Protokoll der Sitzung vom 22.08.2002

Pflegeanforderungen bei Apallikern sind? Meine Damen und Herren, wir brauchen mehr qualifiziertes und hoch motiviertes Personal und dazu gehört auch eine ordentliche Bezahlung.

Meine Damen und Herren, ein Problem sehe ich auch darin, dass die Dekubitus-Prohylaxe von den Kassen nicht bezahlt wird, aber die Therapie. Denn eine Matratze gibt es erst dann, wenn der Dekubitus da ist, und wie viel Geld kostet das im Jahr. Für mich ist das paradox.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was ist unbedingt zu tun unserer Meinung nach? Das ist die Überarbeitung der Pflegestufen. Es bedarf mehr Differenzierung nach entsprechenden Bedarfslagen, es bedarf der Verbesserung der Absicherung Demenzkranker, es bedarf der Entwicklung nationaler Pflegestandards, es bedarf der Schaffung eines Personalbemessungsinstruments und es bedarf vor allen Dingen Kontrollen in der Ausbildung der Altenpflege und in den ambulanten und stationären Einrichtungen. Hoffnungsvoll, meine Damen und Herren, stimmt mich ein Pilotprojekt, das Sie sicher kennen, Herr Minister, das sich inzwischen dem Problem des Diabtes mellitus näher zuwendet in diesen Einrichtungen und ich finde, Herr Minister, dieses Projekt verdient es eigentlich, auch eine gewisse finanzielle Unterstützung des Landes zu kriegen.

Frau Abgeordnete Fischer, auch Ihre 5 Minuten sind zu Ende.

Meine Damen und Herren, ein letzter Satz: Ein gesetzlich gewollter Pflegemarkt, und den wollen Sie ja, erfordert auch eine adäquate Qualitätssicherung.

(Beifall bei der PDS)

Es hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Vopel, CDUFraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, nach der Rede von Frau Thierbach hatte ich eigentlich den Eindruck, die Aktuelle Stunde sollte dazu dienen, hier noch mal deutlich zu machen, dass die Thüringer Pflegesituation eben nicht nur geprägt ist von Fehlleistungen und von fehlerhafter Behandlung. Nach dem Vortrag von Frau Dr. Fischer bin ich mir nun doch nicht mehr ganz so sicher. Ich hatte es zumindest so verstanden, Frau Thierbach. Ich sage es noch mal deutlich, die Pflegesituation in Thüringen ist nicht geprägt von Fehlleistungen und fehlerhafter Behandlung. Aber es ist wie im übrigen Leben, nur schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten. Über das, was ordentlich

läuft, wo ordentliche Arbeit gemacht wird, spricht kein Mensch. Die Situation derzeit heißt nämlich auch: Wir haben mehr als 200 vollstationäre Pflegeeinrichtungen mit über 15.000 Betten. Wir haben tausende von Altenpflegerinnen und -pflegern, da sind übrigens viele junge Männer dabei, die eine aufopfernde Tätigkeit ausüben, die oftmals mehr ist als Beruf, sondern wirklich Berufung.

Ich habe vor einigen Tagen erst wieder ein Pflegeheim besucht und ich habe mich mit den Mitarbeitern dort unterhalten, was im Nachgang zu den Ereignissen in Erfurt in diesen Häusern losgewesen ist. Die hatten auch gerade so eine Prüfgruppe im Haus. Ich kann Ihnen sagen, ich finde es schlimm, was da zum Teil über - ich weiß nicht, wer es nun eigentlich so an die Öffentlichkeit getragen hat, ich maße mir auch nicht an, hier in die Erfurter Ereignisse eingreifen zu wollen, aber wie verunsichert die Leute, sowohl das Pflegepersonal als auch die Bewohner dadurch geworden sind.

Die Pflegesituation heißt aber auch, der Bettenbedarf wird steigen,

(Zwischenruf Abg. Zitzmann, CDU: Ja, der steigt auch.)

mit Sicherheit in den nächsten Jahren. Das ist ganz klar der demographischen Entwicklung geschuldet. Die Menschen werden älter, der medizinische Fortschritt macht es möglich, dass man mit 80 oder 82 - in dem Heim, wo ich war, ist der älteste Mann, ich glaube, 96 und die älteste Frau 102 und das Durchschnittsalter liegt weit über 80 Jahre. Das muss man eben auch einmal sagen. Das ist natürlich auch eine unheimlich hohe Anforderung an das Personal. Ich denke, das ist wirklich mehr als nur pflegen, da gehört schon viel Idealismus dazu, sich mit diesen Menschen zu befassen.

