenden. Ich glaube, das kann dann auch koordiniert werden mit einer Aufgabe der Stiftung, nämlich auch tatsächlich Weiterbildung anzubieten und zu organisieren. Hier wären Mehrfachdopplungen in Bezug auf die Effizienz in diesem Gesetz dann noch da.

Ein letzter Gedanke, der auch in dem Ausschuss letztendlich nicht vollständig untersetzt wurde - ich glaube, das war mein dritter letzter Gedanke, aber aller guten Dinge sind immer drei -, ist die Tatsache der Kostenregelung im Gesetzentwurf der Landesregierung. Unter "D. Kosten" zu dem Gesetz steht: "Die notwendigen Entschädigungen für die Freistellung von Inhabern der Jugendleiter-Card werden auf etwa 175.000 ) %  *   werden durch Umschichtungen im Einzelplan 08 aufgebracht." Unter der gegenwärtigen Haushaltssituation weiß jeder, wie viele Haushaltssperren, wie viele Haushaltsungereimtheiten, wie viel Haushaltsunwissen gegenwärtig auch bei Vereinen, Freiwilligen, ehrenamtlich Tätigen im Bereich der sozialen Projekte, im Bereich familienbegleitender Projekte besteht. Es wäre gut, wenn der Minister hier im Protokoll wiederholen würde, was wir in Gesprächen erfahren haben, dass die Umschichtung - ich bezweifle, dass wir 135.000 +       weil die Umsetzung des Gesetzes, auch wenn es ab morgen in Kraft ist - nämlich die Möglichkeit gar nicht mehr so viele Freistellungen zu erhalten, in sich birgt. Ich wäre aber froh, wenn der Minister heute hier erklären würde, auch noch einmal für das Protokoll, dass die Umschichtung nicht auf Kosten der Jugendpauschale, nicht auf Kosten von Betreuungsvereinen, nicht auf Kosten von Sozialprojekten, nicht auf Kosten von familienbegleitenden Maßnahmen gemacht wird. Warum sage ich das? Weil wir natürlich, Herr Panse hat es auch gesagt, hier ein Leistungsgesetz verabschieden und ein Leistungsgesetz ist eine so genannte freiwillige Aufgabe. Bei aller Enquetekommission des Bundes, die genau diesen Thüringer Weg an dieser Stelle sogar mit artikuliert und sagt, es ist eine moderne Entwicklung, es kann nicht sein, dass wir heute ein Leistungsgesetz verabschieden und genau bei den anderen freiwilligen Leistungen, deren Begründung wir in der Notwendigkeit für dieses Land gesehen haben, dann etwa kürzen. Es muss also dargestellt werden, dass die Umschichtungen im Plan 08 aus Bereichen kommen, die nicht Lebensqualität in Vereinen und Projekten in Inhalten verändert für die, die dort ehrenamtlich sind, um dann womöglich ehrenamtliche Freistellungen für Weiterbildungen zu bezahlen. Die PDS-Fraktion wird, obwohl nicht ausreichend, dem CDU-Gesetzentwurf zustimmen. Eines wissen Sie genau, alle hier im Haus werden nicht verschont sein, weiterhin im Bereich des Ehrenamts rechtliche Regelungen zu erlassen und zu erarbeiten, die dann auch einer tatsächlichen Würdigung und Unterstützung näher kommen. Danke.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort hat jetzt Frau Abgeordnete Pelke, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, werter Herr Panse, ich weiß ja, dass der von uns eingebrachte Gesetzentwurf zur Freistellung für ehrenamtliche Jugendarbeit aufgrund der Mehrheitsverhältnisse hier keine Chance hat. Das ist ja auch in der ganzen Diskussion deutlich geworden. Aber dass Sie sich hier anmaßen, sich hinzustellen und zu sagen, dass dieser Gesetzentwurf nicht genau genug gefasst sei, ist eine Unverschämtheit, denn er ist nämlich sehr genau.

