Protokoll der Sitzung vom 12.09.2002

Ansonsten gebe ich Ihnen ja Recht, dass dieses Thema eines der drängendsten Probleme ist, was gelöst werden muss. Da sind wir völlig d'accord.

(Zwischenruf Köckert, Innenminister: Das ist doch schon etwas.)

Noch eine Sache, Stichwort Haushaltsverabschiedung im Thüringer Landtag, Doppelhaushalt 2003/2004. Sie kennen ja den Satz mit den halben Wahrheiten und den ganzen Unwahrheiten. Den muss ich, glaube ich, nicht noch einmal wiederholen. Wenn Sie uns schon vorwerfen, wir wollten den Haushalt erst im Januar verabschieden, dann seien Sie wenigstens auch an dieser Stelle so fair zu sagen, dass wir, im Speziellen meine Fraktion durch mich persönlich, schon im August gefordert haben, wenn im Dezember Verabschiedung, dann hat dieser Haushalt auch im September eingebracht zu werden. Das war unsere Forderung,

(Beifall bei der SPD)

um nämlich während der Beratung mit den Trägern, Institutionen und sonstigen die entsprechenden Gespräche führen zu können. Wir haben diese Forderung nur deshalb auf den Januar gelegt, weil die Einbringung des Haushalts von der Landesregierung partout nicht vorverlegt werden wollte oder konnte, wie auch immer. Ich behaupte, wollte. Es wäre gegangen. Deshalb unsere Forderung, weil es uns um eine umfassende Beratung mit allen Betroffenen gegangen ist. Das nur zu Ihren Ausführungen.

Meine Damen und Herren, die PDS-Fraktion hat uns mit diesem Antrag, der sich recht umfangreich mit den Kom

munalfinanzen in Thüringen befasst, ich will es vorsichtig formulieren, eine anspruchsvolle Aufgabe gestellt. Grundsätzlich, und ich freue mich auch, das vom Kollegen Mohring zu hören, sieht man auch in der CDU-Fraktion wie auch in meiner Fraktion die Notwendigkeit, über Änderungen in diesem System zu reden. Allerdings, wir werden, das behaupte ich einfach einmal so, uns höchstwahrscheinlich auch im Zuge des Doppelhaushalts mit dem Thema Finanzausgleich befassen müssen. Ich möchte aber auch noch einen anderen Punkt hier erwähnen. Es wäre interessant gewesen, die Diskussion über dieses Thema zu verfolgen, wenn kürzlich das Thüringer Verfassungsgericht sich nicht nur formell mit der Klage von 12 Kommunen zum Finanzausgleichsgesetz in Thüringen befasst hätte, sondern wenn es materiell in das Thema eingestiegen wäre. Das wäre eine interessante Diskussion geworden. Nach Aussage des Gemeinde- und Städtebundes ist die Klage dieser 12 Kommunen zumindest so substanziell, dass man das nicht so einfach hätte abtun können. Das nur nebenbei. Die Diskussion hier am heutigen Tag schadet zu dem Thema überhaupt nicht. Allerdings, die PDS schlägt mit ihrem Änderungsantrag so grundsätzliche Änderungen am Finanzausgleich vor, die nach unserer Auffassung ganz erhebliche Auswirkungen auf die Verteilungsmechanismen und damit letztendlich auch auf die Finanzausstattung der einzelnen Kommunen haben werden. Nun muss man wissen, dass der bestehende Finanzausgleich ein über Jahre austariertes System darstellt, ein ganz sensibles System. Jede grundsätzliche Änderung muss reiflich überlegt und ausgelotet sein. Ich erinnere da an das Prinzip der kommunizierenden Röhren. Aber, liebe Kollegen von der PDS, genau das vermisse ich bei diesem Antrag, dass dies berücksichtigt wird. Denn Ihre Änderungen, die Sie hier vorschlagen, die tun nur dann nicht weh, wenn mehr Geld in das System fließt, wie das letztendlich bei der Neuregelung des Länderfinanzausgleichs zwar geschehen ist, ob dies aber angesichts unserer Haushaltslage hier in Thüringen in den kommenden Jahren überhaupt der Fall sein kann, brauche ich, glaube ich, nicht weiter zu Ende zu führen, das wage ich zumindest zu bezweifeln. Ich wäre schon froh, wenn es uns gelänge, und zumindest unsere Fraktion wird in den Beratungen zum Doppelhaushalt alles dafür tun, dass den Kommunen wenigstens weitere Kürzungen erspart bleiben. Wenn wir dieses Ziel erreichen, ich glaube, dann haben wir schon viel gewonnen. Aber das, was Sie hier vorschlagen, sind so grundsätzliche Änderungen, das geht nicht ohne mehr Geld. Das halte ich für problematisch. Es ist leider so, jedenfalls habe ich den Eindruck, dass sich in diesem Antrag ein Sammelsurium von im Lande aufgeschnappten Forderungen, Einzelproblemen möglicherweise wiederfindet, die sich ja zum Teil sogar widersprechen. Das möchte ich Ihnen jetzt im Folgenden anhand Ihres Antrags auch belegen. Da wird beispielsweise in Punkt 3 des Antrags unterstellt, dass es eine besondere Finanzschwäche von Gemeinden kleiner als 1.000 Einwohner und größer als 20.000 Einwohner gibt. Abgesehen davon, dass das statistisch überhaupt nicht belegt ist, widerspricht dieser Vorschlag, den Sie hier machen - um das mal fachlich zu begründen, das bedeutet,

