Protokoll der Sitzung vom 12.09.2002

Lassen Sie mich jetzt auf einige Punkte eingehen. Das Prinzip der Gleichmäßigkeit: Dieser Gleichmäßigkeitsgrundsatz beinhaltet ja grundsätzlich Elemente, die in die Überlegungen zur Gestaltung des kommunalen Finanzausgleichs einbezogen werden können. Dieser Gleichmäßigkeitsgrundsatz sagt ja, dass sich die Gesamteinnahmen der Gemeinden und Landkreise aus eigenen Steuern und aus den Finanzausgleichsleistungen genauso gleichmäßig entwickeln wie die dem Land verbleibenden Einnahmen aus Steuern, aus dem Länderfinanzausgleich und den Bundesergänzungszuweisungen, abzüglich der Leistungen des kommunalen Finanzausgleichs. Richtig ist, dass dieses Prinzip seit 1995 im Freistaat Sachsen seine Anwendung findet. Ab 2002, also ab diesem Haushaltsjahr, praktiziert es auch Mecklenburg-Vorpommern. Aber, Frau Sedlacik, gerade Brandenburg, was Sie angeführt haben als Beispiel, gerade Brandenburg kehrt wieder zur klassischen Formel der Steuerverbundrechnung mit Hilfe von festen Verbundquoten zurück und folgt damit einer Empfehlung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, das genau diese Verteilquoten entsprechend empfiehlt und nicht die Orientierung an dem Gleichmäßigkeitsgrundsatz. Der Kollege Mohring hat ja schon ausgeführt, wie wichtig und positiv für die Kommunen das Thüringer System, was sich auf feste Verbundquoten und auf eine Ausgleichsautomatik hinsichtlich der weiteren Zuweisung aus dem Landeshaushalt zur Finanzausgleichsmasse entsprechend stützt, hier im Land ist. Mit unserem in Thüringen angewandten System ist bei der derzeitigen Haushaltslage eindeutig den Kommunen mehr geholfen. Wenn sich die der Steuerverbundmasse zu Grunde zu legenden Einnahmen laut dem 2. Nachtragshaushalt 2002 gegenüber dem Stammhaushalt 2002 um sage und schreibe 324 Mio.    haben, sind unsere Kommunen nur mit 35 Mio. "  ((

(Beifall bei der CDU)

Schon dieser Zahlenvergleich allein, liebe Kolleginnen und Kollegen, spricht für die Kommunalfreundlichkeit unseres Finanzausgleichssystems

(Beifall bei der CDU)

und gerade gegen die Übernahme des Gleichmäßigkeitsgrundsatzes.

Zu Punkt 2, den Sie erwähnt haben, die Verteilung der Gesamtschlüsselmasse: Hier zielt der Antrag offensichtlich auf einen Austausch der Kommunalgruppen in unserem Zwei-Säulen-System ab, wonach aus der Gruppe der kreisangehörigen Gemeinden und kreisfreien Städte einerseits und den Landkreisen andererseits nun auf einmal die Gruppen der kreisangehörigen Gemeinde und der Landkreise einerseits und der kreisfreien Städte separat andererseits gebildet werden sollen. Die Bildung einer Gruppe aus Landkreisen und kreisangehörigen Gemeinden kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil dann ein einheitlicher Verteilungsmaßstab für die Schlüsselzuweisung fehlen würde. Für Gemeinden ist nämlich die Steuerkraft, für die Landkreise die Umlagekraft maßgeblich. Man kann aber nicht die Steuerkraft mit der Umlagekraft derartig vergleichen, dass es dann innerhalb dieser Gruppe kreisangehörige Gemeinden und Landkreise zu einer sachgerechten Aufteilung der Schlüsselzuweisung käme. Wie das bewerkstelligt werden soll, Frau Dr. Wildauer, Frau Sedlacik, das ist ein großes Geheimnis, für das ich keine Lösung sehe, auch in Ihren Reden wurde keine Lösung erwähnt. Eine Änderung der Teilschlüsselmassen kann nicht allein aufgrund einer demographischen Entwicklung erfolgen. Es ist auch die Aufgabenstruktur einzubeziehen. Das ist ja bei einer solchen geplanten Gruppe nur einleuchtend. Es besteht daher überhaupt keine Veranlassung, eine Neuverteilung der Schlüsselmasse im Sinne des Antrags der PDS vorzunehmen. Worüber man nachdenken könnte, wäre, ob man nicht die Landkreise als eine Säule, die kreisangehörigen Gemeinden und Städte als eine Säule und die kreisfreien Städte als eine dritte Säule darbietet, also statt des Zwei-Säulen-Systems ein Drei-Säulen-System errichtet.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Nein, nein, nein!)