Zur Pflegesituation in Thüringen gehört auch, dass mittlerweile die Einrichtungen, die baulichen Hüllen, die Ausstattung ein Niveau erreicht haben, das sich sehen lassen kann. Ich denke, wir haben in Thüringen - und das sage ich wirklich einmal hier - gemeinsam in diesem Haus dafür gekämpft, dass das zügig vorankommt, und das wird auch zügig fortgesetzt werden, auch was die entsprechenden Hilfsmittel in den Einrichtungen anbelangt.

Meine Damen und Herren, es gehört auch dazu, dass Ausund Weiterbildung verstärkt werden müssen. Das ist richtig. Zu einer sachgerechten Pflege gehört ein gut ausgebildetes Personal. Aber ich sage hier auch, zu einer sachgerechten Pflege und zum Umgang mit alten Menschen gehört auch ein Stück menschliche Wärme. Das können Sie in keiner Schule lernen, das können Sie nirgends lernen, das müssen Sie mitbringen und das müssen Sie auch wollen.

(Beifall Abg. Braasch, CDU)

Da kann ich Ihnen Beispiele nennen, da würden Sie sich wundern, wie toll das in manchen Einrichtungen gemacht wird. Eins gehört auch dazu, und das muss sicher noch verstärkt werden, die gesamten Fragen der Dokumentation. Ich glaube, da gibt es noch ein bisschen Nachholbedarf, gerade bei Einrichtungen, wo relative Fluktuation bei den Beschäftigten herrscht. Das ist ein Problem, was mir zumindest ein Leiter einer solchen Einrichtung gesagt hat, da hat er ein bisschen Probleme und das hat natürlich auch etwas mit dem technischen Standard dieser Häuser zu tun, dass das ordentlich gemacht werden kann.

Meine Damen und Herren, all das oder vieles von dem, was ich jetzt gesagt habe, ist eigentlich selbstverständlich und Sie können es im Landespflegeplan nachlesen. Aber ich war, wie gesagt, der Meinung, Frau Thierbach, dass wir das hier noch einmal laut und deutlich sagen, um diesem Negativimage entgegenzuwirken, was sich im Moment so ein Stück breit macht. Ich beziehe das natürlich auch auf die ambulante Versorgung, wir haben mittlerweile ein flächendeckendes Netz an ambulanter Versorgung. Wo wir noch Defizite haben, das ist im Kurzzeitpflegebereich, das ist ganz selbstverständlich, aber wir dürfen uns auch jetzt nicht über Negativmeldungen mehr oder weniger einschüchtern lassen und so tun, als wäre die Pflegesituation in Thüringen katastrophal. Wir dürfen nicht Einzelfälle hochstilisieren lassen und damit einen ganzen Berufsstand in Misskredit bringen. Ich denke, das haben die Leute, die diese schwere Arbeit machen, nicht verdient. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat jetzt für die Landesregierung Herr Minister Dr. Pietzsch.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Thierbach, wenn Sie auch gesagt haben, der Fall des Pflegeheims in Erfurt ist nicht der Grund dieser Aktuellen Stunde gewesen, aber es ist sicherlich durchaus der Auslöser für diese Aktuelle Stunde gewesen, weil uns dieses auch etwas arg erschüttert hat. Anlass dieser Untersuchung war - und das spricht vielleicht auch für die Qualität der Kontrollen, die wir haben, denn dieses Heim hat erst Anfang Mai aufgemacht und am 20. Juni ist bereits die erste Kontrolle gewesen - allerdings ist diese Kontrolle anlassbezogen gewesen aufgrund der Heilmittelverordnung durch die Krankenkassen. Hier stellt sich schon ein Positives, was wir in Thüringen sehr intensiv machen, heraus, wir haben nämlich im Großen gemeinsame Kontrollen vom Medizinischen Dienst der Kassen und der Heimaufsicht. Ich denke, das ist etwas ganz Entscheidendes und, meine Damen und Herren, wenn solche Kontrollen durchgeführt werden und es würde nichts gefunden werden, es gäbe keine Beanstandungen, dann würde ich an den

Kontrollen zweifeln, ob sie anständig durchgeführt worden sind. Das muss man ganz einfach auch zur Kenntnis nehmen.