(Beifall bei der SPD)

Er erkennt das Ehrenamt nur in einem sehr viel breiteren Rahmen an, als Sie bereit sind, das Ehrenamt anzuerkennen. Das muss man an dieser Stelle deutlich sagen.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie hier von Wahlkampf und von Schaufensterreden sprechen, dann möchte ich doch noch einmal auf einige Fakten aufmerksam machen. Der Gesetzentwurf der SPDFraktion wurde im Dezember 2001 dem Thüringer Landtag vorgelegt. Die Landesregierung und Ihre Mehrheitsfraktion, Herr Panse, verschleppte danach die Beratung der Vorlage, bis man einen eigenen Gesetzentwurf, das heißt Ihre Regierung, Sie selbst haben ja gar keinen gemacht, bis Ihre Regierung in der Lage war, einen eigenen Gesetzentwurf vorzulegen. Es wurde die Beratung verschleppt bis in den Mai dieses Jahres. Wenn Sie dann sagen, es geht uns um Wahlkampf, dann sage ich Ihnen, da hätten Sie einmal ein bisschen schneller zu Potte kommen müssen.

(Beifall bei der SPD)

Ich behaupte immerhin, dass es uns im Interesse der Thüringer Jugendlichen gelungen ist, diese Landesregierung zum Jagen zu tragen und das ist natürlich immerhin etwas.

(Beifall bei der SPD)

Es sollte auch der Unterschied beider Gesetzentwürfe nicht verschwiegen werden, Frau Thierbach hat dankenswerterweise schon auf eine Reihe von Aspekten hingewiesen. Wir wollten allen im Bereich der Jugendarbeit und der Jugendverbandsarbeit ehrenamtlich und leitend tätigen jungen Menschen einen bis zu 10-tägigen Freistellungsanspruch für ehrenamtliche Tätigkeit, aber auch für Fortund Weiterbildung gewähren. Auch in Form einer Halbtagsregelung, weil wir nämlich nicht vom grünen Tisch entscheiden, sondern weil wir aus der Praxis wissen, dass sehr viele Veranstaltungen, die einen Nachmittag umfassen oder nur an einem Vormittag stattfinden, auch wichtige Weiterbildungsveranstaltungen sind, die jemand, der ehrenamtlich im Jugendbereich tätig ist, auch besuchen können sollte. Die CDU-Landesregierung beschränkt dies ausdrücklich auf die Besitzer der Jugendleiter-Card und auf die Teilnahme an Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen,

die im unmittelbaren Zusammenhang mit dieser Jugendleitertätigkeit stehen. Meine Damen und Herren, aber wer ehrenamtliche Tätigkeit in der Jugendarbeit wirklich fördern will, der kann dies nicht einfach auf Inhaber von Jugendleiter-Cards begrenzen. Wer sich mit dem Thema beschäftigt, weiß, Ehrenamt ist dort einfach mehr. Wer Jugendarbeit und Jugendverbandsarbeit und die dazu notwendigen Bildungsangebote nicht nur als Chance sieht, sondern auch als wesentliche Chance einer außerschulischen demokratischen Jugendbildung versteht, der müsste sich in dieser Situation anders verhalten. Über außerschulische Jugendarbeit, meine Damen und Herren, reden Sie von der CDU ja nach den schlimmen Ereignissen im Gutenberg-Gymnasium auf einmal sehr viel mehr, als Sie vorher bereit waren, an diesem Punkt zuzugestehen.

(Beifall bei der SPD)

Ehrenamtliche Jugendarbeit benötigt junge Menschen, die Demokratie erlebbar gestalten wollen, und wir müssen dafür die Voraussetzungen schaffen. Wenn Sie sich die Aufgabenstellung in § 11 Kinder- und Jugendhilfegesetz ansehen, dann werden Sie feststellen, dort ist mehr verlangt, als dass man sich nur Spiel, Spaß und Spannung widmet. Junge Menschen benötigen Bildungsangebote und benötigen Vorbilder. Das ist ja das, was Sie hier auch immer diskutieren, wenn denn Jugendliche an der Gestaltung einer demokratischen Gesellschaft mitwirken wollen. Deshalb brauchen sie Bildungsangebote, die helfen, Jugendarbeit und Jugendverbandsarbeit so zu gestalten, dass junge Menschen auch bereit sind, Verantwortung für sich und für andere zu übernehmen. Ich weiß gar nicht, warum wir überhaupt darüber diskutieren müssen, dass von Ihrer Seite im Rahmen Ihres Gesetzentwurfs z.B. in Frage gestellt wird, Weiterbildungsveranstaltungen zum Thema gegen Gewalt, gegen Rechtsradikalismus und andere Bildungsveranstaltungen in dieser Richtung wahrzunehmen. Ich halte das für den absolut falschen Weg.