Das ist eher händelbar als dieses Mix, was Sie darbieten.

Zu Ihren Punkten 3 und 4: Im Verhältnis zu den Gemeinden in den alten Bundesländern betrugen die Nettosteuereinnahmen in den Thüringer Gemeinden laut Kassenstatistik für 2001 nur 35,63 Prozent. Alle Gemeinden sind daher gleichermaßen auf Finanzausgleichsleistungen angewiesen, meine Damen und Herren. Eine Verstärkung des Hauptansatzes für eine bestimmte Gemeindekategorie einer bestimmten Größenordnung würde automatisch eine Kürzung für eine andere Gemeindekategorie einer anderen Größenordnung bedeuten. Und dieses nun, Herr Höhn hat schon darauf hingewiesen, widerspricht im Übrigen auch

den in Punkt 4 angesprochenen Forderungen nach Erhöhung des Hauptansatzes für Gemeinden unter 1.000 Einwohnern. Diese Forderung nach Erhöhung für diese Gemeindegröße lässt sich nun in der Tat nicht mit einer Förderung freiwilliger Zusammenschlüsse in Einklang bringen. Wie Sie das bewerkstelligen wollen, das ist mir ein großes Rätsel und würde gerade die kleinen Gemeinden in ihrem Bestand zementieren. Ergänzungsansätze sind möglich, sind aber in der Praxis nur dann sinnvoll, wenn sie auf wenige Ausnahmen beschränkt werden. Bei einer Mehrung von Ergänzungsansätzen neutralisieren sich diese dann gegenseitig. Sie können sogar gegenläufig wirken, wie z.B. die im PDS-Antrag geforderte Berücksichtigung einer geringeren Bevölkerungsdichte. Ein derartiger Ergänzungsansatz ist geradezu widersinnig, da er die mit steigender Bevölkerung ebenfalls steigende Hauptansatzstaffel konterkarieren würde. Ergänzungsansätze für Sozialhilfe, für Schülerzahlen sind überflüssig, denn hierfür haben wir bereits Sonderlastenausgleiche in Form vom Sozialhilfelastenausgleich und in Form vom Schullastenausgleich.

Zu Ihrem Punkt 5, der Vereinfachung der Systematik der besonderen Finanzzuweisung: Hierauf brauchen wir nicht näher einzugehen, weil Sie nicht dargelegt haben, warum Sie die jetzige Systematik kritisieren.

Zur Auftragskostenpauschale: Hier ist die Landesregierung der Auffassung, dass die Auftragskostenpauschale zum jetzigen Zeitpunkt, das ist ja unbestritten, Bestandteil des kommunalen Finanzausgleichs ist und dass momentan auch nicht die Notwendigkeit gesehen wird, diese jetzige Verankerung zu verändern.