Meine Damen und Herren, was dieses Heim hier in Erfurt angeht, das Phönix-Heim, was nun in aller Munde gewesen ist oder vielleicht auch noch ist: Zur Ehrenrettung des Trägers möchte ich sagen, ich wäre glücklich gewesen, wenn bei den Beanstandungen und den Auflagen, die wir bei Heimen in Thüringen im vergangenen Jahr vornehmen mussten, so viel Verständnis, so viel Entgegenkommen und so viel Einsicht gewesen wäre, wie bei diesem Heim. Ich bin felsenfest überzeugt, dass binnen kürzester Zeit die Missstände, die wir dort angetroffen haben, von dem Heimträger beseitigt werden und dieses Heim dann auch wieder belegt werden kann. Sie wissen, das Gericht hat in seiner Abwägung schließlich gesagt, dass die Schließung der zu harte Akt von uns gewesen ist und nicht vom Gericht mitgetragen werden kann. Meine Damen und Herren, das Gericht mag dieses so feststellen, ich rechne es meinen Mitarbeitern zum Vorteil an, dass sie konsequent gehandelt haben im Interesse der Pflegebedürftigen. Ich darf hier etwas sagen, was ich auch an anderer Stelle gesagt habe: Ich glaube, so viel wie in den letzten Wochen sind die Heimleiter lange nicht gerudert und gewirbelt aufgrund dieser Situation.

Nun, meine Damen und Herren, Frau Vopel hatte es auch schon gesagt, ich dachte, es würde eine relativ sachliche Diskussion geben. Frau Fischer, es hat mich ein bisschen enttäuscht, was Sie hier so losgelassen haben. Da war wirklich ein Großteil Verunsicherung der Bürger in Thüringen dabei und ich bitte doch, nicht so im Nebel zu lassen, "das ist die Spitze des Eisbergs" und "was ich gehört habe von Gesundheitsämtern", von da und da. Frau Fischer, Sie haben vielleicht missverstanden, dass der Ausschuss Vertraulichkeit über seine Sitzung vereinbart hat. Es wäre Ihnen möglich gewesen, im Anschluss an die Beratung zu den Alten- und Pflegeheimen zu mir zu kommen und zu sagen, da und dort gibt es Probleme. Sie sollten eigentlich wissen, dass ich der Letzte wäre, der solche Mitteilungen nicht ernst nehmen würde. Die Aussagen zum Altenpflegegesetz und zu dem Bildungsprogramm, die Sie hier gebracht haben, halte ich für etwas abenteuerlich. Sollte es ein Bildungsprogramm für 36 Stunden geben, was ich nicht ausschließen kann - aber, meine Damen und Herren, die Berufe in der Altenpflege sind im Altenpflegegesetz exakt definiert und es ist auch exakt definiert, wie lange die Ausbildung zu dauern hat und es ist exakt definiert, wie viel Fachpfleger vor Ort sein müssen, nämlich mindestens 50 Prozent müssen Altenpfleger sein und diese 50 Prozent werden in den Thüringer Altenpflegeheimen erreicht,

(Zwischenruf Abg. Dr. Fischer, PDS: Noch.)

in der Regel werden sie sogar überschritten.

Meine Damen und Herren, was die Heimaufsicht angeht: Die Heimaufsicht unseres Freistaats hat im vergangenen

Jahr 2001 bei 354 Vor-Ort-Terminen in den 190 Heimen die Einhaltung des Heimgesetzes und die sachgerechte Pflege und Betreuung der Heimbewohner überprüft. Ganz grob über den Daumen heißt das mit anderen Worten, dass eigentlich jedes Heim zweimal im Jahr untersucht worden ist. Ich habe vorhin schon gesagt, es würde mich wundern, wenn dabei nicht Beanstandungen auffallen würden. Diese Mängel, die aber beanstandet worden sind, bezogen sich auf Pflegemanagement, Pflegedokumentation oder Pflegeplanung, und sind dann rasch abgestellt worden.

