Jetzt tue ich etwas, was ich selten tue, ich zitiere Herrn Ramelow: "Es gilt sogar für Minister, dass es noch eine gewisse Privatsphäre geben muss." Meine Damen und Herren, die Art und Weise wie Frau Schipanski öffentlich inquisitorisch, um nicht zu sagen inkriminierend, zu antworten verpflichtet worden ist, das verbindet sich nicht mit meinem Verständnis von Anstand und Würde einer Person und dem Umgang mit derselben.
Herr Gentzel, ich kann Ihnen nicht ersparen, meiner Ansicht nach hat Herr Scharping eindeutig gegen geltende Gesetze verstoßen.
Ja natürlich, ganz eindeutig. Ich glaube, das ist auch unbestrittene Meinung. Aber die Schwierigkeit im Umgang mit Herrn Scharping habe ich bei Herrn Pidde festgestellt. Ich lese in einer Erklärung von Herrn Pidde wörtlich: "Ich kenne bisher keinen anderen deutschen Politiker, der so intensiv finanzielle Beziehungen zu Moritz Hunzinger gepflegt hat wie Frau Schipanski." Ja sagen Sie, Herr Pidde, kennen Sie Herrn Scharping nicht?
Und was die Bonusmeilen-Affäre betrifft, ich bin zwar in der Tat der Meinung, es war einer Nation mit 82 Mio. Einwohnern nicht würdig, wie lange wir über diese Sache diskutiert haben - das ist auch meine Meinung -, aber in dem fraglichen Bogen wird oben auf einen Paragraphen des Gesetzes verwiesen und unmittelbar unter der Unterschrift: "Ich erkläre hiermit, dass mir die vorgestandenen Kosten anlässlich meiner Mandatsausübung innerhalb des Bundesgebietes entstanden sind. Falls aus diesen Flügen Bonusmeilen entstanden sind, stelle ich sie ausschließlich für Dienst- und Mandatsreisen zur Verfügung." Wer das unterschreibt, meine Damen und Herren, hat sich eben an ein geltendes Gesetz nicht gehalten und ich verwahre mich, die Angriffe gegen Frau Schipanski mit dem, was Herr Scharping und andere getan haben, in einen Topf zu werfen.
Im Übrigen mache ich noch einmal darauf aufmerksam: Bis zur Stunde - das kann man ja ändern - gibt es kein deutsches Parlament, das in irgendeinem erreichbaren Gesetz Honorarannahmen verboten und Berichtspflicht darüber festgelegt hat. Aus diesem Grund wiederhole ich das noch einmal und deswegen weiß ich nicht, warum Sie die politische Bewertung vermissen und nicht wissen, wie es weitergeht, Herr Gentzel. Ich kann Ihnen helfen, ich kann mir vorstellen, wie es weitergeht. Die politische Bewertung ist ganz eindeutig und wie es weitergeht ist auch ganz eindeutig. Es sind zwei Gesetzentwürfe vorgelegt worden, die gehen in die Ausschüsse, nehme ich an. Ich habe erklärt, wenn es gewünscht wird, sind wir bereit, darüber zu sprechen. Allerdings habe ich erklärt, nicht in der hitzigsten Situation vor einer nationalen Wahl, sondern danach in aller Ruhe und Sachlichkeit. Ich bin selbstverständlich bereit, gemeinsam das, was man für notwendig hält, zu tun. So wird es weitergehen und das ist die politische Bewertung.
Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Wir können die Aussprache schließen. Ich komme zunächst zur Feststellung: Gibt es Widerspruch darüber, dass dem Berichtsersuchen Genüge getan wurde? Den gibt es offensichtlich nicht. Dann können wir diesen Teil des Tagesordnungspunkts abschließen.
Wir kommen zur Abstimmung zu den Gesetzentwürfen, zunächst zum Gesetzentwurf der PDS-Fraktion in Drucksache 3/2619. Es ist Ausschussüberweisung beantragt worden, und zwar Überweisung an den Justizausschuss. So stimmen wir das ab. Wer für die Ausschussüberweisung votieren will, den bitte ich um das Handzeichen. Das ist einmütig. Vielen Dank. Die Federführung ist ja, wenn es nur ein Ausschuss ist, natürlich dann automatisch beim Justizausschuss.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der SPD-Fraktion in Drucksache 3/2646. Auch für diesen Gesetzentwurf wurde die Überweisung an den Justizausschuss beantragt. Wer dafür votieren will, den bitte ich um das Handzeichen. Auch das sieht sehr einmütig aus. Vielen Dank. Damit ist die Überweisung beschlossen.