Zur Investitionspauschale lässt Ihr Antrag unberücksichtigt, dass durch eine Erhöhung der Investitionspauschale andere Finanzausgleichsleistungen reduziert werden müssen. Es darf ja nicht übersehen werden, dass die Finanzausgleichsmasse eine feste Größe ist, und eine teilweise Auflösung von Projektfördermitteln, Frau Dr. Wildauer, Frau Sedlacik, würde zu keiner zufrieden stellenden Lösung führen. Sie würde zwar die Investitionspauschale erhöhen, aber sie würde lebensnotwendige Einzelprojekte, die über die projektbezogenen Investitionsmittel aus dem Finanzausgleich gezahlt werden, gefährden.

Zu Ihrem Punkt 8, dem interkommunalen Finanzausgleich: Hier müssen Sie sich ein bisschen orientieren. Der Artikel 106 Grundgesetz redet nicht mehr von Realsteuern. Realsteuern können nach Wegfall der Gewerbekapitalsteuer nach herkömmlichem Verständnis ja nur noch die Grundsteuern sein. Wegen der unterschiedlichen Einnahmestrukturen der Gemeinden entstehen verfassungsrechtlich unzulässige Lastenverteilungen und erhebliche Finanzierungslücken durch die Beschränkung der Umlagebasis. Ähnlich der steuerkraftunabhängigen Erstattung der Kosten im übertragenen Wirkungskreis an die Gemeinden ist die Verwaltungsgemeinschaftsumlage für verwaltungsgemeinschaftszugehörige Gemeinden eben auch steuerkraftunabhängig zu regeln, denn die Kosten bei einer Verwaltungs

gemeinschaft entstehen auch unabhängig von der Steuerkraft der ihr zugehörigen Gemeinden. Die Übernahme von Verwaltungskosten finanzschwächerer Gemeinden können Sie finanzstärkeren Gemeinden in der Tat überhaupt nicht vermitteln. Eine Gleichbehandlung von der Verwaltungsgemeinschaftsumlage und der Kreisumlage verbietet sich übrigens. Beide Umlagen haben einen vollkommen unterschiedlichen Ansatz: Die Kreisumlage dient zur Finanzierung der Aufgaben des Kreises; die Verwaltungsgemeinschaftsumlage dient dagegen nicht zur Finanzierung von VG-eigenen Aufgaben, sondern von Aufgaben, die die Verwaltungsgemeinschaft für die Gemeinden wahrnimmt. Das ist eine vollkommen unterschiedliche Ausgangsbasis, meine Damen und Herren.

Sie haben des Weiteren vorgeschlagen in Punkt 9, dass die Ressorthaushalte die Titel, die sie für kommunale Programme ausweisen, dem Finanzausgleich zuführen sollen. Hier können wir Ihnen überhaupt nicht zustimmen. Ich verweise insbesondere auf die Vielzahl von Förderprogrammen, bei denen finanzielle Mittel den Kommunen zufließen. Wenn wir jetzt Ihren Forderungen nachkommen würden, dann käme der kommunale Finanzausgleich in eine ganz starke Abhängigkeit von diesen Förderprogrammen und das kann nicht wünschenswert sein. Dies würde gerade der Stabilität des Finanzausgleichs widersprechen.

Lassen Sie mich abschließend sagen, wir sperren uns nicht gegen Veränderungen des Finanzausgleichsgesetzes, meine Damen und Herren. Wir streben natürlich auf der Grundlage der verschiedensten Probeberechnungen, die wir alljährlich anstellen, einen im hohen Maße gerechten Finanzausgleich an, aber wir können die Augen nicht davor verschließen, dass alle Kommunen gleichermaßen auf Finanzausgleichsleistungen angewiesen sind. Jede die eine Gruppe begünstigende Veränderung betrifft, zieht negative Folgen für die anderen Gruppen nach sich. Deshalb können Veränderungen im Finanzausgleich nur dann vorgenommen werden, meine Damen und Herren, wenn wir in der Tat wieder einen Anstieg im kommunalen Finanzausgleich, einen Anstieg der Finanzmasse im Ausgleich entsprechend zu verzeichnen haben, so dass wir nicht der nicht berücksichtigten Gruppe Mittel abziehen müssen von ihrem bisherigen Status, wohl aber bestimmten Gemeindegruppen entsprechende Aufstockungen zuteil werden lassen können. Unter den derzeitigen haushaltsmäßigen Bedingungen, die keinen Anstieg der Mittel im KFA verzeichnen, sind daher weit gehende strukturelle Veränderungen auszuschließen.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegen keine weiteren Redemeldungen vor. Ich schließe die Aussprache. Es ist beantragt worden, den Antrag an den Haushalts- und Finanzausschuss und den Innenausschuss zu überweisen.