dass in § 9 die Hauptansatzstaffel zugunsten dieser Gemeindegrößen zu verändern wäre - Ihrem unter 4. im gleichen Antrag gemachten Vorschlag, Gemeindezusammenschlüsse zu befördern. Da sage ich Ihnen mal, Herr Huster, weil Sie mich so interessiert anschauen, ich war bis 1996 sowohl Bürgermeister einer Gemeinde unter 1.000 Einwohner und später dann über 1.000 Einwohner. Das Finanzproblem dieser Gemeinden unter 1.000 besteht ja gerade in ihrer geringen Größe. Wenn ich die jetzt in diesem System sozusagen bevorteile oder mehr bedenken will, dann kann ich das Ziel, Gemeindezusammenschlüsse zu befördern, nicht erreichen. Für mich ist das ein Widerspruch, den Sie möglicherweise hier noch aufklären. Aber in dem Punkt gehe ich da nicht d'accord.

(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU: 3 und 5 sind noch viel schlimmer.)

Dazu komme ich noch, Herr Kollege.

Diese zusätzlichen Zuwendungen würden diese Gemeinden nicht unbedingt animieren, größere Verwaltungseinheiten - in welcher Form auch immer - zu bilden, sondern, und das behaupte ich jetzt einfach mal so frank und frei, sie würden das Leiden nur verlängern.

Ein weiteres Beispiel, das sich in Ihrem Antrag findet, wo ich aus meiner Sicht einen Widerspruch feststellen kann, ist der ebenfalls in Punkt 3 enthaltene Vorschlag, die ausschließlich einwohnerbezogene Hauptansatzstaffel durch zusätzliche Ergänzungszusätze für alle möglichen Belastungen zu ergänzen. Die Folge wäre, das werden Sie mir doch wohl zugestehen, eine Verkomplizierung des Systems, obwohl Sie gleichzeitig in Punkt 5 eine Vereinfachung der Systematik der besonderen Finanzzuweisungen fordern. Liebe Kollegen, ich denke, an der Stelle hätte etwas mehr Tiefgründigkeit nicht geschadet. Sie scheuen sich offensichtlich gleichermaßen nicht vorzuschlagen - ich bin da mal etwas drastisch, überspitze bewusst, um ein Problem deutlich zu machen -, Sie schlagen prinzipiell vor, die kommunale Selbstverwaltung einzuschränken. Möglicherweise erstaunt Sie das, denn die in Punkt 8 erhobene Forderung, auch die Berechnung der Gemeinschaftsumlage nach dem § 50 der Kommunalordnung in die Regelungen des kommunalen Finanzausgleichs aufzunehmen und dabei steuerkraftabhängig auszugestalten, ist nichts anderes als das, nämlich die kommunale Selbstverwaltung einzuschränken, da bisher jede Verwaltungsgemeinschaft selbst über die Art und Weise der Berechnung ihrer Umlage entscheiden kann. Nun wird verlangt, dass der Gesetzgeber genau darüber konkrete Vorschriften macht. Wir empfinden das als eine Einschränkung der kommunalen Selbstverwaltung, deshalb können wir auch diesen Punkt so nicht mittragen.

