Ein weiterer Bereich, in dem sich die Landesregierung stark engagiert, ist die Förderung von Existenzgründungen. Mit der vom Bund prämierten Initiative "GET UP" verfügen wir über ein ausgezeichnetes Instrumentarium, um Unternehmensgründern auf dem Gebiet von wissensbasierten und technologieorientierten Existenzgründungen in ihrer sehr schwierigen Startphase zu helfen. Mit diesem Netzwerk haben wir aber zugleich eine innovative Gründeratmosphäre an den Hochschulen erzeugt, in der sich die Studierenden vom Pioniergeist und vom Gedanken des freien Unternehmertums anstecken lassen können. Es wurden im Rahmen von "GET UP" bisher mehr als 250 Gründungsprojekte betreut. Aus denen sind 106 Unternehmensgründungen mit 570 Arbeitsplätzen hervorgegangen.
Das sind Software-Unternehmen, moderne TechnologieUnternehmen, wie Phaidros lambda technologies oder unique-mode. Das sind innovative Unternehmen mit ganz neuen Leistungsprofilen, die Thüringen in Zukunft hier charakterisieren werden. Allein in de Region Jena wurden in den letzten fünf Jahren 31 Unternehmen mit Bio-Instrumente-Profil gegründet. Damit sind 350 neue Arbeitsplätze verbunden. Das zeigt, Wissenschaft schafft Arbeitsplätze.
Hier möchte ich auch noch die Studie der Universität Regensburg zum Gründungsklima an deutschen Hochschulen zitieren. Nach dieser Studie liegt die Technische Universität Ilmenau in der Gesamtwertung auf einem sehr guten siebenten Platz unter den 78 untersuchten Universitäten. Seit 1998 erfolgten dort 34 Unternehmensgründungen, 21 sind in Vorbereitung. Das ist eine Bilanz unserer Gründungspolitik, meine Damen und Herren Abgeordneten.
Aber wir alle wissen, nicht nur Produkte unterliegen einem intensiven Wettbewerb, sondern auch Ideen. Thüringen hat die Zahl der Patentanmeldungen im vergangenen Jahr stetig steigern können. Mit 33 Anmeldungen pro
100.000 Einwohner nimmt der Freistaat unter den neuen Bundesländern unangefochten den ersten Platz ein.
Diese Patentanmeldungen stammen zu einem erheblichen Teil aus den Thüringer Hochschulen und aus den Forschungseinrichtungen. Damit diese beachtliche Entwicklung fortgesetzt werden kann, müssen gute Forschungsergebnisse weiterhin effektiv geschützt werden. Dazu wird die Etablierung eines Netzwerkes zur Patentierung und Verwertung von Schutzrechten von uns in Thüringen nachhaltig unterstützt. Das wird in den nächsten Jahren etabliert und ausgebaut. Wir haben auch maßgeblich daran mitgewirkt, dass im Februar dieses Jahres eine Novellierung des Erfinderrechts an den deutschen Hochschulen erfolgt ist. Jetzt haben die Hochschulen die Möglichkeit, eine aktive Schutzrechtspolitik zu gestalten, ihre Zusammenarbeit mit der Wirtschaft auf diesem Gebiet zu professionalisieren und auch langfristig eigene Einnahmen aus der Vergabe von Lizenzen und Patentverkäufen zu erwirtschaften - ein Weg in der Deregulierung in unserem Lande. Ich bin mir sicher, diese Initiativen werden sich in den nächsten Jahren positiv nicht nur auf die wissenschaftliche, insbesondere auf die wirtschaftliche Entwicklung Thüringens auswirken.
Meine Damen und Herren Abgeordneten, wir haben in den vergangenen Jahren für unser Land Thüringen Beachtliches erreicht. Thüringen - die starke Mitte Deutschlands ist ein leistungsfähiges Wissenschaftsland mit internationaler Ausstrahlungskraft geworden. Das ist die unbestreitbare Bilanz. Diese Bilanz macht es möglich, den Blick mit Zuversicht nach vorn zu richten. Ich will abschließend unsere Zielsetzung und Schwerpunkte für die Zukunft charakterisieren.
Zum Ersten: Wir wollen den Hochschulen Planungssicherheit geben. Die Landesregierung wird mit den Hochschulen einen Zukunftspakt abschließen. In diesem Vertrag wird die Finanzierung in den Kernkapiteln der Hochschulen bis zum Jahre 2006 festgeschrieben. Meine Damen und Herren, das ist eine enorme Kraftanstrengung angesichts unserer dramatischen Haushaltssituation mit Besorgnis erregenden Steuerausfällen. Die katastrophal verringerten Einnahmen haben wir der Politik und der Gesetzgebung der rotgrünen Bundesregierung zu verdanken.
