Protokoll der Sitzung vom 22.08.2002

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank für den Bericht der Landesregierung. Ich frage die Fraktionen, wird Aussprache zum Bericht gewünscht? Alle drei Fraktionen melden sich. Dann wird das auch so von allen drei Fraktionen gewünscht sein. Ich gehe aber davon aus, weil ich das aus der Rednerliste nicht entnehmen kann, dass die Aussprache gemeinsam auch mit den anderen Gesetzentwürfen geführt wird. Gut. Dann rufe ich als ersten Redner den Abgeordneten Ramelow auf.

Werter Herr Ministerpräsident, ich möchte mich bedanken für Ihre sachgerechte Darstellung der Rechtsgrundlagen des Themas über das wir hier zu sprechen haben. Ich gebe Ihnen ausdrücklich Recht, dass es zu der Gesetzesinitiative meiner Fraktion bisher noch keine Initiative in dem hohen Haus gegeben hat. Ich kann Ihnen aber erläutern, wie es dazu gekommen ist, weil ich, ausgehend von der Affäre - der so genannten Honor-Araffäre -, die ich lieber eine Hunzinger-Affäre nennen würde, weil sie ein ganz anderes Feld und viel weiter greift, bombardiert worden bin mit Fragen, wo ich Stellung nehmen sollte zum Thüringer Ministergesetz und ich erst einmal aus dem Bauch heraus geantwortet habe. Aber ich lege auch Wert darauf, dass von meiner Fraktion weder eine Rücktrittsforderung erhoben wurde noch in dem Zusammenhang es reduziert wurde auf die Honorartätigkeit einer Ministerin, sondern, dass offenkundig etwas, was ich zumindest aus meiner Tätigkeit in den Gewerkschaften kannte, nämlich ein klares

Reglement, wie mit Aufsichtsratsvergütungen und mit Honorarvergütungen umzugehen ist, die Schlussfolgerungen für das Thüringer Ministergesetz falsch waren. Bei den Gewerkschaften ist es so, dass jeder, der dort ein Amt innehat und in Funktionen über die Gewerkschaft gebracht wird, dass die daraus resultierenden Aufsichtsratsvergütungen an die "Hans-Böckler-Stiftung" abzuführen sind mit Ausnahme eines Eigenbehalts. Daraus finanzieren die Gewerkschaften ein riesiges Stipendienwerk für Studentinnen und Studenten und ein Forschungswerk, das ich sehr gut finde, weil ich glaube, dass an dieser Stelle der Einsatz von Geldmitteln, die über Mandate, die man als Gewerkschaftsvertreter eingenommen hat, dass diese Gelder dort gut angelegt sind. Ich war der Meinung, dass es im Thüringer Ministergesetz so geregelt sein müsste, wie es auch für Untergebene, nämlich für Beamtinnen und Beamte gilt, nämlich bei Nebentätigkeit eine Nebentätigkeitsgenehmigung. Die muss der oberste Dienstherr, also der Minister, erteilen oder kann sie versagen.

Aus meiner Sicht habe ich mich dann bemüht, eine Kleine Anfrage zu stellen, in der diese Fragen aufgelistet sind. Und dann ist die CDU-Fraktion, vertreten durch Herrn Althaus, mit der Initiative für heute tätig geworden. Das erübrigt im Kern meine Kleine Anfrage, weil wir ja jetzt den Bericht gehört haben, weil ich der Meinung war, dass die Grundlagen zu diskutieren seien. Ich darf also auch danken für die Initiative das hier im Parlament im weitesten Sinne zu erörtern.

Noch eine weitere Bemerkung: Die Vielfliegergeschichten möchte ich überhaupt nicht verschweigen. Wenn Herr Wunderlich also vorhin reinruft: "Herr Gysi", dann sage ich, wenn Herr Gysi der Maßstab wäre, dann weiß ich gar nicht, wer alles noch zurücktreten müsste. Insoweit habe ich den Hinweis eben nicht ganz ernst genommen. Sage aber, Herr Gysi hat Konsequenzen gezogen.

(Zwischenruf Abg. Wackernagel, CDU: Die möchte ich mal sehen,...)

(Heiterkeit bei der CDU)

Ich weiß gar nicht, warum Sie da lachen, Herr Jaschke? Ist Herr Gysi nicht zurückgetreten? Sie möchten, Herr Jaschke, sowieso, dass wir ganz verschwinden. Das weiß ich ja. Aber Herr Gysi hat als Politiker Konsequenzen gezogen, die mehr Anstand aufzeigen wie manch anderer, der sich hier verbreitet. Insoweit sollte man das einfach mal als Fakt nennen.