Die Forderung einer anderen Berechnungsgrundlage, die mag in dem einen oder anderen Fall durchaus sehr begründet sein. Aber, liebe Kollegen, dann sollten wir die Entscheidung über die Modalitäten dort lassen, wo sie jetzt

sind, nämlich bei den betroffenen Kommunen bzw. Verwaltungsgemeinschaften selbst. Ich vermute mal, dass hier auch ein konkreter Einzelfall dahinter steckt, wo es Streit und Schwierigkeiten gibt, solche Beispiele kennen wir ja im Lande, der hier möglicherweise verallgemeinert worden ist bzw. versucht worden ist zu verallgemeinern. Der Grundsatz "Wir wollen ja nur helfen" schlägt aus meiner Sicht hier an dieser Stelle ins Gegenteil um. Gleichmacherei und Verkomplizierung, das würde ich so nicht mittragen wollen, denn wenn jeder das Gleiche bekommt, dann muss das noch lange nicht gerecht sein, meine Damen und Herren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Antrag enthält aber auf der anderen Seite durchaus Ansatzpunkte, die von uns als Fraktion unterstützt werden, die sich auch in unseren Forderungen über die Jahre hinweg schon wiederfinden, wie z.B. eine Erhöhung der Investitionspauschale zulasten der zweckgebundenen Investitionen. Die verstehen wir genauso wie im anderen Punkt - die Verringerung der Förderprogramme außerhalb des KFA zugunsten einer höheren Investpauschale - als einen Ansatzpunkt, erheblichen Verwaltungsaufwand einzusparen und die Mittel schneller verfügbar zu machen. Wir befürworten auch die Herausnahme der Auftragskostenpauschale aus dem kommunalen Finanzausgleich. Sie gehören da einfach nicht hin. Aber, liebe Kollegen, wenn sich diese Forderung, wie von Ihnen in den vergangenen Haushalten immer wieder gefordert, darauf bezieht, dass Sie die Auftragskostenpauschale aus dem KFA herausnehmen, ohne dessen Volumen zu verändern, d.h. die Pauschale muss dann außerhalb des KFA separat finanziert werden, dann ist das eine Verschiebung, die wir so nicht mittragen, weil das finanzieller Mittel bedarf, die ganz einfach nicht vorhanden sind.

Wenn Sie das prinzipiell so meinen, dass das strukturell vom Prinzip her da nicht hineingehört, an der Stelle sind wir d'accord, allerdings mit dem entsprechenden - ich will es mal profan ausdrücken - Mitwandern der entsprechenden Mittel.

(Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Das ist eine Umverteilung.)

Meine Damen und Herren, es gibt noch eine ganze Reihe von in diesem Antrag enthaltenen Forderungen, auf die ich jetzt nicht im Einzelnen eingehen möchte. Im Namen meiner Fraktion empfiehlt es sich hinsichtlich der Verteilungswirkungen, die ich vorhin schon mal angesprochen habe, wirklich genauer hinzusehen, und ich weiß, es sind eine ganze Reihe Kollegen, die kommunale Erfahrungen haben, die selbst Bürgermeister waren oder noch sind. Es ist ein Thema, was uns nach wie vor zu interessieren hat und worüber wir uns wirklich Gedanken machen müssen, und deshalb schlagen wir vor, diesen Antrag heute nicht in Bausch und Bogen zu versenken, sondern an den Haushalts- und Finanzausschuss und auch an den Innenausschuss zur weiteren Fortberatung zu überweisen, wo wir uns wirklich dann über die einzelnen Verteilungsmecha