Wir kommen zur ersten Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Herrn Pidde in Drucksache 3/2543. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Auf dem Gelände der ehemaligen WGT-Liegenschaft "Muna" bei Wölfis sollte in den kommenden Jahren ein Kiesabbau erfolgen mit der Zielsetzung, im Anschluss daran eine Wasserfläche zu haben, um die ein Naherholungsgebiet mit Campingplatz entwickelt werden kann. Nach der Renaturierung des ehemaligen Tanklagers sind die Aktivitäten der Landesentwicklungsgesellschaft zum Stillstand gekommen.
1. Will die Landesregierung das geplante Naherholungsgebiet der Gemeinde Wölfis nicht mehr realisieren lassen?
2. In der Planung war vorgesehen, dass die alte Verbindungsstraße Wölfis-Luisenthal nach der Sanierung des alten Tanklagers der öffentlichen Nutzung zugänglich gemacht werden kann. Welche Realisierungsmöglichkeiten gibt es für diese Straße?
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich beantworte die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Herrn Dr. Pidde für die Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Durch die Gemeinde Wölfis wurde im Juni 1999 der Aufstellungsbeschluss zur Erstellung eines BPlanes für ein Sondergebiet, das heißt u.a. mit Ferienhaus und Campingplatzgebiet, Bereich für Sport- und Freizeitanlagen, Baggersee, gefasst. Ein entsprechender B-Plan wurde allerdings noch nicht bei der oberen Landesplanungsbehörde zur Stellungnahme eingereicht, so dass dazu weder eine positive noch negative Aussage seitens der Landesregierung vorliegt. Entgegen der Annahme des Herrn Abgeordneten Dr. Pidde ist nach Aussage der LEG nach wie vor beabsichtigt, ein Naherholungsgebiet auf der ehemaligen WGT-Liegenschaft in der Nähe von Wölfis zu realisieren. Voraussetzung ist jedoch, wie Ihnen bereits zu Ihrer Kleinen Anfrage 3/529 vom Dezember vergangenen Jahres mitgeteilt wurde, die vorherige Rohstoffausbeute.
Die Aussage, die Aktivitäten der LEG seien zum Stillstand gekommen, trifft nicht zu. Nach nochmaliger Abstimmung mit dem Thüringer Landesverwaltungsamt zum beabsichtigten Verfahren wurde durch die LEG am 7. Mai dieses Jahres erneut ein Antrag auf Zulassung einer Abweichung vom Regionalplan für einen möglichen Rohstoffabbau gestellt. Eine Entscheidung - das habe ich nachkontrolliert, Herr Dr. Pidde - steht noch aus. Im Übrigen nehme ich Bezug auf die Beantwortung der Frage 2 Ihrer Kleinen Anfrage 3/584 vom 10.04.2002. Die Schaffung einer Freizeitanlage ist damit vorerst zweitrangig. Des Weiteren ist nach Aussage der für Raumordnung zuständigen Behörde hydrogeologisch auch noch nicht geklärt, ob eine Wasserfläche überhaupt angelegt werden kann.
Zu Frage 2: Bei dieser Verbindungsstraße zwischen Luisenthal und Wölfis handelt es sich um einen landwirtschaftlichen Weg, für den die Gemeinde zuständig ist. Beim zuständigen Straßenbauamt Mittelthüringen liegen keine Anträge auf Förderung bezüglich des Ausbaus dieses Weges vor. Seitens der Straßenbauverwaltung wird auch im Zusammenhang mit der jetzt begonnenen Ortsumgehung Ohrdruf kein Bedarf für eine weitere Verbindung zwischen der B 88 und der B 247 gesehen, so dass auch von dort keine Aktivitäten ausgehen werden. Jedoch haben die Gemeinde Wölfis und die LEG die Wiederherstellung des Weges zwischen der ehemaligen WGT-Liegenschaft und der Ortslage Wölfis miteinander abgestimmt. Die Arbeiten zur Wiederherstellung haben, so ist es mir berichtet worden, bereits begonnen. Nach Abschluss der Arbeiten ist eine Nutzung als Rad- und Wanderweg möglich.