(Beifall bei der SPD)

Die Ergebnisse von PISA und auch zum Teil die Ergebnisse jetzt der neuen Shell-Studie, denke ich, beschreiben ganz genau, dass außerschulische Jugendarbeit ein Baustein für den Bildungsbegriff, den wir geprägt haben, ist und dass wir deshalb auch die Möglichkeit geben müssen, sich in diesem Bereich fortzubilden, teilzuhaben und mitzumachen.

Der dritte wesentliche Unterschied war natürlich die Förderung beim Verdienstausfall. Im Gegensatz zu dem Vorschlag der Landesregierung haben wir eine Erstattung bei Vergütungsausfall in Höhe von 60   tigt, die Landesregierung nur 35  ,  ,    wer ehrenamtliches Engagement will, wer die Bereitschaft will, dass Menschen auch etwas für andere Menschen in dieser Gesellschaft tun, der muss dann auch entsprechendes zur Verfügung stellen. Wer immer nur von Ehrenamt redet, der müsste eigentlich auch sagen, 60   

Ehrenamt wert. Ich wollte Ihnen bei dieser Gelegenheit noch einmal die Unterschiede der beiden Gesetzentwürfe beschreiben und will in diesem Zusammenhang auch noch einmal auf den Ablauf zurückkommen, Herr Panse, den Sie aus meiner Sicht völlig falsch dargestellt haben. Es ist so gewesen, dass dieser Gesetzentwurf von Ihrer Seite hier im Mai vorgelegt worden ist und auf einmal musste alles ganz schnell gehen. Im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit wurde Ihr Antrag behandelt und auch der SPD-Gesetzentwurf wurde besprochen und die Vorschläge der SPD-Fraktion nicht aufgenommen. Es musste alles ganz schnell gehen, denn Ihre Variante war, Sie wollen das jetzt noch in diesem Jahr durchziehen. Ich unterstelle Ihnen keine Wahlkampfaspekte, umgekehrt machen Sie das immer, man könnte darüber nachdenken, aber ich unterstelle es Ihnen einfach nicht. Nachdem die Entscheidung im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit gefallen ist, Herr Panse, dann geben Sie doch auch einmal ehrlich zu, Sie sind doch in Ihrer eigenen Fraktion ein Stückchen gerupft worden oder haben sich vorher mit Ihren haushaltspolitischen Sprechern nicht entsprechend genug abgesprochen. Auf einmal fand dann in der Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses diese schnelle Variante ein Ende und die Finanzpolitiker Ihrer Fraktion haben mehrheitlich gesagt, dieses Gesetz soll nicht sofort, sondern erst im Jahre 2004 umgesetzt werden. Dass wir dann aus unserer Sicht sagen, das ist Heuchelei und das ist verlogen, wie Sie es zitiert haben, das haben wir zu Recht gesagt und dazu stehe ich auch heute.

(Beifall bei der SPD)

Ich glaube, Herr Panse, dass diese öffentliche Kritik der Opposition dazu beigetragen hat, dass Sie dann wieder einen Purzelbaum gemacht haben und in der Sondersitzung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit auf einmal gesagt haben, wir haben es uns doch wieder überlegt, wir wollen, dass unmittelbar und in diesem Jahr dieses Gesetz zum Tragen kommt. Dem haben wir uns natürlich als Opposition nicht verschlossen, weil wir wollen, das ist hier schon deutlich gesagt worden, dass eine Regelung zustande kommt. Ich habe es vorhin schon angesprochen, denn wir wissen ja ganz genau, dass der große Block in der Mitte einem SPD-Gesetzentwurf nicht zustimmen wird, wir selbst aber, weil es uns um die Sache geht, weil es uns um junge Menschen geht und weil es uns um das Ehrenamt geht, werden natürlich dann diesem kleinsten gemeinsamen Nenner, nämlich diesem Regierungsgesetzentwurf, zustimmen. Ich würde mir wünschen, dass Sie anerkennen, dass diese Regelung, die wir denn dann heute beschließen, nicht das ist, was gewollt ist, und nicht das ist, was gebraucht wird, aber dass es durchaus ein Schritt in die richtige Richtung ist. Deshalb lassen Sie mich abschließend sagen: Dieser Gesetzentwurf ist besser als nichts und Thüringen war ja zuvor das einzige Bundesland ohne eine entsprechende Freistellungsregelung.