Die Hochschulen bekommen mehr interne Handlungsspielräume durch Flexibilität im Haushaltsvollzug. Das Land zieht sich aus der Detailsteuerung zurück. Die Hochschulen erhalten so ganz neue Möglichkeiten, aber sie erhalten auch mehr Verantwortung.
Drittens: Wir wollen mehr Wettbewerb für unsere Hochschulen. Deshalb haben wir ein Modell erarbeitet, nach dem ein Teil der Finanzierungsmittel nach Leistungskriterien vergeben wird. Hierzu werden wir mit den Hochschulen entsprechende Zielvereinbarungen abschließen. Das Leitbild für den Hochschulpakt ist ein partnerschaftliches Zusammenwirken von Hochschulen und Landesregierung. Meine Damen und Herren Abgeordneten, das ist eine neue Qualität der Hochschulpolitik, getragen von gegenseitigem Respekt, Vertrauen und Verantwortung.
Wir werden viertens das Thüringer Hochschulgesetz novellieren. Damit schaffen wir für die Hochschulen auch neue Möglichkeiten, sich im Bereich der Weiterbildung zu engagieren. In Zukunft werden die Hochschulen für ihre Weiterbildungsangebote Einnahmen erzielen und eigenständig für ihre eigene Weiterentwicklung verwenden können. Ich bin mir sicher, dass sich durch diesen Anreiz das Angebot der Hochschulen an wissenschaftlicher und berufsbezogener Weiterbildung in den nächsten Jahren erhöhen wird. Es wird damit zugleich der gestiegenen Bedeutung der Weiterbildung im Kontext des lebensbegleitenden Lernens Rechnung getragen und besonders wichtig, es wird die Mitwirkung der Wirtschaft gesichert.
Wir werden fünftens den Campus Thüringen kontinuierlich fortentwickeln. Bis zum Jahr 2008 sollen 30.800 flächenbezogene Studienplätze errichtet sein. Das bedeutet die kontinuierliche Fortsetzung des Hochschulbauprogramms, das bedeutet die weitere Verbesserung der Grundausstattung unserer Universitäten und Fachhochschulen. Wir erhöhen damit die Attraktivität des Wissenschaftscampus Thüringen für Studenten und Wissenschaftler aus aller Welt.
Als Sechstes haben wir uns vorgenommen, das Studienangebot durch weitere zukunftsorientierte, interdisziplinäre Angebote zu vervollständigen. Wir werden gemeinsam mit den Hochschulen dafür sorgen, dass die Qualität der Lehre gesichert bleibt und neue Studiengänge den hohen Anforderungen nationaler und internationaler Akkreditierungsagenturen entsprechen.
Meine Damen und Herren Abgeordneten, ein wichtiger Markstein ist die Integration der Katholischen Theologischen Fakultät in die Universität Erfurt.
Die Verhandlungen mit dem Heiligen Stuhl stehen kurz vor dem Abschluss. Damit erfolgt die Abrundung des Profils der geisteswissenschaftlichen Universität Erfurt. Durch diese Vertiefung wird die Universität der Landeshauptstadt weitere wichtige Beiträge zum kulturellen und intellektuellen Dialog in unserem Land leisten können. Zugleich ist dies auch eine Anerkennung für die Arbeit der Universität und für die Arbeit des Landes. Erfurt wird der einzige Standort einer Katholischen Theologischen Fakultät in den neuen Ländern und Berlin sein. Dass die Sicherung dieses Standorts möglich wurde, betrachte ich als einen ganz besonderen Erfolg für unser Land.
Meine Damen und Herren, wir werden eine Kommission einsetzen, die in nächster Zeit die gesamte Thüringer Forschungs- und Hochschullandschaft einschließlich der wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen bewertet. Sie wird uns noch in dieser Legislaturperiode Vorschläge für die Weiterentwicklung des Wissenschaftscampus Thüringen unterbreiten. Namhafte Vertreter aus Wissenschaft und Wirtschaft Deutschlands werden hier ihre Vorstellungen einbringen. Der Ausbau der Berufsakademie Thüringen wird zielstrebig fortgesetzt. Bei weiterer Erhöhung der Studentenzahlen werden wir die Studienakademien an den Standorten Gera und Eisenach verselbständigen. Die Kontakte zu den klein- und mittelständischen Betrieben des Landes werden erweitert und verstärkt. Ein neues Berufsakademiegesetz ermöglicht nach Bedarf die Einrichtung von Außenstellen.