Ich kann sagen, die Qualität unserer Heime hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich verbessert. Und ich darf noch einmal darauf hinweisen, mehr als 50 Prozent hätten eigentlich 1990 abgerissen werden müssen bei der Qualität, die die Alten- und Pflegeheime in der ehemaligen DDR hatten. Wenn wir nach dem Pflegeversicherungsgesetz und ich sage dies ausdrücklich, dass uns Norbert Blüm da unterstützt hat - nach Artikel 52 im Jahr 2005 von den etwa 15.000 Pflegeplätzen 12.000 bis 12.500 grundlegend saniert oder neu gebaut haben werden, dann ist das innerhalb einer kurzen Zeit eine riesige Kraftanstrengung des Bundes und auch des Landes gewesen. Natürlich bleiben wir nicht im Jahr 2005 stehen. Wir werden ein solches Programm nicht weiter haben. Und, Frau Thierbach, die Hoffnung, dass eventuell der Bund dann ein Programm nicht mehr für die neuen Bundesländer, sondern für die ganze Bundesrepublik auflegt, das

(Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Das wäre etwas Schickes!)

- ja, schick mag es ja sein, schick ist eine ganze Menge ist Illusion, daran zu glauben. Wir müssen also sehen, wie wir die Finanzierung nachher fortführen. Wir müssen die noch nicht sanierten Heime und Pflegeplätze sanieren und wir werden - und da spielt die demographische Entwicklung natürlich eine Rolle - uns auch darüber Gedanken machen müssen, wie wir weitere etwa 3.000 Pflegeplätze bis zum Jahr 2010 schaffen müssen.

Es wurde auch das Fachpersonal angesprochen. Meine Damen und Herren, ich stehe nach wie vor dazu, dass ich gesagt habe, wenn ein Teil der Träger nicht bereit ist, seine Umlage zu zahlen, das Land kann diese Finanzierung nicht ständig übernehmen. Ich bitte, manchmal fängt das falsche Denken ja bei der Wortwahl und der Sprache an, wenn davon gesprochen wird, dass die Ausbildung über eine Umlage finanziert werden soll. Die Ausbildung wird nicht über eine Umlage finanziert, die Ausbildung wird vom Land finanziert oder aber von der Bundesanstalt für Arbeit, wenn es um eine Zweitausbildung geht. Es geht um eine Ausbildungsvergütungsumlage. Und wenn ich es richtig sehe, dann ist damit zu rechnen, dass vielleicht das Gericht entscheiden wird, dass diese Vergütungsumlage, die wir in Thüringen hatten, rechtens ist. Ich hoffe, dass dann neue Offenheit bei den Trägern für diese freiwillige Vereinbarung besteht, die ich mit den Trägern immer besprochen habe und von der ich hoffe, dass sie doch in der Perspektive

dann umgesetzt werden kann.

Meine Damen und Herren, trotz aller Herausforderungen, die sich immer wieder stellen, bin ich zuversichtlich, dass wir die Qualität der Pflege in Thüringen auch in der Zukunft garantieren. Wir haben moderne, sanierte Heime, wir haben motivierte Pflegekräfte, denen ich von dieser Stelle ganz herzlich Dank sagen möchte,

(Beifall bei der CDU)

und Dank sagen möchte nicht nur für die letzten 12 Jahre, sondern besonders Dank sagen möchte für die Jahre vorher, als sie sich nämlich trotz miesester äußerer Bedingungen für ihre Alten und Pflegebedürftigen eingesetzt haben. Ich darf auch sagen, wir haben eine Heimaufsicht, die funktioniert. Denn auch darauf muss hingewiesen werden, es waren nicht Beschwerden von Angehörigen, die dazu geführt haben, dass wir die Fehler aufgedeckt haben, sondern es waren sozusagen mehr oder minder Routineuntersuchungen. Das ist ein Beweis dafür, dass die Heimaufsicht und der Medizinische Dienst der Kassen in Thüringen funktionieren.

Zu den Berichten, die von verschiedener Seite gefordert worden sind, werden wir noch im Rahmen eines Antrags zu sprechen haben. Recht herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Ich schließe damit den zweiten Teil der Aktuellen Stunde. Wir kommen zurück zur laufenden Tagesordnung.

