Protokoll der Sitzung vom 23.08.2002

Zu Frage 2: Es ist nicht die Absicht des Berichts, Einfluss auf die Haushaltsberatungen zu nehmen. Ein Bericht ist eine wertfreie wissenschaftliche Darstellung der sozialen Situation in Thüringen. In einer freiheitlichen Gesellschaft kann jeder Bürger diese Daten zur Kenntnis nehmen, sie persönlich bewerten und dieses Material nutzen, so wie er dies für richtig hält.

Zu Frage 3: Wenn der Bericht fertig ist, wird er dem Thüringer Landtag zugeleitet. Er wird als Broschüre und im Internet veröffentlicht. Jeder interessierte Bürger, alle Verbände und darüber hinaus der gesamte Landtag sind eingeladen, darüber zu diskutieren.

Es gibt eine Nachfrage. Frau Abgeordnete Thierbach.

Herr Staatssekretär, ich kann mir vorstellen, dass es nervt, dass wir so penetrant nachfragen, das akzeptiere ich auch. Ich glaube aber, die Fragen sollte man trotzdem ernsthaft prüfen und dann nicht einfach von vor acht Monaten, nämlich aus dem Dezember, etwas wiederholen, was in Frage 1 nicht steht. Ich bin der Meinung, Sie sollten uns konkret antworten, wie und wen

(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU: Frage!)

- wie und wen sind doch wohl Fragewörter - Sie in die Diskussion einbeziehen wollen und wie - in der Frage 3 die Diskussion gestaltet werden soll. Und eine zweite Frage gleich noch: Akzeptieren Sie, dass Abgeordnete aus einem Sozialbericht, der ein statistisches wissenschaftliches Werk ist, neutral erstellt ist, politische Handlungen ableiten und deswegen vor der Haushaltsdiskussion diesen auch brauchen?

Frau Abgeordnete Thierbach, ich beantworte Ihre Fragen sehr gern, ich habe sie aber auch schon bereits beantwortet. Ich habe ganz klar gesagt, dass dieser Bericht, wenn er fertig gestellt wird, diskutiert werden kann. Er wird nicht diskutiert, bevor er fertig gestellt wird.

Und die zweite Frage, die Sie gestellt haben, beantworte ich auch wie folgt: Natürlich ist es ein Sozialbericht der Landesregierung, ich habe das sehr deutlich gesagt; die wird sich mit diesem Berichtsergebnis auseinander setzen, also mit dem Berichtsergebnis des wissenschaftlichen Instituts, und dann als Sozialbericht sich zu Eigen machen. Damit ist ganz klar, dass damit auch dann verbunden sind Handlungsempfehlungen an die Politik aus der Sicht der Landesregierung, die werden in diesem Sozialbericht dargestellt werden.

Ich möchte noch hinzufügen, Frau Abgeordnete Thierbach, dass es sich nicht um eine rein statistische Erhebung handelt, sondern um einen Bericht mit sehr vielen konkreten Aussagen.

Ich rufe als Nächstes die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Ramelow in der Drucksache 3/2630 auf.

Kontakte von CDU-Mitgliedern zu rechtsextremistischen Strukturen

In der Sendung des NDR "Panorama" am 6. Juni 2002 wurde über Kontakte mit und Mitgliedschaften in rechtsextremistischen Organisationen von CDU-Mitgliedern berichtet. Beispielhaft wurden die "Gesellschaft für freie Publizistik (GfP)" als "bedeutendste rechtsextremistische Kulturvereinigung", der "Grabert-Verlag" sowie die rechtsextremistische Burschenschaft "Danubia" genannt. Zu den CDU-Mitgliedern, deren Kontakte zu rechtsextremistischen Organisationen und Gruppen nachgewiesen wurden, zählen unter anderem ein langjähriger Referent in der Bundeszentrale für politische Bildung und des Bundesinnenministeriums sowie ein Bundestagsabgeordneter der CDU. Der Sprecher der rechtsextremistischen Burschenschaft "Danubia" sagte auf dem diesjährigen Burschenschaftstag in Eisenach (Thür.) zu Journalisten: "Es ist halt so, dass zahlreiche Mitglieder der Aktivitas - der alten Herren ohnehin - Mitglieder von CDU und CSU sind oder Junge Union der CSU. Und das sind vor allem auch diejenigen, die in den letzten Jahren für die politische Arbeit meines Bundes, die eine sehr ausgeprägte politische Arbeit ist, also immer wieder interessante Vorträge verantwortlich sind." (Originalzitat)

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zur Zusammenarbeit rechtsextremistischer Organisationen und Gruppierungen mit Funktionsträgern der CDU und der Landesregierung vor und in welcher Form unterstützen CDU und Landesregierung derartige Organisationen?

2. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über Publikationstätigkeiten in rechtsextremistischen Verlagen und Periodika von Mitgliedern der Thüringer Landesregierung vor?

3. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zum Zusammenwirken mit Funktionsträgern der CDU und der Thüringer Landesregierung zur rechtsextremistischen Burschenschaft "Danubia" vor, insbesondere vor dem Hintergrund des jährlich in Eisenach von der "Deutschen Burschenschaft" DB organisierten Burschenschaftstags?

4. Wie bewertet die Landesregierung die hier dargestellten Erkenntnisse vor dem Hintergrund des Beschlusses des Thüringer Landtags (Drucksache 3/627), in dem es heißt: "Dem extremistischen Gedankengut muss aber mit aller Entschiedenheit entgegengetreten werden. Konzepte zur Vermeidung von Extremismus, Antisemitismus, Frem

denfeindlichkeit und Gewalt, konsequentes staatliches Handeln und die Zivilcourage aller Demokraten sind notwendig. Die Aktivitäten extremistischer Gruppierungen müssen aufmerksam beobachtet und neue Entwicklungen erkannt werden."?

Für die Landesregierung antwortet Minister Köckert.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, für die Landesregierung beantworte ich Ihre Fragen, Herr Ramelow, wie folgt:

Zu Frage 1: Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung liegen der Landesregierung nicht vor. Weder unterstützt die Landesregierung derartige Organisationen und Gruppierungen, noch arbeitet sie mit ihnen zusammen.

Zu Frage 2: Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor.

Zu Frage 3: Ein Zusammenwirken von Funktionsträgern der Thüringer CDU mit der Burschenschaft "Danubia" ist der Landesregierung nicht bekannt. Es gibt auch kein Zusammenwirken zwischen der Landesregierung und der Burschenschaft "Danubia".

Zu Frage 4: Die Landesregierung begrüßt den Beschluss des Thüringer Landtags, der vor dem Hintergrund des Brandanschlags auf die Synagoge in Erfurt gefasst wurde. Eine weiter gehende Bewertung erübrigt sich nach den vorangegangenen Antworten.

(Beifall Abg. T. Kretschmer, CDU)

Mit dieser Antwort schließe ich die Fragestunde. Wir haben übrigens alle Fragen abgearbeitet in dieser zweiten Fragestunde.

Ich rufe nun auf den Tagesordnungspunkt 12

Tourismusförderung in Thüringen Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 3/2496

Die Landesregierung hat angezeigt, dass sie die Möglichkeit des Sofortberichts nutzt. Herr Minister Schuster, bitte.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, der Tourismus ist in Thüringen ein Wirtschaftszweig, der sich bereits gut entwickelt hat und der weiter entwicklungs

fähig ist. Seit 1992 sind unsere Gäste- und Übernachtungszahlen um ca. 70 Prozent gewachsen. Gegenwärtig gibt es allerdings einen negativen Trend. Im ersten Halbjahr 2002 mussten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum Rückgänge in einer Größenordnung von 5,5 Prozent bei den Gästeankünften und von 5,8 Prozent bei den Übernachtungen realisiert werden. Es stellt sich somit die Frage, worauf diese Rückgänge zurückzuführen sind. Es stellt sich die Frage, ob dies auf eine Veränderung der Nachfrage zurückzuführen ist oder auf ein unzureichendes Angebot.

Lassen Sie mich zunächst zur Nachfrage darstellen, dass wir derzeit bundesweit eine deutliche Kaufzurückhaltung zu verzeichnen haben, die natürlich mit der schlechten Konjunktursituation zusammenhängt. Wenn gegen die Wirtschaftslage nicht umgehend etwas unternommen wird, wenn nicht umgehend die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft insgesamt verbessert werden, dann lässt sich die Lage des Tourismus ebenfalls nicht grundlegend verbessern, meine Damen und Herren.