nismen noch mal konkret unterhalten können. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Für die PDS-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Dr. Wildauer zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, sehr regelmäßig bringen die Medien Berichte - und nicht nur, weil ein neuer Doppelhaushalt zur Beratung ansteht - über dramatische Finanzsituationen Thüringer Kommunen. Die Gewerbesteuern gehen in Größenordnungen zurück, die Gewerbesteuerumlage erhöht sich und selbst prozentual gleich bleibende Kreisumlagen leeren die Gemeindekassen, da nämlich die rückwirkenden Steuereinnahmen von vor zwei Jahren Grundlage der Berechnung sind. So kommt es, dass in Thüringen Gemeinden, wie beispielsweise die Gemeinde Hörselgau im Kreis Gotha, die vor zwei Jahren zu den elf reichsten Gemeinden des Thüringer Landes zählte, heute weder Straßenausbauarbeiten fortsetzen kann noch 25 Prozent Eigenanteil auch nur für eine ABM-Kraft, die im grünen Bereich dringend notwendig wäre, zahlen kann. Auf Ursachen sind wir schon in der Begründung mit eingegangen.

Ich denke, wenn vielen Gemeinden nicht geholfen werden kann, dann droht letztendlich manchen doch das finanzielle Aus. Die Folgen sind absehbar - sinkende Investitionen mit ihren unmittelbaren Auswirkungen auf die Wirtschaftsund Arbeitsmarktpolitik, die Schließung kommunaler Einrichtungen und der Abbau kommunaler Dienstleistungen. Sie können zwar argumentieren, dass das Land auch nicht besser dran ist, aber bei oberflächlicher Betrachtung stimmt dieser Eindruck, aber ich möchte sagen, nur bei oberflächlicher Betrachtung. Ich verweise darauf, dass die Finanzprobleme des Landes zum Teil hausgemacht sind. Sie, meine Damen und Herren, haben z.B. als CDU-Regierung Geld ausgegeben, das man überhaupt nicht hatte. So nähert sich Thüringen in seiner Verschuldung allmählich der Gesamtverschuldung der DDR. Jetzt verfahren Sie nach der Methode, wir sparen, koste es, was es wolle. In Wirklichkeit kürzen Sie, kürzen Sie und missachten

(Beifall bei der PDS)

letztendlich auch die Haushaltskompetenz des Landtags, wie die laufende Haushaltssperre letztendlich zeigt.

(Beifall bei der PDS)

Die Folgen haben also Bürger, die Kommunen und auch die Wirtschaft zu tragen.

(Zwischenruf Dr. Vogel, Ministerpräsident: Welche Kommunen?)

Meine Damen und Herren, auf die finanzielle und auf die Einnahmesituation in den Kommunen sind wir eigentlich in der Begründung zu unserem Antrag sehr ausführlich eingegangen, so dass ich mir das hier ersparen kann, denn lesen können Sie ja schließlich selbst. Wir sind der Auffassung, dass das Finanzausgleichsgesetz mit dem neuen Haushalt so zu ändern ist, dass nachhaltig die Steuerschwächen der Kommunen kompensiert werden und den Kommunen letztlich doch Planungssicherheit gewährt wird.

(Zwischenruf Trautvetter, Finanzminister: Mit welchem Bezug...)

