Das Projekt Umbau Ost wird zur Verbesserung der Wohnsituation und Entwicklung der Infrastruktur beitragen.
Kurzum, meine Damen und Herren, Erneuerung, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit, das sind die Leitlinien dieses Koalitionsvertrags und damit der Politik dieser Bundesregierung. Ich bedanke mich für die Möglichkeit, hier reden zu dürfen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe gehofft, dass vielleicht Herr Mohring die Kastanien aus dem Feuer holt und hier sinnvoll erklären kann, warum die Aktuelle Stunde
heute auf der Tagesordnung ist mit dem Thema. Ich finde, er konnte das nicht darstellen, das eigentliche Ziel
war doch, einmal richtig schön im Rahmen dieser halben Stunde auf die Bundesregierung reinzuhauen und so ein bisschen von der aktuellen Stimmungslage zu profitieren. Das ist doch ihr eigentliches Ziel, was Sie haben.
Das haben wir nicht zum ersten Mal. Deswegen halte ich mich bei der Vorrede gar nicht länger auf. Ich finde, es gibt sehr viele Punkte, in denen man sich äußerst kritisch mit der Bundesregierung auseinander setzen muss, aber ich sage Ihnen auch, eine Aktuelle Stunde zu einem Koalitionsvertrag ist dafür wirklich das denkbar ungeeignetste Mittel, was es überhaupt gibt.
Man kann über vieles im Koalitionsvertrag reden, auch über das, was jetzt gesetzlich avisiert ist. Stichwörter: Hartz-Konzept, Aufbau Ost, Sozial- und Gesundheitspolitik. Ich beschränke mich auf den Bereich Steuern und Finanzen. Ich spreche drei Punkte an:
Erstens: Auch nachdem, Herr Mohring hat es erwähnt, gestern über 40 Maßnahmen durch die Bundesregierung beschlossen worden sind, unserer Meinung nach fehlt eine entscheidende Note in der Koalitionsvereinbarung und in den Gesetzentwürfen, nämlich die Herstellung von mehr Steuergerechtigkeit in Deutschland. Ich will nur daran erinnern, dass 1998 die Vermögenssteuer noch im Koalitionsvertrag stand, nicht umgesetzt wurde, im jetzigen Koalitionsvertrag ist davon nichts mehr zu lesen. Schröder hat gesagt, er will es den Ländern überlassen ebenso wie die Frage der veränderten Erbschaftssteuern. Während einige SPD-regierte Länder die Vermögenssteuer mittlerweile wollen, lehnen die unionsregierten Länder diese ab. Ich will Ihnen sagen, weil auch viel aus Hessen zu hören ist: Es ist einfach so, der Bundesrat wird wieder einmal bis zu den nächsten Landtagswahlen als Blockadeinstrument missbraucht und daran ändert sich auch nichts, auch wenn die Union das Gegenteil beteuert.
Deshalb, meine Damen und Herren, ist nicht nur in der Frage Vermögenssteuer, und bei anderen auch, nicht nur die Bundesregierung zu kritisieren, sondern auch die Thüringer Landesregierung. Es ist nämlich unehrlich, meine Damen und Herren, auf der einen Seite über fehlende Einnahmen zu jammern, auf der anderen Seite dann aber nicht umfassend zu handeln, zumindest in den Bereichen, wo es Handlungsmöglichkeiten geben würde. Statt mehr Steuergerechtigkeit in Deutschland wenigstens herstellen zu helfen, führen Sie eine allgemeine Steuererhöhungsdebatte, so wie das Herr Mohring jetzt auch wieder gemacht hat. Darum geht es aber bei Vermögenssteuer und bei veränderter Erbschaftssteuer nicht. Auch haben diese Steuern kaum Bedeutung für die Konjunktur, sondern in allererster Linie tragen sie zu mehr Steuergerechtigkeit in Deutschland bei und das sollte unser aller Ziel sein.
Zweiter Punkt: Im Koalitionsvertrag zwar berührt, aber sehr unkonkret gefasst ist die Frage zur notwendigen Gemeindefinanzreform. Das Haus hat mehrmals darüber beraten und die Notwendigkeit hier war - zumindest im Haus nicht in Abrede gestellt. Es muss in diesem Bereich Reformen geben, das ist allen klar, nur sind die Verlautbarungen, anders als im Koalitionsvertrag, von Finanzminister Eichel diesbezüglich nicht sehr optimistisch stimmend, denn Finanzminister Eichel hat gesagt, durch die Kopplungen von Reformen von Gewerbesteuer auf der einen Seite mit der Kopplung der Frage der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe wird es am Schluss für die Kommunen nicht mehr Geld geben. Das geht meiner Meinung nach an den kommunalen Realitäten vorbei. Wir brauchen in den Kommunen verlässliche Steuereinnahmen in Zukunft bei der Bedeutung, die die Investitionen hier haben. Hier hat meines Erachtens nicht nur die Bundesregierung versagt, sondern die Landesregierung ist auch nicht viel besser. Das können Sie daran sehen, dass die Investitionen auch in Thüringen seit 1992 mehr als halbiert worden sind.