Herr Staatssekretär, meines Erachtens beißt sich die Katze in den Schwanz. Die Landesentwicklungsgesellschaft äußert, dass sie das durchführen will, vom Landesverwaltungsamt wird es blockiert. Dort ist über eine Million bereits verbaut worden, hätte nicht die Landesregierung entsprechende Aktivitäten machen sollen, um es einfach voranzutreiben?
Herr Abgeordneter Dr. Pidde, es ist mir klar, dass Sie ungeduldig sind, aber es sind gewisse Dinge planerisch in der Vorbereitung, zumal hier ein Zielabweichungsverfahren eingeleitet werden muss und das bedarf einer entsprechenden Zeit. Wie gesagt, die LEG, ich habe extra heute noch einmal nachfragen lassen, ist mit dem Landesverwaltungsamt im Gespräch und ich würde Ihnen die Ergebnisse dann mitteilen.
Vielen Dank. Ich sehe keine weiteren Nachfragen. Wir kommen zur Mündlichen Anfrage in Drucksache 3/2566, eine Frage der Frau Abgeordneten Fischer, bitte schön.
Um die ärztliche Versorgung der Bevölkerung in Thüringen vor allem im ambulanten Bereich in Zukunft sicherzustellen, soll an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena ein Lehrstuhl für Allgemeinmedizin eingerichtet werden.
1. Wie weit sind die Vorbereitungen einschließlich der Ausschreibung für das Vorhaben zum gegenwärtigen Zeitpunkt gediehen und wann kann definitiv die Facharztausbildung für Allgemeinmedizin an der FSU beginnen?
2. Welche Merkmale der in Deutschland eingeführten Weiterbildung zum "Facharzt für Allgemeinmedizin" führen zu der Feststellung der EU-Kommission, dass praktischen Ärzten aus anderen EU-Staaten die "automatische Anerkennung als Facharzt für Allgemeinmedizin" verwehrt wird?
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich beantworte die Frage der Abgeordneten Fischer wie folgt:
Sie wissen, Frau Abgeordnete Fischer, dass die Vorbereitungen zur Einführung der Professur für Allgemeinmedizin an der Universität Jena schwierig waren und dass es dort auch natürlich bedurfte abzuklären, wie jemand nicht nur universitär, sondern eben in einer Praxis tätig sein kann. Diese Vorbereitungen sind nahezu abgeschlossen, so dass die Ausschreibung im Wintersemester 2002/2003 erfolgen kann. Das wäre dann auch der Zeitpunkt, wo eine Ausbildung im Fach Allgemeinmedizin stattfinden könnte. Wir haben uns vorhin gerade darüber unterhalten, dass es urlaubsbedingt zu einer Fehlformulierung in Ihrer Anfrage gekommen ist. Selbstverständlich hat die Facharztausbildung für Allgemeinmedizin nichts mit dem Lehrstuhl unmittelbar zu tun, aber da sind wir uns ja facherfahren beide einig.