(Beifall bei der PDS)

Trotzdem sage ich und da möchte ich tatsächlich an der Stelle sagen, auch die Vielfliegeraffäre ist meines Erachtens eine Lufthansa-Affäre. Die Daten, sowohl bei der Hunzinger-Affäre wie auch bei der Lufthansa-Geschichte, sind auch unter Bruch von gesetzlichen Vorschriften in die Welt gesetzt worden und ausschließlich die Kaste der Politi

ker ist an den Pranger gestellt worden. Also die SenatorCard, die hätte ich gern einmal untersucht von allen Besitzern der Senator-Card. Wer da alles geldwerten Vorteil in die Tasche gesteckt hat und wie viele von denjenigen, die mit Fingern ausschließlich auf uns als Politiker zeigen, selber den geldwerten Vorteil eingesteckt haben. Das macht es nicht besser. Deswegen habe ich mit Gysi auch persönlich lange und intensiv gestritten über das was passiert ist.

(Zwischenruf Abg. B. Wolf, CDU: Und er hat gewonnen.)

Das muss Sie doch gar nicht interessieren. Diskutieren Sie das doch mit Ihren Leuten. Weil, interessanterweise ist ja das über die Schwarzen und Gelben überhaupt nicht in der "Bild-Zeitung" veröffentlicht worden. Trotzdem bleibt es bei der Geschichte, dass ich sage: Meine Damen und Herren, die Öffentlichkeit ist hoch sensibilisiert über das, was scheinbar die politischen Vertreter in diesem Land machen. Es wird das Bild der Raffkes bedient. Ich wehre mich dagegen, dass wir einfach dann diese Diskussion ziehen lassen und so tun, als ginge uns das nichts an.

(Unruhe bei der CDU)

Herr Abgeordneter Ramelow, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schwäblein zu?

Das letzte Mal hat er mir eine nicht gestattet, als ich ihm eine stellen wollte. Ich bin Demokrat und gestatte sie ihm.

(Heiterkeit im Hause)

Die Frage, ob Demokrat oder nicht, werde ich dann noch vom Pult aus beantworten. Herr Ramelow, Sie haben eben pauschal behauptet, die Gelben und die Schwarzen seien von der "Bild-Zeitung" geschont worden. Würden Sie mir zustimmen, dass Herr Nooke Mitglied der CDU ist?

Ich kann es nicht ausschließen.

(Heiterkeit im Hause)

Erinnern Sie sich vielleicht, wir können sonst den Pressespiegel noch einmal bemühen, dass Herr Nooke in der "Bild-Zeitung" als einer der Betroffenen der Vielfliegersache erwähnt wurde?

Ja, ich merke, dass Sie gut lesen können. PISA lässt grüßen. Sie sind eben in der DDR ausgebildet worden. Das war noch das DDR-Schulsystem, das Sie genossen haben.

Meine Damen und Herren, genossen ja, von den Genossen genossen. Ich meine, die Finnen haben das Schulsystem gern übernommen und haben zumindest den Teil übernommen, der ihnen wichtig war. Aber das ist ein anderes Thema.

Die Frage, die Herr Althaus aber im Pressegespräch aufgeworfen hat, nämlich, ob die Annahme von Honoraren verboten sei und warum er - also er hat begründet in der LPK, warum die CDU da initiativ geworden ist. Da sage ich, jawohl, ich bin zu der Erkenntnis gekommen, es ist nicht verboten. Das muss man auch sagen und deswegen habe ich Ihnen gedankt, Herr Ministerpräsident, in der Deutlichkeit, wie Sie die Systematik erläutert haben. Die Frage bleibt nur, ob etwas, was nicht verboten ist, deshalb schon erlaubt ist. Das ist für mich die Umkehrung.

(Unruhe und Heiterkeit bei der CDU)

Die Frage will ich einfach aufwerfen. Ich will ein Beispiel sagen. In Europa - ein ganz anderes Thema - ist es völlig klar, dass in anderen Nachbarländern z.B. Pferdefleisch ganz normal verzehrt wird. Es ist weder verboten, es ist nicht ausdrücklich erlaubt, sondern es ist ganz normaler Verzehr. In Deutschland ist es anrüchig.