Ich darf aufrufen den Tagesordnungspunkt 8

Zweites Gesetz zur Änderung des Thüringer Juristenausbildungsgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/2577 ERSTE BERATUNG

Es wird Begründung durch den Einreicher gewünscht. Herr Minister Dr. Birkmann, bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, der Ihnen heute vorgelegte Gesetzentwurf ist der erste Schritt zur Umsetzung des Bundesgesetzes zur Reform der Juristenausbildung in das Thüringer Landesrecht. Daran anschließen wird sich die mühevolle Detailarbeit der Änderungen der Thüringer Juristenausbildungsund -prüfungsordnung. Mir ist sehr daran gelegen, dass diese Änderungen in Thüringen im breiten Dialog mit allen Betroffenen und ohne unnötige Hektik erarbeitet werden.

Das wird durch die frühzeitige Vorlage dieses Gesetzentwurfs ermöglicht.

Vorab möchte ich Ihnen zum besseren Verständnis des heute eingebrachten Gesetzes die wichtigsten Punkte des Bundesgesetzes zur Reform der Juristenausbildung vortragen. Die Diskussion zu dem Bundesgesetz hat weit mehr als sechs Jahre gedauert. Der erste formale Beschluss zu einer solchen Initiative ging von der Justizministerkonferenz der Länder im Frühjahr 1996 aus. Es war dann zunächst beabsichtigt, die bisherige zweistufige Juristenausbildung, wie wir sie übrigens in Deutschland seit dem Jahr 1748 kennen, durch eine einstufige Juristenausbildung abzulösen. Glücklicherweise konnte das verhindert werden, denn die vorgeschlagene einstufige Juristenausbildung mit einer unausgereiften Praxiskomponente hätte im Ergebnis bei dem breiten Stoffangebot zu einem nicht vertretbaren Verlust der wissenschaftlichen Qualität der Juristenausbildung geführt.

Das nunmehr auf Bundesebene schließlich doch noch im breiten Konsens verabschiedete Reformvorhaben, auf das unser Gesetz Bezug nimmt, sieht folgende Eckpunkte vor:

Die bisherige erste Staatsprüfung wird ersetzt durch eine erste Prüfung, die sich aus einer universitären Schwerpunktbereichsprüfung und einer staatlichen Pflichtfachprüfung zusammensetzt. Der Anteil der universitären Schwerpunktbereichsprüfung an der Gesamtnote beträgt 30 Prozent. Er liegt damit über den 25 Prozent, die an sich von den Justizministern in der Justizministerkonferenz als gerade noch vertretbar angesehen worden war. Die Bundesregierung hat jedoch im Verfahren kurzfristig sogar einen Wert von 50 Prozent ins Gespräch gebracht. Dass dies bei einer Prüfung, die eine allgemeine Befähigung vermitteln soll, unvertretbar war, dürfte einsichtig sein.

Die zweite wesentliche Änderung ist die Aufnahme von Schlüsselqualifikationen in die Ausbildung. Es genügt heute nicht mehr, ein guter juristischer Fachmann bzw. Fachfrau zu sein. Wie auf vielen anderen Gebieten muss die Juristin, der Jurist der heutigen Zeit Kenntnisse und Fertigkeiten mitbringen in Verhandlungsmanagement, Rhetorik, Fremdsprachen, Umgang mit Informationstechnik und vieles andere mehr. Ich nenne hier nur das Stichwort "Mediation", das heißt, die außergerichtliche Streitschlichtung, ein Begriff, der zu meiner Studienzeit noch völlig unbekannt war, jetzt aber immer mehr zu einem wichtigen Aufgabenfeld insbesondere der Rechtsanwälte geworden ist. Im juristischen Vorbereitungsdienst, also der zweiten Stufe der juristischen Ausbildung, muss die Rechtsanwaltstation mindestens neun Monate betragen. Diese Regelung ist sozusagen im letzten Augenblick als Kompromiss eingebracht und durchgesetzt worden. Sie will damit dem Umstand Rechnung tragen, dass der größte Teil aller Juristen später den Beruf des Rechtsanwalts ergreift, zum Teil mangels Auswahl ergreifen muss.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden nunmehr die gesetzlichen Grundlagen geschaffen, um die bundesrechtlichen Neuerungen in das Landesrecht umsetzen zu können. Die Details werden dann erst in der auf diesem Gesetz aufbauenden Juristenausbildungsprüfungsordnung geregelt werden. Voraussetzung ist jedoch die vorherige Anpassung des Thüringer Juristenausbildungsgesetzes, das die Ermächtigungsgrundlage für die Änderungen der genannten Rechtsverordnung schafft.

Die wichtigsten Änderungen in Kürze: