Protokoll der Sitzung vom 25.10.2002

(Beifall bei der CDU)

die tatsächlich gegenwärtig die Situation und die Sorgen der Menschen in diesem Lande bestimmen. Dieses Thema ist ernst, aber beispielsweise die verheerende konjunkturelle Lage der Wirtschaft in Deutschland und in Thüringen ist auch ernst, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Wer eine Sondersitzung wie diese beantragt und hinterher gar nicht mehr weiß, warum er sie beantragt hat und gar nichts mehr dazu zu sagen weiß, wird der Herausforderung der gegenwärtigen Stunde nicht gerecht, auch nicht hier im Landtag.

(Beifall bei der CDU)

In diesem Landtag liegen die wichtigsten Gesetzesnovellen dieser Legislaturperiode: Die Kommunalordnung, das Haushaltsgesetz, das Schulgesetz, die Frage der Bürgerbeteiligung. Meine Damen und Herren, das sind Themen, die sind mindestens so wichtig wie das Thema, das uns hier heute zu dieser Sitzung zusammengeführt hat. Lassen Sie die Kirche im Dorf. Deswegen appelliere ich an Sie, lassen Sie uns sachlich und nüchtern alle erhobenen Vorwürfe aufklären, aber auch aufklären, wer, warum einen nicht belegbaren Vorwurf erhoben hat.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie uns darüber die Sacharbeit nicht vernachlässigen. Die Landesregierung wird sich jedenfalls gegen den

Versuch wehren, uns von dem Auftrag abzulenken, den uns die Wählerinnen und Wähler dieses Landes gegeben haben.

Meine Damen und Herren, ich lese in der Zeitung, ich führte seit Tagen unaufhörlich Gespräche. Meine Damen und Herren, sie können im Fernsehen beobachten, was ich die letzten Tage getan habe. Ich habe am Mittwoch im Bundesverfassungsgericht 8 Stunden damit verbracht, mich gegen die widerrechtlich zustande gekommene Beschlussfassung über das Zuwanderungsgesetz zu wehren.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe den gestrigen Tag von morgens früh bis abends spät auf der Ministerpräsidentenkonferenz, auf der uns heute Minister Gnauck vertritt, verbracht. Es ist auch wieder eine solche unbewiesene Behauptung. Wir haben mehr Aufgaben, als diesem Vorwurf nachzugehen, aber wir werden auch diese Aufgabe völlig ernst nehmen, bis klar ist, wer Schuld auf sich geladen hat und bis klar ist, wer ein falsches Zeugnis gegeben hat. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat noch einmal der Abgeordnete Gentzel, SPD-Fraktion, und dann hat sich Herr Dr. Hahnemann, PDS-Fraktion, gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie, Herr Ministerpräsident, haben die Sorge geäußert, dass wir eventuell verstimmt seien und haben am Schluss noch behauptet, wir wollen von irgendetwas ablenken. Ich glaube, das ist klarzustellen. Ich glaube aber insbesondere ist klarzustellen, dass weder hier in der Mitte des Hauses noch auf den Kabinettsbänken die Chefaufklärer zu diesem Vorgang sitzen.

(Beifall bei der SPD)

(Unruhe bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die "Frankfurter Rundschau" hatte unter der Überschrift "Neue Geschichten aus dem Thüringer Tollhaus" die Vorgänge im Thüringer Innenministerium beschrieben. Herr Ministerpräsident, nach Ihrem jetzigen Versuch, die ganze Gefechtslage etwas zu drehen, nämlich in Richtung der Opposition mit dem Finger zu drohen, sie würde dieses Land in Gefahr bringen, muss ich Ihnen ehrlich sagen, ist es nicht eventuell ein Innenminister gewesen, der hier einen großen Fehler in seiner Amtsführung zugegeben hat und dem wir deshalb Respekt gezollt haben, weil er die politische Verantwortung dafür übernommen hat? Ist es nicht das Problem, weshalb wir heute hier stehen und nicht die Opposition,

(Beifall bei der SPD)

die Opposition, die an dieser Stelle klar und souverän ihre Rolle wahrgenommen hat.

(Unruhe bei der CDU)

(Beifall bei der SPD)

Ja, wenn Sie sich hier als Chefaufklärer abfeiern, frage ich Sie einmal, wo ist denn Ihr Antrag auf Sondersitzung und wo ist denn Ihr Antrag für heute, dass Sie Aufklärung wollen? Geredet wird hier viel, meine Damen und Herren, die Anträge, die werden hier abgestimmt. Ich habe nicht gehört, dass die SPD-Landtagsfraktion ihren Antrag zurückgezogen hat. Deshalb weise ich alles das, was Sie, Herr Ministerpräsident, hier gesagt haben, entschieden zurück. Wir wollen weiter Aufklärung. Deshalb gibt es die Sondersitzung, deshalb gibt es unseren Antrag und deshalb ziehen wir diesen Antrag nicht zurück. Wir wollen einen externen Ermittler. Ich verstehe diese Aufregung von Ihrer Seite auch nicht. Einen Herrn Frisch in einer ähnlichen Situation, nämlich zur Frage Geheimnisverrat im Verfassungsschutz, in Thüringen zu engagieren, geht auf der einen Seite und unsere Forderung in einem ähnlichen Fall, ähnlich zu verfahren, die wird weggewischt. Da können wir ja nun überlegen, warum. Ist es eventuell das Ergebnis, was der unabhängige Ermittler, Herr Frisch, zu Tage gebracht hat, nämlich, er konnte den damaligen Innenminister nicht entlasten. Da stellt sich für uns die Frage: Ist das das Problem, was der Ministerpräsident an dieser Stelle hat?

(Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Das ist eine Verdrehung der Tatsachen, das ist eine Lüge!)

Herr Böck, wir kommen noch zueinander.

Ich sage es noch einmal, die SPD-Landtagsfraktion als Oppositionsfraktion ist ihren Weg souverän gegangen, zunächst in die Innenausschuss-Sitzungen. Nachdem die Vorwürfe laut wurden, haben wir, wie sich das gehört und das ist auch nicht beschrieben, dann in der InnenausschussSitzung recherchiert. Ich erinnere im Übrigen

(Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU: Wer hat was gesagt?)

bei dem Thema "Vorverurteilung" an die Äußerung des CDU-Landtagsabgeordneten Fiedler nach der Innenausschuss-Sitzung.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ich komme gleich darauf zurück. Da habt Ihr aber einen gefunden.)

Nein, da haben wir keinen gefunden. Sie wissen, was Sie dort gesagt haben und ich weiß, dass es Sie in der Mitte überhaupt nicht verwundert, dass dieses der Auslöser war,

und zwar als Fragestellung und eben nicht als Feststellung, als endgültige Feststellung diese heutige Sitzung einzuberufen und sie auch durchzuführen.

Meine Damen und Herren, wir haben nicht vorverurteilt und wir werden auch weiter auf einer konsequenten Aufklärung bestehen. Ich hoffe, das sage ich auch ganz deutlich, dass das schneller geht als bei allen anderen Dingen, die uns u.a. aus dem Umkreis des Innenministeriums noch ungeklärt auf dem Tisch liegen. Von dem Computerklau ist ja gesprochen worden. Aber es gibt noch Dutzende von anderen Fragen, die hier in diesem Haus nie beantwortet worden sind. Ich erinnere z.B. an die Frage, warum ist denn ein Herr Brandt abgeschaltet worden und es sind trotzdem noch Honorare gezahlt worden? Es ist nie geklärt worden, ob es denn stimmt, dass es bei der Hausdurchsuchung von "Blood and Honour" eine Vorwarnung an diese Leute gegeben hat usw. usf. Wir kennen auch immer noch nicht die Sicherheitslecks, was die Informationen zum Thema "Verfassungsschutz" betreffen. Es ist ja nicht so, dass bisher immer aufgeklärt worden ist in diesem Haus. Insofern, meine Damen Herren, wir haben alles richtig gemacht. Wir haben uns an dieser Stelle keine Vorwürfe zu machen.

Ich sage Ihnen auch eines, was mit dem Liegenlassen meiner Rede zu tun hat: Es war nämlich ernst gemeint mit meinem Respekt an dieser Stelle. Ich gehöre nicht zu den Leuten, die nach dem Motto "Fallende musst du noch treten" verfahren. Insofern hätten Sie sich das alles schenken können an dieser Stelle. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Es hat das Wort der Abgeordnete Dr. Hahnemann, PDSFraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich habe den Ministerpräsidenten etwas anders verstanden als der Herr Kollege Gentzel und ich hatte bei der Rede auch den Eindruck, dass eher er derjenige ist, der verstimmt reagiert. Ich kann diese Verstimmung verstehen. Dennoch aber sehe ich mich veranlasst, auf zwei bzw. drei Dinge, die hier gesagt worden sind, zu reagieren. Sie, Herr Ministerpräsident, haben zunächst erst einmal Herrn Kollegen Dr. Koch vorgeworfen, eine Ehrverletzung begangen zu haben, weil er von Einflussnahme auf die Staatsanwaltschaft gesprochen hat. Ich denke schon, dass diese Einflussnahme auf die Staatsanwaltschaft vorgelegen hat. Es hat ausreichend in den Zeitungen gestanden und wenn mich mein Erinnerungsvermögen nicht trügt,

(Zwischenruf Abg. Braasch, CDU: Eulen- spiegel.)

dann hat der scheidende Justizminister diesen Fehler bei seinem Weggang auch als einen Fehler zugegeben.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Sicher haben Sie Recht, Herr Ministerpräsident, das Thema ist bedeutsam, aber das Thema ist doch nicht eigentlich eine verschwundene CD. Das Thema ist doch eine Nummer größer. Sie werfen uns vor, Herr Ministerpräsident, wir reden eine Vertrauenskrise herbei. Nein, Herr Ministerpräsident, wir haben eine Vertrauenskrise und ich will Ihnen und Ihnen, meine Damen und Herren, auch sagen, worin ich diese Vertrauenskrise sehe. Im Übrigen möchte ich da auch den Eindruck ein klein wenig lindern, die Opposition hätte nach der Rücktrittsankündigung von Christian Köckert nichts mehr zu sagen.

(Zwischenruf Abg. Schwäblein, CDU: Das hat sie auch nicht.)

Es handelt sich bei dem Ganzen, was hier stattfindet, nicht um eine Treibjagd gegen den Innenminister. Herr Ministerpräsident, Sie haben die Tatsachen, die die Innenpolitik in den letzten Monaten und Jahren so unmöglich in Bewegung gehalten haben, selbst genannt. Man hätte noch einige hinzufügen können, Herr Gentzel hat auch noch welche hinzugefügt und Sie haben auch Verdienste genannt. Sie haben aber auch einen Umstand ganz klar umrissen.

Sie haben gesagt, das Innenministerium steht nicht seit gestern in der Kritik. Das, meine Damen und Herren, ist richtig.

(Beifall bei der PDS)

Wenn dann auch noch jemand versucht, die Frage der Probleme in diesem Ministerium auf die Frage zu reduzieren, wer mehr Verantwortung oder Schuld hat - Dr. Dewes oder Herr Köckert - und wer wen entlassen oder eben nicht entlassen hat, weil er zu ihnen gestanden hat, dann ist diese Fragestellung nicht die, die dem politischen Anspruch der Auseinandersetzung mit diesem Gegenstand in diesem Hause hier gerecht wird.

(Beifall bei der PDS)

Es ist nämlich eigentlich ein Problem der Informationspolitik der Landesregierung, auch und gerade auch uns gegenüber, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der PDS)

Gerade hinsichtlich dieses Problemes hat, so fürchte ich, diese Sondersitzung wenig Effekt und - bitte verzeihen Sie mir diese vielleicht auch ganz persönliche Meinung was die Lösung des Problems angeht, bringt auch der Rücktritt von Herrn Köckert nichts. Es geht um mehr Transparenz der Tätigkeit der politisch verantwortlichen Ebenen. Das ist der eigentliche Krebsschaden in unserer

Demokratie und zu dessen Behebung haben wir mit dieser Sondersitzung, mit diesen hilflosen InnenausschussSitzungen wenig geleistet.

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Also.)