Dieses Gesetz soll ein Anfang sein, und da Sie ja auch versprochen haben, eine ernsthafte Bildungsdebatte zu

führen, sollten wir in diesem Zusammenhang auch noch weiter über zusätzliche Möglichkeiten und auch den Ausbau, wie ich es vorhin schon sagte, außerschulischer Jugendbildung reden.

Eine letzte Anmerkung, was die Finanzierung angeht: Wir haben immer auch über die Finanzierungsfrage diskutiert, Sie wollen die benötigten Mittel im Haushaltsjahr im Einzelplan 08 umstellen und aus dem Einzelplan dann bereitstellen. Meine Damen und Herren von der Regierungsfraktion, ich darf Sie herzlich bitten bzw. auffordern, Sie wissen ganz genau und Sie legen ja immer Wert darauf, dieses zu sagen, dass die Kassen knapper werden und dass Prioritäten gesetzt werden müssen. Im Einzelplan 08 umzuschichten bedeutet, dem einen etwas zu geben, der es verdient hat und jemand anderem etwas wegzunehmen, der es auch verdient hat. Dieses möchte ich nicht und vielleicht können Sie sich doch durchringen, dass Sie wenigstens in diesem Haushaltsjahr die Lottomittel der Ressorts zur Kostendeckung nehmen, an Stelle weiterzumachen wie bisher und trotz der angespannten Haushaltslage und trotz dramatischer Ereignisse anderen Orts nach Gutsherrenart Lottomittel in diesem Land zu verteilen. Vielleicht könnten Sie darüber nachdenken, damit Sie nicht gerade im Haushaltstitel 08 aus der einen Tasche etwas herausnehmen und in die andere Tasche hineinstecken. Ich denke, im Interesse derer, die von diesem Haushaltsplan profitieren, wäre ein Umdenken in Ihrer Fraktion notwendig. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Es hat sich noch einmal Herr Abgeordneter Panse, CDUFraktion, zu Wort gemeldet.

Frau Kollegin Pelke, da treibt es mich doch schon noch einmal hier vor, weil da ja schon einiges wieder genau so ist, wie Sie es eigentlich nicht tun wollten.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Woher wissen Sie das denn?)

Erstens, Frau Pelke, ich muss mich mit niemandem abstimmen, auch nicht mit den Kollegen im Haushalts- und Finanzausschuss; ich bin im Haushalts- und Finanzausschuss und im Gegensatz zu Ihnen habe ich an beiden Sitzungen teilgenommen, sowohl im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit als auch im Haushalts- und Finanzausschuss. Ich kann mir also durchaus erlauben, hier über Sachen zu sprechen, da ich bei beiden Themen und Beratungen dabei war. Sie waren im Haushalts- und Finanzausschuss nicht dabei, deswegen lassen Sie doch einfach solche Vorwürfe.

Zum Zweiten, Frau Pelke,

(Zwischenruf Abg. Pelke, SPD: Stehen Sie doch einmal dazu, wie entschieden worden ist.)

ich bitte Sie sehr herzlich darum, Sie müssen hier richtig hinhören und richtig zuhören. Ich habe vorhin, als ich hier vom Pult aus gesprochen habe, gesagt, dass der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion angesichts der Haushaltslage unrealistisch ist. Ich habe nicht gesagt, dass er ungenau ist. Er ist unrealistisch, und zwar deswegen, weil der Kreis der Begünstigten nach meinem Dafürhalten in der momentanen Phase viel zu groß gefasst ist. Er ist unrealistisch, weil die Entschädigungshöhe nach meinem Dafürhalten, wie ich es Ihnen vorhin gesagt habe, auch zu hoch gefasst ist und er ist zum Dritten unrealistisch, weil er für eine Vielzahl von Maßnahmen Regelungen vorzieht, die wir uns momentan, in der jetzigen Situation des Freistaats Thüringen nicht leisten können. Herzliche Bitte an Sie, hören Sie das nächste Mal bitte genau hin, bevor Sie hier wieder eine unnötige Polemik am Pult reinbringen.

(Beifall bei der CDU)

Eine Erwiderung durch Frau Abgeordnete Pelke, SPDFraktion.