Wer der Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen. Das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall. Die Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss ist abgelehnt.

Wer der Überweisung an den Innenausschuss zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Das ist eine Mehrheit. Gibt es hier Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall. Die Überweisung an den Innenausschuss ist ebenfalls abgelehnt.

Nun stimmen wir über den Antrag der PDS-Fraktion direkt ab. Wer dem Antrag der PDS-Fraktion in der Drucksache 3/2635 zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen. Danke schön. Das ist eine Mehrheit. Stimmenthaltungen? Es gibt eine Reihe von Stimmenthaltungen. Mit einer Mehrheit von Gegenstimmen ist der Antrag abgelehnt.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 10.

Ich komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 11

Erhöhung der Anzahl betrieblicher Ausbildungsplätze Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/2637 dazu: Entschließungsantrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/2701

Die einreichende Fraktion möchte keine Begründung vornehmen. So rufe ich als erste Rednerin Frau Abgeordnete Wackernagel, CDU-Fraktion, auf.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir haben heute vor wenigen Stunden schon einmal zur Situation der Ausbildung gesprochen. Ich möchte das noch ein kleines bisschen abrunden, weil wir uns ja heute Morgen mehr oder weniger mit Zahlen rumgeschlagen haben. Ich möchte noch mal eine Lanze brechen für das Handwerk, weil das Handwerk ja in immenser Art und Weise ausgebildet hat.

(Beifall bei der CDU)

Laut Zeitungsartikel von Frau Pelke, wie ich das so vernommen habe - also das Handwerk in keinster Art und Weise einen Boykott irgendwie gegen die Ausbildung veranstaltet hat. Es ist also so, dass der DGB zwar alles kritisieren kann, aber er müsste dann auch sagen, wie das mit den Ausbildungszielen sein soll. Wenn wir junge Leute in Unternehmen ausbilden, ist es sehr schwierig, wenn wir keine Aufträge dafür haben. Wenn wir ausbilden, dann stehen Ausbildungsziele an und die müssen praktisch umgesetzt werden. Wenn ein Unternehmer immer keine Ar

beit hat, keine Aufträge, kann er den Zielen nicht so nachkommen, wie es die Ausbildungsverordnung verlangt. Es ist einer der wichtigsten Punkte, der uns immer am Herzen liegen sollte, darauf zu achten, dass wir nicht nur ausbilden, sondern in einer guten Qualität ausbilden. Die Handwerksmeister lassen es sich auch nicht nehmen, in einer guten Qualität auszubilden.

Ich möchte Ihnen dazu eine kleine Begebenheit erzählen. Ich war beim Arbeitsamt Jena und habe dort feststellen müssen, dass die Berufsberater für die Berufsorientierung nicht immer sehr wohlwollend mit den jungen Leuten auch umgehen, die Hilfe erbitten und dann Aussagen bekommen, wenn sie da mit ihrem Zeugnis vorstellig werden, na, mit dem Zensurendurchschnitt kann das ja mit ihnen nix werden. Dass dann junge Leute auch deprimiert sind, das muss man einfach verstehen. Ich habe dann versucht, etwas Nachhilfe zu geben und der junge Mann hat es auch geschafft, einen Ausbildungsplatz zu bekommen, und zwar in einem Gewerk, ich sage jetzt mal bei einem Händler, einem Dienstleister, der schon zwei junge Leute eingestellt hat. Er hat dann gesagt, gut, ich bin jetzt bereit, ich stelle auch noch einen Dritten ein. Ich denke, der Fluch über die Unternehmen, über die Dienstleister ist nicht der rechte, weil jeder bemüht ist, auszubilden. Es gibt ja auch viele Initiativen, wir haben darüber heute Morgen schon gesprochen. Jeder, der Radio hört, hört über Thüringen perspektiv. Er weiß, dass die Landesregierung sich da große Mühe gibt, immer dafür etwas zu tun. Selbst die Arbeitsverwaltung und die kommunalen Spitzenverbände bemühen sich an bestimmten Stellen immer wieder, positiv auf die Berufswahlvorbereitung einzugehen und auch umzusetzen.