Wir haben eine ganze Reihe Vorschläge unterbreitet, Herr Minister. Herr Mohring, jetzt finde ich nicht, was ich mir von Ihnen aufgeschrieben habe. Also, Herr Mohring, Ihre Aussagen, die Sie zur Begründung zu unserem Antrag bringen, ich möchte zunächst nur sagen, wir bringen hier einen Vorschlag ein zur Diskussion, wir bringen keinen alternativen Haushalt ein, der letztlich ja von der Verfassung nicht getragen werden kann, das stimmt. Aber es ist schließlich ein Vorschlag, eine Diskussionsgrundlage und wir würden uns wünschen, dass wir über all diese Dinge, die Sie heute darlegten oder die Herr Höhn auch vortrug, diskutieren und darüber befinden, wie wir weiter damit umgehen können. Ich möchte auf einige unserer neun Punkte etwas näher eingehen. Wir halten es zunächst für erforderlich, dass künftig die Finanzausgleichsmasse neu bestimmt wird. Bisher ist die Finanzausgleichsmasse an die Entwicklung der Landeseinnahmen gekoppelt, ein Prinzip, das aus unserer Sicht nicht mehr zeitgemäß ist, weil insbesondere alle Veränderungen bei der Aufgabenverteilung zwischen Land und Kommunen im Wesentlichen doch unberücksichtigt bleiben. Auch die unterschiedliche Entwicklung von Ausgaben bei der Aufgabenumsetzung bleibt bisher unberücksichtigt und deshalb meinen wir, das Prinzip der Gleichmäßigkeit sollte durchgesetzt werden. Herr Mohring, Sie haben darauf hingewiesen, dass das Prinzip der Gleichmäßigkeit die Kommunen in den nächsten Jahren in den Ruin stürzen würde. Ich darf aber auch sagen, wenn wir von 1995 an das Prinzip der Gleichmäßigkeit in der Berechnung unserer Finanzausgleichsmasse zur Anwendung gebracht hätten, wäre für die Kommunen unterm Strich mehr herausgekommen. Das ist nachgewiesen, das ist errechnet. Das wäre in diesen sieben Jahren sehr von Vorteil gewesen. Ich glaube, es wäre auch Aufgabe, in den Ausschüssen darüber zu diskutieren, wie es bei dieser anhaltenden Steuerverschlechterung möglich ist oder nicht möglich, dieses Gleichmäßigkeitsprinzip zur Anwendung zu bringen. Zur Umsetzung dieses Prinzips sollte in periodischen Abständen, wir schlagen drei Jahre vor, geprüft werden, ob aufgrund von Veränderungen im Aufgabenbestand oder aufgrund der Entwicklung der notwendigen Ausgaben im Verhältnis zwischen dem Freistaat und den Kommunen die Finanzausgleichsmasse anzupassen ist, also so, wie das die Sachsen gemacht haben, wie das die Bran

denburger gegenwärtig versuchen zu praktizieren. Man könnte Erfahrungen sammeln und diese für Thüringen zur Anwendung bringen. Meines Wissens war auch der Finanzminister vor einiger Zeit der Auffassung, das Gleichmäßigkeitsprinzip wäre nicht das Schlechteste.

Auch bei der Verteilung, meine Damen und Herren, der Finanzausgleichsmittel zwischen den kommunalen Ebenen sollte dieses Prinzip zur Anwendung kommen. Dies trifft insbesondere auf die Verteilung der Gesamtschlüsselmasse zu, die ja bekanntlich den Kern der kommunalen Finanzausgleichsmasse bildet. Bisher wird die Gesamtschlüsselmasse nur zwischen den Landkreisen und den Gemeinden, also im Verhältnis von 25 : 75, verteilt, Herr Mohring ist darauf eingegangen. Dass dieses Verteilungsverhältnis auch als historischer Kompromiss oder Wunder von Gotha gehandelt wird, das wissen wir, aber dieser Kompromiss ist eigentlich wissenschaftlich bisher nicht belegt worden.

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Kompro- misse werden kaum wissenschaftlich belegt.)

Ich weiß, es gibt hier Streitpunkte zwischen Gemeinde- und Städtebund und dem Thüringischen Landkreistag. Gerade auch im Zusammenhang mit der Kreisfreiheit von Eisenach fordert der Gemeinde- und Städtebund einen höheren Anteil für die Gemeinden; der Landkreis kontert mit den Einwohnerverschiebungen aus den kreisfreien Städten ins Umland usw. Auch gerade dieser Streit sollte vielleicht Anlass für neue Überlegungen sein. Ich will jetzt nicht im Einzelnen auf diese Dinge eingehen, sie wurden hier schon gesagt und es ist ja sehr gut verstanden worden.

Wir meinen, dass der Paradigmenwechsel im Finanzausgleichssystem, den unsere Fraktion will, gerade eben auch hier an diesem Prinzip deutlich wird. Aufgaben- und Ausgabenveränderungen werden bei der Verteilung der Gesamtschlüsselmasse berücksichtigt, dieses Problem war bisher ausgeblendet.

Auf den Punkt 3 ist Herr Höhn sehr ausführlich eingegangen und auch auf den Punkt 4, die Ermittlung der Bedarfsmesszahlen, und letztendlich diese Widersprüche zwischen Punkt 3 und der Gemeindeneugliederung. Wir gehen davon aus, dass das Ganze ja nicht von heute auf morgen erfolgt, aber dass, wenn wir diesen Anreiz geben, die Gemeindeneugliederung finanziell mit zu unterstützen, sich dann doch manche Nebenansatzstaffel, die wir einbauen wollen, erübrigen würde.

Ich möchte zu Punkt 5 einiges sagen: Wir sind davon überzeugt, dass die Systematik der besonderen Finanzzuweisungen, wie sie im 4. Abschnitt des Finanzausgleichsgesetzes aufgezeigt sind, im kommunalen Finanzausgleich vereinfacht werden könnte. Bestimmte Aufgaben, die inhaltlich zusammengehören, so im Bereich der Schulen, im Kulturbereich, könnten zusammengefasst werden. Wir meinen, dass eine solche Verfahrensweise einerseits die kommunale Verantwortung erhöht und andererseits die

Steuerungs- und Einflussmöglichkeiten des Landes beschränkt. Diese Wirkung ist von uns beabsichtigt. Wenn wir von der Vereinfachung der Systematik der besonderen Finanzzuweisung sprechen, denken wir auch an eine Prüfung, ob kommunale Zuweisungen außerhalb des Finanzausgleichs in diese Systematik eingeordnet werden können. Es wäre einfach überschaubarer, nachvollziehbarer für die Kommunen.

Meine Damen und Herren, die kommunale Finanzkrise findet ihren spürbaren Niederschlag im Rückgang der kommunalen Investitionen mit all ihren unangenehmen Folgewirkungen. Folgewirkungen verspürt die Wirtschaft, der öffentliche Aufträge fehlen, spürt so der Arbeitsmarkt und auch die Bürger, weil der kommunale Investitionsstau gerade die Infrastruktur betrifft, die die Bürger nutzen. Die meisten Kommunen sind sogar nicht mehr in der Lage, die so genannte Werterhaltungsquote zu realisieren. Die kommunalen Einrichtungen werden auf Verschleiß gefahren. Der Investitionsstau wächst und so entstehen in naher Zukunft teure Folgeinvestitionen. Jeder von uns hier im Saal weiß auch, wohin das führen kann. Die Kommunen, aber auch die Wirtschaft brauchen eine Investitionsoffensive. Sicherlich ist hier nicht alleine das Land gefordert, aber es muss einen entscheidenden Beitrag leisten. Ein Beitrag des Landes mit kurzfristiger Wirkung besteht in der Erhöhung der Investitionspauschalen, über die die Kommunen frei verfügen können. Es ist zwar löblich, dass der Wirtschaftsminister jetzt nicht abgeforderte Fördermittel als Investitionsmittel für die Kommunen zur Verfügung stellen will, doch ich meine und ich denke - ich hoffe es nicht, aber es wird wohl so sein -, dass viele Kommunen die hierfür notwendigen Eigenmittel gar nicht mehr zur Verfügung haben oder aufbringen können. Investitionspauschalen haben den Vorteil, dass die Kommunen eben hier keine Eigenmittel aufbringen müssen. Die Erhöhung der Investitionspauschalen kann aus unserer Sicht auch durch die teilweise Auflösung von zweckgebundenen Investitionsmitteln des kommunalen Finanzausgleichs erfolgen. Hier entstehen analoge Wirkungen wie bei der Neuordnung der besonderen Finanzzuweisungen. Die kommunale Verantwortung wird gestärkt, wir finden das richtig, dass damit die Steuerungs- und Einflussmöglichkeiten des Landes reduziert werden.