Deshalb brauchen wir schnell eine Gemeindefinanzreform und sie muss am Ende den Kommunen mehr verlässliche Steuereinnahmen und mehr Spielräume bringen. In diesem Sinne unterstützen wir die Forderung des Deutschen Städtetages, wonach das Konnexitätsprinzip im Grundgesetz zu verankern ist und es letztendlich auch ein vernünftiges Vetorecht für die Kommunen geben muss bei Gesetzen, die sie ausführen müssen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, in den vergangenen Wochen rauschten durch den bundesdeutschen Blätterwald von "Südthüringer" bis "Süddeutscher" oder "FAZ" solche Überschriften, wie "Schwarzer Tag für Rotgrün", "Wirtschaftsweisen fordern andere Politik", "Schwarzer Tag für Deutschland", "Sachverständigenrat rügt Rotgrün". Die sichtbar gewordenen Defizite in unserem Land wurden eindeutig der neu gewähl
ten Bundesregierung zugeschrieben. Das tut natürlich weh, meine Damen und Herren von der SPD, das verstehe ich ja. Aber so ist nun einmal die Tatsache.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will nicht in Wahlkampfrhetorik verfallen, sondern einfach nur einmal das Bild Deutschlands im Herbst 2002 darstellen. Deutschland im Herbst 2002 ist ein Patient auf dem Operationstisch, das Operationsteam sucht nach Lösungen, es macht Heftpflaster nach Heftpflaster an dem Patienten fest, obwohl Diagnosen und Therapien bekannt sind. Das Kurieren an Symptomen ist der falsche Weg, das hat Ihnen, der SPD und der Bundesregierung, der Sachveständigenrat ins Stammbuch geschrieben.
Ich wiederhole noch einmal: Das Kurieren an Symptomen ist der falsche Weg. Das schafft nicht Vertrauen in der Wirtschaft und bei den Verbrauchern. Ich muss Sie wieder schmerzlich erinnern an die Äußerung des Haushaltsexperten Oswald Metzger - ein anerkannter Experte im Haushalts- und Finanzrecht - der gesagt hat, wir haben ein Glaubwürdigkeitsproblem. Die Bundesregierung oder Herr Finanzminister Eichel hat sich zwischen Weiterregieren und Ehrlichkeit entschieden. Sie hat sich entschieden - nicht für die Ehrlichkeit.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung und die sie tragende Fraktion ist im Sommer im Wahlkampf bezichtigt worden, sie würde Panikmache betreiben. Sie würde unser Land, sie würde Deutschland schlechtreden. Ich habe manchmal den Eindruck, wir waren eher noch zurückhaltend.
Steuerausfälle, wenig Wachstum, eine Null vor dem Wachstum, mehr Arbeitslose, mehr Arbeitslose auch für das nächste Jahr im Gutachten zeigen doch, wo die Defizite sind. Wir schauen uns das Handlungsportfolio der Bundesregierung an. Wirtschaft: Ich nehme hier nur Auszüge aus dem Gutachten. Die Wachstumsbedingungen haben sich nicht verbessert. Es fehlen Reformen im sozialen Bereich. Es fehlen Investitionsanreize und es werden die Unternehmen und die Erwerbstätigen weiter belastet - sowohl im Rentenbeitrag und mit den Steuern. Es verschlechtern sich also die Rahmenbedingungen für Wachstum durch die Politik der Bundesregierung. Es sind keine Anreize, sondern man erhöht, man demotiviert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es fehlen die Aufbruchsignale für die Wirtschaft. In der vergangenen Woche haben wir hier in Erfurt Prof. Giersch erlebt, der schon den Superminister Schiller beraten hat. Er hat noch einmal betont, es fehlen die Anreize, man muss die Menschen tun lassen, sich entwickeln lassen und nicht einschränken, dann entsteht Wachstum.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte noch einmal den Sachverständigenrat zitieren: "Die im internationalen Vergleich unzureichende Wachstumsdynamik hat dabei im Wesentlichen nicht mit vorübergehenden konjunkturellen Problemen zu tun, sondern sie hat strukturelle Ursachen, die schon über vier Jahre andauern."