Der Präsident des deutschen Handwerks, der Herr Phillipp, hat schon im Juli für seine Handwerksmeister gesprochen und hat gesagt, dass doch viele bereit sind, einzustellen. Deshalb ist es nicht so gut gewesen, wenn die SPD meint, sie müsste den Appell jetzt hier im Landtag loslassen und alle dazu verpflichten auszubilden, weil das so nicht geht. Ich habe es schon angeschnitten, es funktioniert nur, wenn wir die Wirtschaft in Gang haben und die Unternehmer auch ausbilden können. Denn es ist so, dass man nur so viele ausbilden kann in einem Unternehmen, wie man Fachkäfte hat. Es gibt eine bestimmte Prozentzahl, die muss man einhalten. Deshalb ist es auch nicht günstig zu sagen, jeder Unternehmer muss unbedingt ausbilden, egal, was es kostet. Das ist eine falsche Theorie. Was noch wichtig wäre für mich, ist jetzt dieses Problem der Berufswahl. Es gibt Berufe, die will einfach niemand lernen. Also es gibt in meiner Fleischerinnung drei Handwerksmeister, die würden gerne Fleischer ausbilden, aber es will keiner Fleischer werden. Unsere Kommune stellt Arbeitsplätze, Ausbildungsplätze zur Verfügung im Bereich der Gärtnerei. Es will keiner Gärtner werden. Das sind so Probleme, die müssen wir einfach irgendwo hin- und herschieben. Es geht nicht, wenn wir immer nur fordern, sondern wir müssen sehen, dass die jungen Leute auch bereit sind, in der Berufsvorbereitung richtig auf die Berufe eingeschworen zu werden. Weil mir das eben sehr am Herzen

liegt und wir das hier nicht so ausdiskutieren können, ich merke das ja schon an der Unruhe, würde ich doch im Namen meiner Fraktion darum bitten, dass wir uns mit diesem Thema im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik weiter befassen, um da noch einmal eingehend darüber zu sprechen.

Ich möchte nun zum Antrag in Drucksache 3/2701 der PDS kommen. Dazu möchte ich auch noch einige Anmerkungen machen. Es ist wirklich so, dass man die Punkte 1 bis 5 nicht einfach so abarbeiten und sagen kann, das wär's und das wär's. Ich habe es schon angerissen. Ein junger Mensch sollte auch nach seinem Empfinden einen Beruf wählen können. Wenn wir jetzt schon wieder anfangen von außen immer nur zu dirigieren, das wird nichts, wir müssen die Berufsvorbereitung in den Schulen besser auf den Weg bringen. Wenn z.B. Landesverwaltungen oder Landesbetriebe ausbilden, ist das zwar wunderbar über die Zahl. Aber diese jungen Leute haben Probleme, in der Wirtschaft einen Platz zu finden, weil sie eine andere Ausbildung haben. Das passt von der Ausbildung her oft nicht in die Strukturen der Unternehmen. Das ist mitunter sehr schwierig. Dass natürlich unter Punkt 5 ein Landesinstitut für Berufsbildung gewünscht wird, also das ist für mich so ein Luxus. Ich weiß nicht, ob wir das unbedingt brauchen. Ich denke, wir haben genug kreative Dinge auf den Weg gebracht. Ich habe es schon einmal gesagt, die kommunalen Spitzenverbände, die Kammern, die Industrie- und Handwerkskammer, das Wirtschaftsministerium, die Arbeitsverwaltung, ich denke, alle, die damit zu tun haben, bemühen sich auch immer, etwas auf den Weg zu bringen. Nur, wir sollten das wohlwollend begleiten und nicht immer nur darauf herumhauen. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Für die PDS-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Sojka zu Wort gemeldet.

Verehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, wieder ist ein Jahr vorbei und bereits in der Aktuellen Stunde haben wir feststellen müssen, dass die Anzahl betrieblicher Ausbildungsstellen weiter gesunken ist und nicht einmal für die Hälfte der über 30.000 Ausbildungsplatz Suchenden reicht. Zu Beginn des Ausbildungsjahres, im August und darauf beziehe ich mich, weil das das Ausbildungsjahr ist, was dort beginnt, war fast ein Drittel aller Suchenden noch unversorgt - fast 11.000. Mittlerweile haben sich einige bereits in schulischen Warteschleifen wiedergefunden, die wie in jedem Jahr, jeden Herbst, schnell gestrickt werden. Oder sie finden sich im nächsten Berufsbildungsbericht unter der Rubrik "Andersweitig verblieben" wieder. 2001 waren das immerhin 13 Prozent, in Zahlen 5.800 Jugendliche. Ob sie tatsächlich studieren oder sich in Bayern reich verheiratet haben, ist na

türlich nicht erkennbar. Gleichzeitig ist der Anstieg der Arbeitslosigkeit in der Gruppe der 20- bis 25-Jährigen am höchsten. Hilflos steht die Landesregierung dieser Entwicklung gegenüber und versucht jedes Jahr aufs Neue nur zu reagieren. Leider fiel der SPD-Antrag mit dem Titel "Erhöhung der Anzahl betrieblicher Ausbildungsplätze" im vorigen Monat der Gestaltung der Tagesordnung zum Opfer, da im Wahlkampf die pressewirksamen Vor- und Nachmittagsstunden durch die CDU mit anderen Themen besetzt wurden.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Nun, ein Appell liegt uns vor, ein Appell an die Wirtschaft mit einer Aufforderung, ihrer marktwirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Verantwortung gerecht zu werden. Dieser Antrag ist im Grunde entbehrlich, da er die seit Jahren stattfindende Appellpolitik der Landesregierung fortsetzt, die nicht zu einer nachhaltigen Verbesserung der Ausbildungssituation im dualen Bereich führte. Aber, meine Damen und Herren, symbolische Politik wird es immer geben, sie kann jedoch tatsächliche praktische Politik doch nicht ersetzen. Warum bilden denn nur überhaupt 25 Prozent aller Betriebe aus? Frau Wackernagel hat einiges genannt - schlechte Auftragslage, geringes Eigenkapital, fehlende Rücklagen, Probleme Kredite zu erhalten, mangelnde Zahlungsmoral usw. usf. Verantwortung für Azubis zu übernehmen, ist für gesunde Unternehmen existenziell. Von 150 Arbeitskräften der BlueChip-Computer AG sind 27 Azubis, das sind fast 20 Prozent. Viele von ihnen sind die Besten ihres Jahrgangs. Da die Motivation stimmt, die Chance der Übernahme hoch ist bzw. eine gute Ausbildung ein sicheres Sprungbrett ist. Das verdient Anerkennung. Ich kenne aber auch Handwerksbetriebe, die vor einem Jahr noch 14 Arbeitskräfte hatten und heute nur noch eine "Ich-AG" sind, oder ich und meine Frau -, genannt "Familien-AG" und mit "Mini-Jobs" täglich ums Überleben kämpfen. Das sind Fachbegriffe laut Hartz. Eine überdurchschnittliche Quote von Ausbildungsvertragslösungen im Handwerk sagt auch etwas über die Attraktivität eines solchen Lebenswegs für Jugendliche, denen diese Schwierigkeiten natürlich nicht verborgen bleiben. Die notwendige Förderung kleinerer und mittlerer Unternehmen findet in Thüringen trotz der Lippenbekenntnisse der Landesregierung eben nicht statt. Das Bundesverfassungsgericht hat 1981 die Wirtschaft verpflichtet, ausreichend Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen, um das Recht auf Berufsausbildung für alle Jugendlichen zu verwirklichen.

