Protokoll der Sitzung vom 12.09.2002

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Was bist du denn für einer?)

gescheitert sind, Herr Gentzel.

(Beifall bei der CDU)

Wenn man Zusammenhänge, Herr Ramelow, zwischen Lehrerkündigungen in der Grundschule und mangelnder Lehrerversorgung im Bereich der Berufsschule zieht, ich weiß nicht, was Sie für Vorstellungen haben, ob Sie aus Grundschullehrern von heute auf morgen Berufsschullehrer machen wollen, wenn das Ihr Ansatz ist, dann kann ich nur sagen, gute Nacht für die Berufsschule, dieser Ansatz geht völlig daneben.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Dann lieber so weitermachen.)

Nehmen Sie doch endlich einmal zur Kenntnis, dass Thüringen eine der besten Lehrerausstattungen in ganz Deutschland besitzt, was das Lehrer-Schüler-Verhältnis betrifft.

(Beifall bei der CDU)

Zurückgehende Geburten werden auch in Zukunft logischerweise mit einem Abbau von Lehrern verbunden sein. Das ist auch ein ganz einfaches Problem, dass wir als Land, das im Länderfinanzausgleich doch noch Nehmerland ist, wenn ich auch hoffe nicht mehr allzu lange, natürlich auch eine gewisse Verantwortung haben, mit den Mitteln sinnvoll und sparsam umzugehen.

Herr Döring, Sie haben in Ihren Ausführungen das Problem der steigenden Eigenständigkeit der Schule immer so im Mittelpunkt und fordern mehr Freiräume für die Schule. Ich konnte neulich ein Interview Ihres Landesvorsitzenden Herrn Matschie lesen. Erst wollte ich es eigentlich zur Seite legen, aber dann habe ich gemerkt, der Mann äußert sich ja zur Bildung. Er scheint ja jetzt der führende Bildungspolitiker Ihrer Partei zu sein, jedenfalls, was ich dort lesen konnte, war, um es zusammenzufassen, eigentlich nur unter

dem Stichwort "mehr Zentralismus" zu verstehen. Mehr Zentralismus und mehr Eigenständigkeit - das widerspricht sich.

(Beifall bei der CDU)

Aus meinen Erfahrungen ist es günstig, je weniger geregelt ist, denn wenn ich weniger regele, bleiben die Freiräume vor Ort bestehen. Jede Regelung begrenzt Freiräume.

Ich will Ihnen das an einem letzten Beispiel kurz noch erläutern. Diese viel diskutierte Klassenleiterstunde ist doch nicht verboten. Die Klassenleiterstunde kann durchgeführt werden. Sie ist nur nicht in den Pflichtstunden enthalten und ist somit nicht geregelt. Ich garantiere Ihnen, wenn wir die Pflichtstundenzahl der Lehrer um eine erhöhen würden und ihnen vorschreiben würden, die Klassenleiterstunde wird verbindlich durchgeführt, wir hätten schon morgen eine Diskussion, wo man uns davon überzeugt, dass die Klassenleiterstunde gar nicht mehr notwendig ist. Sie ist auch aus pädagogischen Gründen häufig gar nicht sinnvoll. Der Fachlehrer hat nämlich in der Regel die Schüler sowieso im Fachunterricht. Jeder vernünftige Pädagoge geht auf erkennbare Probleme auch in seinem Fachunterricht unmittelbar und sofort ein

(Beifall bei der CDU)

und stellt diese Probleme dann in den Mittelpunkt des Unterrichts. Individuelle Schwierigkeiten lassen sich auch nur im Einzelgespräch klären. Was erwarten Sie denn, wenn ein Schüler wirklich Probleme hat, seien sie nun im häuslichen oder schulischen Bereich? Soll er sich vor dem kompletten Klassenverband mit seinen Problemen darlegen und sozusagen nackig machen, um es einmal ganz deutlich zu sagen? Dort wird das individuelle Gespräch mit dem Lehrer gefordert sein und ein guter Pädagoge erkennt das auch, der tut das und er braucht dazu keine verbindliche Regelung zur Klassenleiterstunde. Sie könnten es ganz genau so sagen, diese Forderung, reduzieren wir die Pflichtstundenzahl um eins, dann wird die Diskussion ehrlicher.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Schluss noch ein Gedanke: Das Thema "Regionalkonferenzen" ist hier häufig angesprochen worden. Es ist ein Stück Neuland und ich habe auf dieser Regionalkonferenz, wo ich anwesend war, gemerkt, dass auch die Schulämter lernen müssen damit umzugehen. Für mich war die wichtigste Erkenntnis dieser Regionalkonferenz, wir müssen sie regelmäßig durchführen. Ich kann das Ministerium nur bitten, den Schulämtern diese Regelmäßigkeit auch zu empfehlen. Nur so erreichen wir eine breite Diskussion und auch die Möglichkeit, dass alle einbezogen werden, die es wünschen. Zu diesem Zweck würde ich auch empfehlen, vielleicht in Zukunft etwas größere Säle zu nehmen und es nicht auf zu kleine Räume zu begrenzen.

Zu einer Regelung im Schulgesetz möchte ich noch einmal in Richtung Innenpolitiker den Auftrag aussprechen, diese noch einmal genau zu überprüfen. Eine Schulpflicht für Asylbewerber - und jetzt rede ich nicht aus meinen Erfahrungen aus dem Bildungsausschuss, sondern aus dem Petitionsausschuss -, die scheint mir doch hinterfragenswert zu sein. Wie häufig bekommen wir Petitionen, wo es um Leute geht, die zur Abschiebung anstehen, wo man auf die Integration dieser Personen hinweist und ein großes Problem darin sieht, sie abzuschieben, weil sie in unserem Kultursystem nun weitestgehend integriert werden. Die Rechtslage ist in diesen Fällen in der Regel eindeutig. Wenn wir jetzt aber noch eine Schulpflicht verordnen und sie somit zwangsweise in unser System integrieren, halte ich es zumindest für hinterfragenswert, ob das im Interesse der Betroffenen sein kann. Für mich gilt, Verfahren verkürzen in diesem Bereich und so schnell wie möglich nach klaren Entscheidungen auch klare vom Gesetzgeber vorgegebene Wege beschreiten.

(Zwischenruf Abg. Dittes, PDS: Hier geht es um die Interessen der Kinder und nicht um die rigide Umsetzung des Ausländerrechts.)

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Pelke zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der eigentliche Aspekt, weshalb ich mich gemeldet habe, war, ich wollte an einem Punkt Herrn Schwäblein bestätigen. Ja, Herr Schwäblein, es berührt uns alle in diesem Raum, wenn Sie hier vorn reden, es berührt uns nämlich peinlich.

(Beifall bei der PDS, SPD)

(Unruhe bei der CDU)

Weil ich auch denke, das Bild, was teilweise das Niveau der Diskussion untereinander denjenigen, die da oben sitzen, vermittelt, ist an Peinlichkeit auch kaum noch zu überbieten.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Ein zweiter Punkt: Die rückwärts gewandte Diskussion, Herr Wehner, bringt uns überhaupt nicht weiter. Die Kritik am Bundeskanzler und dieses und jenes und alte Konzepte aus den Altbundesländern, das ist überhaupt nicht der Punkt, um den wir uns kümmern müssen. Herr Wehner, wenn Sie das Problem an den Berufsschulen hier in Thüringen so abtun, wie Sie es eben getan haben, dann haben

Sie die Situation von jungen Leuten und deren Aussichten für den Beruf hier verkannt. Das ist das Problem.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Jetzt hier darüber zu reden, dass das alles ein bisschen problematisch ist, nein, an dem Punkt genau müssen wir handeln. Wenn Sie hier das BVJ erwähnen, das Berufsvorbereitungsjahr, nachdem der Antrag der SPD-Fraktion abgeschmettert worden ist, nachdem es eine wirklich - ich will es vornehm umschreiben - nicht sehr kompetente Diskussion

(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU: Das ist nicht wahr.)

(Unruhe bei der CDU)

im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik gegeben hat, nachdem Sie selber nicht einmal wahrnehmen, dass der Wirtschaftsminister Schuster sagt, das BVJ muss verändert werden und Sie hier alles wegputzen, dann stellen Sie sich hier her: das BVJ ist eine gute Grundlage. Das zeigt, wie wenig Ahnung Sie aus der Praxis haben.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Ich hätte mir gewünscht, dass Sie die Punkte, die hier angesprochen...

(Zwischenrufe aus der CDU-Fraktion)

Dann müssen Sie sich einmal über die Fakten informieren lassen.

(Zwischenruf Abg. Wehner, CDU: Sie müs- sen einmal zuhören.)

Sie müssen öfter mal zuhören, dann wären wir hier schon einen Schritt weiter. Sie hören ja nicht zu, Sie gehen ja immer schon mit irgendwelchen Scheuklappen in die Diskussion und zu dem Thema "Diskussionen" - wenn Sie Diskussionen ehrlich meinen und nachdem Sie nach dem 26. alle immer gesagt haben: Enge Einbindung aller Betroffenen, Lehrer, Schüler, Gewerkschaften, Elternvertreter, alle müssen an einen Tisch, auch die Bereiche der Wirtschaft und, und, und, wo wir als Oppositionsparteien alle zustimmen, wenn Sie dieses ehrlich meinen, dann hätten Sie diese Regionalkonferenzen erstens sehr viel früher machen müssen und Sie hätten diese Regionalkonferenzen so gestalten müssen, dass überhaupt noch eine Veränderung möglich ist durch die, die Sie einladen. Das, was Sie machen, ist eine Vortragsveranstaltung, nichts anders, aber keine Mitmachveranstaltung, wo Änderungen mit eingebunden werden.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Wenn Sie es ehrlich gemeint hätten, dann hätten Sie diese Enquetekommission als Grundlage genommen, auch einmal über langfristige Veränderungen in der Schulpolitik zu diskutieren. Das wollen Sie nicht, das wollen Sie überhaupt nicht, weil Sie in vielen Dingen diejenigen ausschließen wollen, auf deren Mithilfe wir angewiesen sind. Das sind im Wesentlichen, einer hat es hier angesprochen, die Verantwortung der Eltern, die wir nicht außen vor lassen wollen, die Mitverantwortung der Schüler, die Mitverantwortung der Lehrer, nur, dann müssen Sie mit eingebunden werden. Einbinden und mitmachen bedeutet ehrlich, dass man den Leuten auch die Möglichkeit dazu gibt und nicht aus einer Veranstaltung eine Farce macht und sagt, hört zu, wir haben einen Gesetzentwurf, rein theoretisch kann das Parlament noch etwas verändern und dann könnte ich den Leuten wieder sagen, wie das hier mehrheitlich vonstatten geht, wie Sie Änderungen von anderen zulassen und dann ist das Ganze eine Farce. Das könnten Sie an dem Punkt auch einmal zugeben.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Lassen Sie mich einen letzten Punkt sagen. Ich hätte mir wirklich gewünscht, dass alle diese Punkte, die hier von den Rednern der CDU angesprochen worden sind, eine ehrliche Grundlage gewesen wären, gemeinsam über Schulpolitik und Bildungspolitik in diesem Land zu reden. Schul- und Bildungspolitik soll keine Parteipolitik sein und ich habe an dieser Stelle auch schon die Verfahrensweise in den Altbundesländern sehr kritisch bewertet, weil dies dort oftmals parteipolitisch ausgenutzt worden ist. Wir hätten hier eine Chance gehabt, es anders zu gestalten. Ich hätte mir wirklich gewünscht, dass wir dann die Möglichkeit haben, über die Frage z.B. gemeinsames, längeres Lernen einmal vernünftig und in Ruhe miteinander zu reden. Ich hätte mir auch gewünscht, dass man einmal darüber nachdenkt, sind denn in diesem Land nicht wirklich Rahmenbedingungen, zentrale Rahmenbedingungen auf Bundesebene vonnöten. Das schließt das föderalistische System überhaupt nicht aus, das wissen Sie ganz genau. Aber aus gemeinsamen Rahmenbedingungen gleich wieder Zentralismus zu interpretieren,

(Zwischenruf Abg. Wehner, CDU: Haben Sie es überhaupt gelesen?)

das ist typisch für Ihre Haltung hier in der Mitte dieses Hauses.

(Beifall bei der PDS, SPD)

(Unruhe bei der CDU)

Ich hätte mir eine ehrliche Diskussion gewünscht, keine populistische, aber scheinbar ist das an vielen Punkten bei Ihnen nicht möglich. Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Frau Abgeordnete Pelke, Herr Schwäblein