Zur Belebung der Nachfrage im Tourismus in unserem Lande ist es außerdem noch notwendig, neue Tourismuspotenziale zu erschließen. Die Zielgruppe der über 50-Jährigen reicht nicht aus. Es gibt aber auch interne Faktoren, die zu einem Rückgang der Nachfrage beitragen. Beispielsweise muss man auf entsprechende Anfragen auch prompt und entsprechend reagieren. Aus einer Studie der Fachhochschule Gotha wissen wir, dass von den Tourismusinformationen etwa ein Drittel der schriftlichen Anfragen nicht beantwortet wurden. Auch die Fremdsprachenkenntnisse und das Qualitäts- und Produktmanagement vor Ort waren nach dieser Studie nicht ausreichend. Möglicherweise liegt es auch daran, dass die dort Beschäftigten über eine unzureichende Ausbildung verfügen. Diese Qualifizierung muss in jedem Fall gesichert werden, auch wenn im Tourismussektor immer mehr Teilzeitbeschäftigungen eingeführt werden. Außerdem müssen die Touristiker in Zukunft mehr miteinander arbeiten als gegeneinander,

(Beifall bei der CDU)

denn im Tourismus ist es wichtig, dass man Produktketten anbietet, und die setzen nun einmal das Zusammenwirken mehrerer Träger des Tourismus voraus. Es ist natürlich auch die Frage zu stellen: Sind die Tourismusunternehmen vorbereitet auf diesen Wettbewerb, den es heute auch im Tourismus gibt? Um diese Frage zu beantworten, muss man zurückgreifen auf die bereits getätigten Investitionen. Von 1991 bis Ende 2001 wurden im Rahmen der touristischen Förderprogramme ca. 685 Mio. ;! schuss für mehr als 3.380 Vorhaben ausgereicht. Damit wurden Investitionen in Höhe von rund 2,3 Mrd. gelöst. Bis zum Jahre 1997 wurde so ein breites Spektrum an Bettenkapazitäten in verschiedenen Kategorien geschaffen. In der Zeit danach wurde sehr viel stärker die Notwendigkeit betont, die touristische Infrastruktur zu verbessern, was ja dann auch geschehen ist.

Meine Damen und Herren, worum es in keinem Fall gehen kann, ist zu fordern, der Staat müsse die Gäste in die Hotels schaffen. Die Zeit der staatlich organisierten Tourismusindustrie ist vorüber.

(Beifall Abg. T. Kretschmer, CDU)

Ich warne auch vor einem Mangel an Selbstkritik. Die teuerste Werbung ist nur eine Seifenblase, wenn das Angebot nicht die behauptete Qualität und Attraktivität hat.

Meine Damen und Herren, es ist natürlich auch die Frage zu stellen, was noch geschehen ist, um dem Tourismus zu helfen. Es wurde mit der Gründung der TTG ein Instrument geschaffen, das getragen wird von den Tourismusverbänden, von der THÜHOGA, von den Incoming-Reisebüros und von der IHK. Die Aufgabe dieser TTG ist es, ein modernes Marketing zu betreiben. Dementsprechend hat die TTG ein Service-Center aufgebaut, Internetauftritte, elektronische Buchungssysteme eingeführt und sie hat dafür gesorgt, dass unsere Angebote zunehmend buchbar sind. Trotzdem bleibt die Aufgabe auch für die TTG, ihre Tätigkeit weiterzuentwickeln und insbesondere im Bereich der Produktentwicklung weitere Angebote zu machen. Es ist sicherlich nicht förderlich im Tourismus, wenn die verschiedenen Leistungsträger streiten darüber, wer welche Gebühren in Rechnung stellen darf und sollte.

Ich komme damit zu einem anderen Bereich der Infrastruktur - das sind die Bäder. Dank einer konsequenten Förderung entsprechender Infrastruktur konnten in unseren Tourismusregionen so genannte Schlechtwetterangebote geschaffen werden, ohne die heute kein Tourismus mehr auskommt. Es wurden die berühmten und häufig zitierten acht Erlebnisbäder gefördert. Dies war eine damals allgemein begrüßte, heute gelegentlich kritisierte Entscheidung. Fakt ist, Erlebnisbäder wurden nicht nur gefördert, sondern auch massiv gefordert, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt bis heute ein Interesse daran, ähnliche oder vergleichbare Einrichtungen zu schaffen, und nicht wenige solcher Einrichtungen wurden von den Kommunen in der Zwischenzeit geschaffen. Ich verweise nur auf die Bäder in Jena und Mühlhausen. Weitere Beispiele ließen sich unschwer benennen. Erstaunlich ist aber auch, dass es weitere Planungen gibt in der Hinsicht, so dass natürlich die Situation eintreten wird, dass man sich scharf Konkurrenz machen wird, wenn das so weitergeht.