Die Verantwortung für die zukünftige Generation allein der Wirtschaft zuzuschieben und zu denken, dass man mit einem Dschungel von Fördermöglichkeiten und ebenso vielen Formularen und Beratern - wie Sie nannten - eine Wende auf dem Ausbildungsmarkt herbeiführen könnte, erscheint, gelinde gesagt, realitätsfremd.

(Beifall bei der PDS)

Die Landespolitik muss sich hier endlich ihrer Verantwortung stellen.

(Zwischenruf Schuster, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Infrastruktur: Was empfehlen Sie denn?)

Ja, ich komme dazu. Meine Rede ist noch ein bisschen länger. Hören Sie geduldig zu. Fakt ist auch, entsprechend dem Strukturwandel in der Wirtschaft hält der Trend zu höheren Schulabschlüssen an. Erhalten derzeit die besten Schulabgänger oft mit Abitur eine Lehrstelle ihrer Wahl, entschließen sie sich später zum Studium, um möglicherweise dann doch irgendwann den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen, dann gehen sie dem ausbildenden Unternehmen wieder verloren. Der Strukturwandel führt auch dazu, dass es in bestimmten Berufsfeldern erste Tendenzen eines Fachkräftemangels gibt - das wird ja auch von Ihnen nicht bestritten -, eine Erscheinung, die sich in den kommenden Jahren verschärfen wird. Das wird im ersten Punkt des Entschließungsantrags der PDS thematisiert.

Es ist offensichtlich, dass man aus den genannten Gründen viele kleine Unternehmen kaum motivieren kann, die gesellschaftlich notwendige Ausbildungsverpflichtung anzunehmen, obwohl sich bereits jetzt Nachwuchsmangel bei Bäckern, Fleischern, Konditoren usw. abzeichnet. Punkt 4 des Entschließungsantrags fordert von der Landesregierung, Ursachenforschung und Strategien zu ihrer Beseitigung zu entwickeln. Meine Damen und Herren der SPD, Sie möchte ich fragen: Wo sind Ihre oppositionellen Visionen geblieben? Wir haben Bundestagswahlkampf, bitte schön. Ist nicht auch die SPD einmal mit dem Stichwort Umlagefinanzierung ins Rennen gegangen?

(Beifall bei der PDS)

Warum sollte etwas, was in der Baubranche normal und selbstverständlich ist, nicht auch in anderen Branchen funktionieren?

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Nun schimpfen Sie nicht so.)

(Beifall bei der PDS, SPD)

Chancengleichheit durch Umlagefinanzierung heißt eine unserer Antworten und da sind wir d'accord mit dem DGB. Gekoppelt mit staatlicher Verantwortung und finanzieller Absicherung durch die auch derzeit bereits in Größenordnungen ausgegebenen Landes- und Bundesmittel, die Bündelung aller staatlichen Gelder und die Ausbildungsplatzabgabe durch Betriebe, die nicht ausbilden, in einem Fonds würde unter bestimmten Bedingungen auch Zuschüsse an Klein- und mittelständische Betriebe ermöglichen. Neue Berufsbilder ausreichend anzubieten - siehe Punkt 1 der Entschließung -, differenzierte Qualitätsstandards zu entwickeln, Gerechtigkeit für die ausbildenden Betriebe herzustellen sowie freie Berufswahl wieder zu