Etwas zu den Steuern: Herr Abgeordneter Gentzel hat ja einiges aufgeführt, Grunderwerbssteuer. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bundesregierung hat vor 1998 die Grunderwerbssteuer erhöht, aber sie hat auch die Vermögenssteuer abgeschafft. Herr Abgeordneter Huster, wir werden uns ja morgen noch einmal zur Vermögenssteuer auseinander setzen. Ich will Ihnen nur eine Zahl nennen, weil Sie meinen, damit könnte man das Land retten - den Freistaat Thüringen mit der Vermögenssteuer. Wir haben einmal ausgerechnet, wie viele denn in Thüringen überhaupt unter diese Vermögenssteuer fallen würden, es sind 656 Bürger von 700.000 Steuerpflichtigen und 58 Prozent bei Vermögenssteuer zahlen das betriebliche Vermögen, das heißt also, wir würden Betriebe noch mehr belasten, kleine Unternehmen hier in Thüringen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Abgeordneter Gentzel ist ja leider nicht hier, noch etwas zu der Problematik "Steuern" und die Bundesregierung davor hätte die Steuern nicht senken wollen. Ich erinnere noch einmal daran, auch wenn es wehtut: Wer hat denn die Unternehmenssteuerreform 1996/1997 im Bundesrat verhindert? Wenn ich so daran denke, auch wenn das noch einmal wehtut, Lafontaine, obwohl ja jetzt von den eigenen Reihen das Parteiausschlussverfahren gefordert wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch auf eine Steuer kommen, die Ökosteuer. Auch das ist nicht so sehr angenehm. Die Ökosteuer belastet Arbeitsplätze, sie belastet Unternehmen, sie lässt Arbeitsplätze verschwinden, auch in diesem Freistaat. Sie verschlechtert die Einnahmesituation, sie sollte dafür genutzt werden, die Rentenkassen zu sanieren, man wollte sich Zeit kaufen. Das machen wir ja manchmal auch - Leasing - Zeit kaufen. Aber nur war eben die Zeit schneller. Nicht einmal die Ökosteuer hat ausgereicht, um die Rentenkassen zu sanieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, und jetzt diese so genannte sechste Ökosteuer belastet wieder in all ihren Formen. Sie wird gerade im Bereich der mittelständischen Industrie und unserer Wirtschaft wieder zu Belastungen führen, die höhere Preise zur Folge haben und die Arbeitsplätze kosten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Kollegin Arenhövel hat sich schon ausführlich zum Bereich Renten und Gesundheitswesen geäußert. Ich möchte das nicht noch einmal bekräftigen. Lassen Sie mich aber noch zu einem Punkt etwas sagen - Familie: Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung heißt es: "Kinder und Familie stehen im Zentrum". Ich möchte hinzusetzen: "im Zentrum der Sparmaßnahmen der Bundesregierung."
Meine Begründung ist: Erhöhte Beitragsgrenzen, erhöhte Rentenbeiträge belasten den Familienvater, belasten die Familienmutter und belasten damit die Kinder. Eigenheimförderung - auch so ein Glanzlicht - das Wegfallen der Investitionszulage dort. Es sind doch gerade Familien mit Kindern, die bauen. Wenn man es sich anschaut, hier wird jeder Familie mit zwei Kindern im Jahr mit 1.684 die Tasche gegriffen. Die fehlen dann bei der Finanzierung.
Die ermöglichen manchmal die Finanzierung für das Eigenheim nicht. Gerade in den neuen Ländern, in Thüringen ist es Gott sei Dank etwas besser, wo das Wohneigentum erst bei 31 Prozent liegt, ist das Gift für die Wirtschaft. Gerade für die Bauwirtschaft in den neuen Ländern ist das Gift. Noch etwas zur Eigenheimzulage: In den letzten Jahren haben Eigenheime hier in Thüringen ein Drittel Familien ohne Kinder errichtet. Bei denen ist natürlich der Ausfall umso drastischer in der Finanzierung. Schönen Gruß an die Bauwirtschaft.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme wieder zum Bild des Patienten. Ich hoffe vor allen Dingen für die Finanzen des Freistaats, dass das Operationsteam Bundesregierung für den Patienten endlich die Therapie des Sachverständigenrats aufnimmt und das richtige Operationsbesteck findet. Vielen Dank.