Man hat häufig behauptet, es sei zu viel entwickelt worden, es seien solche Bäder an Orten errichtet worden, die zum Betrieb dieser Einrichtungen nicht in der Lage sind. Meine Damen und Herren, Tatsache ist, eine Förderung von touristischen Infrastrukturmaßnahmen erfolgte und erfolgt bis heute, wenn die zuständige Kommunalaufsichtsbehörde aufgrund der vorgelegten Planungszahlen und Prognosen bestätigt hat, dass die angegebenen Belastun

gen die dauernde Leistungsfähigkeit der Kommune nicht beeinträchtigen. Und entsprechende Prüfungen und Stellungnahmen wurden auch von den regionalen Planungsgemeinschaften im Vorhinein erstellt. Auf dieser Grundlage ist dann die entsprechende Förderung erfolgt.

Für den Betrieb und vor allen Dingen für ein tragfähiges erfolgsorientiertes Betreibermanagement ist allerdings die Kommune selbst verantwortlich. Tatsächlich halten Klagen über die Rentabilitätsprobleme der Prüfung oft nicht stand. So zeigt sich beispielsweise, dass an sich wirtschaftlich zu betreibende Bäder mit defizitären Einrichtungen verbunden wurden und dass bei den Betreiberverträgen schwer wiegende Mängel enthalten sind. Unabhängig davon, wie es und warum es dazu gekommen ist - die Landesregierung wird bei Bedarf entsprechende Sanierungsstrategien entwickeln und den Kommunen helfen, mit solchen Situationen fertig zu werden.

Ein zwischen den Ressorts vereinbartes Verfahren sichert außerdem eine abgestimmte Entwicklung auch in anderen Bereichen, etwa im Sport. Man darf jetzt allerdings nicht den Fehler machen, meine Damen und Herren, zu übersehen, dass es einen Bedarf an weiteren Infrastrukturmaßnahmen in anderen Bereichen gibt. Aber, meine Damen und Herren, die Landesregierung wird keinen einzigen Infrastruktur-Projektantrag mehr fördern, der nicht auf einem regional abgestimmten Tourismuskonzept basiert.

(Beifall bei der CDU)

Aber, nun die eigentliche Frage lautet ja, was soll geschehen vor dem Hintergrund der rückläufigen Umsatzzahlen? Was muss wer unternehmen? Es ist sicherlich wichtig, dass das Außenmarketing weiterbetrieben und -entwickelt wird, und zwar im Rahmen der Kampagne "Willkommen in der Denkfabrik" und auch parallel dazu. Entsprechende Aktivitäten sind schon im Rahmen der ITB gelaufen, weitere sind in Vorbereitung. Es muss aber auch darum gehen, darüber hinaus die Hardware für den Tourismus und die Software weiterzuentwickeln. Was meine ich damit? Bei der Hardware ist die investive Förderung angesprochen und hier geht es darum alles zu unternehmen, damit die Guten noch besser werden im Tourismusbereich. Das heißt, man muss in Zukunft die Förderung stärker konzentrieren und nicht breit streuen. Man muss sie konzentrieren auf besonders leistungsfähige Unternehmen und man muss sie konzentrieren auf bestimmte Schwerpunktorte. Es wurden Tourismusregionen entwickelt, in denen jetzt schon entsprechende Maßnahmen eingeführt sind. Dieses Konzept wird weiterverfolgt werden.

Zweiter Punkt: Die Förderung wird sich in Zukunft noch stärker themenorientiert verhalten. Das heißt, es sind bestimmte Themen, die von besonderer Bedeutung sind, die eine besondere Nachfrage finden, stärker zu betonen.

Nächster Punkt: Die touristischen Angebote sollten in Zukunft auch stärker verknüpft werden mit Kultur- und Sportevents

(Beifall bei der CDU)