Noch einige Bemerkungen zu Punkt 8 des Antrags. Meine Damen und Herren, gerade in Zeiten knapper Kassen gibt es zunehmend Konfliktpotenzial im interkommunalen Finanzausgleich. Die Gemeinden und Landkreise streiten um die Höhe der Kreis- und Schulumlage. Die Verwaltungsgemeinschaften streiten sich mit den Mitgliedsgemeinden um die Höhe der Gemeinschaftsumlage. Bei vielen kleinen Gemeinden übersteigt das Aufkommen der Kreis- und Schulumlage und der Gemeinschaftsumlage bei weitem das Realsteueraufkommen. Damit müssen diese Gemeinden bereits einen erheblichen Anteil der Schlüsselmassen des Landes an den Kreis und aber auch an die Verwaltungsgemeinschaft abführen. Wir sehen darin keinen Sinn, das Land gibt diesen Gemeinden Zuweisungen, die diese gleich wieder

abführen. Im Interesse der Haushaltsgrundsätze Wahrheit und Klarheit wäre es hier ehrlicher, die Landeszuweisungen vielleicht doch lieber gleich an die Landkreise oder Verwaltungsgemeinschaften zu geben und somit den Umweg über die Gemeinden zu sparen. Aber diesen Ansatz verfolgen wir ja mit unserem Antrag nicht. Wir wollen, dass die Kreis- und Schulumlage ihre ursprüngliche Funktion, die Finanzierung von ungedeckten Finanzbedarfen der Landkreise, wiedererhält. Es kann nicht länger hingenommen werden, dass diese Umlagen die Haupteinnahmequelle der Landkreise sind. Da kann meiner und unserer Auffassung nach am Finanzausgleichssystem doch etwas nicht in Ordnung sein.

Herr Minister, ich bringe ein Beispiel. Die kommunale Selbstverwaltung von Gemeinden ist aus unserer Sicht nur dann zu verwirklichen, wenn diese zumindest ein Restaufkommen ihrer Steuereinnahmen selbst verwenden können. Wir hielten, und darauf ist Herr Höhn eingegangen, es für sachgerecht, dass auch die Gemeinschaftsumlage nach § 50 in die Regelung des Finanzausgleichs aufgenommen wird, weil es unserer Meinung nach keine Gründe gibt, dies nicht zu tun. Das ist zudem völlig unverständlich, weshalb gerade diese Umlage zurzeit noch steuerkraftunabhängig ist. Wir haben diese Sache so gemacht - vielleicht haben wir nicht genug Beispiele gehabt, Herr Höhn -, aber auf jeden Fall haben wir eine ganze Reihe Gemeinden gesprochen, deren Haushalte angesehen und festgestellt, dass die eigenen Steuereinnahmen und die Schlüsselzuweisungen in voller Höhe abgeführt werden müssen an die Verwaltungsgemeinschaften und so weit, dass den Kommunen, also diesen kleinen Gemeinden eigentlich nichts mehr geblieben ist. Ich denke, solange wir so eine Situation haben, müssen wir ganz einfach Maßnahmen einleiten, damit sich etwas ändert. Darüber würde ich ganz einfach bitten wirklich zu diskutieren, das ist sicher nicht von heute auf morgen getan, aber in einem bestimmten Zeitraum. Wir sind bereit, auf jeden Fall darüber zu reden, die Fragen der Investitionspauschalen, die Fragen der Auftragskostenpauschale im Finanzausgleich anders zu regeln, als es jetzt der Fall ist. Aber ich möchte das nicht noch einmal wiederholen. Reden wir weiter darüber. Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Ich glaube, der Innenminister möchte jetzt. Herr Minister Köckert.