(Unruhe bei der CDU)

Es ist anrüchig, weil die Kundinnen und Kunden, also anders als in Frankreich - ich weiß ja, dass es gesundheitspolitisch eigentlich viel besser ist -,...

(Unruhe im Hause)

auch Pferde genossen, auch Pferde, klar. Ich will auf etwas anderes hinaus. Das Schlachten, der Verzehr und das In-Umlauf-Bringen von Hundefleisch ist in Deutschland nicht verboten und trotzdem macht es niemand.

(Unruhe im Hause)

Also, jetzt werden hier ausländerfeindliche Witze gemacht, die Chinesen würden das tun. Also, aus der Mitte des hohen Hauses kommt im Moment nur Unsinn. Ich wollte nur ein Beispiel setzen, dass etwas, was nicht verboten ist, damit nicht automatisch erlaubt ist. Von daher ist die Frage, wie bewertet eigentlich Bevölkerung und Öffentlichkeit den Umgang der Dinge, den Menschen, die in der Politik stehen, für sich gelten lassen. Da, Herr Ministerpräsident, habe ich eben die Frage, Sie haben es in einer Bemerkung gesagt, Dinge, die auf das Mandat bezogen sind und Dinge, die nicht auf das Mandat bezogen sind, sondern vorher schon da waren, wie grenzt man das ab?

An welcher Stelle nimmt man dafür Honorar und an welcher Stelle nimmt man dafür kein Honorar? Sie haben für sich persönlich eine moralische Dimension aufgemacht, die Sie sehr ehrt. Sie haben für sich Klarheit geschaffen. Ich denke aber, dass man nach den rechtlichen Erläuterungen, die Sie gegeben haben, auch schauen muss, dass eine besoldete Beschäftigung nicht zulässig ist nach Verfassung. Dann bleibt aber die Frage, wie viel Nebeneinnahmen kann ein Minister haben? Wie summieren sich die Nebeneinnahmen und ab wann gibt es eine Dimension der Einnahme, die genauso hoch ist wie die Einnahme als Minister? Da bleiben 50 Prozent Diäten, Herr Trautvetter, 50 Prozent Diät, weil Sie Abgeordneter sind.

(Zwischenruf Trautvetter, Finanzminister: 35.)

35 Prozent.

(Zwischenruf Trautvetter, Finanzminister)

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Bei Prozen- ten kennt er sich besser aus.)

Ich entschuldige mich für die 50 Prozent und sage 35, finde es aber lächerlich. Ich will darauf hinweisen, wenn man 35 Prozent Diäten bekommt und diese Vergütung und jene Vergütung, ab wann gibt es eigentlich eine Summierung, die die Abgrenzung zu einer besoldeten Tätigkeit nicht mehr klar erkennen lässt, meine Damen und Herren? Diese Frage habe ich bei uns diskutiert und wir sind zu dem Ergebnis gekommen, wir brauchen eine saubere Lösung, unabhängig von dem, Herr Ministerpräsident, was in Berlin dazu entschieden wird. Die Frage steht für Honorareinnahmen einerseits aber auch Aufsichtsratsvergütungen, regelmäßige Vergütungen und Ähnliches. Es gibt mittlerweile ein Verwaltungsgerichtsurteil, das ganz klar sagt, dass Bürgermeister in Ausübung ihres Amtes Aufsichtsratsvergütung aufgrund ihres Amtes, die sie wahrnehmen, nicht für sich behalten dürfen. Das ist in Deutschland als Recht entschieden worden. Wenn das als Maßstab gilt, sollten wir es in der weiteren Diskussion berücksichtigen, wie das mit Vergütungen ist, die man als Minister aufgrund seiner Tätigkeit als Minister bekommt. Ich rede nicht von der Privatsphäre, die ich ausdrücklich nicht angetastet wissen will. Aber die Abgrenzung zwischen öffentlich und privat, die muss definiert werden.