Zu Frage 2: Rechtlich gesehen gibt es in Deutschland derzeit zwei unterschiedliche Aus- bzw. Weiterbildungsgänge in der Allgemeinmedizin. Die Richtlinie 86/457 des Rates EWG vom 15.09.1986 ermöglicht nach Umsetzung in Landesrecht allen Ärzten aus den Mitgliedstaaten der EU, eine mindestens zweijährige spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin zu erlangen. Mit dem In-KraftTreten dieser Richtlinie haben sich die Länder im Ausbildungsniveau europaweit auf ein Mindestmaß verständigt und diese Ausbildung demzufolge bis zum jetzigen Zeitpunkt gegenseitig anerkannt. Gleichzeitig behielt man jedoch in Deutschland den damals schon etablierten dreibis vierjährigen Weiterbildungsgang zum "Facharzt für Allgemeinmedizin" bei. Die Weiterbildungszeit beträgt nach dem heutigen Recht dafür dann fünf Jahre, so dass wir zwei unterschiedliche Ausbildungszeitpunkte haben. Die Kammer bzw. Heilberufegesetze der Länder sehen sowohl den mindestens zweijährigen Ausbildungsgang "Praktischer Arzt", als auch die fünfjährige Weiterbildung zum "Facharzt für Allgemeinmedizin" vor. Aufgrund des unterschiedlichen Qualifikationsniveaus sind Umfang, Struktur, Inhalt und Dauer der beiden Ausbildungsgänge verständlicherweise nicht vergleichbar. Demzufolge ist bislang auch eine automatische Anerkennung nicht vorgesehen gewesen, also als "Facharzt für Allgemeinmedizin" bei nur einem zweijährigen Ausbildungsgang. Bisher hatte sich die EU-Kommission zu keiner Zeit öffentlich gegen diese zweigleisige Möglichkeit der ärztlichen Ausund Weiterbildung in Deutschland gewandt. Nun gibt es jedoch seitens der EU Überlegungen, gegen die Bundesrepublik Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren vorzubereiten, da ein Nebeneinander von beiden Bezeichnungen nicht zulässig sei. Zumindest sei jedoch geboten, dass praktische Ärzte aus anderen EU-Staaten in Deutschland die höherwertige Bezeichnung "Facharzt für Allgemeinmedizin" anerkannt bekommen. Frau Abgeord
nete Fischer, ich unterstütze dies ausdrücklich nicht. Dennoch, die Lösung dieses Problems ist keine Angelegenheit von Thüringen, sondern wir können uns hier nur beratend einbringen, es ist eine Lösung, die auf Bundesebene mit der EU getroffen werden muss.
Zu Frage 3, ob in Thüringen Ärzte aus anderen Ländern tätig sind: Ja, es sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt 180 ausländische Ärzte in den verschiedenen Fachrichtungen tätig. Ich lasse im Augenblick noch einmal die Differenzierung zwischen ambulant und stationär überprüfen. Diese Zuarbeit ist mir von der KV bzw. von der Landesärztekammer bisher nicht zugegangen. Ich kann Ihnen von den 180 Ärzten nur sagen, dass die meisten im Bereich Innere Medizin, Chirurgie und Gynäkologie tätig sind, Innere Medizin 72, Chirurgie 26, Gynäkologie 19 und Pädiatrie 10 Ärzte. Nach meinem Kenntnisstand, zumindest nach dem Überblick, den ich habe, sind die allerdings vorwiegend im stationären Bereich tätig. Wie gesagt, ich lasse dieses noch in Erfahrung bringen und sage Ihnen die Auflistung zu, denn es sind sehr, sehr viele Länder, aus denen sie kommen und manchmal ist es nur ein Arzt, der aus einem Land kommt.
Gibt es Nachfragen? Danke, Herr Minister. Wir kommen zur nächsten Frage in Drucksache 3/2573. Bitte, Herr Abgeordneter Ramelow.
Nach den Rahmenplänen der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" müssen durch Investitionszuschüsse geförderte Wirtschaftsgüter mindestens drei Jahre, ab Gültigkeitsdatum des 28. Rahmenplans mindestens fünf Jahre nach Abschluss des Investitionsverfahrens in den geförderten Betriebsstätten verbleiben, es sei denn, sie werden durch gleich- oder höherwertige Wirtschaftsgüter ersetzt.
1. Ist der Landesregierung bekannt, in wie vielen Fällen Wirtschaftsgüter aus geförderten Betriebsstätten nach Ablauf der Fristen von drei bzw. fünf Jahren nach Abschluss der Investitionsvorhaben aus den geförderten Betriebsstätten verlagert wurden?
2. Hält die Landesregierung aus Gründen der Arbeitsplatzrelevanz eine Prüfung der Verlagerung von Wirtschaftsgütern aus den geförderten Betriebsstätten ohne Ersatz durch gleich- oder höherwertige Wirtschaftsgüter auch nach Ablauf der Verbleibensfrist von drei bzw. fünf Jahren für geboten?
3. Sieht die Landesregierung die Notwendigkeit, zur Erhaltung von Arbeitsplätzen in Thüringen durch eine Änderung der entsprechenden Regelung in den Rahmenplänen (Förderfähige Kosten) eine Verlagerung von Wirtschaftsgütern ohne Erhalt der gesamten Arbeitsplatzzahl in den geförderten Betriebsstätten nicht zuzulassen?