"Möchte" ist nicht das richtige Wort, Frau Präsidentin;

(Zwischenruf Abg. Dittes, PDS: Dann sollten Sie zurücktreten, wenn Sie keine Lust mehr haben.)

ich fühle mich förmlich genötigt, weil der Antrag, den die PDS-Fraktion hier vorgelegt hat, so durcheinander ist, wie die Papiere von Frau Dr. Wildauer hier vorn durcheinander waren.

Ich gehe jetzt mal nicht auf diese verfassungsrechtliche Frage ein, die der Kollege Mohring hier schon genannt hat, aber es ist natürlich der PDS-Fraktion unbenommen, dass sie eine eigene Gesetzesinitiative auf den Weg bringt. Da ich vermute, dass sie das irgendwann einmal tun wird, denke ich, sind die Hinweise, die gegeben worden sind, die einfach rein fachtechnischer Art sind, und auch die Hinweise, die ich Ihnen noch geben will, hilfreich. Die kann dann Ihr Mitarbeiter Kuschel, der diese Dinge ja alle zusammengeschrieben hat, der jetzt als Unternehmer gerade auf Wahlkampftour ist, der kann die dann im Protokoll nachlesen und sie dann positiv in seine Gesetzesarbeit einfließen lassen.

(Zwischenruf Abg. Sedlacik, PDS: Der ist doch dann im Bundestag. Das kann der nicht mehr.)

Lassen Sie mich jetzt auf einige Punkte eingehen. Das Prinzip der Gleichmäßigkeit: Dieser Gleichmäßigkeitsgrundsatz beinhaltet ja grundsätzlich Elemente, die in die Überlegungen zur Gestaltung des kommunalen Finanzausgleichs einbezogen werden können. Dieser Gleichmäßigkeitsgrundsatz sagt ja, dass sich die Gesamteinnahmen der Gemeinden und Landkreise aus eigenen Steuern und aus den Finanzausgleichsleistungen genauso gleichmäßig entwickeln wie die dem Land verbleibenden Einnahmen aus Steuern, aus dem Länderfinanzausgleich und den Bundesergänzungszuweisungen, abzüglich der Leistungen des kommunalen Finanzausgleichs. Richtig ist, dass dieses Prinzip seit 1995 im Freistaat Sachsen seine Anwendung findet. Ab 2002, also ab diesem Haushaltsjahr, praktiziert es auch Mecklenburg-Vorpommern. Aber, Frau Sedlacik, gerade Brandenburg, was Sie angeführt haben als Beispiel, gerade Brandenburg kehrt wieder zur klassischen Formel der Steuerverbundrechnung mit Hilfe von festen Verbundquoten zurück und folgt damit einer Empfehlung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, das genau diese Verteilquoten entsprechend empfiehlt und nicht die Orientierung an dem Gleichmäßigkeitsgrundsatz. Der Kollege Mohring hat ja schon ausgeführt, wie wichtig und positiv für die Kommunen das Thüringer System, was sich auf feste Verbundquoten und auf eine Ausgleichsautomatik hinsichtlich der weiteren Zuweisung aus dem Landeshaushalt zur Finanzausgleichsmasse entsprechend stützt, hier im Land ist. Mit unserem in Thüringen angewandten System ist bei der derzeitigen Haushaltslage eindeutig den Kommunen mehr geholfen. Wenn sich die der Steuerverbundmasse zu Grunde zu legenden Einnahmen laut dem 2. Nachtragshaushalt 2002 gegenüber dem Stammhaushalt 2002 um sage und schreibe 324 Mio.    haben, sind unsere Kommunen nur mit 35 Mio. "  ((