Dann bleibt für mich eine weitere Frage, zu der es gilt auch Antworten zu geben, nämlich, wenn man die Möglichkeiten des Amtes nutzt, um die Honorartätigkeiten zu erfüllen, also den Dienstwagen nutzt, den Fahrer nutzt, das Büro nutzt, den Schreibdienst nutzt, wenn das alles so geschieht, dann ist die Frage, wem steht dann das Honorar zu? Auf dieser Grundlage haben wir uns entschieden, ein Gesetz einzubringen, bei dem wir ein Angebot unterbreiten auch der Mehrheit hier im hohen Hause, nicht nur einfach sich einen Bericht geben zu lassen, sondern zu signalisieren was man ändern möchte. Da unterscheiden wir uns an der Stelle von dem Antrag der SPD

Fraktion. Wir haben die gesamte Breite aller Einnahmen hineingeschrieben, weil wir der Meinung sind, es geht hier nicht um Honorare, auch nicht um drei Honorare, bei dem ich sage, Frau Ministerin, Ihnen unterstelle ich die Absicht nicht, aber Herrn Hunzinger unterstelle ich sie, sich zu überlegen, wann er Sie einlädt als KMK-Mitglied oder aufgrund Ihrer Reputation und dass es einen bestimmten Zusammenhang gibt, den mir Bürger geschildert haben, wie es ihnen vorkommt, wenn ausgerechnet bei Microsoft so ein Vortrag gehalten wird. Dann ist ihr Vortrag trotzdem in Ordnung. Aber die Motivation von Herrn Hunzinger und von Microsoft ist möglicherweise eine andere, wenn gleichzeitig im deutschen Schulsystem gerade neue Software eingeführt wird und man sich erhofft, eine gewisse Reputation bei so einem Prozess zu bekommen, indem man sich Minister und reputierliche Menschen einlädt. Deswegen sage ich ausdrücklich: An der Stelle weiß ich nicht, was der schmierige Herr Hunzinger im Schilde führt, außer dass er...

(Unruhe bei der CDU)

Ich halte ihn für einen schmierigen Herrn Hunzinger. Ich habe ihn kennen gelernt, ich habe ihn live erlebt. Ich habe einen ganz persönlichen Eindruck. Er hat mir kein Geld angeboten. Ich hätte auch gewusst wie ich damit umgehe.

(Heiterkeit bei der CDU)

Ich bin da überhaupt nicht neidisch. Ich bin ja dafür, dass das Geld angenommen wird. Meine Fraktion hat sich bekannt, dass die Honorare angenommen werden. Wir sagen ausdrücklich nicht, dass die Honorare zurückgewiesen werden sollen. Wir sagen, bitte, wenn es denn in das Aufgabenfeld gehört und wenn Honorare angeboten werden, bitte annehmen, aber dann einen sinnvollen Zweck damit erfüllen. Deswegen, meine Damen und Herren, Sie hier in der Mitte sagen das immer im Wahlkampf, wenn es um Rotgrün geht, Rasen für die Rente, Rauchen gegen Terror; wir sagen, Reden für das Ehrenamt. Es ist ein Angebot. Wenn Sie eine bessere Idee haben, überholen Sie uns, wir sind gern bereit.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Ohne Ein- zuholen.)

Die so genannte Spielbankeinnahme für das Ehrenamt, die ist ja wohl eine Nullnummer. Aber eine Ministerin, die hervorragende Vorträge in der Welt hält und dafür Honorare bekommt, wäre eine echte Einnahmequelle für das Ehrenamt. Wenn Sie bessere Ideen haben, lassen wir uns überzeugen. Insofern gebe ich Ihnen Recht, Herr Ministerpräsident, lassen Sie uns in Ruhe darüber weiterreden. Jenseits der individuellen Bedürfnisse, voyeuristisch alle einzelnen Steuerabrechnungen von jedem Politiker auch noch sehen zu wollen, dagegen wehre ich mich auch, weil ich das nicht in Ordnung finde, dass man sich so transparent macht, dass man sagt, auch alles Private gehört auf den Tisch. Ich finde, wir haben alle zusam

men eine Privatsphäre noch verdient. Aber wir sollten auch sauber dafür sorgen, dass zwischen dem Teil, den wir öffentlich wahrnehmen und dem Teil, der privat stattfindet, eine saubere Trennung vollzogen wird. Für diese saubere Trennung werben wir, da haben wir ein Beispiel, einen Vorschlag gemacht. Wenn Sie bessere haben, sind wir gern bereit, uns überzeugen zu lassen. Aber, Herr Ministerpräsident, wir sind nicht bereit zu warten, ob die Bundesregierung das macht, die jetzige, die kommende, wer auch immer. Ich denke, wir sollten hier handeln und die Bürger in Thüringen erwarten von uns eine klare und saubere Abtrennung. Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Herr Abgeordneter Althaus, Sie haben das Wort.