Meine Damen und Herren, wir wollen die außeruniversitäre Forschung auf allen Gebieten weiterentwickeln. Ein Schwerpunkt wird sein, die Fraunhofer Arbeitsgruppe für elektronische Medientechnologie unter Leitung von Professor Brandenburg, dem Träger des Zukunftspreises des Bundespräsidenten, in ein selbständiges Institut der Fraunhofer Gesellschaft zu überführen. Es werden weiterhin die Bauvorhaben für außeruniversitäre Institute auf dem Beutenberg-Campus in Jena und auf dem Hans-Stamm-Campus der TU Ilmenau zügig fortgesetzt. Wir wollen die Bildung von Kompetenzclustern und -netzwerken forcieren. Ziel unserer Politik ist die Vernetzung von Hochschulen, außeruniversitären und wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen mit den klein- und mittelständischen Betrieben und der Großindustrie. Wir werden den Dialog zwischen Wissenschaft und Wirtschaft verstärken. Dadurch entsteht ein hohes Innovationspotenzial für die Schaffung von neuen dauerhaften Arbeitsplätzen. Das wird erfolgen in den ausgewählten, für Thüringen typischen Technologiefeldern.
Meine Damen und Herren Abgeordneten, der Wissenschaftsstandort Thüringen ist für die Zukunft gut gerüstet. Wir haben gemeinsam bereits eine Menge erreicht. Un
sere Hochschulen und Institute nehmen einen geachteten Platz in der internationalen Wissenschaftlergemeinschaft ein. Sie haben sich als geistig-kulturelle Zentren in unserem Land profiliert. Ebenso sind sie gefragte Partner der Wirtschaft und Motoren unseres technologischen Aufschwungs. Thüringen ist ein Land mit einer großen geistigen und kulturellen Tradition. Wir nehmen diese Tradition auf und bereichern sie durch neue naturwissenschaftliche, technische, ökonomische und geistige Erkenntnisse. Wir werden den Weg zielstrebig fortsetzen zum Wohle unseres Landes und zum Wohle der Menschen, die hier leben. Thüringen baut darauf: Wissen schafft Zukunft.
Wir kommen jetzt zur Aussprache über die eben gehörte Regierungserklärung. Als Erste hat das Wort Frau Dr. Kaschuba, PDS-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Frau Ministerin hat uns heute Morgen die Erfolge und Projekte der Universitäten, Hochschulen und Forschungseinrichtungen beschrieben und verbale Ausblicke in die Zukunft vorgestellt. Wir alle wissen, dass Thüringen auf diesem Gebiet viel erreicht hat. Wir haben es mehrfach hier im Plenum diskutiert. Trotzdem muss ich sagen, wäre eine kritische und analytische Rede zur Situation in diesem Bereich angemessener gewesen als diese durchgängige Positivdarstellung und es hätte sicher allen auch mehr genützt.
Die schillernde Überschrift Ihrer ersten Regierungserklärung heißt "Thüringen - Campus für Wissenschaft und Innovation". Sie korrespondiert mit den Titeln: Denkfabrik, Campus Thüringen, virtueller Campus, der Aussage über die Leuchttürme. Wenn Sie gut zugehört haben, haben Sie heute Morgen fast ausschließlich immer wieder das Wort "Jena" gehört.
Aber eins muss ich sagen, die Orientierung beim Wissenschaftsstandort Thüringen kann sich wohl nicht nur auf diese Leuchttürme beschränken.
Wenn ich mir ansehe, wie die Aussagen der Ministerin, die wohl sicher nicht zufällig mit Herrn Trautvetters Verlautbarungen korrespondieren, dass im Ansatz des nächsten Doppelhaushalts im Wesentlichen nicht im Hochschulbereich und Forschungsbereich gespart wird, finde ich das erst einmal positiv. Aber "im Wesentlichen" ist schon eine Einschränkung und heißt im Wesentlichen eventuell, dass die nächste Haushaltssperre, der nächste Nachtragshaushalt, diese Ankündigung wieder ad absurdum führt. Die Erfahrungen der letzten Jahre lehren das.
Ein Thüringer Rektor sagte: "Nicht die Hochschulen, sondern die Zuständigen und vor allem die Finanzministerien erweisen sich zunehmend als Bremser und reformresistent." All das, was das Thüringer Hochschulgesetz zulässt Autonomie der Hochschulen, Flexibilisierung der Mittel - fegt in der Regel das Finanzministerium von Herrn Trautvetter mit Haushaltssperren und Mittelkürzungen vom Tisch, wenn es so weit ist.